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erwarte er immer die Ankunft irgend Jemandes im Hotel, denn er erschien in dem Tor desselben, wenn die Glocke die Bedienung rief, und hielt sich vorzugs­weise gern in der Loge des Portier« auf. War er in der Stadt gewesen, so fiel sein Blick zuerst auf die große mit Kreide beschriebene Fremdentafel, und wenn die Zeitungen gebracht wurden, sucht« er emsig in der Liste der angekom­menen Fremden.

Papa Lübke war eine interessante Greifen-Erscheinung, wollte aber als solche nicht angesehen sein. Er liebte es überhaupt nicht, bemerkt zu werden, und blickte unruhig verlege» fort, wenn ihn Jemand im Hotel aufs Korn nahm. DaS aber geschah oft von Fremden, die Sinn für Physiognomik hatten.

Papa Lübk« hatte nämlich einen Kopf, der interessant zu studieren war. Einer großen Elfenbeinkugel ähnlich wölbte sich der kahle, glänzende Schädel; nur über den gelben eingesunkenen Schläfen und von hier aus um das Genick herum lief noch ein schmaler Kranz grauen, wolligen Haares. Tiefe rötliche Furchen zogen sich quer über die hohe, ledergelbr und blanke Stirn, auf der wieder zwischen den grauen, buschigen Augenbrauen die anderen Furchen vertikal sich auf die Nase senkten.

Ledergelb war die Farbe seines Antlitzes, ein schwacher, grauer Vollbart umgab die untere Partie desselben, die schmalen, blaffen Lippen beschattend, und dieses Gelb, dieses Grau harmonierte eigentümlich mit dem einst braun gewesenen verschossenen Rock, den er seit Jahren trug.

Seine Gestalt mußte schön und normal gewesen sein, ehe sie zusammrn- gesunken war, seine fleischlosen Hände mochten nie harte Arbeit getan haben, seine Gewohnheiten deuteten auf gute Erziehung. Seinen Gang hörte nie jemand, sein« Füße glitten leise über den Boden.

Das einzige, was den Alten zu beleben schien, war der Anblick von Kin­dern. Sah er die des Hotelbesitzers im Flur, so ging ihm 'das Herz auf; er beugte sich zu ihnen, plauderte mit ihnen und mit feuchten Augen schaute er ihnen nach, wenn dis Bonne sie fortzog; er griff sich auch wohl die Kinder der Nachbarn auf, wenn sie draußen spielten, und steckte ihnen Bonbons oder Confekt zu, das vom Dessert der Gasttafel abgefallen war, und natürlich hatten die Kleinen ihn gern. Sie sprangen ihm frohlockend davon, während sie sichtbar in ihm einen Eindruck der Wehmut hinterließen.

Bei der Bedienung des Hotels herrschte die Ansicht, daß Papa Lübke nicht ganz unvermögend sein könne, vielleicht weil im Hause Alles gereicht wurde und er, der gar keine Bedürfnisse hatte, za sparen in der Lage war, was er verdiente. Im klebrigen kümmerte sich Niemand darum. Wenn es Abends still ward im Hotel, verschwand er in den Hof, um ausznruhen bis ihn die Glocke vielleicht noch rufe ....

Im Innern einer Stadt, in der sich eine Million Menschen zusammen­gedrängt, ist kein Raum für die bescheidensten Gartenanlagen. Wo sie wirklich noch in einzelnen Straßen vorhanden, sind sie überragt von den unfreundlichen Mauern der Nachbarhäuser, deren Rauchfänge ihren Qualm darüber hinwicbeln; die Sonne wirft wohl auf wenige Minuten ihre Strahlen schräg gegen diese Mauern, aber bis hinab auf die kleinen mühsam geflegten Rasenplätzchen oder Beete dringt sie nicht und nachtschatttg ist es also auch in dem Gactenhäuschen des Hotels, vor dessen blinden Fensterscheiben ein paar Thujas und Rosen- lorbeere mühsam ihr Dasein fristen.

Im Hotel hatten weder die Gäste, noch die Familie des Wirts das Bedürfnis, den kleinen, vernachlässigten Pavillon aufzusuchen, zu dem, vorüber an einem kleinen, länglichen Rasenplätze, ein schmaler, mit Steinplatten belegter Steig führte.

Der Vorgänger des Wirts hatte dem Papa Lübke diesen Pavillon als Wohnung eingeräumt, auch der gegenwärtige hatte ihm das armselige Plätzchen gegönnt und so saß denn der alte Mann wohl gern in dem Portierzimmer, um bei der Hand zu sein, wenn Fremde kamen. Abends aber schlief er in dem kleinen, kaum vier Meter im Quadrat haltenden Pavillon, in welchem der eiserne Ofen, das Bett und ein alter Schrank nur de» notwendigsten Platz für einen Tisch und zwei Stühle übrig ließen.

Nur ein einziges Wesen kümmerte sich um ihn und für das säuberte er am Sonntage sein Zimmerchen, für das holte er selbst aus der Küche eine Kanne und zwei Tassen, für das reichte man ihm in derselben ein paar Stückchen Kuchen, und erwartungsvoll saß der Alte dann zur bestimmten Abendstunde, den Blick durch das Glasfenster der Tür auf den Hof gerichtet.

Und dann, wenn seine Augen plötzlich lächelten wie ein Sonnenblick aus melancholisch verschleiertem Himmel, öffnete gewöhnlich einer der schon auf dem Posten stehenden Kellner die Hoftüre einem schlanken hübschen Mädchen, das freundlich nickend für die Aufmerksamkeit über die Fliesen des Hofes dem Pavillon zuhüpfte.

Heute war's also Sonntag, ein kalter nasser Winterabend der Karnevals­zeit. Im Hotel war's still geworden, es war ein Dutzend Gäste abgereist, die noch vorhandenen waren nicht zu Hause. Der Portier übergab deshalb dem Hausknecht für einige Stunden seinen Posten, und er nahm träge und gelang­weilt in dem großen Sessel der Loge seinen Platz.

Ein Teil der übrigen Bedienung hatte seinen Sonntag. In der Souterrain- tüche herrschte tiefe Stille und das gewohnte Licht strahlte nicht aus den Fenstern in den Hof. Nur eine alte Spülmagd saß an einem derselben beim Schein einer Küchenlampe im Gesangbuch lesend und zuweilen von demselben aufschauend, wenn es über ihr an die Scheibe pickte.

(Fortsetzung folgt.)

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