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Tübingen, 13. Juni. In Dettenhausen haben am Pfingstmontag einige junge Burschen die Jagdflinten probiert. Eines der Gewehre entlud sich unverhofft. Dem Maurer Jakob Koch ging eine volle Ladung Rehposten in den Arm. Er ist tödlich verletzt.
Rottenburg, 10. Juni. Nach langen Jahren wieder fand hier am 7. die KreiSversamm- lung der Apotheker des Schwarzwaldkreises statt. Die Morgeuzüge brachten eine stattliche Anzahl von Damen und Herren, die sich zuerst in die Altertumssammlung begaben, woselbst sie vom Stadtschultheißen Winghofer und Dr. Paradeis begrüßt wurden. Bei den Verhandlungen kam auch die Sonntagsruhe in den Apotheken zur Sprache. Darnach hielt Professor Weinland aus Tübingen einen interessanten fachwissenschaftlichen Vortrag, der mit großem Beifall ausgenommen wurde.
Reutlingen, 12. Juni. Heute vormittag ereignete sich auf der Strecke Reutltngen-Honau bei der Station „Pfullinger Papierfabriken" ein bedauerlicher Unglücks fall. Als der dichtbchtzte Personenzug, der kurz nach 9 Uhr hier abfährt, in die Station einfuhr, konnte die am Ende des Zugs befindliche Lokomotive nicht gleichzeitig mit der vorderen Maschine zum Stehen gebracht werden. Durch den hiedurch verursachten Anproll wurden mehrere Personen, die auf dem Trittbrett des letzten Wagens standen, herabgeschleudert und teilweise nicht unerheblich verletzt. Die übrigen Fahrgäste kamen mit dem Schrecken davon.
Mettingen-Eßlingen, 12. Juni. An verschiedenen Kamerzen trifft man schon feit acht Tagen blühendeTrauben. Auch in bevorzugten Lagen der Rebengehänge ist die Blüte eingetreten. Die Pflanzen stehen sehr schön, gesund und frisch und zeigen beinahe bei allen Sorten reiche Traubenansätze. Wenn auch noch keine der gefürchteten Rebenkrankheiten (keronooxora und Oiäiaw) sich in größerem Umfang zeigte, so hat der vorsichtige Weingärtner doch schon den Kampf gegen sie ausgenommen. Ein großer Teil der Weinberge ist schon mit Kupfervitriolblühe bespritzt. Im Laufe dieser Woche wird das Spritzen allgemein beendet werden; teilweise wurde auch schon geschwefelt.
Eßlingen, 13. Juni. Eiuem raffinierten Schwindler zum Opfer gefallen ist in den letzten Tagen ein hiesiger Kupferschmiedmeister. Er hatte vor einiger Zeit 2 Block Zinn von einer auswärtigen Firma geliefert erhalten. Bor einigen Tagen nun wurde er per Telephon gebeten, er möchte einer Firma in Untertürkheim mit einem solchen Block aushelfen und letzteren nach Untertürkheim postlagernd als Expreßgut absenden. In der Meinung, seinem Lieferanten eine Gefälligkeit zu erweisen, verstand er sich dazu, mußte aber bald in Erfahrung bringen, daß der ca. 80 Pfund schwere Zinnblock auf der angegebenen Station von einer unbekannten Persönlichkeit abgeholt worden war. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.
Heilbronn, 10. Juni. In letzter Zeit und früher wurde mehrfach in außerhalb der Stadt gelegene Geflügelhäuser eingebrochen und wertvolle Tiere entwendet. Am letzten Wochenmarkt gelang es nun, den Täter dieser Diebstähle in dem Augenblick festzunehmen, als er eben wieder gestohlene Hühner auf dem Wochenmarkt feilbot. Sein Stiefsohn, der ihn bei der Ausführung der Diebstähle unterstützte, wurde gleichfalls festgenommen.
Heilbronn, 13. Juni. In der Nacht vom Montag auf heute wurde in Neckargartach die Familie des Bäckers Bullinger ermordet. Als heute früh die Leute Brot holen wollten und niemand zur Bedienung erschien, drang man in das Haus ein, wo sich ein entsetzlicher Anblick bot. In dem Schlafzimmer lagen der Mann, die Frau und das 2jährige Kind durch Axthtebe ermordet. Der Täter muß die Tat ausgrführt haben während die Ermordeten schliefen. Ein Kampf hat nicht stattgefunden. Ob ein Raubmord oder ein Racheakt vorliegt ist noch nicht sicher festgestellt. Der Bäckergehilfe ist seit heute früh verschwunden. Er heißt Ernst Mogler. Die Staatsanwaltschaft ist an Ort und Stelle.
Hetlbro » u, 13. Juni. Ueber den dreifachen Mord im benachbarten Neckargartach teilt die „Neckarzeitung" noch folgendes mit: Die Tat selbst stellt sich nach den bis jetzt gemachten Feststellungen als ciu Raubmord dar. Das Mord- instrument, ein kleines Handbeil, fand sich auf dem Sofa vor. Der Geldkasten war erbrochen und alles größere Geld daraus verschwunden. Einen Hundertmarkschein hat der Raubmörder anscheinend in der größten Eile zu Boden fallen lassen und vergessen. In der Küche lag das Geldtäschchen der Frau, das noch einiges Kleingeld enthielt; anderes lag am Boden zerstreut umher. Ob und inwieweit der seit dem Morde verschwundene Geselle des Ermordeten, der 20jährige Bäckergehilfe Ernst Mogler von Bückingen, mit der Tat in Verbindung steht, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben, die sofort cin- geleitet wurde. Oberstaatsanwalt Fetzer leitet diese; er begab sich heute früh in Begleitung des Landgerichtsrat Geyer an den Ort der Tat. Ueber die Persönlichkeit des geflüchteten Bäckergeselle» Mogler erfährt das Blatt folgendes: Ernst Mogler ist etwa 21 Jahre alt, seine Eltern find schon lange gestorben, es waren dies der Tagiöhner Joh. Mogler und Frau. Der Vater hat durch Selbstmord geendet. Ernst, der seine Jugend in einem Erziehungshause verlebte, ist der jüngste von drei Geschwistern und ein vielfach bestrafter Tunichtgut. Er hat schon eine Reihe von Monaten wegen Bettelns, Diebstahls, Unterschlagung und ähnlicher Vergehen im Gefängnis gesessen.
Von der badischen Grenze, 12. Juni. Eine seitens der Staatsanwaltschaft in Sachen des Ftschsterbens in der Breg an Ort und Stelle vorgenommene Untersuchung hat ergeben, daß die
im Halbdunkel, in ihrer Furcht, erkannt zu werden, an dem Schleier zerrend, der nicht herab wollte.
„Aber, Zia, ich finde das reizend!" flüsterte Frau Wallenthin dem Mädchen zu. „Du siehst ja doch, welchen Beifall eS findet! Eins originelle Jd:e Dagoberts! .... Wo ist er denn — Du mußt ihn verletzt haben"
„Ich weiß eS nicht! Sie sahen ja, wie mich Alle anstarrten, namentlich die schwarz« Dame dort! Ich schäme mich! Ich will fort!" Damit zog sie Frou Wall,nthin. die sich eben die Dame anschaute, durch die Meng- der Herein- tretenden, warf sich draußen atemlos in eine Droschke und zwang ihre Begleiterin, zu ihr zu steigen, ehe diese ein Wort deS EinwandeS äußern konnte.
„Ich werde eS ihm nie verzeihen, daß er mich in einem solchen Kostüm dahingestellt", grollte sie, sich in eine Eck« drückend.
„Aber wenn ich seine Absicht recht verstand, hat er dich als Genius der Wohltätigkeit gemalt! Hast du seine Idee denn nicht erkannt?"
Zia fand wohl insgeheim, daß sie gerade so schlank und schön gebaut, wie dieser Genius da in seiner durchsichtigen Gewandung auf der Teraffe stand, aber eben das war das Verletzende. Diese Maler, so hatte der Pfarrer erzählt, benutzen lebende Modelle zu ihren Gestaltungen; wenn also nun jemand wagen konnte, zu glauben! .... Diese schwarze Dame z. B. hatte sie so angestarrt und verfolgt, daß sie eiligst hinaus hatte müssen, damit nicht auch Andere ouf sie aufmerksam wurden.
Sir drückte sich tiefer in die Ecke de« Wagen« mit dem Vorsätze, Dagobert nie wieder eine» Worte« zu würdigen. Ihr Trost war, daß sie Wenige kannten und diese Wenigen vielleicht da« Bild gar nicht sehen würden.
Dagobert kam «in« Stunde später bestimmt in sein Atelier zurück. Frau Wallenthin wartet« schon auf ihn. Sie bat ihn mit ernstem Gesicht in ihr Zunmer.
Senkgrube, in welche die Schwefelsäure bei der Reinigung der Akkumulatoren der Furtwanger Zentrale der ElektrizttätSgesellschaft Triberg entleert worden war, nicht dicht hielt und so die giftige Flüssigkeit in die Breg drang. Infolge davon find auf eine Strecke von ungefähr 25 Km (von Furiwangen bis Hammereisenba4) alle Fische umgekommen. Auf der Markung Schönenbach allein wurden 2'/, Zentner tote Forellen aus dem Wasser geschöpft. Es wird vier Jahre anst-hen, bis die Fischwasserbefitzer, von denen eine Anzahl die ständigen Lieferanten von Straßburger und Baden- Badener Hotels waren, wieder mit Erträgen rechnen können. Der Schaden wird insgesamt auf 25 000 geschätzt.
Berlin, 13. Juni. Heute morgen 11 Uhr fand in der HedwigSktrche die Trauerfeier für den verstorbenen Fürsten von Hohen- z 0 llern statt. Außer dem Fürsten Wilhelm von Hohenzollern und den Mitglieder» des Fürstenhauses nahmen an der Feier teil der Kaiser, die Kaiserin, die hier und in Potsdam anwesenden Prinzen und Prinzessinnen, der Reichskanzler, die Spitzen der Diplomatie, der Hochadel und die Hofgesellschaft. Vor dem Kirchenportal hatte eine Ehrenkompagnie des 1. Garderegiments unter Prinz Eitel Friedlich Aufstellung genommen. Die Lciche wurde nach dem Anhalter Bahnhofe übergeführt, um nach Stg- maringen gebracht zu werden. Den feierlichen Zug e: öffnete ein militärischer Trauerkondukt, dem die Ehrenkompagnie sich anschloß. Die Geistlichkeit und die Offiziers mit dem Ordenskissen folgten. Der rotsamtene Sarg ruhte auf dem kgl. Ospännigen Leichenwagen. Zu Fuß folgten der Kaiser, Fürst Wilhelm, der Prinz von Rumänien und die anwesenden Fürstlichkeiten und Diplomaten. Truppen der Garnison Berlin bildeten Spalier und präsentierten beim Herannahen des Zuges.
Berlin, 13. Juni. Der Chef der französischen Mission, die zur Hochzeit des Kronprinzen nach Berlin entsandt war, General de Lacrots, hat die Photographie des Kaisers vom Monarchen zum Geschenk erhalten.
Berlin, 13.Juni. Ueber die Ermordung des Engländers Madden in Mazagan wird aus London Näheres gemeldet. In das Haus des Madden, der als österreich-ungarischer und als dänischer Vizekonsul fungierte, drang eine Maurcn- bande ein und ermordete den Besitzer; sie töteten ihn durch Flintenschüsse und hackten ihn alsdann mit Messern und Säbeln buchstäblich in Stücke. Frau Madden wurde bei diesem mörderischen Ueberfall ebenfalls durch einen Streifschuß am Hals verwundet; sie vermochte jedoch zu fliehen und sich nach dem englischen Konsulat in Sicherheit zu bringen. Die Mörder ließen die im Hause befindlichen Wertgegenstände so gut wie unberührt. Das Verbrechen hat eine Panik unter den europäischen Bewohnern vou Mazagan hervorgerufen, welche erst ganz kürzlich an den Doyen des diplomatischen Corps in Tanger
„Aber, mein Gott," rief er auf ihre Vorstellungen verlegen, „ich braucht« so ein E'gelSgesicht für mein B>ld und da kamen mir diese liebsn Züge ins Gedächtnis! Daß sir mir so außerordentlich gelungen sind, war mir selbst eine Freude Urbrigens gefallen sie ja auch Anderen. Als ich in Rom vor meiner Abreise einem Kunsthändler am Corsa das Bild zur Absendung nach Deutschland übergab, bat er mich, es auf kurze Zeit in seinem Schaufenster suSstrllen zu dürfen. Er erwischte mich noch im Bahnhof« als ich schon den Fuß ins Coupö gesetzt, mit der Nachricht, eine Dam«, eine Fremde, interefsire sich lebhaft für das Bild, sie wünsch« mit dem unbekannten Künstler persönlich in Unter. Handlung zu treten. Aber mir war das Bild nicht feil und deshalb trägt eS auch nicht meinen Namen. Frauken Zia sollte eS erst sehe», e« sollte ihr gehören, wenn sie es annehmen wolle. Ich gab also eine abschlägige Antwort und dampft« davon."
„Eine Dame!" wiederholte Frau Wallenthin betroffen. Ist Ihnen nicht die Doms — sie war ganz schwarz verhüllt — aufgefallen, die, als ich mit Zia vor dem Bilde stand, bald sie, bald das letztere so aufmerksam, es schien mir fast, so erregt betrachtete? Ich möchte glauben, daß sie eS war, die durch ih, Benehmen Veranlassung zu deS Mädchens Erschrecken über daS B.ld gegeben hat! Zia hätte di« Sach» sonst vielleicht gar nicht so ernst genommen."
„ES geschieht wohl oft, daß ältere Damen sich für hübsche jugendliche Erscheinungen interessieren!" meint« Dagobert, zerstreut lächelnd. „Fräulein Zia wird überall bemerkt; sie fällt jedem auf . . . Wie sah die Dame au»?'
,O, sie konnte nicht alt sein! Sie war schlank und von elegantem Wuchs. Sie wollt« wohl nicht gesehen werden, da sie da- Gesicht so tief verschleiert trug l Sie war auch entschieden etwa« Vornehmes."
(Fortsetzung folgt.)
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