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einen Ausflug hierher. Leider war vorwiitags das Wetter so ungünstig, daß die geplante Tour von Teinach über Waldeck, Thalmühle nicht zu Fuß gemacht werden konnte. So kamen denn die 62 Sängerinnen, Frauen und Fräulein, mit dem MittogSzug hier an. Nach dem Mittagessen ver­gnügten sich die Damen im Saal des Schwarz- waldbräuhauses mit Spielen, Singen und Tanzen. Die gesanglichen Darbietungen unter Professor. Föistlers Leitung, Soli und Chöre, entzückten all­gemein durch ihre Fülle und Reinheit. In heiterster Stimmung fuhren die lieben Sängerinnen abends '/«S Uhr wieder hier weg unter lebhaften Hochrufen des Publikums. Mögen sie bald wieder kommen und mehr GM mit dem Wetter haben.

Herrenberg, 6. Jvni. Auf den heutigen Viehmarkt waren zugeführt; 49 Ochsen, 293 Kühe und 176 Stück Jungvieh, was gegen letzten Markt ein Mehr bedeutet von 27, 43 und 69 St. Von Händlern waren zugeführt 85 Stück, gegen letzten Markt 42 Stück mehr. Der Verkauf ging ziemlich gut, die Preise waren gegen letzten Mark gleich- bleibend. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 1000 bis 1200 eine trächtige Kub 300480 eine Milchkuh 300-480 eine Schlachtkuh 200 bis 300 eine Schaffkuh 250350 ^ eine Kalbin 200250 ein Jungrtvd oder einen Stier 120 bis 180 Begehrt war besonders Jung- sowie fettes und trächtiges Vieh. Auf den Schweine­markt waren zugeführt: 242 Stück Milchschweine und 191 Läuferschweine. Der Verkauf ging gut. Preise für ein Paar Milchschweine 3045^, für Läufer 50100 Auf dem Pferdemarkt

waren ca. 50 Pferde aufgestellt und darunter schöne xemplare zu sehen. ES waren ziemlich viele Käufer am Platze und wurde lebhaft gehandelt.

Stuttgart. In Nill'S Zoologischem Garten erweckt Miß Heliot mit ihren zlvölf dressierten Löwen fortgesetzt das größte Inte­resse. Heute Samstag tritt die beliebte Dompteuse um 5 Uhr auf, an den Pfingstfeiertagen finden je vormittags 11 Uhr und nachmittags 4 und 6 Uhr Vorstellungen statt. Die gewöhnlichen Eintritts­preise in den Tiergarten bleiben auch während des Gastspiels der Miß Heliot bestehen, nur di.jenigen Besucher, die Sitzplätze (gedeckter Raum) beanspruchen, haben eine kleine Nachzahlung zu leisten. Die Vor­stellungen finden bei jeder Witterung statt. Auder- weiiiger Verpflichtungen wegen kann Miß Heliot nur noch kurze Zeit in Stuttgart verweilen.

Tübingen, 7. Juni. Der Metzger G. in Talheim, welcher wöchentlich durchschnittlich 1500 rote Würste verkauft, verschaffte zu denselben erheb­liche Mengen Kartoffelmehl. Die Strafkammer verurteilte ihn deshalb wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 40 Geldstrafe.

Nürtingen, 6. Juni. Der Zement- arbeiter Wilhelm Haisch von Oberbrüden ist seit einigen Tagen verschwunden, damit aber auch die Ersparnisse seiner Logisfrau. Das Geld war unter doppeltem Verschluß, doch wußte der Dieb den Schlüssel ausfindig zu machen.

Sigmaringen, 8. Juni. Fürst Leopold von Hohenzollern ist heute abend in Berlin, wo er aus Anlaß der Vermählungsfeierlichkeiten weilte, an Herzschwäche unerwartet rasch verschieden. (Morgerip.)

Berlin, 7. Juni. Die Hochzeit des Kronprinzen. Der Trinkspruch, den der Kaiser bei der Zeremonientafel im kgl. Schlosse ausbrachte, lautet folgendermaßen: Meine liebe Tochter Cäcilie! Gestatte mir, daß ich Dich in meinem Hause und in meinem Familienkreise zugleich im Namen meiner Gattin und meines Hauses von Herzen willkommen heiße. Du bist bei uns ein­gezogen wie die Königin des Frühjahrs unter Rosen und Guirlanden und unter einem beispiellosen Jubel des Landes, wie ihn meine Residenz seit langem nicht mehr erlebt hat. Ein Kranz erlauchter Gäste hat sich eingefunden, um dieses hohe Freudenfest mit uns zu feiern. Aber nicht nur die Anwesenden, sondern auch diejenigen, die leider nicht mehr find, sie find im Geiste heute bei uns. Dein erlauchter Vater und meine Eltern. AIS einstige Repräsen­tanten der damaligen Zeit sehen wir noch hier meine erlauchte Tante und meinen Onkel von Baden. Sie leiten uns über zu vergangenen Zeiten, und wenn auch in der Feststunde unsere Herzen höher schlagen, soll auch der ernste Ton nach guter deut­scher Art nicht fehlen. Hunderttausende fceuden- strahlende Augen haben Dir entgegengejubelt; sie haben Dir aber nicht nur aus Freude geleuchtet, sondern, wer tiefer in die Seele der Menschen zu blicken vermag, hat aus den Augen dieser Leute eine Frage gelesen, eine Krage, die der Antwort bedarf durch Eurer ganzes Leben und Wesen, die Frage: Wie wird es werden? Ihr tretet

zusammen in den neuen Hausstand ein und das Volk hat seine Vorbilder nach denen es sich richtet. Die hohen Vorbilder, die Dir, liebe Cäcilie, voran­gegangen find, find von beredtem Munde heute schon genannt worden. Die Königin Luise und die an­deren Fürstinnen auf dem preuß. Thron, sie bilden den Maßstab für die Beurteilung Deines Lebens seitens des Volkes, während mein teurer Sohn, Dein Leben und Wirken gemessen wird an den großen Vorbildern, die Dir in Deinem erlauchten Großvater und Urgroßvater von der Vorsehung gegeben sind. Mit offenen Armen bist Du. meine Tochter, bei uns ausgenommen worden, und gehegt und gepflegt sollst Du werden. Euch beiden gemein­sam wünsche ich von ganzem Herzen GotteS reichen Segen. Gegründet sei Euer Hausstand auf Gott und unseren Heiland. Wie er die bedeutendste Per­sönlichkeit gewesen ist, die ibre leuchtenden Spuren bis zum heutigen Tage auf der Erde hinterlassen bat, welche in den Menschenherzen nachschlagen und ste zwingen, ihnen nackzuahmen. so möge auch Euer Lebenslauf dem seinigen nachstreben. Möge Euer Hausstand ein glücklicher sein und ein Beispiel werden für die junge Generation gemäß dem schönen Satze, den einst Kaiser Wilhelm der G'oße als junger Monn als sein Glaubensbekenntnis nieder­schrieb:Meine Kräfte gehören der Welt und dem Vaterland?!" Nehmet hin meinen Segen für Euren Lebensgana. Ich trinke auf das Wohl des jungen Ehepaares!

Berlin, 8. Juni. Die neueste Verlust­liste aus Südafrka zählt 5 Gefallene und 4 Verwundete, darunter 2 Offiziere. Gestorben sind 6 Mann.

Breslau. 7. Juni. Das Unwetter bat besonders das Riesengebirge und die Kreise Bunzlau. Li-gritz, Löwenberg und Grünberg heim­gesucht. Mehrere Personen wurden vom Blitz ge­tötet und zahlreiche Gebäude eingeäschert. Zwischen Grünberg und Rotenburg wurde ein Bahnübergang total weggeschwewmt. Nur die Geistesgegenwart eines Bahnwärters v°rbütete, daß der Stettiner Schnellzug abstürzte, dessen Insassen für ihren Lebensretter eine Geldsammlung veranstalteten. Auf der Bahnstrecke GrünbergCbristianstadt ist infolge einer Dammzerstörung der Verkehr unterbrochen. Ein Eisenbohnzug entgleiste, jedoch wurde niemand verletzt.

Paris, 7. Juni. Von ollen Seiten wird die NaLricht bestätigt, daß die Beziehungen zwischen Paris und Berlin vor einige» Tagen überaus ge­spannte waren und daß man aus beiden Seiten die schlimmsten Eventualitäten ins Auge gefaßt hatte. Auch jetzt ist der Zwischenfall noch nicht ganz bei­gelegt, doch glaubt man. daß der Rücktritt Delcaffäs dazu angetan sei, die Situation zu verbessern, da der Minister des Aeußern seit einigen Monaten eine lediglich persönliche Politik verfolgte, wobei er sich nicht nur im Gegensatz zu den übrigen KabinettS- mitgliedern. sondern auch zum Präsidenten Loubet befand. Als Folge des Konfliktes dürft- Fürst Radolin sowie der Berliner französische Botschafter Bihourd ersetzt werden.

Christiania, 7. Juni. Das Storthing erklärte, da der König aufgehört habe, als norwegischer König zu fungieren, die Ver­einigung mit Schweden unter einem König für aufgelöst und übertrug die RegiermrgS- gewalt dem bisherigen Kabinett. Das Storthing ersucht den König, miizuwirken, daß ein jüngerer Prinz des Hauses Bernadotte den norwegischen Thron besteige.

Die seit Jahren spielende norwegische KonsulatSfrage bat sich jetzt zu einer poli­tischen Krise zwischen den beiden durch die Person des Herrschers verbundenen Reichen Schweden und Norwegen ausgewachsen. DoS norwegische Storthing hatte einstimmig ein Gesetz angenommen, durch das ein eigenes norwegisches Konsulatswesen errichtet werden soll. König OSkar von Schweden bat aber die Sanktionierung dieses Gesetzes am 27. Mai abgelebnt. Darauf gab das norwegische Ministerium seine Entlassung mit der Begründung, die Zurück­weisung eines von der norwegischen Regierung ein­stimmig beschlossenen Ansuchens betr. ein norwegisches Gesetz, das vom Storthing einstimmig angenommen worden und dessen Durchführung das ganze nor­wegische Volk fordere, würde eine Bedrohung der Souveränität des Reiches in sich schließen und der Ausdruck einer persönlichen Königsgewalt sein, die der konstitutionellen Praxis widerstreite. Der König hat aber das Abschiedsgesuch des Ministeriums nicht bewilligt. Die Verfassung gebe ihm das Recht, dem Gesetze nicht zuzustimmen, und eine andere Regierung könne jetzt nicht gebildet werden. Das Ministerium beharrte auf seinem Gesuch. Als die norwegischen Minister von den Beratungen in Stock­holm nach Christiania zurückkehrten, wurden ste von einer großen Menschenmenge mit begeisterten Hoch­

rufen begrüßt. Andererseits wurde in Stockholm im Theater dem König und dem Kronprinzen eine Ovation dargebracht. Das Publikum sang stehend die Nationalhymne.

Stockholm, 7. Juni. Der König sandte heute folgendes Telegramm an den norwegischen Staatsminister Michelscn nach Christiania: Ich habe die Mitteilung des Staatsrats empfangen und lege bestimmten Protest gegen die Handlungsweise der Regierung ein. Die Stockholmer Blätter bezeichnen die Begebenheiten in Norwegen als Revolution. Die Union könne nichr allein durch den Beschluß Norwegens aufgelöst werden; dazu gehöre auch die Zustimmung Schwedens.

Um ja-misch-wMm Krieg.

Berlin, 8. Juni. Verschiedene Mächte haben, wie die National-Zeitung erfährt, diplo­matische Schritte getan, um die Stimmung des Kaisers von Rußland hinsichtlich der Kriegslage und der darangeknüpften Friedensaussichten kennen zu lernen. Bisher liegt keine authentische Aeußerung Nikolaus II. vor. Hervorgehoben zu werden ver­dient jedenfalls, daß zum ersten Male diplomatische Schritte unternommen find, die den Zweck haben, Rußland öffentlich die guten Dienste befreundeter Mächte anzubieten. Wie sehr übrigens die Friedens­nachrichten der Wirklichkeit voraus eilen, erhellt anS der Tatsache, daß es sich zunächst um den Abschluß eines Waffenstillstandes zwischen Rußland und Japan handeln müßte.

Petersburg, 7. Juni. Vergebens versuchte man dem Heere die vernichtende Niederlage der baltischen Flotte zu verheimlichen. Die Japaner verbreiten die Nachricht im russischen Lager. Der Eindruck auf die Truppen läßt sich nicht beschreiben. Einzelne Abteilungen warfen die Gewehre fort und erklären, nicht weiter kämpfen zu wollen, da ein Sieg der Russen ausgeschlossen sei. Auch der Offiziere hat sich eine tiefe Entmutigung bemächtigt.

Petersburg, 8. Juni. Entgegen anders lautenden Meldungen wird von wohl informierter Seite versichert, daß sofort rach dem in Zarskoje Selo stattgefundenen Ministerrat Graf Lambsdorff dem Botschafter in Washington sowie den anderen diplomatischen Vertretern Rußlands die telegraphische Weisung zukomwen lt« ß, daß Rußland den Zeit­punkt noch nicht für gekommen erachte, Frieden zu schließen. Sollte dieser Zcilpunkt kommen, so werde Rußland ohne fremde Intervention mit Japan direkt in Verhandlungen treten.

Paris, 7. Juni. Im Gegensatz zu allen Dementis wird von hiesigen Blättern, die sonst über hiesige Verhältnisse gut unterrichtet sind, die Richtigkeit der Meldung aufrecht erhalten, daß die Kriegspartei in Petersburg vollständig in den Hinter­grund gedrängt und ein rascher Friedensschluß der lebhafte Wunsch aller politisch maßgebenden Persön­lichkeiten sei. Der Petersburger Korrespondent des TempS" depeschiert: Ich höre aus sicherer Quelle, daß die gemeinsamen Bemühungen der Minister auf den Frieden gerichtet sind und daß sie in kurzer Frist einen Erfolg erhoffen.

London, 7. Juni. Reuter meldet aus Petersburg: In Verfolg der gestrigen Be­ratungen des Ministerkomitecs in Zarskoje Selo erhielten die russischen Botschafter in Paris und Washington telegraphisch die Anweisung, Rußland wünsche die FriedenSbedtngungen Japans zu erfahren.

Gottesdienste.

Sfingstsejt, 11- Juni. Vom Turm- 203. Kirchenchor: O du alleriüßste Freude rc. Predigtlied: 186, O heilger Geist ec. ^»9 Uhr: Beichte in der Sakristei. 9 Uhr: Vor mitt.-Predigt, Herr Dekan RooS. Feier des hl. Abendmahls. 2 Uhr: Nachmitt.- Prcdigt, Herr Stadtpfarrer Schund. Das Opfer ist vor- und nachmittags für bedürftige evangelische Gemeinden des In- und Auslandes bestimmt. Pfingstmontag, 12 Juni. 9 Uhr: Predigt, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Donnerstag, 15. Juni. 8 Uhr abends; Bibelstunde im Vereinshaus, Herr Dekan Roos.

Htekka«etetl.

Wärr Hükei'-I^lelil.