Berlin, 25. Sept. Wie dieB. Z." erfährt, ist der Kreis der Vertreter des besetzten Gebiets, der sich gestern mit Aus­schluß des deutschnationalen Vertreters van den Kerkhoff für die Aufgabe des passiven Widerstandes ausgesprochen hat, ge­nau der gleiche, der seinerzeit vom Kabinett Euno berufen sich für den Passiven Widerstand erklärt hat.

Der amtliche Bericht.

Berlin, 25. Sept. Honte vormittag hat eine gemeinsame Besprechung der Ministerpräsidenten der deutschen Länder mit dem Reichskabinett über die Frage der Stillegung des passiven Widerstands stattgefunden. Rach einer Darlegung des Reichs­kanzlers brachten die Vertreter der Länder ihre Auffassung zum Ausdruck. Es ergab sich vollkommene Uebereinstimmung dar­über, daß der passive Widerstand aus innerpolitischen und vor allem finanzielle« Gründen abgebrochen werden mutz. Ebenso war man übereinstimmend der Ansicht, datz es die Absicht und Aufgabe der Reichsregierung sei, den Abbruch des passive« Widerstands in einer der Würde und Ehre des deutschen Vol­kes entsprechenden Weise vorzunehmen. Gegenüber etwaige» versuchen, die Einheit des Reiches anzutasten, erklärten alle Verantwortlichen Leiter der deutschen Länder ihre« festen Willen, die Einheit des Reiches als unantastbares Gut der Nation zu bewahren und zu verteidigen.

Unbedingte Gehorsamspflicht der Reichsbehärben.

Berlin, 25. Sept. Die Reichsregierung hat folgendes Rund- telegramm an alle Behörden erlassen:Im Falle rnnerer Un­ruhen haben alle Reichsbehärben und Reichsbeamten ausschliess­lich den Anordnungen der Reichsregierung Folge zu leisten. Et­wa erforderliche Anordnungen über ihre Dienstpflicht rrlätzt der Herr Reichspräsident."

Berlin, 25. Sept. Heute nachmittag versammelten sich die Führer der Reichstagsfraktionen im Reichskanzlerhaus. Der Reichskanzler führte aus, welche innerpolitischen und finanzi­ellen Beweggründe die Reichsregierung zu ihrer von den Ver­tretern der besetzten Gebiete gebilligten Auffassung gebracht ha­ben, daß der passive Widerstand aufgegeben werden müsse. Er hob Labei hervor, daß die schweren Opfer der Bevölkerung an Rhein und Ruhr in den letzten 9 Monaten nicht umsonst ge­bracht worden seien, daß aber die durch sie geschmiedete wirk­same Waffe des passiven Widerstandes sich gegen das deutsche Volk zu wenden drohe. Aus Len finanziellen Verhältnissen des Reiches, deren zwingendem Diktat man sich nicht länger ent­ziehen könne, müsse man die Folgerungen ziehen und den pas­siven Widerstand beendigen. Die Fraktionsführer schlossen sich dieser Auffassung des Reichskanzlers an mit Ausnahme des Führers der Deutschnationalen Volkspartei, der den passiven Widerstand durch schärfere Maßnahmen zu übertrumpfen wünschte.

Berlin, 26. Sept. Nach der Besprechung des Reichskanz­lers mit den Parteiführern trat gestern das Reichskabinett zu einer Sitzung zusammen, in der es sich in der Hauptsache mit der Proklamation des Reichspräsidenten und der Reichsregie­rung beschäftigte, durch welche der Bevölkerung die Aufhebung der Verordnungen über den passiven Widerstand offiziell ver­kündet werden soll. Den Blättern zufolge soll die Proklama­tion heute veröffentlicht werden. Wie dieVoisische Zeitung"

wissen will, soll eine zweite Proklamation durch die Vertreter

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der besetzten Gebiete erfolgen, in der der Beschluß der Reichs­regierung im Namen der Bevölkerung des Ruhrgebiers und des Rheinlandes gutgeheißen, sowie die Wiederaufnahme der nor­malen Tätigkeit in den besetzten Gebieten empfohlen wird. Wie die Blätter melden, erklärten in der gestrigen Besprechung der Reichsregierung mit den Führern der Reichstagsfraktio­nen die deutschnationalen Vertreter, daß es für Deutschland nur noch den Weg gebe, an Frankreich die ultimative Forderung zur Wiederherstellung des Rechtszustandes und zur Wiedergutma­chung aller Rechtsbrüche zu richten. Falls diese Forderung ab­gelehnt werde, solle der Bruch mit Frankreich mit allen daraus sich ergebenden Folgerungen vollzogen werden. Der ständige Ausschuß der deutschnationalen Fraktionen des Reichstags und des preußischen Landtags machten sich diesen Standpunkt zu

eigen und forderten zur Durchführung dieses Programms eine Neubildung der Reichsregierung.

In einem Vortrag des hessischen Ministers Köhler wird der Abbruch des passiven Widerstands damit begründet, daß das Deutsche Reich es nicht ertragen könne, wenn wöchentlich 1000 Billionen Mark für den Ruhrkampf ausgegeben würden. Die Blätter erklären hierzu, daß die Summe, die der Nuhr- kampf erfordert, ein Vielfaches der von dem hessischen Minister angegebenen Ziffer ist. Für die kommende Woche erfordert der Ruhrkampf, wie der Kanzler den Vertretern der politischen Parteien auf Grund der Aufzeichnungen des Reichsfinanzmini­sters mitgeteilt hat, einen Betrag von 8000 Billionen Mark. Diese erschreckende Summe, die den Währungsverfall in

Deutschland herbeigeführt habe, habe den Hauptgrund zu dem chlr

Entschluß der Reichsregierung gegeben.

Nach einer Meldung derVossischen Zeitung" aus Gelsen­kirchen wurde der Beschluß der Reichsregierung ohne jedes Zei­chen von Erregung ausgenommen. Das Blatt spricht von einer gewissen Entspannung, welche die Befreiung von der lähmen­den Ungewißheit der letzten Monate hervorgerufen habe. Die Gewerkschaften würden zu der neuen Lage erst Stellung neh­men. Die Kommunisten, deren gesamte Presse bekanntlich ver­boten ist, fordern in Flugblättern zur Fortführung des passiven Widerstandes und zur Bildung einer Arbeiter- und Bauern­regierung auf.

Keine Putschpläne der DeutschdSlkischen.

Berlin, 25. Sept. Von einer den Deutschvölkischen nahe­stehenden Seite wird versichert, daß die Führer der Deutschvöl­kischen an keinerlei Putsche dächten. Sie >eien sich nur zu wohl bewußt, daß bei dem Mißlingen eines Rechtsputsches eine links­radikale Welle über das Reich gehen müßte, die zu hemmen dann nicht möglich wäre. Um diese sonst durchaus vertrauens­würdige Mitteilung richtig einzuschätzen, muß man sich freilich erinnern, daß diese Deutschvölkischen im engeren Sinne auf Norddeutschland beschränkt sind. Auch hier erklärt unser Ge­währsmann es für nicht ausgeschlossen, daß der eine oder an­dere der Unterführer, die ja wohl in der Hauptsache mit den Freikorpsführern von ehedem identisch sein werden, au? einmal auf eigene Faust losschlägt. Auch wir meinen freilich, daß die von links drohende und von Sowjetrußland dauernd angefachtc Gefahr, von der die Berliner Waffenfunde soeben erneut zeu­gen, zum mindesten die gleiche Beachtung erheischt.

Poincares nächste Schritte.

Berlin, 25. Sept. Ueber die nächsten Entschlüsse der franzö­sischen Regierung hat, wie aus Paris gedrahtet wird, eine po­litische Persönlichkeit dem Vertreter desGaulois" unter ande­rem erklärt: Der Widerruf der Verordnung über den passiven Widerstand werbe zur erste« Folge die Wiederherstellung der Arbeitsfreiheit im besetzten Gebiet haben. Das Ausland könne wieder mit Ruhrkohle versorgt werden. Die militärische Bese­tzung bleibe vorläufig bestehe«, werde aber weniger hervortreten. Tie Verwaltung bleibe in französischen Händen. Es könnten jedoch gewisse Beamte dazu autorisiert werden, ihre Posten wie­der einzunehmen. Diese provisorische Regelung werde wahr­scheinlich währen- der Verhandlungen über die Reparationen andauern. Die Alliierten würden sich voraussichtlich erst unter­einander verständigen und dann mit Deutschland eine» Vertrag abschlietzen. Es sei dorauszusehen, datz die Verhandlungen ziem­lich lange dauern werden.

Frankreich von einer deutschen Revolution nicht betroffen.

Paris, 25. Sept. Professor Viktor Basch beschwert sich in derEre Nouvelle" darüber, daß die französische Negierung der deutschen Demokratie keinerlei Unterstützung zuteil werden lasse. Poincare erklärt, wenn die Revolution in Deutschland ausbreche, könne Frankreich davon nicht betroffen werden. Der Temps" seinerseits unterstreicht, daß Frankreich, da es das große Arsenal Deutschlands beherrsche, nichts zu befürchten habe. Wenn das Reich zusammenbreche, sei es notwendig, zu zeigen, daß das eine Politik auf kurze Sicht iei, gegen die alle Demokraten Protestieren müßten begännen.

Widerstandes.

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Paris, 2S. Sept. DerGaulois" spricht in ,

l' 1'17 in Navlier i 7 ^, 7 ,, 7 I i,^... oUg aus doz

gestern ^in Berlin ausgegebene halbamtliche Communigue vo'

einem Schwanengesang. Das Blatt erwartet, daß k-»» » ruhen in Deutschland ausbrechen werden. Denn -a : ^ schenswert, daß das Deutsche Reich nicht der AnaM- Bürgerkrieg in dem Augenblick ausgeliefert weM in » sich dazu entschließe, seine Verpflichtungen zu erfüllen

Protest der Oppositionellen werde umso vergeblicher

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sie wüßten, daß Deutschland keine Wahl der Mittel beiik/ aus der Sackgasse herauszukommen, in die es sich weise gegeben habe. Die innere Politik allerdings dieser Frage eine beherrschende Rolle spielen. Der Kanr^! weist in dieser Gedankenrichtung auch auf die feparariW^ wegung hin und erklärt, Frankreich möge unrer keinem ln,, wand in diese Manifestation eingreifen, um nicht jene Arm mente zu liefern, die nicht nur in Deutschland, sondern ^ anderwärts behaupteten, es unterstütze einen sevaratissiÄ Versuch. Frankreich müsse sich darauf beschränken den ländern die Freiheit zu sichern, ihren Willen auf'Grund U Prinzips des Selbstbestimmungsrechts der Völker zum druck zu bringen. ^

London, 25. Sept. Die gesamte Presse befaßt sich einack.r mit der bevorstehenden Aufgabe des passiven Widerstandes Deutschland. DieWestminster Gazette" schreibt, die Annaw der französischen Besetzung bedeute einfach das EinaMnL Deutschlands, daß seine wirtschaftlichen Kräfte erschöpft « seine Finanzen bankerott seien. Wenn das Zustandebm« dieser Lage das Ziel Frankreichs war, so könne cs sich zu T nem Sieg beglückwünschen. Der Berliner Berichtes desDaily Herald" schreibt, die Schwierigkeiten, die in DeM land ständig wachsen, schüchterten die deutsche Regierung keim Wegs ein. Die Rede des deutschen Reichskanzlers auf der K ferenz mit den Vertretern des Ruhrgebiets habe ans Liese 8 druck gemacht. Auf der Konferenz mit den Parlamentsver'ik- tern des Ruhrgebiets scheine Stresemann dem Glauben Aus druck gegeben zu haben, daß, nachdem der Widerstand

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sei, die vernünftigen Forderungen der deutschen Regierung Freisetzung der von den Franzosen verhafteten Deutschen

der Rückkehr der Vertriebenen von der deurschen zugestanden werden würde. (Wenn Poincare will. SchriM Pall Mall Gazette" schreibt: Es ist nicht mehr ruhnibsE einen Mann, der bis aufs Hemd ausgczogen wurde, zu besieget So wenig wir auch die Deutschen lieben mögen, so haben ui, doch Achtung für die Ausdauer, die sie während des Ruhrkaitz fes gezeigt haben. Wenn Poincare glaubt, daß Frankreich ei, substanzielles Ergebnis aus der Ruhrindustrie wird ziehen km nen, nachdem die den passiven Widerstand anordnenden Veck gungen verschwunden sind, so wird er sehen, daß er sich sch geirrt hat. Sklaven- oder Halbsklavenarbeit kann in der mo­dernen Welt nicht mit Profit verrichtet werden und die wch Bevölkerung, die unter der Drohung französischer Bajonett! in den Händen schwarzer Truppen arbeitet, wird mehr ivi! mehr die Sympathien der Zivilisation gewinnen. (So die eng­lische Presse und die englische Regierung duckt sich vor Pm- care. Schriftl.)

Baldwins Kapitulation vor Poincare.

Im englischen Kabinettsrat wird Premierminister voraussichtlich am Mittwoch feststellen, daß England die Besi­tzung des Ruhrgebiets als vollzogene Tatsache Hingenom«! habe, wenn es sie auch nicht billige. Es habe die Höhe der sm " zösischen Reparationsforderungen anerkannt und eine AM I zur Wiederherstellung Deutschlands vorgeschlagen unter b Bedingung, daß Deutschland gegen alle weiteren Gebietst» tzungen und Sanktionen gesichert werde. Es wird übrigens'«- richtet, daß Lord Curzon außerordentlich aufgebracht ist, daß der Premierminister sich in Angelegenheiten e>M mischt hat, die in die Amtsbefugnis des Außenministers s> und daß diese Auffassung bei einem großen Test des " ' Unterstützung findet.

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Bekanntmachung.

Auf Grund der Verordnung des Reichsarbeitsministers vom 27. 8. 23 ist der Grundlohn mit Wirkung vom 24. September 1923 auf 150 Millionen Mark ausgedehnt worden.

Die Herren Arbeitgeber werden hierauf aufmerksam ge­macht mit dem Anfügen, daß die neuen Uebersichten über Lohnstufen, Grundlöhne und Beiträge bei der Hauptkasfe in Neuenbürg und bei deren Meldestellen in Calmbach, Herren- alb, Höfen, Schömberg und Wildbad unentgeltlich abgeholt werden können.

Neuenbürg, den 25. September 1923.

Die Kaffenverwaltung.

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beim Schultheißenamt eingereicht werden.

Dennach, den 25. September 1923.

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