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in denen die Absender für die übersandten Liebes­gaben, welche sie in tadellosem Zustand empfingen, ihren wärmsten Dank zum Ausdruck bringen. Eine Unterstützung aus der Heimat ist unfern so viele Entbehrungen ertragenden Soldaten von Herzen zu gönnen.

Stuttgart, 18. Mai. (Strafkammer.) Eia interessanter Fall beschäftigte gestern die Straf­kammer und zwar richtete sich die Anklage gegen den Wirt David Sträßer von hier wegen eines Vergehens des gewerbsmäßigen Wuchers und eines Vergehens der Beamtenbeleidigung. Am 4. Nov. v. I. kam ein junger Bierbrauer, der kurz vorher 800 geerbt hatte, in die Wirtschaft des An­geklagten und trank dort Wein und Bier. Er ließ einen Hundertmarkschein wechseln, was den An­geklagten veranlaßt«, ihn zum Sekttrinken zu ani­mieren. Der junge Mann ging auf den Vorschlag ein und bezahlte im ganzen 18 Flaschen Sekt. Für die Flasche mußte er 10 bezahlen, während den Wirt die Flasche nur auf 24 zu stehen kam. Die Anklage beschuldigte nun den Angeklagten, er habe den Leichtsinn eines anderen gewerbsmäßig ausgebeutet. Zwei Schutzleute, die von dem Zech­gelage Kenntnis erhielten, brachten den jungen Manu auf die Polizeiwache, damit er die Herkunft deS Geldes Nachweise. Dabei gebrauchte der An­geklagte gegen die Schutzleute beleidigende Aeuße- rungen. Weinwirt Kühnle, der als Sachverständiger vernommen wurde, bezeugte, der Preis von 10 ^ für eine Flasche deutschen Sekt und zwar für Marken wie fie der Angeklagte führe, sei übermäßig hoch, was über 7 htnauSgehe, sei zu viel. Auf den Einwand des Verteidigers, daß die Besitzer der besseren Restaurants in Stuttgart mit einem Gewinn von 68 für die Flasche Sekt rechnen, ant­wortete der Sachverständige, er halte dies für eine Uebervorteilung der Gäste. Nach längerer Beratung sprach die Strafkammer den Angeklagten von einem Vergehen des gewerbsmäßigen Wuchers frei. Das Gericht war der Ansicht, daß der in besseren Restaurants verlangte Preis für eine Flasche Sekt nicht zu hoch sei, weil die Besitzer mit höheren Be­triebskosten zu rechnen haben. Anders sei es bei dem Angeklagten, der nur eine Bierwirtschaft mit geringeren Spesen führe. Der Angeklagte habe sich der Ausbeutung des Leichtsinns eines Anderen schuldig gemacht, da ihm aber nur der eine Fall uachgewiesen werden könne, so müsse die Schuld­frage auf gewerbsmäßigen Wucher verneint werden. Wegen Beleidigung der Schutzleute erkannte das Gericht auf 10 Tage Gefängnis.

Cannstatt, 17. Mai. Eine Bluttat wurde gestern nachmittag auf offener Straße verübt. Die WirtSfrau Notdurft zu den 3 Hasen in der Fischergasse, geriet mit einem Italiener, der seine Zeche nicht bezahlen wollte in Streit, was die Frau veranlaßte die Polizei herbeizuholen. Der Schutz­mann ersuchte die Frau und den Italiener mit auf die Polizeiwache zu kommen, um weiteren Skandal in der Wirtschaft zu vermeiden. Unterwegs zur Polizeiwache zog der Italiener plötzlich sein Messer und versetzte der ahnungslos dahingehenden Frau von hinten einen wuchtigen Stich in den Rücken. Der Täter wurde von dem Schutzmann unschädlich gemacht und gefesselt auf die Polizeiwache verbracht. Die Frau ist lebensgefährlich verletzt; an ihrem Aufkommen wird gezweifelt.

Vom Bodensee. 18.Mai. Ein sauberes Paar ist ein gewisser Leonhard Hauff aus Bayern und seine Begleiterin, eine Josefa Wittmann aus Württemberg. Dasselbe überfiel in der Nähe der Stadt Bregenz einen jungen Mann namens Jakob Ramp aus dem Tößtal (Zürich) und verletzte ihn mit Stockschlägen und Messerstichen schwer. DaS räuberische Paar leerte dem Bewußlosen die Taschen, wobei ihnen 78 Kronen und 45 Franken in die Hände fielen. Nachdem ihm der Mann noch einen Stich in den Rücken versetzt hatte, ließen fie den Verletzten liegen. ES gelang indes, die Täter kurz nach der Tat festzuuehmen; fie find beide geständig.

Paris, 18. Mai. Nach einer Meldung aus Söul wird der koreanische Gesandte in Berlin dem deutschen Kronprinzen zu seiner Hochzeit einen altkoreauischen Schmuck-Gegenstand und eiuen eigeuhändigen Brief des Kaisers von Korea übeneichen.

Toulon, 18. Mai. Der Torpedojäger Arbalöte" ist mit der Besatzung desQuand msme" an Bord gestern abend hier eingetroffen.

Wien, 17. Mai. Kaiser Franz Josef erschien gestern im Atelier des Bildhauers Vyr, um das Relief für die Peterskirche zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit besichtigte der Kaffer auch den Raum, in welchem die Maler Kosak und Temple ein Kolossal-Gemälde fertig stellen, auf welchen die Szenen vor dem Winter-PolaiS in Petersburg am 22. Januar naturgetreu dargestellt find. Der Kaiser verriet ein starkes Interesse an den tragischen Vor­gängen, welche die beiden Maler mit großer Vir­tuosität auf die 8'/- m lange Leinwand gebannt haben. Im Mittelpunkt des großen Bildes steht der Priester Gopon. Man steht die Dragoner auf das Volk einhauen. Viele liegen verwundet und in ihrem Blute schwimmend im Schnee. Der Kaiser sah sich das Bild lange an ohne ein Wort zu sprechen. Er war sichtlich bewegt und sprach den Künstlern seine Anerkennung aus. Das Bild wird demnächst auch in Berlin zu sehen sein.

Wien, 18. Mai. Das Hochzeitsge­schenk des Kaisers Franz Josef für den deutschen Kronprinzen besteht in einer offenen Viktoria bespannt mit zwei Lippizaner Vollblutschim­meln, deren Geschirr reich mit Silber beschlagen und mit dem kaiserlichen Namenszuge geziert ist.

Venedig, 17. Mai. Die Meldungen aus dem oberitalteuischen UeberschwemmungSgebiet be­richten über ein weiteres Steigen der Flüsse. Der Wasserstaud des Po bei Pavia beträgt 7 Meter über normal. Auch andere Flüsse traten über die Ufer und richteten unermeßlichen Schaden an, namentlich in den Provinzen Padua, Verona, und Vienza. Auf der Linie Verona-Venedig stürzten zwei Eisenbahnbrücken ein. Bei Cavaller Maggiore stürzte ein Eisenbahnzug ins Wasser. Der Heizer wurde verletzt. Der Regen hält immer noch an.

Tanger, 17. Mai. In F ez wurde gestern Abend 10 Uhr die deutsche Spezial-Gesandt­schaft vom Sultan festlich empfangen. Im ersten Hofe des Sultans-Palastes begrüßte die französische und englische Militärmiffion den Ge­sandten. In der Vorhalle des Palastes saß der Sultan, umgeben von allen Würdenträgern. Nach der Begrüßung verlas Herr Tattenbach ein längeres Schreiben, worin der Dank für den glänzenden Empfang des Kaisers in Tanger ausgesprochen war und besonders hervorgehoben wird, daß die Begrüßung durch einen Verwandten des Sultans erfolgte. Graf Tattenbach betonte ferner, daß der Kaiserbesuch in Tanger ein Beweis starker dauernder Freundschaft des Kaisers für den Sultan gewesen sei. Der Kaiser hege den Wunsch, durch feierliche Verträge begründete Beziehungen zwischen Deutsch­land und Marokko zu pflegen und fie weiter aus­zugestalten, was beider Länder Interesse sei. Der Gesandte überreichte dann dem Sultan das Groß­kreuz des Roten Adlerordens mit Kette und Bril­lanten, was den Sultan sichtlich erfreute. Er knüpfte daran Wünsche einer langen unabhängigen Herrschaft des Sultans in seinem Staat. Der Sultan dankte gerührt, und hieß die Gesandtschaft herzlich willkommen. Darauf erfolgte die Vorstel­lung der Mitglieder der Gesandtschaft.

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Paris, 18. Mai. Der Petersburger Korrespondent desEcho de Paris" meldet, es werde ihm aus bester Quelle bestätigt, daß Rosch- djeswenSky die Admiralität benachrichtigt habe, er müsse aus Gesundheitsrücksichten um seine Ent­setzung bitten. Seine Mannschaft sei bei bester Gesundheit, nur er sei sehr krank und könne kaum auf seinem Schiffe uuihergehen. Es wurde be­kanntlich mitgeteilt, daß RoschdjesweuSky zur Zeit, als sein Geschwader im Roten Meer kreuzte, an Dysenterie erkrankte. Jetzt handle es sich aber um eine ernstere Krankheit. Man spreche von allgemeinen Lähmungs-Erscheinungen. In Petersburg erwarte man zwar, daß die Nachricht sich nicht bestätige, indes sei die Quelle des Korrespondenten so zu- verlässig, daß hiefür keine Hoffnung vorhanden sei. Admiral Bierilew habe Befehl erhalten, sofort uach Wladiwostok zu reiseu, um das Oberkommando zu übernehmen, sobald die Flotte dort eingetroffen sei.

Derselbe reise bereits am nächsten Sonntag ab. Admiral Nebogatow werde die Führung der Flotte bis Wladiwostok übernehmen. Indessen hofft man, daß RoschdjeswenSki die Führung der Operationen bis Wladiwostok behalten kann. In einem zweite» Telegramm berichtet derselbe Korrespondent, Admiral Bierilew werde den gesammten Generalstab des Admirals Skiydlew mitnehmen, welch letzterer zum Kommandanten des Hafens von Kronstadt an Stelle Bierilews bestimmt ist. Jedenfalls würde Rosch- djeSweusky und Nebogatow die Flotte bis Wladi­wostok führen. Man hofft, daß das Geschwader ohne Kampf nächsten Monats dort eintreffen wird. Bei seiner Abfahrt habe Roschdjeswensky erklärt, er fühle sich zwar krank, aber er verspreche, die Flotte bis nach Wladiwostok zu bringen, wo er dann ja Zeit haben werde, seine Genesung abzu­warten.

Hongkong, 18. Mai. Ein deutscher Dampfer meldete, daß er Sonntag morgen in der Nähe von der Houkohe-Bucht das russische Geschwader in Stärke von 50 Schiffen gesichtet habe, in dem Augenblick als gerade die Flotte die Bucht verließ.

vermischtes.

D as Zündeln der Kinder. Das Mini­sterium des Innern hat an die ihm unterstellten Behörden einen Erlaß gerichtet betr. die Verursachung von Bränden durch das Spielen der Kinder mit Zünd­hölzern und feuergefährlichen Stoffen. Einleitend wird hierbei auf die Entstehung des Jlsfelder Braud­unglücks hingt wiesen und auf die überhaupt unver­hältnismäßig große Anzahl von Bränden, die auf dem Lande durch unbeaufsichtigte Kinder verursacht werden. Die Kretsregierungen, die Oberämter und OrtS- polizetbehörden werden nunmehr angewiesen, mit Nachdruck alle Maßregeln anzuwenden, die im Verein mit Belehrung und Verwarnung der Kinder geeignet erscheinen, dem vorschriftswidrigen Herum- ltegen oder Stehevlassen von Zündhölzern oder besonders feuergefährlichen Stoffen und dem Allein­lassen der Kinder ohne Aufsicht zu steuern. Die Uebertretungen der bestehenden Vorschriften sollen auch dann zur Anzeige gebracht werden, wenn hier­durch ein Brandunglück nicht entstand. Gegen Ver­fehlungen gegen die feuerpolizeilichen Vorschriften soll stets mit strengen Strafen vorgegangen werden, Auch soll von Zeit zu Zeit durch öffentliche Bekannt­machung aller hier in Betracht kommenden Fragen aufklärlich gewirkt werden. Dem Ministerium sollen alljährlich Ueberstchten über die erkannten Strafen, sowie die in Verbindung stehenden Brandfälle vor­gelegt werden.

Der Aufstand in Deutsch-Südwest­afrika. Der Bethauierhäuptling Cornelius Frederik mit etwa 300 Mann war zuletzt am Zusammenfluß des Kutip und deS Kuume festgestellt; Major Täubler beabsichtigte, ihn mit im ganzen 4'/- Kompagnien und 2 Geschützen von verschiedenen Seiten anzu- grcifen. Von diesen Truppen stieß am 8. Mai die 1. Etappevkowpagnie unter Hauptmann v. Roppard von Süden kommend allein auf den Gegner, der sich mittlerweile nach dem oberen Ganachab gezogen hatte. Roppard wurde schwer verwundet; es fielen 6 Reiter, verwundet wurden 6 Reiter. Am folgen­den Tage erreichte von Norden kommend Hauptmanu Banmgärtel mit 90 Gewehren nach 46stündigem anstrengendem Marsche das Gesichtsfeld und griff überraschend die Stellung von Cornelius an. Dieser floh nach kurzem Kampfe unter Zurücklassung von vier Toten und einem Verwundeten sowie großen Viehmassen mit etwa 100 Reitern in der Richtung auf Berseba. Der Rest seiner Leute zerstreute sich. An Stelle der erschöpften Abteilung Baumgärtels nahmen der herbeigeeilte Täubler und die erste Etoppenkompagnie die Verfolgung auf. Major v. Kawptz befindet sich im Vormarsch gegen Kouchanas, woselbst neueren Nachrichten zufolge Morengo seinen Anhang gesammelt hat. Die Zahl der gefangenen Hereros beträgt jetzt 5804, darunter 1493 Männer und hat seit dem 10. April um 2371, darunter 601 Männer, zugenommen.

Eautal«, 21. Mai. Vom Turm: 272. Kirchen­chor: Wenn Christus, der Herr re. Predigtlied: 208, Wach auf du Geist re. 9 Uhr: Vorm«.. Predigt, Herr Dekan RooS. 1Uhr: Christenlehre mit denTöchtern. 2 Uhr: Bibelstunde im VereinS- haus, Herr Stadtpfarrer Schmid. .

-auuerstag, 25. Mai. 8 Uhr abends: Bibelstunde ,m Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schmid.