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Handel und Verkehr.
Stuttgart, 9. Juli. (Landesproduktenbörse.) Die Stimmung an den deutschen Getreidemärkten ist sehr fest und die Preise sind abermals in die Höhe gegangen. Die Einfuhr von ausländischem Getreide und Mehl in größerem Umfange würde sich rentieren, wenn die Beschaffung der erforderlichen Devisen nicht so stark erschwert wäre. Die Preise sind nominell. Es notierten 100 Kg. für gesunde, trockene Ware ab württ. Stationen in Tausenden von Mark: Weizen 1000—1200 (am 2. Juli 700—800), Sommer- aerlte 800-900 (550-650), Hafer 680-800 (500—600), Weizenmehl Nr. 1500-1800(1100-1400), Brotmehl 1300 W 1600 (1000-1300), Kleie 400-500 (250—300), Wiesenheu (neuer Ernte) 80—100 (70—80), Kleeheu 100 bis 120 (80—90), drahtgepreßtes StroWO—100 (85—95).
Stuttgart, 9. Juli. Der heute im Vieh- und Schlacht- bof abgehaltene Monatspferdemarkt war mit 223 Pferden aller Art, insbesondere Abeilspferden beschickt. Der Verlauf des Marktes war sehr lebhaft. Große Kauflust zeigten sowohl die Händler, als die Landwirte, die trotz der derzeitgen Heuernte in großer Zahl vertreten waren. 75 Prozent der zugeführten Pferde wechselten ihren Besitzer. Manche Händler Latten ausverkauft. An Preisen wurden notiert: Für schwere Pferde 40—60 Millionen, für mittlere 25—35 Millionen, für leichte 10—20 Millionen Mark. Nächster Monatspferdemarkt: Montag, den 13. August. — Der Hundemarkt war gut beschickt und bot günstige Kaufgelegenheit, insbesondere in jungen Aufzuchlhunden. Zugeführt waren 158 große und >69 kleine Hunde. Bei lebhaftem Verkehr bewegten sich die Preise zwischen 80 und 500000 für große und 70 und 100000 Mark für kleine Hunde.
Neueste Nachrichten-
Stuttgart, 9. Juli. In einer Vertrauensmännerversammlung der Deutschen Volkspartei Württembergs wird am nächsten Samstag nachmittags */r3 Uhr im oberen Museum der Reichstagsabgeordnete von Kardorff über die außen- und innenpolitische Lage sprechen.
Stuttgart, 9. Juli. Die heutige Nummer der Süddeutschen Arbeiterzeitung wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart-Stadt wegen eines Artikels „Für den proletarischen Selbstschutz" beschlagnahmt.
Nürnberg, 9. Juli. Wegen des Verbots der hier erscheinenden „Fränkischen Tagespost" ist das Personal der Nürnberger Zeitungen mit Ausnahme des Zentrumsblattes, der „Bayrischen Volkszeitung", in einen Proteststreik getreten. Es sind deshalb außer der „Bayerischen Volksztg." heute in Nürnberg keine Zeitungen erschienen.
Mannheim, 9. Juli. Zu der Meldung über Vergeltungsmaßnahmen für die Festnahme eines gewissen Schuldes erfahren wir noch, daß Schuldes wegen Betrugs und Spionageverdachts in Haft genommen worden ist. Schuldes war deutscher Reichseisenbahner und ist zweifellos deutscher Staatsangehöriger (nicht Franzose).
Pirmasens, 9. Juli. Die Besetzung des hiesigen Postamts durch die Franzosen bis zum 14. Juli ist erfolgt, weil von der Post gewisse Fernsprechverbindungen für die Besatzungstruppen angeblich nicht herbeigeführt worden waren.
Mainz, 9. Juli. Aus Anlaß eines angeblich in Mainz vorgekommenen Sabotageaktes wurden ausgewiesen: Amtmann Dr. Falz, der sozialdemokratische Parteisekretär Freitag, der Sektfabrikant Kupferberg und Justizrat Levy.
Mainz, 9. Juli. Infolge einer in der vergangenen Woche anläßlich von Eisenbahnerausweisungen veranstalteten Demonstration in Westens ist jetzt von den Franzosen über den-Ort die Verkehrssperre verhängt worden.
Mainz, 9. Juli. Seit gestern wird auf Befehl der Besatzungsbehörden das Gefängnis am Schloßmarkt geräumt. Die Gefangenen werden in Lastautos nach Butzbach gefahren, während die politischen Gefangenen nach dem alten Gerichtsgefängnis gebracht werden sollen, alle diejenigen aber, die noch unter 6 Monaten Haft haben, entlassen werden sollen, ebenso die Untersuchungsgefangenen. Das Gefängnis war son einer riesigen Menschenmenge umlagert, so daß der ganze Komplex von marrokkanischen Schützen abgesperrt werden Mßte, die des Oefteren mit größter Brutalität gegen die Enge vorgingen. Vor dem Gefängnistore stehen zwei Maschinengewehre.
. Kola, 10. Juli. Die Interalliierte Rheinlandkommission n die Verkehrssperre mit dem Ablauf von vier
zehn Tagen Dauer ihr Ende erreichen werde, sodaß von MM Zeitpunkt ab die Paßbestimmungen wie vor dem Eintritt der Sperre gelten.
Düsseldorf, 9. Juli. Der bisherige Stellvertreter des
Regierungspräsidenten, Oberregierungsrat Dr. Tervied, der am Sonnabend von den Franzosen festgenommen wurde, ist ausgewiesen worden. Der jetzige stellvertretende Regierungspräsident ist Oberforstmeister Freiherr von Amelungen.
Berlin, 9. Juli. Die Geschäftskommission der Sozialistischen Arbeiterinternationale hat für Mittwoch, den 11. Juli eine Sitzung des Büros nach Brüssel einberufen. Dem Vertreter der deutschen Sozialdemokratie, Otto Wels, und dem Vertreter der russischen sozialdemokratischen Partei, Abramowitsch ist laut „Vorwärts" die Einreiseerlaubnis durch die belgische Gesandtschaft in Berlin, die von einer Rücksprache mit der belgischen Regierung abhängig gemacht wurde, bisher nicht erteilt worden, sodaß die beiden Vertreter nicht rechtzeitig in Brüssel erscheinen können.
Berlin, 9. Juli. In seiner gestrigen Tagung beschäftigte sich der Zentralvorstand der Deutschen Volkspartei mit der Reichspolitik. Der Parteivorsitzende Dr. Stresemann erstattete ein Referat, das hauptsächlich den Fragen der Innenpolitik gewidmet war und das ein Bekenntnis zur Volksgemeinschaft enthielt. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der Dr. Stresemann, sowie der Reichstagsfcaktion und der preußischen Landtagfraktion, ferner den preußischen Ministern das volle Vertrauen ausgesprochen wird. Weiter wurde eine Entschließung der Frauen der Deutschen Volkspartei angenommen, in der das Internationale Rote Kreuz aufgefordert wird, dahin zu wirken, daß dem deutschen Roten Kreuz gestattet wird, im Ruhrgebiet tätig zu sein.
Berlin, 9. Juli. Im Ausschuß für die Markstützungsaktion wurde festgestellt, daß die einzelnen Ressorts der Reichsregierung bei den Devisenkäufen der Reichsbahn in unzulänglicher Weise zusammengearbeitet haben. — Der Reichsausschuß für Landwirtschaft hat in seiner letzten Sitzung am Samstag zum Nachfolger des verstorbenen Vorsitzenden, des Edlen v. Braun, den früheren Vorsitzenden des Bundes der Landwirte, Freiherrn von Wangenheim, gewählt. — Der Dollarkurs betrug am Montag in Frankfurt und Berlin 179550.— G., 180450.— B.
Amsterdam, 10. Juli. Gestern Abend stürzte der deutsche Rennfahrer Newanow beim Radrennen und erlitt einen doppelten Schädelbruch. Er war sofort tot.
Paris, 9. Juli. Havas berichtet aus Düsseldorf: Zwischen Neustadt und Speyer in der Pfalz ist auf dem Schienenwege ein Haufen Ziegelsteine gefunden worden. Es wurden die üblichen Sanktionen angeordnet.
Püris, 9. Juli. Der frühere Direktor des „Eclair", Judet, der wegen Hochverrats angeklagt war, ist freigesprochen worden.
Paris, 9. Juli. Nach einer Meldung der „Chicago Tribüne" verlautet aus Genf gerüchtweise, daß das Haus Rocke- feller in den Ver. Staaten die Bewegung finanziere, die auf den Beitritt der Bereinigten Staaten zum Haager Schiedsgerichtshof und später zum Völkerbund abziele. Die Petroleumkönige sollen Millionen für Bank- und andere Gründungen hergegeben und in Propagandabureaus gesteckt haben, die angeblich alle idrc Bemühungen darauf richten, in der öffentlichen Meinung der Ver. Staaten einen Umschwung zugunsten der Beteiligung an der europäischen Politik herbeizuführen.
Moskau, 9. Juli. Der Oberste Kirchenrat hat anläßlich des letzten Aufrufs Tichons ein scharfes Protestschreiben erlassen, in dem alle Sünden Tichons gegen Kirche und Volk ansgezählt werden. Die Gläubigen werden aufgefordert. Tichon kein Gehör zu schenken, denn seine Reue sei nach der Meinung des Obersten Kirchenrats nur durch die Angst vor Strafe hervorgerufen.
Newhork, 7. Juli. In Shrevepore hat zwischen zwei Schwägerinnen ein Pistolenduell stattgefunden wegen Meinungsverschiedenheiten über die Verwertung eines von den beiden erworbenen Petroleumfeldes, das sich als unproduktiv erwiesen hatte. Die eine der Duellantinnen war sofort tot.
Bom Landtag.
Stuttgart, 9. Juli. Das Staatsministerium hat den Entwurf eines Gesetzes über die Aufteilung des Oberamtsbezirks Cannstatt festgestellt, der dem Präsidium des Landtags mit Schreiben des Staatsministeriums vom 4. Juli zugegangen ist. Nach dem Entwurf sollen der Oberamtsbezirk und der Amts- körperschßftsverband Cannstatt auf den 1. Oktober 1923 aufgelöst und auf diesen Zeitpunkt die Gemeinden Rotenberg, Schanbach und Uhlbach dem Oberamtsbezirk und Amtskörperschaftsverband Eßlingen, die Gemeinden Hofen, Mühlhausen, Münster, Rohracker, Sillenbuch und Zazenhausen dem Oberamtsbezirk und Amtskörperschaftsverband Stuttgart-Stadt, die Gemeinden Fellbach, Oeffingen, Rommelshausen, Schmiden und Stetten dem Oberamtsbezirk und Amtskörperschaftsverband Waibliirgen einverleibt werden. Die Gerichtsbezirke, die für die Gemeinden des bisherigen Oberamtsbezirks Cannstatt künftig zuständig sind, sollen durch Verordnung des Staatsministeriums bestimmt werden.
^ Das Urteil im Prozeß Fuchs-Machhaus.
München, S. Juli. Das Volksgericht in München hat unter einstimmiger Bejahung beziehungsweise Verneinung der Schuldfragc heute vormittag folgendes Urteil verkündet. Professor Fuchs wird wegen eines Verbrechens, eines hochverräterischen Unternehmens, zu zwölf Jahren Zuchthaus, äbzüglich vier Monate Untersuchungshaft, sowie zwei Millionen Mark Geldstrafe verurteilt, im Falle der Unbeibringlichkeit umzuwandeln in weitere zwanzig Tage Zuchthaus, Aberkennung der bür
gerliche» Ehrenrechte auf zehn Jahre. Kaufmann Johann Munk wird verurteilt wegen eines Verbrechens der Beihilfe zu einem Jahr drei Monate Zuchthaus, abzüglich sechs Wochen Untersuchungshaft, dreißig Millionen Mark Geldstrafe, im Falle der Unbeibringlichkeit zu weiteren sechzig Tagen Haft, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf drei Jahre, Ausweisung anS dem Reichsgebiet. Munk und Fuchs haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Johann Berger, Richard und Rudolf Gutermann wurden freigesprochen. Die Begründung des Urteils umfaßt 407 Schreibmaschinenseiten.
Stillegung der Stahlwerke Hösch.
Dortmund, 9. Juli. Wie die „Tremonia" meldet, wurden die Stahlwerke Hösch gestern vormittag gegen 8 Uhr von Len Franzosen mit großem militärischem Aufgebot besetzt. Einige leitende Beamte wurden verhaftet, sind aber wieder freigelasscn worden. Durch die Besetzung ist nunmehr auch die Kohlenzufuhr von der Zeche „Kaiserstuhlshof" unterbunden. Infolgedessen werden die Eisen- und Stahlwerke Hösch in absehbarer Zeit zum Stilliegen kommen.
Belgischer Terror in Duisburg.
Duisburg, 9. Juli. Die Schutzpolizei wird sich gezwungen sehen, ihren Dienst einzustellen, weil die belgische Besatzungsbehörde den Dienstbefehl, wonach auf alle Straßenpassanten nach 8 Uhr abends geschossen werden kann, nicht zurücknimmt. Erleichterungen für den Nachtverkehr sind bisher nicht zugestanden worden. Aerzte, Hebammen und Geistliche erhalten keine Erlaubnisscheine. Im übrigen ist es für diese Passanten auch mit einem Erlaubnisschein sehr gefährlich, Lei der Nacht den Dienst zu versehen, da ja auf alle Passanten geschossen werden kann. Der Befehl, wonach die Benutzung von Fahrrädern in Duisburg verboten wird, sollte erst am 4. Juli, abends 8 Uhr, in Kraft treten, jedoch wurden schon 24 Stunden vorher die Fahrräder der Passanten beschlagnahmt. Handelte es sich um alte Fahrräder, so wurden sie vor den Augen der Eigentümer zerschlagen, während neue Räder einfach mitgenommen wurden
Die Drohung mit der Geiselfahrt wahrgemacht!
Berlin, 9. Juli. Die „B. Z." erfährt aus Buer: Die hiesige belgische Besatzungsbehörde hat die vor einigen Tagen ausgesprochene unerhörte Drohung wahrgemacht und jetzt angeordnet, daß in jedem Personenzug, der die Strecke der französischbelgischen Regie von Buer nach Oberhausen fährt, 50 Deutsche als Geiseln mitfahren müssen. Die ersten 50 Geiseln sind am gestrigen Sonntag mit dem Franzosenzuge mitgeführt worden. Es waren meist den besten Kreisen der Bürgerschaft angehörende Personen. Für jeden Tag sind 50 neue Geiseln bestimmt, die nach der Reihe mit den Zügen fahren müssen.
Französisch-belgische Fallen für deutsche Arbeiter.
Düsseldorf, 9. Juli. Angeblich im Aufträge Dorrens werden im unbesetzten Gebiert deutsche Arbeiter, insbesondere Schlosser und Heizer der Eisen- und Maschinenindustrie, für das besetzte Gebiet, in Wirklichkeit für den Betrieb der belgischfranzösischen Eisenbahnverwaltung angeworben unter Arbeitsbedingungen, die für deutsche Arbeiter vollkommen unmöglich sind. Sie werden unter falschen Vorspiegelungen ins besetzte Gebiet gelockt und zur Arbeit gezwungen. Die deutschen Arbeiter können nicht dringend genug gewarnt werden, das besetzte Gebiet zur Aufnahme von Arbeit aufzusuchen.
Der Erzbischof von Köln gegen die Sabotageakte.
Köln, 7. Juli. Der Erzbischof von Köln, Kardinal Schälte, richtete an die Erzdiözese ein. Schreiben, in dem er auf den Brief des Papstes Bezug nimmt. Darin heißt es u. a.: „Es ist fraglos, daß die Entwicklung der Dinge, unter denen unsere Bevölkerung an Rhein und Ruhr so namenloses zu leiden hat, einem entscheidenden Wendepunkt nahegekommen ist. Daher drängt es mich» die unerschütterliche Beharrlichkeit Eures Willens, der, fern von Haß und Leidenschaft, verwerfliche Racheakte weit von sich weist und unter Wahrung von Pflicht und Ehre nur nach Frieden und Versöhnung strebt, nochmals aufzurnsen und Euch inständig zu bitten, die Bemühungen des Papstes, die Anstrengungen unserer Regierung und überhaupt aller, die irgendwie ehrlich für den Weltfrieden arbeiten, in Viesen so schweren Tagen und Wochen mit Eurem unblässigen Gebet zu begleiten. >
Lebensmittelunruhen bei Potsdam. ^
' In Nowawes bei Potsdam ist es Montag vormittag zu Lebensmittelunruhen gekommen. Auf dem Wochenmarkt führte die erregte Stimmung der Bevölkerung über die hohen Preise zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen Publikum und Händler. Als die Verkäufer sich weigerten, die Waren billiger zu verkaufen, nahm die Menge eine drohende Haltung ein und zwang eine Anzahl Marktstandsinhaber, die Waren zum halben Preis abzugeben. Verschiedene Stände wurden umgeworfen, und die Waren wurden von den Käufern eigenmächtig zu erheblich niedrigeren Preisen verkauft. Einige Verkäufer wurden von der Menge mißhandelt. Die wenigen auf dem Markte anwesenden Polizeibeamten waren machtlos. Erst als 200 Polizisten aus Potsdam zur Verstärkung eintrafen, gelang es, dem Krawall ein Ende zu machen.
Ansdehnung der Streikbewegung in Berlin.
Berlin, 9. Juli. Die wilde Streikbewegung hat sich leider am heutigen Montag ausgedehnt. Obschon die Streikleitung mit Rücksicht auf die für den Nachmittag angesetzten neue» Ei- nigungsverhandtungen keine Erweiterung des Streiks verfügt hatte, sind die Belegschaften in verschiedenen Betrieben der elektrischen Industrie in den Streik getreten. Die Kommunisten bemühen sich derweilen, Oel ins Feuer zu gießen. Eine Versammlung kommunistischer Betriebsräte am gestrigen Sonniag beschloß für die erste Juliwoche einen Mindeststundenlohn von 25 000 und für die zweite einen von 35000 Mark zu fordern. Wenn diese Forderungen nicht bis zum 14. Juli bewilligt wä-