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statue am GeorgenSum eine Huldigung der hiesigen Vereine stattfinden. Außer Gesangsvorträgen ist auch für diese Veranstaltung eine Ansprache vorgesehen, die Hrn. Etadtschultheiß Conz halten wird. Zu gleicher Zeit wird auf dem hohen Felsen ein Feuer abgebrannt werden, das vor allem bei der Jugend einen tiefen bleibenden Eindruck machen wird. Ein größeres Feuer wird auf der Altburger Höhe an­gezündet werden. Von dieser Höhe aus werden bei guter Witterung eine große Anzahl von Höhenfeuern auf der schwäbischen Alb sichtbar sein; eS ist deshalb ein Gang nach Altburg sehr zu empfehlen. Man steht: Ein reiches Programm, das jedem etwas bieten wird. Wozu jetzt der Himmel noch seinen Segen spenden zu dem Tage, an dem ganz Deustch- land seinen großen Dichter feiert.

- Calw, 4. Mat. Die Vorbereitungen für die Gedächtnisfeier von Schillers lOOstem Todestag find nun soweit gediehen, daß dieselbe einen schönen und würdigen Verlaus zu nehmen verspricht. Der Inseratenteil bringt das ausführliche Programm, wie es in der gestrigen Komiteefitzung endgiltig fest­gestellt wurde. Von allen Seiten wird den großen Vorbereitungen, die viel Mühe verursachen, bereit­willige Unterstützung und Förderung zuteil, was auch hier mit dankbarer Anerkennung ausgesprochen sein soll. Die Proben für die Aufführung des Lust­spielsDoktor Schmidt" von Carl Wsitbrecht find in vollem Gang. Zur Aufklärung der Wahl ge­rade dieses wenig bekannten Stückes für die Schiller­feier ist zu bemerken, daß es zu Schiller in näherer Beziehung steht, als der Titel vermuten läßt. Als Schiller den folgenschwersten Schritt seines Lebens getan hatte und im September 1782 mit seinem treuen Freund Streicher aus Stuttgart geflohen war, lebten die beiden in dürftigen Verhältnissen im Wirtshaus zumVichhof" in Oggersheim bei Mannheim, Schiller in beständiger Furcht, von den Häschern des Herzogs Karl gefangen zu werden, und deshalb beide unter den angenommenen Namen Doktor Schmidt und Doktor Wolfs. Das geheimnis­volle Treiben derselben weckt teils Neugier, teils Teilnahme. ES kann nicht lange verborgen bleiben, daß der eine von beiden dichtet, und so kommt bald das nicht sorgfältig genug gehütete Geheimnis zu Tage, und damit entsteht zugleich eine drohende Gefahr für Schiller. Denn ein württembergischer Offizier ist imViehhof" abgestiegen, der nun natürlich für einen Verfolger Schillers angesehen wird. Daraus ergiebt sich eine Reihe von spannenden Verwicklungen, bis sich der Knoten glücklich löst und das Stück, das als Trauerspiel zu enden drohte, in Heiterkeit ausklingt. Das Stück hat für Calw noch eine be­sondere Bedeutung, indem sein Dichter ein geborener Schwarzwälder ist, geboren 1847 als Pfarrerssohn in Neuhcngstett, gestorben in Stuttgart 1904. Seine Witwe hat die Aufführung bereitwilligst gestattet und dazu geschrieben:Es ist mir eine Freude, Ihnen die Erlaubnis dazu zu geben und so ganz im Sinne meines lieben Mannes zu der Verherr­lichung des großen Dichters beitragen zu dürfen."

* Calw, 4. Mai. Der Orchester­verein wird am Samstag im Badischen Hof eine musikalische Aufführung veranstalten. Zur Auf­führung kommen mehrere Orchesterstücke, die zu den besten Kompositionen auf diesem Gebiet gehören. Da der Orchesterverein auf die Einübung der Programmnummern die größte Sorgfalt verwendet hat, so läßt sich, nach den früheren Aufführungen des Vereins zu schließen, ein genußreicher Abend voraussehen.

Z Deckenpfronn, 2. Mai. Am gestrigen Feiertage hielt der landwirtschafl. Bezirks-^ verein hier imHirsch" eine Wandersammlrn^gO ab. Der Vorstand des Vereins, Hr. Regierungsr«^ Voelter, richtete zur Einleitung freundliche Be- gmßungsworte an die zahlreich erschienenen Land­wirte von hier und Umgebung, legte die seitherige erfolgreiche Tätigkeit des Vereins in Betreff einer kräftige» Vertretung der Interessen der Landwirte und die für Heuer geplanten Veranstaltungen, wie sie in Nr. 66 d. Bl. kurz skizziert find, ausführlich dar und schloß mit einer wohlgemeinten Aufforder­ung an die Nichtmitglieder zum Eintritt in den Verein, welcher Aufforderung 7 Folge leisteten, so daß nunmehr 74 hiesige Gemeindeglieder dem laut wirtschaftlichen Bezirksveretn angehören. Hr. Landwirtschaftsinsp.ktor Dr. W a ck e r - Leonberg hielt sodann einen mehr als einstündigen Vortrag über den Hopfenbau, der in hiesiger Gegend von nicht geringer Bedeutung ist, und der in den letzten Jahren durch die verderbliche Hopfenwanze empfindsame Schädigung erlitten hatte. Der Redner gab praktische Winke über Düngung des ganzen Hopfengartens, Anwendung eines doppelschaligen Pfluges, warnte vor zu frühem und kurzen Ab- schneiden und Entlauben der Ranken, em­pfahl den Frühjahrsschnitt gegenüber dem Herbstschnitt und verbreitete sich insbesodere über die Bekämpfung der Hopfenwanze. Als Mittel nannte er das Abschütteln der Stöcke in der Frühe, Auffangen und Vertilgen des schädlichen Insekts, Desinfektion der Stangen durch einen Kalk­anstrich mit 1520°/»iger Eisenvitriollösung oder durch jährliches Brennen der Stangen und Un­schädlichmachung der alten Hopfenranken. Das beste Mittel scheine ihm aber der Ucbergang von der Stangenanlage zur Drahtanlage zu sein, da die Wanze an den Drähten keinen Unterschlupf und keinen geeigneten Platz zur Eierablage finde und ihr der Aufenthalt an den schwankenden Drähten überhaupt nicht zu behagen scheine. Damit kam er auf die einzelnen Systeme der Drahtanlagen zu sprechen, wobei er die Elsäßer rühmend hervorhob, die billig, einfach, sturmficher, leicht reparierbar sei und an der sich die Ernte bequem ausführen lasse. Was das Dörren des Hopfens betreffe, so seien unsere guten, sauberen Hopfenböden immer noch das allerbeste in dieser Hinsicht. Bet Regenwetter stehe cs freilich schlimm mit dem Dürrmachen des Hopfens. Da leiste eine gute Hopfendarre schätzenswerte Dienste. Empfehlenswerte Hopfen­

darren werden im Elsäßischen, aber auch bei uns in Weilderstadt und Magstadt hergestellt. Zum Schluß forderte der Redner die Landwirte auf, alles Gute zu prüfen und das Beste zu behalten. Reicher Beifall belohnte die Ausführungen der beiden HH. Redner. Der Dank wurde ihnen aus der Mitte der Versammlung noch besonders abgestattet. Zum Schluß der Versammlung wurden noch ver­schiedene Vereinsgaben verlost und Bücher und Schriften verteilt. Daran schloß sich ein Gang in den Hopfengarten des Wirts Sattler und Besichti­gung der dortigen Elsäßer Drahtanlage an.

fAmtlicheS aus dem Staatsanzeiger.j ' Infolge stattgehabter Prüfung sind nachstehende Präparanden in das Schullehrerseminar Nagold ausgenommen worden:

Blaich, Jakob von Altbulach,

Gehring, Adolf von Möttlingen, Marquardt, Gottlob von Deckenpfronn, Mohr, Wilhelm von Simmozheim, Niethammer, Gottlieb von Holzbronn, Reiff, Karl von Althengstett,

Stanger, Hermann von Möttlingen, Wacker, Gottlob von Holzbronn.

Stuttgart, 3. Mai. Die von d«k ver­storbenen FrauHerzogin Albrecht, der unvergeß­lichen Protektorin der Marienanstolt, seinerzeit in Anregung gebrachtejährlicheVeranstaltungzumBesteu armer kränklicher Arbeiterinnen in der Marienanstalt hier hat heute wiederum unter zahlreicher Teilnahme edler Gönnerinnen und Gönner des Unternehmens stattgefunden. Eine ganz beson­dere Förderung erfuhr dieselbe durch das huldvolle Erscheinen I. Maj. der Königin, I. kats. Hoh. der Herzogin Wera und I. kgl. Hoh. des Herzogs Robert nebst Gemahlin. Während der Anwesenheit derselben sang die Konzertsängerin Fanny Bauer aus Sidney, z. Z. in der Marienanstolt wohnhaft, einige mit lebhaftem Beifall aufgenommene Lieder von Schu­mann, Beethoven und Verdi. Die Veranstaltung dauerte von vormittags 10 Uhr bis abends 6'/> Uhr. Das finanzielle Ergebnis ist ein recht befriedigendes. Alle, die zum Gelingen des Unternehmens beigetragen haben, haben sich den Dank der Arbeiterinnen in reichem Maß verdient.

Stuttgart, 4. Mai. Der am21. in der Ltederhalle stattfindende allgemeine württ. Hand­werk e r t a g wird sich eines starken Besuchs zu erfreuen haben. Nach den bis jetzt eingegangenen Anmeldungen haben ca. 400 Angehörige der ver­schiedenen Organisationen des Handwerks ihr Er­scheinen zugesagi; das Ministerium des Innern, die Zentralstelle für Gewerbe und Handel, sowie andere Behörden werden gleichfalls vertreten sein. Von Baden sind die Vorstände der Handwerkskammern Mannheim und Karlsruhe angemeldet, weitere Be­teiligung von badischen Vereinigungen stehen noch in Aussicht.

Tübingen, 4. Mai. Einem Schwindler zum Opfer gefallen ist ein sich hier vorübergehend

Man beeilte sich, bei uns den neuen HuldigungSeid auf den nächsten Sonntag festzusitzen, um die drohende Gährung im Krim zu ersticken.

Am Tage vorher hielt ein Kurier vor d-r Wohnung SherwoodS, um ihn sofort nach Petersburg abzuholen, offenbar um ihn als Werkzeug weiterer Ver­folgungen und Enthüllungen zu gebrauchen.

Zufällig war ich bei seiner Abreise anwesend und sprach meine Vermutungen aus. Er aber lachte.

Was denken Sie? Jetzt heißt eS hohes Spiel, Herr Oberst, hohes Spiel!" Dann flüsterte er mir zu während der Feldjäger in der Tür stand:Sie wissen ja, bis jetzt hatte ich nur den südlichen Bund gebannt durch meine Warnungen. Jetzt muß ichS auch mit dem nördlichen versuchen. Ich weiß, man wollte los­schlagen bei der ersten Huldigung der Tag ist vorübergegangen. Zweimal habe ich die Tat bereits vereitelt. DaS erste mal, daß di« Revue unterblieb bei Beloja Tscherkow, das zweite Mal jetzt. Die bösen Tage find vorüber gegangen; das ist meine Tat und mein Verdienst!"

Möge es Ihnen auch das dritte Mal gelingen," sagte ich.Ich wünsche Ihnen das Beste!"

Ich danke Ihnen," antwortete er.Leider kann es auch anders kommen. In Tschernigow soll es bereits drunter und drüber gehen die Tollköpfe, die Wahnsinnigen! Ich wills nicht wünschen, glaube auch nicht daran; aber wenn sie dennoch losschlagen, dann giebt's keine Rücksicht. Wollen sie nicht im Guten, so schone ich Keinen mehr, und wehe Allen! Wenn ich wirklich mein Spiel verloren, dann soll man sehen, daß Sherwood auch ein Satan sein kann, und daß Araktschef nur ein Stümper gegen mich. Leben Sie wohl, Oberst, jetzt heißt eS VS, brurgne und voxas !» xslörs l"

4.

Das Ende des verhängnisrollen Jahres 1825 und der Beginn des neuen Jahres rückte somit unter den düstersten Aussichten heran. War auch der HuldigungSeid, den unsere Garnison dem Kaiser Nikolaus schwur, durch die Energie unseres Kommandanten durchgesetzt worden, so hatte doch die fieberhafte Spannung in den Gemütern der Truppen den höchsten Grad erreicht.

Diese Unruhe wurde durch verschiedene Nachrichten erhöht, denn die Mehrzahl unserer Offiziere stand mit den Militärkolonien der ersten Armee, wie mit Petersburg, in ununterbrochener Korrespondenz.

Wir erfuhren, daß man in Kiew, Charkow, Tschnernigow und Tultschin die Leistung des Huldigungseides immer noch aufgeschoben, weil man den dortigen Truppen nicht traute. Man wollte ferner wissen, daß ein furchtbarer Ausbruch, eine allgemeine Schilderhebung zu Gunsten Konstantin's bevorstehe ja, er mochte schon längst erfolgt sein, bevor wir im südwestlichen Winkel des Reichs etwas davon erfahren konnten.

Eine Wolke von Gerüchten, eines drohender als das andere, erfüllte die Luft, und eS verging weder ein Tag, noch eine Nacht, die nicht neue alarmierende Nachrichten brachten. Daß etwas vorgegangen, bewiesen auch andere Zeichen. Gleichsam zur Bestätigung begannen an verschiedenen Orten Gendarmen, Offiziere und Feldjäger zu erscheinen, welche bald Den, bald Jenen nach Petersburg abholten auf Nimmerwiedersehen. Der Ton des Post- glöckchens hallte traurig in Aller Herzen wider und machte das Blut zu Eis erstarren. In keiner Seele war Ruhe, selbst die Unschuldigen zitterten für Leben und Freiheit. Jeder betrachtete den Andern mit Mißtrauen aus Be-