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^§ 70.

Amts- und Arrzeigekkatt für den Bezirk Halm.

80. Jahrgang.

GrsLrirmngltagt! Dtiniraz, Donnerttag, LamS- lüg. Sonntag. Jnsattonlpreik 111 Pfg. pro Zeile für Stadt Mio «qkUort»; außer «ezirt UI Pfg.

Janlstag, den 6. Mai 1905.

Monnement-pr. ind. Stadt pr.Biertelj. Mk. I.IOincl.Träflerl. Bierteljührl. PostdezugSpreiS ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsverlehr 1 Mt., f. d. sonst. Verkehr Mk.1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

AmMche Nkka««1«achv«sr».

Den Standesämtern

gehen mit nächster Post die bestellten Formulare

zu den fiandesanrttiÄei-r Geburtsurkunden in abgekürzter Form für Schul- und Unter- richtszwrcke mit dem Auftrag zu, die beigelegtcn Empfangsbescheinigungen auszufüllen und unter Bezeichnung als portopfl D.-S. hiehrr einzusenden. Calw, 2. Mai 1905.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Bekanntmachnng.

In Gemäßheit der im Amtsblatt des Kgl Ministeriums des Innern vom 28. Dezember 1898 und im Wochenblatt für Landwirtschaft vom 8. Januar 1899 veröffentlichten Grundbestimwungen für die staatlichen Bezirksrindviehschauen findet am Dounerstag, den 15 Juut 1905, vormittags 8 Uhr, in Neubulach

ei«e staatliche Bezirksrindviehscha« statt.

Zugelassen werden zu der Schau Zuchtiere des Roten- und Fleckviehs, nämlich:

a. Farren, sprungfähig, mit 26 Schaufeln,

b. Kühe, erkennbar tragend oder in Milch mit höchstens 3 Kälbern.

Preise können bei der Schau in nachfolgenden Abstufungen zuerkannt werden:

a. für Farrcn zu 140, 120, 100, 80

d. für Kühe zu 120, 100, 80, 60, 40

Uebrigens wird bemerkt, daß die Höhe, wie auch die Zahl der zu vergebenden Preise jeder Ab­stufung erst bei der Schau selbst unter Berück­sichtigung der Beschaffenheit der vorgcführten Tiere endgültig festgesetzt wird.

Diejenige«, welche fich um Preise be­werbe« wolle«, habe« ihre Tier minde­ste«- 1« Tage vor der Scha» bei dem

K. Oberamt unter Beuützung der vo« die­sem zu beziehende« Anmeldeformulare a« zumelde» ««d späteste«- bi- zu der oben anaegebene« Zeit aus dem Musterung-Platz auszustelle«. Favre« müsse« mit Nasenring versehe« sei« und am Leitstorr vorgeführt werde«.

Vorstehendes wird hiemit zur Kenntnis der Landwirte des Bezirks gebracht unter Hinweisung darauf, daß verspätet angemeldete Tiere zur Teil­nahme an dem Preisbewerb nicht berechtigt find und daß Fairen ohne Nassnring zurückgewiesen werden.

Calw, 3. Mai 1905.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesnenigkeite».

8.V. Calw, 3. Mai. In den letzten Tagen wurde durch 14 hiesige Mitglieder des Schwarzwasd- vereins eine neue Wegstrecke Calw Wild­bad markiert. Dieselbe ist ein sogenannter Ver­bindungsweg zwischenOstweg" (schwarz-roter Rhombus) undMittelweg" und ist mit einem rot-gelben Rhombus derart bezeichnet, daß rot zum Ostweg (also ins Württemberger Land) und gelb zum Mittelweg (also ins Badische) weist. Der elftere Weg wird vor dem Zavelsteiner Brückle ober­halb der steinernen Ruhebank am Speßhardtcr Weg­weiser verlassen. Dann geht's über Speßhardt, Rötenbach, Spanplatz, Eisengrund, Riesenstein nach Wildbad. Die ganze Strecke ist die kürzeste Verbindung von Calw und Wildbad. Da aber im Eisengrund das tiefe Kleinenztal überschritten werden muß, wird wohl auch künftighin der alt­beliebte Weg über Oberreichenbach, Calmbach noch oft benützt werden. Der neue Verbindungsweg soll neben seiner Kürze hauptsächlich Gelegenheit bieten

zu einer weiteren genußreichen Wanderung ins Wildbad.

* Calw, 4. Mai. Allüberall, wo der deutsche Laut dis deutschen Herzen zusammenstimmt, klingt in diesen Tagen immer mächtiger anschwellend der Name Schiller. Auf der gesamten Erde rüstet sich der Deutsche, des Tages festlich zu gedenken, an dem vor 100 Jahren der Genius Schillers seine Fackel senkte. Wie recht und billig bemüht man sich ganz besonders im Vaterlande des Sängers der Freiheit den Gedächtnistag würdig zu begehen. In edlem Wetteifer streben Staat, Städte und Vereine, dem Liebling des Volks einen Altar zu errichten und noch dem Programm, das wir heute im Anzeigenteil unseres Blattes veröffentlichen, wird die Feier in Calw unter den in den württem- bergischen Städten veranstalteten einen ehrenvollen Platz einnehmen. Die Schillergedächtntsfeier beginnt hier am Montag, den 8. Mai, abends 8 Uhr, mit einer Festaufführung in der Turnhalle. Zur Auf­führung wird nicht ein Werk von Schiller selbst kommen, sondern ein Werk über Schiller von Weit­brecht, nämlich Schiller auf der Flucht, betitelt Dr. Schmidt. Schillers Glocke und Goethes Epilog werden von Hrn. Rektor Dr. Weizsäcker vorgetragen werden. Umrahmt ist die Feier von Gesangsvorträgen des Liederkranzes und der Konkordia und von musi­kalischen Darbietungen des Orchestervereins. Am Dienstag vormittag finden die Schulfeiern statt mit Vorträgen, Ansprachen, Aufführungen und Vertei­lung der Schillerbücher. Das Realprogymnafium hält die Feier im Georgenäumssaale, die Volks­schule in der Turnhalle ab. Nach den Schulfeiern wird im Siadtgarten, wohin sich die Schuljugend in festlichem Zuge begeben wird, eine Schillerlinde gepflanzt. Zum würdigen Beschluß des Schiller­tages wird endlich abends V»9 Uhr vor der Schiller-

Der Spion.

Nachdruck verbot!».

Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.

(Fortsetzung.)

Konstantin Paulowitsch hatte sich vor fünf Jahren von seiner Gemahlin einer württembergischen Prinzessin, scheiden lassen, um sich mit seiner Geliebten, der schönen Gräfin GrudzinSka, zu vermählen; aber diese Scheidung hatte er teuer erkaufen müssen. Kaiser Al xander verlangte als Bedingung seiner Zu­stimmung nicht weniger, als den feierlichen Verzicht auf den Tron und di« Krone Rußlands für alle Zeiten.

Konstantin hatte diese Verzichtsurkunde ausgestellt und zwar freiwillig.

Da- bedeutungsvoll« Dokument war sowohl im heiligen Synod als im Senat mitsamt dem Testamente Alexanders deponiert worden, aber die Tatsache die Existenz des vollzogenen Verzichts selbst, war ein Geheimnis geblieben, sowohl dem Volk und der Arme wie den RegierungSkr-isen, ja selbst den meisten Mit­gliedern der kaiserlichen Familie.

Erst bei der feierlichen Eröffnung des Testaments Alexanders im Senat kam jenes Dokument zu Gunsten des Großfürsten Nikolaus zum Vorschein und zur Verlesung.

Nikolaus jedoch glaubte in hochherzigster Gesinnung jenen schriftlichen Ver­zicht al» nicht zu Recht bestehend ignoriren zu müffen und leistete öffentlich den allgemeinen HuldigungSeid seinem Bruder Konstantin, indem er eS diesem überließ, nunmehr lediglich nach dem formellen Recht zu handeln, falls jener Verzicht ein moralisch abgedrungener gewesen.

Konstantin, der sofort von Warschau nach Petersburg gereist war, nahm die Erklärung seines Bruders nicht an, und die Welt erlebte damals das un­vergleichliche Schauspiel eines Wettkampfes brüderlicher Entsagung und Selbst­verleugnung bis zu dem Grads, daß sich der ältere Bruder wirklich vor dem jüngeren beugte und mit Aufrechterhaltung seines früheren Verzichts ihn öffentlich als seinen Herrn und Kaiser anerkannte.

Erst mit diesem Akte war der erste bereits vollzogene HuldigungSeid als rechtlich ungiltiz zurückgenommen und ein neuer angeordnet. Darüber waren allerdings volle drei Wochen vergangen und somit eine Zwischenzeit geschaffen worden, die alle jene Gefahren einschloß und erneuerte, welche von Sherwoov angedeutet und in der Folge wirklich zu blutigen Katastrophen führten.

Schon bei Bekanntwerden des Ansinnens eines neuen Eides machte sich eine bedeutende Gährung unter den Truppen bemnklich und zwar in allen Armeen de» weiten Reichs.

Das Verlangen, «inen einmal geschworenen Eid zu Gunsten eine- Anderen aufzuheben, weckte den Verdacht, daß eS im Kaiserhaus« nicht mit rechten Dingen zugehe, daß die rechtmäßige Tronfolge zum Spiel der Willkür, vielleicht der Gewalt geworden. Kurz, alle Chancen waren gegeben, die Gemüter zu verwirren, den Parteigeist zu entfesseln und den Umfiurzplänen des Geheimbunde» die Weg« zu ebnen, um den zweiten Eid öffentlich zu verweigern.

Auch bei unS in Novomirgorod machten fich diese Strömungen fühlbar, aber «S blieb bei großen Worten und leeren Deklamationen, während von außen Stund« um Stunde neue alarmierend« Gerüchte verlauteten, besonder» von SmolenSk und Tschernigow, dem Hauplquartier der zweite« Armee, der auch Pestel und Murawieff angehörten.