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Angeklagte einen falschen Namen beilegte, bewirkte er unrichtige Einträge in das Aufnahmebuch des Katharinenhospitals und in die Register der Orts- krankenkasse, weshalb ihn die Anklage der Fälschung einer öffentlichen Urkunde beschuldigte. Bei der Verhandlung machte der Angeklagte geltend, erhöbe seiner Großmutter nicht zur Last fallen wollen, auch seine Unterbringung ins Bürgerspital

auf Koster^er Stadt verhindern wollen. Die Ge­schworenen bejahten Urkundenfälschung und Betrug unter Zubilligung mildernder Umstände, worauf das Gericht auf 4 Wochen Gefängnis erkannte. Straf­mildernd zog das Gericht die Notlage, in der sich der Angeklagte befand, in Betracht. Geladen waren 3 Sachverständige und 1 Zeuge. Die Anklage ver­trat Staatsanwalt Cuhorst, Verteidiger war Rechts­anwalt Hildt.

Marbach, 22. März. (Schwäbischer Schillerverein.) Im Schillermuseum in Mar­bach wird demPostillon" zufolge aus Anlaß der Gedenkfeier dieses Jahres eine große Schiller- auSstellung stattfinden, welche eine große An­zahl von Bildnissen Schillers, Manuskripte, Briefe von und an Schiller, sämtliche Erstdrucke seiner Werke, Kompositionen von Schillers Dichtungen, Abbildungen von Schillerstätten u. a. umfassen wird. Diese Aus­stellung wird nicht nur alles auf Schiller u. seine Zeit bezügliche auf den Sammlungen des Schillermnseums zur Schau bringen, sondern auch eine Reihe von Gegenständen aus Privatbesitz, die zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt worden sind, so unter anderem die Origtnalgemälde Schillers und der Seinigen aus dem Besitz von Schillers Urenkel, Freiherr v. Gleichem Rußwurm, und weitere bisher im Original nur wenig bekannt gewordene Bildnisse Schillers. Besitzer von Gegenständen, die in diesen Bereich fallen, werden gebeten, diese ebenfalls dem Schwäb. Schillerverein über die Dauer der Ausstellung zu überlassen. Diese Schillerausstellung wird am 6. Mai eröffnet werden und den ganzen Sommer über zu sehen sein.

Rottenburg, 23. März. Auf der Bahn­strecke zwischen hier und Kiebing find in den letzten Nächten Laternen und Signale beschädigt und be­seitigt, Sicherheitsschranken ausgehoben und über die Schienen gelegt worden. Glücklicherweise ist die ruchlose Tat noch rechtzeitig entdeckt und jegliche Gefahr für den Verkehr beseitigt worden.

Tübingen, 23. März. Die Rekruten in Dußlingen, welche im Hof eines Kameraden einen Triumphbogen errichtet hatten, haben sich grobe Ausschreitungen und Mißhandlungen der Ortspolizet- diener und anderer Leute mit Prügeln und Gewehren zu schulden kommen lassen. Mehrere der Burschen wurden dem Gericht vorgeführt.

Untertürkheim, 23. März. Die Daimler- Werke hatten beim Bezug der hiefigen Werkstätten für die kaufmännischen und technischen Bureaus

englische Arbeitszeit eingeführt. Inzwischen ist für die Techniker wieder die alte Ordnung mit der Mittagspause in ihr Recht getreten. Die Durch­arbeit hatte an sich keinerlei Unzuträglichkeiten im Gefolge, solange der regelmäßige Betrieb eingehaltcn werden konnte. Stellte sich aber die Notwendigkeit heraus, über die Zeit arbeiten zu lassen, so war das leichter möglich, wenn den Leuten eine Er­holungspause über Mittag gegeben wurde.

Ulm, 23. März. Die hiesige Staatsanwalt­schaft macht bekannt, daß in Württemberg und Bayern ein Mann, zum Teil unter dem Namen Fischer umherreist, der eine große Anzahl gefälschter Legitimationspapiere in einer schwarzen Ledermappe bei sich führt und sie zu verkaufen sucht. Die Pa­piere tragen den StempelK. Pr. Polizeiamt Hagen" oderGr. bad. Standesamt Eberstadt".

Ulm, 23. März. Nachdem im Vorjahre die Maurer und Zimmerleute eine erhebliche Ver­besserung ihrer Verhältnisse durchgesetzt haben, schei­nen nun auch die Gipser dieses Ziel zu verfolgen. In einer heute abend statifindenden Versammlung werden Vorschläge zur Erzielung einer besseren Lebenshaltung und Abschaffung der llfiündigen Arbeitszeit gemacht.

Ulm, 23. März. Es ist ermittelt worden, daß der am Montag abend von der Donaubrücke ins Wasser gesprungene Soldat der Gefreite Kramml vom Hohenzollernschen Fußartillerieregiment 13 ist. Das Motiv ist nicht bekannt.

Dresden, 22. März. Gräfin Mon- tignoso wird in einigen Tagen ihre bisherige Wohnung in Fisole bet Florenz verlassen und eine kleine von ihr gemietete Villa in der Nähe ihres jetzigen Aufenthaltes beziehen. Der Aufenthalt der Gräfin bei Florenz wird bis Ende Mai dauern, damit die Gräfin beständig in der Nähe ihrer Rechts­beistände weilen kann. Die Apanage, die ihr seit dem 1. März entzogen ist, ist auch bisher ausge- blteben.

Berlin, 22. März. Gegenüber den aus­ländischen Zeitungsstimmen, welche aus dem deut­schen Kaiserbesuch in Tanger politische Schlüsse ziehen, hebt dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" offiziös hervor, daß für den Kaiser kein Grund vorliege, auf seiner Mittelmeerreise einen Besuch in Tanger zu unterlassen. Der Standpunkt der deutschen Politik hinsichtlich Marokkos, die An­strebung der wirtschaftlichen Gleichberechtigung aller Nationen, sei seit Jahr und Tag so klar zum Aus­druck gebracht worden, daß der Versuch, die kaiser­liche Reise als den Ausgangspunkt einer neuen politischen Richtung darzustellen, aussichtslos sei. Wenn seit dem Frühjahr 1904 bis heute von fran­zösischer Seite nichts geschehen sei, nm die nicht- französischen Interessenten über diesen scheinbaren Widerspruch aufzuklären, so müsse allerdings fest-

Der Hpion.

Nachdruck verbot«».

Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.

(Fortsetzung.)

Nicht so, Herr Oberst, das würde mir nichts helfen!" rief Sherwood. Es giebt nur eine Vermittlung: gebe» Sie mir ein Osfizierspaient."

Sie wissen, das steht nicht in meiner Macht, bevor Sie nicht zwölf Jahre gedient haben. Ausnahmen gestattet nur der Kaiser. Warum haben Sie ge­schwiegen; aber ich will Ihnen in anderer Art behülflich sein, will Ihre Frau kommen lassen."

Besten Dank, Herr Oberst," erwiderte er rasch,aber von anderen Gründen abgesehen, die dagegen find, wer bürgt Ihnen, daß meine Frau Smolensk ver­lassen würde, um hier in dieses traurige Nest zu kommen. Sie fühlt sich ganz glücklich dort und weiß sich auch sonst zu helfen."

Nun, so wird nichts übrig bleiben, als Sie selbst nach Smolensk zu versetzen. Ich bin bereit, diesen Antrag zu stellen, wenn Sie wünschen; dies wird das Best« sein."

Um alles in der Welt, Herr Oberst, nur das nicht!" rief der Un­berechenbare.

Aber «klären Sie mir!"

DvS ist ganz einfach. WaS kann ich meiner Frau sein als Unteroffizier? nichts und weniger als das. Sie wissen ja, was der Soldat in Rußland gilt, ich meine gesellschaftlich. Keine Dame wird sich mit ihm an einen Tisch setzen wollen. Nein, ich Hab« geschworen, meiner Frau nur als Offizier wieder vor di« Augen zu kommen. Lasten Sie mir diesen Ehrgeiz: Nadjeschda von Uschakoff und als Gemahl neben ihr «in Unteroffizier das ist eine Unmög-

gestellt werden, daß für die Erwartung des Grafen Bülow, Deutschlands wirtschaftliche Interessen in Marokko würden von keiner Macht eine Zurücksetz­ung zu erwarten haben, bisher noch keine Gewähr vorltege. In Tunis seien zwar die nicht-französischen Interessen fast vollständig verdrängt worden, aus verschiedenen Gründen aber sei zu hoffen, daß nichts derartiges in Marokko zu gewärtigen sei und deshalb liege zur Zeit kein Anlaß vor, die Möglichkeit einer Störung der deutsch-französischen Beziehungen über­haupt nur in Betracht zu ziehen.

Berlin, 23. März. Die National-Ztg. befürchtet, daß die amtliche Bestätigung der ihr von privater Seite zugegangenen Meldung über den Aufstand in Süd-Kamerun nichtausbleiben wird. Die letzten Nachrichten, die hier vorliegen, datieren vom 14. März.

Zu den Gerüchten über einen Aufstand in Südkamerun, die dieNat.-Ztg." verbreitete, bemerkt das Wolff'sche Bureau, daß nichts amtliches vorliege, was die Meldung von einemallgemeinen Aufstand" bestätigen könnte.

Breslau, 23. März. Wie der Schlesischen Zeitung aus Lodz gemeldet wird, ist im Lause der letzten Nacht in Lodz eine große Anzahl von Aerzten und Advokaten verhaftet worden, weil sie sich politisch verdächtig gemacht haben. Bei einem Arzt wurde reiches Material gesunden in Form von Proklamationen und aller­hand aufrührerischen Schriften. Die Polizei hat verhaftete Rädelsführer einiger Fabriken außer Haft sktzen müssen, da sich die Arbeiter weigerten, vorher die Arbeit wieder aufzunehmen.

Klagen furt, 22. März. Hier spielte sich eine erschütternde Famtlien-T'ragödie ab. Drei Schwester», Reichsfreiinnen Zinn von Zinn­burg im Alter von 63, 65 und 70 Jahren wurden gestern in ihrer gemeinschaftlichen Wohnung tot aufgefundon. Die Schwestern brachten sich, nach­dem drei Brüder im Felde gefallen waren, durch Handarbeit kümmerlich durch. Als die eine der Schwestern vorgestern an Schwindsucht starb, er­schossen sich die beiden andern aus Verzweiflung über ihren Tod.

Warschau, 22. März. Um 9'/, Uhr abends schleuderten drei unbekannte Individuen vom Trot­toir aus eine Bombe gegen eine auf der Wolka- straße marschierende Patrouille. Die Detonation wurde kilometerweit gehört. Als sich die Rauch­wolke verzogen hatte, erblickte man vier schwer ver­wundete Soldaten und zwei Polizeiwachtmeister in ihrem Blute liegend. Auch ein Gendarm wurde verletzt. Ein gleichfalls verwundeter Postbeamter warf sich auf die Täter, die indessen entfliehen konnten. 7 schwer Verwundete wurden nach dem Spital gebracht, 7 andere in benachbarten Häusern verbunden.

Kutno (Gouv. Warschau), 23. März. Au> die Nachricht, daß auf der Chaussee bei dem Gut

lichksit dann sähe sie erst, was sie getan, als sie sich an den Abenteurer weggewmfen I"

Sie sind ein sonderbarer Mensch Ihre übertriebenen Skrupel begreife ich nicht und was soll ich nun von Ihrer Liebe und Sehnsucht nach Weib und Kind denken?"

Das verstehen Sie nicht, Oberst," sagte Sherwood.Wollte ich meine Frau nur Wiedersehen, so wäre es mir ja rin leichtes; mit meiner Podoroshna kann ich ganz Rußland bereisen, und sonstige Mittel sind euch vorhanden im Nebenfluß, meine Frau erhält jedes Qm, tat ihren Wechsel; ich will, sie soll gut leben und ihre Tränen trocknen. Damit erfülle ich meine Pflicht, aber im Uebngen muß ich verzichten. So lange ich nichts bin als Unteroffizier, bleibt mir meine Frou unerreichbar. Verschaffen Sie mir ei» Patent!"

Das kann nur der Kaiser. Kommen Sie nicht darauf zurück," sagte ich ungehalten über seinen Eigensinn.

Machen Sie mich zu einem glücklichen Menschen, und ich bin auch ei» guter Mensch!" rief Sherwood.Aber Sie sind grausam, Oberst. Sie stoßen mi ch vorwörr» auf der heillosen Bahn, und so könnte ich dennoch zum Schurken werden. Aber Sie sollen sehen, daß sich Sherwood in allen Lebenslagen zu helfen weiß. Vielleicht denken Sie einst bester von mir. Leben Sie wohl!"

Der grauende Morgen dämmert« bereits herauf, als Sherwood endlich von mir ging. Sein Abschiedsgruß war diesmal weniger unterwürfig als sonst, im Gegenteil selbstbewußter, kordialer, ich möchte kollegialischrr, als fühle er sich von nun an mir gleichgestellt.

3.

Seit den letzten Enthüllungen Sherwood's waren wieder mehr als zwei Monate vergangen. Die bunten Zerstreuungen des MilttärlebenS und meines