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Noch in derselben Nacht wurden wir in der kleinen Schloßkapelle morgens um zwei Uhr getraut. Zeugen waren Tatiana und die alte Sascha, dann der Friseur Monsieur Parchemin und der alt« Kosak Kuzmin. Allen Leuten im Schloß war Nadjeschda ans Herz gewachsen mit Ausnahme deS alten Wolfs- fängerS Iwan, der auch wohl den Verräter gespielt haben mochte.

Die beiden Aeltesten, Sascha und Kuzmin, fungierten als Brautvater und Brautmutter und hielten die Brautkrone über Nadja, während Tatiana und Parchemin mir den gleichen Ehrendienst erwiesen.

Nadjeschda war verweint, aber sonst ruhig und gefaßt, als wenn alles so sein müßte und ihr in den Sternen bestimmt sei. Als doch die Gemüts- stimwung sie übermannen wollte, flüsterte ihr Tatiana zu:ES ist ja alles nur vorläufig. Der Vater wird Vernunft annehmen, wenn das Unabänderliche ein­mal geschehen ist."

In derselben Nacht noch sind wir beide abgereist, und der alte Kuzmin war unser J-woschtschik. Unsere Reise ging nach Smolensk, wo die Damen von den großen Jahrmärkten her manche Bekanntschaften hatte», darunter auch die Familie eines Handelsmannes Abramowitsch, der ein großes Haus am Bazar besaß und gewohnt war, die einzelnen Wohnungen an Meßfremde und andere Reisende zu vermieten.

Unser Vertrauen zu dem braven und ehrlichen Mann wurde auch nicht getäuscht. Wir erhielten auf unser» Wunsch vorläufig auf ein halbes Jahr einige bequem« und anständig möblirte Räume.

Unvergeßlich bleibt mir die Ankunft in der fremden, lärmenden Stadt

die Ankunft mit einer jungen, schönen Frau, die ich aus vornehmem Hause entführt. Welche Verantwortung lag auf mir und welch« Sorge für die Zukunft. Aber im ersten Rausch des überirdischen Glücks wiesen wir alles weit weg und lebten nur der Gegenwart und uns selbst.

Indes schien mir ein Versuch der Versöhnung unumgänglich, schon Nad- jeschdas willen. Gleich in den ersten Tagen schrieb ich meinem Schwiegervater. Hier sehen Sie noch den Wortlaut des Briefs, den ich in meiner Brusttafel entwarf:

Herr General! Da Sie erklärt haben, Sie würden des Lebens Ihrer Tochter nicht schonen, wenn sie einen Ausländer heiratete, so hielt ich es für meine Pflicht, sie vor Ihrem Zorn in Sicherheit zu bringen. Nadjeschda ist mein Weib geworden, vor Gott und Menschen, denn wir haben den Segen der Kirche empfangen. Sie selbst haben eS leider verhindert, daß ich in aller Form um ihre Tochter anhielt. Vergeben Sie unserer Eigenmacht und meiner Kühn­heit. Bisher hatte ich geglaubt, Ihre Hochachtung und Ihre Liebs gewonnen zu haben, und an diese appellire ich mit bewegtem Herzen. Ich bin ein Engländer, vorläufig ohne Amt, aber Sie kennen mich hinreichend, um zu wissen, daß ich wohl im Stande bin, mir eine Stellung zu erringen und ihre Tochter glücklich zu machen. Ich bin demütig, aber stolz genug zu sagen: Es war des Himmels Wille, daß Nadjeschda den armen Abenteurer zu ihrem Gemahl erwählte. Ver­folgen Sie uns nicht. Wir flehen um Ihre Vergebung und Ihren väterlichen Segen. Sollten Sie aber Gewalt anwendsn, um uns zu trennen, so wissen Sie, daß Sie nur zwei Leichen finden werden."

Unterschrieben war der Brief von uns beiden.

In peinlicher Spannung warteten wir nun von Tag zu Tag. Bei jedem Wagen, der vor dem Hause hielt, bei jedem Klopfen an unserer Tür schreckten wir auf, als nahe das Schicksal. Meine Pistolen waren geladen. So vergingen sechs qualvolle Wochen; endlich kam ein Schreiben TatianaS. Alles schien verloren.

Der General hatte in seiner maßlosen Wut eine Art von Schlaganfall erlitten und war einige Wochen krank darniedergelegen. Dann begann das Straf­gericht. Tatiana und die alte Sascha entzogen sich kaum seinen Mißhandlungen, Kuzmin und den Friseur traktierte er mit der Jagdpeitsche und sämtliche Mu- schiks auf dem Gute wurden geknutet. Nadjeschda galt ihm als gestorben und verdorben, niemals mehr durfte ihr Name genannt werden, sie war im Voraus enterbt und verstoßen, eS sei denn so lautet die höhnische Klausel daß der Kaiser selbst ihm, dem General, befehle, den Ausländer und Bettler als Schwiegersohn anzunehmen.

Was soll ich Ihnen sagen von diesem Jahr des Glücks und des Elends. Wir besaßen für den Anfang wohl Subsistenzmittel genug, denn Nadjeschda hatte ihre Ersparnisse und Schmucksachrn mitgenommen, und so lebten wir wenn nicht auf großem Fuß, doch standesgemäß. Auch jene Familie Abramowitsch stand uns mit gutem Rat und mannigfacher Hilfe treulich bei, so daß jene schwere Stunde, wo ich Vater wurde, glücklich vorüberging. Aber dieses Ereignis, das uni beseligte, brachte neue Verpflichtungen und neue Sorgen. Ich verlor den Mut nicht und versuchte allerhand um feste» Boden zu gewinnen. Eine Zeit lang arbeitete ich bei einem Advokaten, dann beim Architektor, gab auch Unter­richt in einem Lyceum, aber alles das war nur von kurzer Dauer. Sobald man erfuhr, daß ich eine junge Dame aus vornehmem Stande entführt habe, fürchtete man Verwicklungen und entließ mich.

Nachdem alles so mißglückt zuletzt zeichnete ich Porträts und schnitt Silhouetten au» wurde nach reiflicher Beratung beschlossen, daß ich Militär­dienste nehmen sollte, um den OffizierSrang zu erlangen. Dies schien das ein­zige Mittel, um dereinst den General zu versöhnen.

Dieser Entschluß war vielleicht die heilloseste Torheit, die ich jemals be­gangen. WaS sind zwölf Jahre für eine junge Familie? ein halbes Leben

und was batte inzwischen meine arm« Frau zu erwarten?" (Forts, folgt.)

Telephon Nr. 9.

Molkerei Hkeuvukach

eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Hafptfltcht.

Bilanz pro 1904. (10. Geschäftsjahr.)

Bermöge«sfta«d Pr. 31. Dezember 1904.

Aktiva.

An Barsaldo . . .

Jmmobtlien-Conto Anlehen-Conto .

Depostten-Conto.

,, Vorräte . . .

Passiva.

355. 09.

Per Geschäftsguthaben der

628..

Genossen . . . .

621..

1326. 07.

Reservefond . . . .

1210..

1050..

Rücklagefond . . .

576. 45.

65..

Reingewinn 1904 . .

1016. 71.

3424. 16.

3424. 16.

Gewinn- und Verlust-Conto Pro 1904,

To«. ^

An Betriebs- u. Verwaltngs- kosten:

a) persönliche . . . 941. 32.

b) sachliche . . . 456. 10. An Abschreibungen:

an Immobilien . . 22..

An Reingewinn von 1904 1016. 71.

Habe«.

Per Gewinn am Butter­erzeugnis ...

Jnteressen-Conto .

2436. 13. Mitgliederzahl am 1. Januar 1904 ausgetreten im laufenden Jahr

2372. 56. 63. 57.

2436. 13.

62,

4, wovon 2 durch Tod,

eingetreten -

Somit Stand am 1. Januar 1905

58,

5,

63.

Zur Beurkundung:

Vorsteher: M. Seeger. Rechner: §r. Auer.

§7

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