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vom 1. Sept. ab Werktags ein Perfonenzug eingelegt werden: Pforzheim ab 9.17 nachm., Calw au 10.14 nachm.
Wie im vorigen Sommer soll an Sonn- und Feiertagen ein Personenzug eingelegt werden: Teinach ab 6.54 nachm., Calw ab 7.24, Pforzheim an 8.14 nachm.
Zum Anschluß an den Zug 304 nach Pforzheim und 339 nach Stuttgart soll wie im vorigen Sommer ein Perfonenzug ausgeführt werden: Teinach ab 3.05 nachm., Calw an 3.15.
Als Gegenzug soll der Perfonenzug 1175: Calw ab 2.43 nachm., Teinach an 2.49 eingelegt werden.
Saison-Schnellzüge. Zur Verbesserung der Verbindung zwischen Frankfurt, Straßburg und dem württ. Schwarzwald sollen vom 1. Juli bis 30. Sept. Schnellzüge eingelegt werden, der eine über Karlsruhe—Offenburg—Hausach nach Freudenstadt und der andere über Pforzheim nach Wildbad, sowie nach Calw und Freudenstadt. Frankfurt a. M. ab 8.08 vorm., Karlsruhe—Offenburg—Hausach—Schiltach—Freudenstadt an 1.42 nachm. Frankfurt a. M. ab 8.08 vorm., Karlsruhe—Pforzheim—Calw—Freudenstadt an 1.20 nm.
Stuttgart, 17. Febr. (Zur Bahnhoffrage.) Der „St.-Anz." schreibt: „Nachdem in der Finanzkommission der Kammer der Abgeordneten in den letzten Tagen anläßlich der Beratung des Theaterbans auch die Stuttgarter Bahnhoffrage mehrfach berührt worden ist, wird eine aus authentischer Quelle stammende Mitteilung über den gegenwärtigen Stand dieser Frage im Anschluß an die gestrige Erklärung des Herrn Finanzministers in der Finanzkommission von allgemeinem Interesse sein. Erst vor wenigen Tagen hat die Generaldirektion der Staatseisenbahnen ihren hierauf bezüglichen Bericht an das K. Ministerium der auswärt. Angelegenheiten, Verkehrsabteilung, erstattet. In diesem Bericht werden zwei Entwürfe behandelt, einer, wornach der Bahnhof an seiner bisherigen Stelle belassen oder doch bloß soweit zurückgerückt wird, als nötig erscheint, um einen genügenden Vorplatz vor dem Bahnhofgebäude zu gewinnen, und ein zweiter, wornach der Bahnhof bis zur Schillerstraße hinausverlegt und das Bahnhofgebäude in die Linie dieser Straße gestellt wird. Beide Entwürfe sollen demnach den Ständen als ausführbar vorgelegt, doch der erste, als der nach Ansicht der Generaldirektion den Vorzug verdienende, in erster Linie zur Ausführung empfohlen werden. Welche Stellung das Ministerium der auswärt. Angelegenheiten zu dem Vorschlag der Generaldirektion, insbesondere zu der Frage, welcher der beiden Entwürfe in die erste Linie treten soll, einnehmen wird, bleibt abznwarten. Sobald in dieser Beziehung eine Entscheidung getroffen ist, hat die Vorlage zunächst noch durch das K. Staatsministerium und den Geheimen Rat zu gehen; außerdem wird auch
noch der Stuttgarter Stadtverwaltung Gelegenheit zu geben sein, sich ihrerseits über die Entwürfe zu äußern. ES können somit noch 3—4 Monate vergehen, bis die Vorlage soweit gediehen ist, um an die Stände gebracht zu werden."
Tübingen, 17. Febr. Der erst 16 Jahre alte Schlofferlehrling Karl Voll mar, welcher anfangs des Jahres in Neuenbürg eine alte Frau in deren Wohnung überfiel und dieselbe zu ersticken versuchte, bei der Flucht durch einen Sprung aus dem Fenster aber selbst eine Hüftgelenksverletzung davontrug, wurde gestern wegen schwerer Körperverletzung zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Kirchheim u. T., 16. Febr. Die bürgerlichen Kollegien haben heute beschlossen, auf Kosten der Schulpflege sämtlichen Schülern der hiesigen Lehranstalten zur Schillerfeier ein Andenken überreichen zu lassen, und zwar erhalten die Schüler aller Oberklassen den vom Schillerverein herausgegebenen Schillerband, die übrigen das Schillerbüchlein von Schulrat Dr. Mosapp.
Vom Bodensee, 16. Febr. Die neue Luftballonhalle am Bodenseeufer bei Manzell, in der die aus die Lösung des Lenkbarkeitsproblems gerichteten Pläne des Grafen Zeppelin zum zweitenmal Form und Gestalt erhalten sollen, unterscheidet sich von der ersten im Jahr 1900 erbauten insofern, als sie nicht schwimmend und am See verankert, sondern auf festem Fundament, unmittelbar am Ufer, ihren Platz erhalten soll. Der Unterbau der Halle, auf dem das in der Ausführung begriffene Luftschiff ruht, ist auch jetzt wieder aus- schiebbar. Der Ausstieg wird also abermals von der Seefläche aus stattfinden. Es ist, wie man hört, beabsichtigt, das neue Luftschiff bis zum Sommer 1905 flugbereit zu machen. Das Luftschiff wird gegenüber dem von 1900 wesentliche Aender- ungen, besonders hinsichtlich des Lenkbarkeitsprinzips, aufweisen. Die Form wird sich nur wenig von der früheren unterscheiden. Der Ballon, der bei diesem 124 Meter lang war, wird etwas kürzer werden; die Lenkvorrichtung erhält eine etwas veränderte Anordnung. Während aber die Motoren von dem ersten Luftschiff nur eine Energie von 24 Pferdekräften zu entwickeln vermochten, soll die Kraft der Motoren am neuen Luftschiff auf 80 Pferdekräfte gesteigert werden. Darin liegt die bedeutendste Neuerung. Diese wesentliche Erhöhung der Kraftleistung der Maschinen soll nicht auf Kosten der Belastung des Luftschiffs erfolgen; es wird vielmihr angestrebt, das Gewicht der Motoren so z« verringern, daß eine unnötige Belastung vermieden wird. Die Ballonhülle wird aus einer Aluminiumlegierung hergestellt. Der Aufnahme von Personen sollen wiederum zwei Gondeln dienen, die unter dem Bollon, an der vorderen und Hinteren Seite, ihren Platz erhalten.
London, 17. Febr. Die Times meldet aus Petersburg: Der Zar habe gestern einem Rat aller Minister präsidiert, wobei erwogen wurde, ob der jetzige unoffizielle Rat der Minister in ein verantwortliches beratendes Kabinet zu verwandeln' sei.
Petersburg, 17. Febr. Aus Moskau wird telephoniert: Auf der Fahrt des Großfürst«« Ter-in- vom Historischen Museum nach dem Kreml wurde der Wagen beim Justizpalast von 2 Personen in einer Droschke erwartet. Als der Großfürst den Justizpalast passierte, folgten sie dem Wagen. Eine Bombe wurde unter de« Wage« geworfe«. Eine starke Explosion erfolgte. Der Wagen wurde zertrümmert, der Großfürst getötet. Die Mörder wurden verhaftet, ein Student schwer verwundet. Ferner wurden mehrere Studenten verhaftet.
Petersburg, 17. Febr. Nach Meldungen aus Moskau fand das Attentat auf de« Großfürsten Sergius gegen 3 Uhr nachmittag- statt und zwar in der Nähe des Nikolski-Tores. Durch die Explosion wurden verschiedene Personen verwundet. Die Polizei sperrte sofort die Umgebung des Tatortes ab und nahm zahlreiche Verhaftungen unter den Umstehenden vor. Man hofft, daß sich unter diesen die Urheber des Attentats befinden. Der Gouverneur von Moskau verfügte sofort Haussuchungen bei den bekannten Moskauer Nihilisten. Die Leiche des Großfürsten wurde nach dem Palast gebracht. Sie bildet nur eine unkenntliche Masse. Der Kutscher des Großfürsten wurde vom Bock geschleudert und tödlich verwundet. Die beiden schwer verletzten Pferde mußten gelötet werden. Die Nachricht vom Attentat rief ungeheure Erregung hervor. General-Gouverneur Trepow ließ sofort Haussuchungen bei den Nihilisten und revolutionären Studenten vornehmen. Großfürst Sergius hat seit längerer Zeit Drohbriefe erhalten. Er wurde deswegen gewarnt. Man riet ihm, nur in Begleitung seiner Gattin auszn- fahren, die in Moskau sehr beliebt ist. Dieselbe ist bekanntlich eine Schwester der Zarin, des Groß- herzogs von Hessen und der Prinzessin Heinrich von Preußen. Bei den Verhaftungen wurde ein Student, in welchem man einen Urheber des Attentats vermutete, von Polizisten schwer mißhandelt. Man glaubt, daß cs sich um ein Komplott handelt, welches von Studenten ins Werk gesetzt worden ist. Man erwartet allgemein strenge Maßnahmen gegen die Studenten. In den Drohbriefen wurde dem Großfürsten vorgeworfen, daß er einen verhängnisvollen Einfluß auf den Zaren auSübe. Auch verdachte man es ihm, daß er Trepow protegierte.
Odessa, 17. Febr. In dem Städtchen Sarnitztdi unweit Batnm umzingelten 300 streikende Arbeiter den Bahnhof und zwangen das gesamte Bahnhofspersonal, in den Ausstand zu treten.
dann wieder braune Heiden, wo wir stumpfsinnigen Hirten begegneten. Von Zeit zu Zeit trabten weidende Pferde an die Straß« heran, oder ein Rudel Schweine stob vor unserem Wagen davon. In den Lüften zogen endlose Schwärme von Krähen zum Wald, und aus den Moorgründen der Fern« stieg ein dichter Qualm oder Nebel empor. Niemals zuvor schien mir das traurige Rußland so idyllisch und interessant.
„Wir fuhren ohne Aufenthalt ununterbrochen Meilen um Meilen. Da eS FrühlingSauSgang war, brach die Nacht erst spät herein, aber sie schien mir mit ihren klaren Sternen wie eine heilige Weihnachtsnacht. Mit Tagesanbruch wurde die Gegend lieblicher. Ferne Höhenzüge erschienen mit laubreichen Wäldern, in meilenweiter Ferne blitzten die Kuppel» einer Stadt >m Morgenrot. Endlich bogen wir in einen Föhrenwald ein. Bold wechselte das Nadelholz mit Espen, Birken und Buchen, ein blauer See mit wehendem Schilf wurde sichtbar, und gleich darauf log das stolze Herrenhaus von Stanitza Tarussa vor uns.
„In kühnem, elegantem Bogen fuhr die Telega vor die Paradetreppe vor. Sofort erschienen mehrere Diener aus dem Erdgeschoß, und an ihren Armen wurde der noch immer schlaftrunkene Gebieter in das HauS geleitet.
„Oben im Borsaal eilten ihm zwei rrwachsrne Töchter entgegen und begrüßte» den Vater mit lauter Freude. Ich wurde unbemerkt Zeuge einer rührenden Szene des Wiedersehens. Meine Erwartungen waren, ich weiß nicht, warum» hochgespannte gewesen; dennoch blieben sie hinter dem blendenden Eindruck zurück. Solche Schönheiten waren mir im ganzen Leben bisher noch nicht vor Augen gekommen. Von dieser Stunde an pries ich meinen Stern, und Rußland, das mir weh« getan, erschien mir jetzt als daS glückseligste Land.
„Nach der ersten Freude des Wiedersehens wandte sich Uschakoff zu mir und stellte mich seine» Töchtern als Lehrer der englischen Sprache vor.
„Meine ehrfurchtsvolle Verbeugung wurde von ihnen mit einer leichten
Reverenz erwidert und darauf dem Haushofmeister Befehl erteilt, mir das Zimmer einzuräumen, welches mein Vorgänger bewohnt hatte — eigentlich meine Vorgängerin, denn es war eine Gouvernante aus Genf, die Knall und Fall entlasten worden war, weil sie, wie ich später erfuhr, sich in «ine Herzensangelegenheit der älteren Schwester eingemischt hatte, doch davon werde ich später »och ausführlicher zu berichten haben.
„Seit jenem Tage war ich der unzertrennliche Gesellschafter meiner reizenden Schülerinnen. Sie hatten ihre Mutter verloren und standen unter der Aussicht einer alten Verwandten, Sascha, die fast nie aus ihrem Zimmer kam. Den Vater, der auf seinen weitläufigen Besitzungen, auf Jagden und Versammlungen viel zu tun hatte, sahen wir nur des Mittags und des Abends und auch da« nicht täglich. Er kümmerte sich damals nur wenig um uns.
„Auch sonst fehlte eS nicht an originellen Gestalten auf dem Herrensitz. Da war zuerst eine Art Fokwtum, ein früherer Kosak Kuzmin, der mittag« mit einer Trompete das Zeichen zur Tafel gab und abends die Balalaika spielte, ferner Iwan, der Wolfsfänger und Otternjäger, endlich mehrere Verwalter, Forstaufseher und ein alter Friseur, ein Franzose, der im Jahre der großen Retirade gefangen worden und seitdem hier geblieben war.
„Wie soll ich nun das Weitere berichten, um Ihnen ein klares Bild zu geben und doch niemand nahe zu treten?
„ES ist wohl kaum zu verwundern, daß unser Verkehr sehr bald ein intimer wurde. Die volle Freiheit, uns jeden Augenblick zu sehen, der Vorteil, wenn Andere zugegen, uns in einer fremden Sprache zu verständigen, die Enge des Landlebens und seine Abwechslung — wir ritten und fuhren durch die weiten Forsten und Felder, ruderten auf Gondeln zu den einsamen Inseln der Seen, schossen nach der Scheibe und trieben Musik — alles das half uns rasch zu Vertrauten zu machen. (Fortsetzung folgt.)