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hielt Oekonom Adlung-Sindlingen einen mit Beifall aufgenommenen Vortrag überdie Landwirtschaft am Niederrhein". Nach der Tagesordnung wurden sodann 2 Mitglieder und deren Stellvertreter in den Gauausschuß gewählt und über das Ergebnis der Jungviehweide bei Unterschwandorf, deren Be­schickung der Vorsitzende aufs wärmste empfahl, berichtet. Zum Schluß trug der Rechner den Kassen­bericht des Jahres 1904 vor.

Stuttgart, 9. Jan. Herzog Albrecht Eugen, der 2. Sohn des Herzogs Albrecht von Württemberg, feierte gestern seinen 10. Geburtstag. Aus diesem Anlaß stattete ihm der König einen Glückwunschbesuch ab und ernannte ihn zum Leut­nant im GrenadierregimentKönig Karl" Nr. 123. Der älteste Sohn des Herzogs Albrecht, Philipp Albrecht, ist bekanntlich Leutnant im Grenadier­regimentKönigin Olga" Nr. 119.

Tübingen, 10. Jan. Seit einigen Tagen ist der Kassendiener der Feuerwehr und der Ge- werbebank, Walkhammer, abgängig. Die Nach­forschungen über ihn waren ohne Erfolg. Man vermutet, daß er selbst den Tod gesucht hat.

Ludwigsburg, 10. Jan. Der aus Bön- uigheim gebürtige Rekrut Wetz der 3. Batterie des Feldartillerie-Regiments Nr. 65 verließ heute früh die Kaserne mit der Absicht, sich das Leben zu nehmen. Er legte sich außerhalb der Ziegelwelke in der Nähe des Bahnwärterpostens 16 auf die Schienen und ließ sich von dem 7.10 Uhr von Stutt­gart kommenden Personenzug überfahren. Dem Bedauernswerten wurde eine Hand abgefahren und der Kopf fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, so daß der Tod sofort eintrat.

Urach, 10. Jan. Beim Betteln hat ein Handwerksbmsche in einem hiesigen Hause eine gol­dene Uhr mit Kette gestohlen. Der Diebstahl wurde bald bemerkt und der Dieb in Dettingen eingeholt, ehe er Gelegenheit hatte, die Uhr zu verkaufen.

Göppingen, 9. Jan. Der in den 60er Jahren stehende Assistent Frei von der Verwaltung der Heilanstalt ist in der Nacht vom Freitag auf Samstag lt. Göppinger Zeitung in der Fils er­trunken.

Heilbronn, 10. Jan. Für denjenigen, der in die Verhältnisse eingeweiht war, bildet der Zusammenbruch des hiesigen sozialdemokratischen Konsumvereins keine Ueberraschung. Die Kommandit­gesellschaft Arbeiterbund Küttler u. Comp, befand sich schon längst in Zahlungsschwierigkeiten und war bekanntlich deren Geschäftsführung eine ge­radezu erbärmliche. Wir verweisen auf den vor einigen Jahren gegen Küttler eingeleiteten Straf­prozeß, welcher damals der Unterschlagung von 5000 znm Nachteil des Arbeiterkonsumvereins beschuldigt war. Das Verfahren wurde zwar da­mals, obwohl das Geld fehlte, eingestellt, aber ge­richtlich eine allgemeine Verwirrung in der Buch­führung verbunden mit dem unverantwortlichsten Leichtsinn in der gesamten Geschäftsgebohrung kon­statiert. Dem Vernehmen nach sieht es heute auch nicht anders aus. Eine geordnete Buchführung ist nicht vorhanden und eine brauchbare Bilanz wurde

niemals gezogen. Eine Anzahl kleiner Leute büßen ihre Vertrauensseligkeit mit dem Verlust ihres Geldes. Der Konkurs ist unvermeidlich und somit auch das Einschreiten der K. Staatsanwaltschaft, nachdem die Zahlungen effektiv eingestellt wurden, gesetzlich geboten.

Rottweil. 8. Januar. Der Besitzer der Bärenbrauerei in Schwenningen, Christian Braun­miller, wurde gestern früh von einem nach voran­gegangenem Wortwechsel aus seiner Wirtschaft aus­gewiesenen jungen Mann durch einen Messerstich in den Unterleib so schwer verletzt, daß seine alsbaldige Ueberführung nach Stuttgart zur Vornahme einer Operation erfolgen mußte. Diese fand heute im Katharinenhospital dort statt; Lebensgefahr besteht fort. Der Täter wurde festgenommen.

Ulm, 10. Jan. Der verheiratete Hoboist­sergeant Arthur Lehmann vom Pionierbataillon Nro. 13 suchte nach 12jähriger Milttärdienstzeit eine Zivilstellung. Da er hiebei verschiedentlich Ent­täuschungen erlebte, nahm er sich das so zu Herzen, daß er sich gestern den Hals durchschnitt. In schwer verletztem Zustande wurde er ins Lazarett geschafft.

G Pforzheim, 9. Jan. Der hiesige Bürgerausschuß bewilligte in heute Montag statt­gehabter sehr stark besuchter Sitzung 1630 000 zur Erbauung eines neuen Gaswerks nach den neuesten technischen und maschinellen Errungen­schaften. Bei dieser Vorlage kam u.ster anderem zur Sprache, daß die Stadtgemeinde zufolge un­richtigen Funktionierens der Gasmesser in letzter Zeit mit mindestens 30000 ^ Gasverbrauch in Verlust geriet. Weiter wurden 50560bewilligt zur Ablösung der Bürgernutzenanwärter im neuen Stadtteil Brötzingen.

Pforzheim, 10. Jan. Beim Schlittschuh­laufen auf einem Weiher zu Seng ach bei Enz­berg brach der 11 Jahre alte Sohn Emil des zu Sengach wohnenden Goldarbeiters Bellon ein und ertrank. Der Vater suchte unter eigener Lebens­gefahr sein Kind zu retten, was ihm aber nicht ge­lang. Die Leiche konnte später geländet werden.

Essen, 10. Jan. Angesichts des Umsich­greifens deS AuSst and es fordert das Kohlen- Syndikat die Zechen auf, die Bestände abzugeben. Das Kohlen-Syndikat hat, wie sich ergiebt, in den Lägern bei Osterfeld 40,000, Bottrop 15,000, Frie­mersheim 8000 und Kettwig 3000 Doppelwagen.

Dortmund, 10. Jan. Heute scheint im Dortmunder Bezirk der Streik allgemein zu werden. Auf einigen Zechen liegt Polizei, um Ausschreitungen zu verhüten. Heute findet eine große Versammlung statt. Das Stahlwerk Hösch wird wahrscheinlich wegen Kohlenmangel feiern.

Eine angebliche Warnung Kaiser Wilhelms an den Zaren. Der Wiener Ttmes-Korrespondent meldet, zehn Tage vor Aus­bruch des Krieges habe der deutsche Kaiser dem Zaren ungefähr folgendes telegraphiert: Ich bitte Dich, es Dir wohl zu überlegen, bevor Du Dich in einen Krieg mit Japan einläßt. Nach sehr genauen Mitteilungen, die ich über die Streitkräfte Japans und seine Kriegsvorbereitungen und über die Kräfte, über die Du verfügst, und die Du in der Man­

dschurei erhalten kannst, erhalten habe, hege ich Zweifel über das Ergebnis des Krieges. Ich bitte Dich daher, es Dir wohl zu überlegen, bevor Du die japanischen Bedingungen endgültig zurückweisest. Auf dieses Telegramm soll der Zar geantwortet haben, daß für alle Fälle bereits Maßregeln ge­troffen seien, um den Triumph der russischen Waffen zu sichern. Der Korrespondent bemerkt, er könne die Authentizität des obigen Wortlautes nicht verbürgen, da er möglicherweise im Verlaufe der Wiedergabe von einem diplomatischen Munde zum anderen modifiziert worden sei, aber daß am Vor­abend des Krieges wirklich ein Meinungsaustausch im obigen Sinne stattgefunden habe, werde aus so guter Quelle beglaubigt, daß kein Grund bestehe, den Depeschenwechsel der Oeffentlichkeit vorzuenthalten.

Aus Deutsch-Süd-nestafrika. Nach einer Meldung des Generals v. Trotha hatte Major Meister am 2., 3. und 4. Januar hartnäckige Gefechte beim Vorgehen von Stamprietfontein bis Großnabas. Mit dieser Ortsbezeickmung ist anscheinend Geinabakarus gemeint. Großnabas wurde nach einem 50stüvdigen Kampfe genommen. Der Feind war 1000 Mann stark, darunter nach Aussage Gefangener Friedrich Maharero mit 250 Hereros. Genaue Nachrichten über die diesseitigen Verluste konnten noch nicht übermittelt weiden, da die Heliographenlinie durch dringende Telegramme über Truppenbewegungen und Nachschub von Ver­pflegung und Munition vollständig in Anspruch ge­nommen ist. DasKleine Journal" verzeichnet das Gerücht, wonach der deutsche Verlust in dem letzten 50stündigen Gefecht bei Großnabas sehr be­deutend gewesen sein soll. 10 Offiziere und 50 Mann fielen.

Petersburg, 10. Jau. Aus Tschifu wird hieher telegraphiert, General Nogi habe den Offizieren der Bclagerungsarmee erklärt, Port Arthur werde auf ewige Zeiten japanisch bleiben. Zu Beginn des Krieges habe es sich nur um Korea und die Mandschurei gehandelt, heute werde Japan eher auf alles andere verzichten, als auf Port Arthur, das ihm so viel Blut gekostet Hot. Ganz Japan würde zur Behauptung Porr Arthurs aus­rücken und eher dort verbluten als seine Flagge von der Festung verschwinden lassen. In Tschifu ver­künden überall große Anschläge den Chinesen die Einnahme von Port Arthur, wodurch die gelbe Raffe die weiße glänzend besiegt habe. Darüber müsse das chinesische Volk eigentlich Freude empfinden. General Nogi nebst seinem Stab wird sobald nicht nach Japan zurückkehren. Die vor dem südlichen Eingänge der Koreastraße liegende koreanische Insel Quelpart wird von den Japanern stark befestigt.

Paris, 10. Jan.Petit Journal" meldet aus Marseille: Die Rückkehr des Dampfers Australie", an dessen Bord sich General Stössel und zahlreiche andere russische Offiziere befinden, erfolgt am 21. Februar.

Tokio, 10. Jan. Zirka 1000 russische Verwundete find in Dalny eingetroffen und werden in den dortigen Hospitälern untergebracht werden. Aus dem General-Quartier der 3. Armee wird be-

Frau v. Schmollmg wehrte sich nicht dagegen. Sie hatte keinen Wunsch mehr als den nach Ruhe, nach einer lanxen, köstlichen Ruhe, die nichts mehr stören konnte; sie sehnte sich nach der ewigen Ruh«. Sie wußte, daß sie, so ganz vereinsamt, trostlose Monate vor sich habe. Aber sie hielt Mary nicht zurück, und beim Abschied war sie so tapfer, daß ihre Umgebung sich wunderte. Eie weinte nicht einmal. Die Augen brannten ihr zwar, aber sie hatte keine Tränen mehr.

Fräulein Warnsdors's letztes Auftreten war in großen Lettern auf roten Ketteln an den Anschlagsäulen ongezeigt. Man beklagte allgemein n der Residenz ihren Fortgang. Alle Versuche der Intendanz, die Schauspielerin zu halten, waren vergeblich. Sie wollte nicht bleiben.

Was das junge Mädchen bewog, ihre glänzende Stellung aufzugeben und in die Provinz zu gehen, wußte niemand.

Gewiß eine verfluchte Liebesgeschichte," wetterte ingrimmig der Intendant.

Als es bekannt geworden, daß sie die Erneuerung des Kontraktes abgelehnt, bemühten sich dir anderen Theater der Residenz, sie festzuhalten. Hohe Gagen wurden ihr geboten, und Marrha schlug vor Jammer über die Halsstarrigkeit ihres Fräuleinchens, die all die großartigen Anträge ohne Bedenken abwies, die Hände über dem Kopf zusammen.

DaS Verzweifeln der alten Martha, das Wettern des Direktors, das all­gemeine Bedauern der Kollegen und das laute Klagen des Publikums ließen Frida kalt und änderten nichts an ihrem Entschluß.

Nur Paula wußte, warum Frida nicht bleiben wollte, und ballte ingrimmig die Faust. Warum hatte sie auch nicht selbst gehandelt, wie konnte sie ihre Mission dieser schwachen Frau anvertraucn! Der Zufall hatte ihr den Brief, eine solche Waffe, in die Hand gespielt, und sie hatte sie nicht gebraucht, sondern selbst aus der Hand gegeben.

Vielleicht hatte di« gnädige Frau falsches Spiel getrieben! Nein, solche rm Weinen getrübte Augen lügen nicht!

Paula wußte, daß Frida ihm mit seiner jungen Frau nicht begegnen wollte. Die Vermählung hatte stattgefunden, das junge Paar war von der Hochzeitsreise zurückgekehrt und hatte seine Einladungen ergehen lasten. Eine große Wohnung auf dem Schloßplatz, gegenüber dem Theater, hatte es gemietet wie leicht war da ein Begegnen möglich.

Frida hatte ihn also noch nicht vergessen, ihre HerzenSwunde hatte sich noch nicht geschloffen. Armes Hascherl! Paula empfand tiefes Mitleid mit ihr, sie liebte Frieda aufrichtig und hätte sie gern vor Leid bewahrt.

Paula ging ins Theater; sie hatte zwar nichts in dem Schauerstück, wie sie denFaust" nannte, zu tun, aber sie wollte Frida ein paar Blumen bringen. Als sie die Bühne betrat, eilte der Tenorist an ihr vorüber, ohne sie zu sehen, und trällerte: .O trenne nicht das Band der Liebe."

Er sah sehr vergnügt aus, als ob ihm etwas Angenehmes passiert wäre. Daß ihm gestern zweimal das hohe 0 mißlang und ihn ein neuer Kritiker einen Kravatten-Tenor genannt hatte, darüber konnte er doch nicht jubeln. Da hörte sie ihn erregt mit dem Regisseur spreche».

Sonnabend singe ich nicht denLohengrin", ich habe eine Dinereinladung, die ich nicht absagen kann."

Aber lieber Reimer, wir können doch nicht darauf Rücksicht nehmen."

Mir gleich, ich finge nicht. Ich bin seit einiger Zeit erkältet und wer weiß, ob ich überhaupt singen könnte."

Erschrocken lenkte der Regisseur ein; mit den ersten Tenoren muß man zart umgehen; sie sind rar, und je weniger Stimmen sie haben, desto anspruchs­voller sind sie.

(Fortsetzung folgt.)