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und AnzeigeökaLL für den Bezirk Kakw. 80 . IlchkMg.
Prschetnungstage: Dienstag. Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionsprels 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirk«orte; außer Bezirk IS Pfg.
Donnerstag, den 12. Januar 1905.
Abonnementspr. in d. Stadtpr.Mertelj. Mk. I.IOincl.Lrägerl. Vierteljahr!. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Berkehr Mk.1.10, Bestellgeld 20 Psg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Die Maul- und Klauenseuche ist in
Schöckingen Oberamts Leonberg ausgebrochen. Calw, 9. Januar 1905.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
An die Ortsbehörden.
In diesem Winter wird Oberamtsbaumwart Widmann in den Gemeinden Sommenhardt— Zavelstein, Rötenbach—Emberg. Teinach—Schmieh, Oberkollwangen—Breitenberg, Neuweiler—Hofstett, Agenbach—Würzbach, Altbulach—Neubulach, Lte- belsberg—Oberhaugstctt, Martinsmoos — Zwerenberg, Hornberg, Atchhalden—Obcrweiler, Bergorte, die Besichtigung der Obstbäume vornehmen.
Derselbe ist bereit, in Abendversammlungen Vorträge über Obstbau zu halten und in den Fortbildungsschulen praktische Belehrungen über die Veredelung der Obstbäume zu geben.
Diejenigen Gemeinden, in welchen dies gewünscht wird, wollen dem Oberamtsbaumwart hievon rechtzeitig Mitteilung machen.
Calw, 11. Januar 1905.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
:: Calw. Das diesjährige Schülerkonzert von Frl. Adelheid Lang aus Stuttgart fand gestern nachmittag im Dreiß'schen Saale statt. Der gegen dem vorjährigen weit größere Besuch zeigte ein gesteigertes Interesse und die Besucher wurden nicht getäuscht. Wenn auch einige Anfängerinnen mit Befangenheit und Aengstlichkeit zu kämpfen hatten, so war doch schon bei diesen die Grundlage
einer guten Schule zu merken und wir hatten den Eindruck, daß sie stch's recht angelegen sein ließen, der Lehrerin Freude und Ehre zu machen. So war z. B. die Wiedergabe von Radecke's: „Aus der Jugendzeit" eine sehr ansprechende und reizvolle. Bei den vorgeschrittenen Schülerinnen, die zum Teil schon im letzten Konzert gesungen haben, waren recht tüchtige Fortschritte zu bemerken: Schubcrt's „Wanderers Nachtlied" und „Frühlingstraum", Schumann's „An den Sonnenschein", Wallbach's „Im Walde", Mozart's „Arie aus „Figaro", Schu- bert's „Wohin" fielen in dieser Hinsicht angenehm auf. Eine gnt angebrachte Unterbrechung der Gesangsnummern waren die Deklamationen von Frl. Hildegard Lang, einer Schwester der Konzertgeberin. Die Dame besitzt ein weiches biegsames Organ, dem auch, wo es nottut, die Klangfülle nicht fehlt und sie verbindet damit eine deutliche Aussprache und eine lebhafte Empfindung. Das Gedicht „Rübezahl" wurde ernst durchdacht wiedergegeben und wirkte dadurch tief ergreifend. Die zweite Abteilung des Programms brachte die Märchenkompo- sttion „Schneewittchen" von Reinecke. ES war uns in diesem größeren zusammenhängenden Werk Gelegenheit geboten, Frl. Lang auch als Dirigentin kennen zu lernen. Die Titelrolle wurde fein und duftig vorgetragen, die Lieder des Zwerges Tom frisch und lebendig gesungen. Ein eigenartiger „Marsch der Zwerge" bot für das Klavier eine Solonummer, die der unermüdlichen Begleiterin aller Gesänge Gelegenheit gab, sich als vortreffliche Pianistin zu zeigen. Nicht zum wenigsten interessierte uns die Wiedergabe der Chöre, deren Einstudierung gewiß nicht leicht war, da zur Verstärkung auch ungeübtere Kräfte hereingezogen worden waren. Die Sache gelang aber sehr gut, besonders das „Schlaflied der Zwerge" gefiel ausnehmend. Den verbindenden Text sprach Fräulein Hildegard Lang mit großem Verständnis. Die Lehrerin und die Schülerinnen dürfen mit Befriedigung auf das Konzert zurückblicken und wir schließen
unsere Besprechung mit einem ermunternden „Glück auf" für die nächste Veranstaltung.
Calw. Nächsten Donnerstag wird in der Branerei Dreiß ein interessantes Kunstwerk aus- gestelll sein, nämlich eine Nachahmung der berühmten Straßburger Münster-Uhr. Das Werk, das von dem Erfinder Hrn. I. B. Schambek hergestellt wurde, ist 3,58 Meter hoch, cs hat 2,70 Meter Umfang und ist 16 Zentner schwer; alles was die Straßburger Uhr den Beschauern vor Augen führt, der ganze Vorgang der Kreuzigung Christi und noch vieles mehr, ist hier in trefflicher Nachahmung wiedergegeben. Kunstfreunde werden auf dies eigenartige Werk menschlichen Erfindungs- getstes aufmerksam gemacht.
Calw. Auf den heutigen Vieh markt waren zugeführt 17 Pferde, 200 St. Rindvieh, 71 Stück Läuferschweine, 35 Körbe Milchschweine. Der Handel in Großvieh war wenig belebt und auch auf dem Schweinemarkt war der Absatz schleppend. Milchschweine wurden zu 18—28 und Läufer zu ^ 36—96 pro Paar bezahlt.
j Deckenpfronn. Wie man hört, wird unter den Licht- u. Kraft-Interessenten der Gemeinden Deckenpfronn, Sulz und Gültlingen die Frage lebhaft erörtert, die Wasserkraft des Sägewerks I. I. Ziegler in Wildberg zu verwenden, eventuell dasselbe anzukaufen, da durch dies näherliegende Werk bedeutend an Leitungskosten gespart und zugleich auch die beteiligten Gemeinden sich ihre Selbständigkeit erhalten würden, was bei einem Anschluß an das Kltngersche Werk nicht der Fall wäre.
c? Wildberg, 9. Jan. Gestern nachmittag hielt im Gasthaus zur „Krone" der landwirtschaftliche Bezirksverein Nagold seine Hauptversammlung ab, welche vom ganzen Oberamt gut besucht war. Nachdem der Vereinsvorstand, Ober- amtmann Ritter, die Anwesenden begrüßt hatte
ii-rchdrmk verboten.
Schminke.
Roman von Helene Lang-Anton.
(Fortsetzung.)
„Auch durch eins Gemeinheit?" erwiderte Frau v. Schmolling.
„Wähle Deine Woite basier, liebes Herz, Du sprichst von unserer Schwiegertochter; eine kleine Frauenlist, weiter nichts."
„Eugen, das kann Dein Emst nicht sein, Du denkst zu ehrenhaft, um solch schändliches Spiel zu entschuldigen und Deinen Sohn. Deinen einzigen Sohn, einer Frau, die solcher Schlechtigkeit fähig ist, zu übergeben."
„Genug der Uebertreibung!" sagte Schmolling ungeduldig. „Ich verbiete Dir, über diesen Brief zu Alfred ein Wort zu verlieren, noch in Deinem Benehmen gegenüber Olga Dir etwas merken zu lassen, und damit dieser Wisch nicht noch mehr U»h-il anrichtet — so," bei diesen Worten nahm er ihn auS der Tasche und zerriß ihn, ehe seine Frau es hindern konnte.
Entgeistert starrte sie auf ihren Mann. Was in diesem Augenblick in ihrem Innern vorging, hätte sie nicht in Worte kleiden mögen. Bis jetzt hatte Ne ihn für einen Despoten, dessen Willen sich alles kxugm mußte, gehalten; seiner Cäsarennatur hatte sie ihre ganze selbständige Frauenwürde zum Opfer gebracht — aber sie achtete ihn doch seiner strengen Rechtlichkeit wegen. Jetzt war auch das vorbei. Er kam ihr so verächtlich vor in diesem Augenblick, und unsäglicher Ekel überkam sie über ihr verlorenes Leben. Kein Wort konnte sie sich abringen; sie machte eine abwchrende Bewegung und ging schnellen Schrittes dem Schlöffe zu.
Er wagte nicht, sie zurückzuholten; in ihrer herben Abweisung lag etwas HohcitßvolleS; er hatte gefühlt, daß dar letzte Band zwischen ihnen zrnffeii war und konme ihr nicht einmal Unrecht geben, im Gegenteil, ihre wortlose Absage hatte ihm imponiert.
Wir erbärmlich hatte Olga gehandelt, er haßte sie dafür, aber ihre Verbindung durfte nicht unterbleiben. Alle Welt wußte es, beglückwünschte und beneidete Alfred um sein großes Glück.
Glück! Dies Schloß, d-eS Besitztum mußte den Schmollmgs erhalten bleiben, und nur durch eine reiche H-irat war das möglich. Alle anderen Bedenken mußten verstummen. Sein« Frau mußte schweigen, zumal jetzi, wo sie keine Waffe mehr in den Händen hatte.
Wie er ihr so nao sah, wie sie sich mühsam den Weg hinsufschleppte, tat sie ihm le-.d, er Hütte sie gern geführt, aber er wagte es nicht; er fühlte, daß sie ihn veracktere, daß er dies Herz, da« er geknebelt, geknechtet und da« doch für ihn geschlagen, für immer verloren hatte. Er hatte kein« Gewalt mehr über sie, da sie ihr schwach und unehrlich gesehen.
Frau v. Schmolling knueg wirklich. Was sollte sie anders tun. Sie konnte doch nicht den Vater beim Sohn verklagen, und sie wußte, welche hohe Meinung ihr Sohn im Punkt der Ehrenhaftigkeit von seinem Vater besaß; hatte sie diese Ansicht doch bis sitzt geteilt. Nur dieser Glaube hatte sie ihr schweres LoS klaglos ertragen lassen.
So sah die arme Frau still zu, wie es Olga gelang, Alfreds Gefühle für sich zu erwecken, und als der Urlaub zu Ende war, hatte sie mit Schrecken gesehen, daß es ihrem Sohn schwer wurde, von seiner Braut zu scheiden.
Olga blieb nun auch nicht auf dem stillen Landsitz; sie zog nach der Residenz und nahm Mary mit sich.