fassenden Programm verschönte. Dieses bot neben Männerchören mehrere humoristische Stücke: „Des Leutnants Flitterwochen", „Baronesse und Bursche Dämel", „Rittmeister Schnabel und sein Bursche Zabel", „Füsilier August Schmidt von der 7. Kompagnie und die 2 Vagabunden". Die ganze Aufführung stand unter der Leitung von Hin. Lehrer Gwinner und nahm einen gelungenen Verlauf.
X Gechingen, 27. Dez. Wie alljährlich, so feierte auch Heuer der Liederkranz Weihnachten am StefanuSfeiertag im Adler. Das Lokal war lange vor Beginn der Feier dicht besetzt; Männerchöre, „lebende Lieder" und komische Sccnen wechselten in rascher Folge miteinander ab; besonders gefielen die Pantomime „In der Schneiderwerkstätte", die Duoscene „Die letzten 2 Taler", das Gesamtspiel „Des Leutnants Schlafrock", das Terzett „Die lustigen Straßenkehrer" und die Soloscene „Der Mausfallahändler". Alle Darbietungen fanden den begeisterten Beifall des ruhig lauschenden Publikums und mit Befriedigung schaut der Gesangverein auf den wohlgelungenen Abend zurück.
Simmozheim. Am Stephansfeicrtage fand auf dem hiesigen Rathause die feierliche Ueber- gabe der Erinnerungsmedaille an den Kriegerverein anläßlich des 25jährigen Bestehens durch den Bezirksobmann, Hrn. Stadtschultheiß Conz-Calw, statt. Nach dem Festakt versammelte sich der ganze Verein bei Kamerad Kost z. „Sonne", wo patriotische Lieder und Gedichte vorgetragen wurden, so daß die Stunden des Zusammenseins sehr rasch verstrichen. Aus der Zahl der längeren Ansprachen verdient diejenige des Hrn. Bezirksobmanns besondere Erwähnung; in derselben gab er seiner Freude über die im hies. Kriegerverein herrschende Einigkeit und Lebhaftigkeit Ausdruck; zugleich erinnerte er aber auch die Mitglieder an ihre Pflichten, die sie als frühere Soldaten nun auch im bürgerlichen Leben zu betätigen haben. Hoffen wir, daß der gute Rat auf einen fruchtbaren Boden gefallen ist, dann wird der heutige Festtag auch bleibende Früchte reifen. Als Zeichen der Dankbarkeit für die aufopfernde Tätigkeit im Verein wurde Herr Schultheiß Hilligardt zum Ehrenvorstond desselben ernannt.
Wildberg, 27. Dez. Gestern abend kam es zwischen jungen Leuten von hier, Effringen und Pforzheim im Schwarzwaldbräuhaus zu einer Schlägerei, wobei eS ohne blutige Köpfe nicht abging und auch vom Messer Gebrauch gemacht wurde. Das gerichtliche Verfahren ist etngeleitet.
Wtldbad, 26. Dez. In der Hofkonditorei ist man Unterschleifen des Gehilfenpersonals auf die Spur gekommen; namentlich sollen die jungen Leute dem Wein und den Zigarren gefährlich gewesen sein.
Stuttgart, 24. Dez. In der heutigen Sitzung wurde die Verhandlung gegen den Glaser Albert Kicher er von Leonberg wegen Brandstiftung beendet. Der Staatsanwalt beantragte für
die Brandstiftung von 1898 5 Jahre, für den Braudstiftungsversuch vom Oktober ds. Js. 1 Jahr 10 Monate, insgesamt 6 Jahre Zuchthaus nebst öjährigem Ehrenverluste. Das Urteil lautete auf 5 Jahre Zuchthaus uebst lOjährtgcm Ehrenverlust.
Ofterdingen, 27. Dez. Am Weihnachtsfest wurde abends auf freiem Felde der Pförch- karren und die Hürde des Schäfers verbrannt. Als der Schäfer zur Herde kam, fand er sie zerstreut und geflüchtet.
Tübingen, 26. Dez. In Ulm wurde der Hausknecht Albert Kentner von Heidenheim, welcher in Urach seinem Gastwirt einen größeren Geldbetrag gestohlen hat, verhaftet. Derselbe hatte sich schon neu equipiert und in lustiger Gesellschaft in Stuttgart und Göppingeu den größten Teil des Geldes verjubelt, auch 80 einer Freundin geschenkt.
Reutlingen, 27. Dez. Am heiligen Abend legte sich der Fabrikarbeiter Gerspacher nach einem Streit mit seiner Frau beim Bahnübergang an der Post auf die Schienen und ließ sich von einem Rangierzug überfahren. Er wurde vollständig zermalmt und war sofort tot.
Reutlingen. Vom Bureau der Handwerkskammer erhalten wir folgenden Bericht über die Sitzung des Vorstands vom 14. Dezember. Eine längere Aussprache veranlaßte zunächst die Tatsache, daß gegen eine größere Anzahl Lehrmeister wegen Unterlassung der Anmeldung mit Strafanträgen hatte eingeschritten werden müssen. Das Ergebnis war, daß man, obwohl die Vorschrift bereits seit drei Jahren in Kraft steht und mehrfach bekannt gemacht, über das Anmeldewesen auch sehr viel gesprochen und geschrieben worden ist, im allgemeinen noch Milde walten lassen und auch in jedem einzelnen Falle die Zustellung eines besonderen Mahnschreibens (nach erfolgter persönlicher Belehrung durch den Beauftragten) beibehalten wolle. Die Strafanträge sollen für diesmal noch, wenn sie die Anmeldung bewirkt haben und die Versäumnis nicht auf bösen Willen zurückzuführen ist oder nicht ein Rückfall vorliegt, zurückgezogen werden (vorausgesetzt, daß das Oberamt oder der Gemeinderat nicht schon eine Strafe verfügt hat). — Weiter bildete einen Gegenstand längerer Beratung die Frage, ob zwei Buchdruckereten in Tübingen Handwerks- oder Fabrikbetrtebe seien. Der Vorstand gelangte zu dem Schluß: Der Betrieb der einen Firma kann, da er mehr als 20 Leute beschäftigt, große Räume beansprucht und eine z. Z. nur in größeren Druckereien etngeführte Setzmaschine verwendet, als Großbetrieb gelten. Außerdem weist er sachliche und persönliche Arbeitsteilung auf. Wegen dieser Merkmale kann er als Fabrikbetrieb betrachtet werden. Der Betrieb der andern Firma dagegen erscheint nicht als Großbetrieb, sondern — nach der Zahl der beschäftigten Personen und den vorhandenen Maschinen — als mittlerer Betrieb. Er dürfte deshalb noch zu den Handwerksbetrieben
zu rechnen sein. — Die übrigen zumeist kurzen Verhandlungen betrafen hauptsächlich Gesellenprüfungsangelegenheiten, Beiträge an Vereine (zu den Kosten ihrer Buchführungskurse) und an einzelne Handwerker (zu den Kosten ihrer Teilnahme an einem genossenschaftlichen Unterrichtskurs), verschiedene Anregungen von auswärts und aus dem Kreise der Vorstandsmitglieder.
Göppingen, 26. Dez, Vorgestern nachmittag hat das 4jährige Kind des Gußputzers Strähle von hier in einem unbewachten Augenblick mit Zündhölzern gespielt. Dabet fingen seine Kleider Feuer und das Kind erlitt solche Brandwunden an der rechten Kölperscite, daß es nach kurzer Zeit unter qualvollen Schmerzen verschied.
Eßlingen, 26. Dez. Am heiligen Abend kehrten etwa 60 reisende Handwerksgesellen in der Herberge zur Heimat ein, um da zu nächtigen; sie erhielten ein einfaches Abendessen mit einem Glas Bier. Am Christfestmorgen wurden sie in den Saal gerufen, in dem ein Christbaum glänzte. Stadtpfarrer Finckh hielt eine Ansprache über die Weihnachtsfeier, worauf die Reisenden beschenkt wurden; jeder erhielt ein Hemd, wollene Socken, Backwerk, Zigarren und eine Postkarte, die bestimmt sei, ihren Angehörigen über die verlebte Weihnachtsfeier Kunde zu geben. Zur Weihnachtsfeier gehörten auch die Gesänge von Weihnachtsliedern, die vom Posaunenchor des Jünglingsvereins begleitet wurden. Der Bescherung folgte ein Frühstück.
Lorch, 27. Dez. Der Schullehrer Kirchner in Wa'idhausen wollte lt. „Neckarztg." am hl. Abend noch rasch nach Lorch fahren, um etwas Christbaumschmuck einzukoufen. Da der Zug schon in Sicht war, mußte sich Kirchner etwas beeilen. Das rasche Laufen wurde dem erst 44jährigcn Manne zum Verhängnis. Kaum am Bahnhof angelangt, traf ihn ein Herzschlag, sodaß er tot nach Hause gebracht wurde.
Gmünd, 27. Dez. In der Nacht vom Wethnachtsfest auf gestern kam es lt. Remszeitung in einer Wirtschaft mit einem 19jährigen Burschen zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf ein Gast, der ahnungslos aus dem Lokal trat, in den rechten Unterarm gestochen wurde, so daß der Arzt gerufen werden mußte. — In einer anderen Wirtschaft gerieten heute nacht einige junge Männer in Streit. Hiebei zerschlug einer dem andern sein Bisrglas total auf dem Kopf, so daß der Getroffene sehr schwere Verletzungen erlitt. Derselbe ist verheiratet und Vater von 8 Kindern.
Leipzig, 27. Dez. Hinsichtlich des von Wien aus verbreiteten Gerüchts, die Gräfin Mo ritt gnoso habe Selbstmord verübt, gab Rechtsawalt Dr. Zehme die Auskunft, daß das Gerücht falsch sei. Er habe noch am zweiten Feiertage morgens telegraphisch die Mitteilung erhalten, daß die Gräfin wohlbehalten in Florenz etngetroffen sei.
Er wandte sich abermals dem Schreibtische zu; da lag noch ein Brief; eckige, große Schriftzüge zeigte die Adresse. Er kannte die Handschrift nicht. Irgend eine Anpreisung gewiß.
Er laS und erblaßte — was stand da? — Welcher Unsinn! Er ballte den Brief zusammen und warf ihn in weitem Bogen in das Zimmer. — Wer unterstand sich nur, so etwas Ungeheuerliches zu behaupten.
ES ließ ihm keine Ruhe; er hob den Brief wieder auf, glättete ihn und las aufs Neue: „Sie werden betrogen; das Mädchen, das Sie lieben und zu Ihrer Frau erheben wollen, hintergeht sie mit einem Kollegen. Wünschen Sie Beweise, so sollen sie erbracht werden. Ein wohlmeinender Freund.
Antwort unter Ll. 50 postl. Hauptpost."
Keine Unterschrift. Ein anonymer Wisch, der nichts weiter verdiente, als vollste Verachtung. Ein Freund, der nicht einmal den Mut hatte, seine Warnung mit seinem Namen zu unterzeichnen. Giebt es etwas Gemeineres, als eine anonym« Verleumdung? ES war ja zu begreifen, daß es «ine Ranküne war, vielleicht von einer neidischen Kollegin oder einem zurückgewiesenen Anbeter. — Seine Frieda ihn betrügen! Unmöglich! Ihre Seele lag wie ein offenes Buch vor ihm, er kannte jeden ihrer Gedanken.
Er zerriß den Brief in kleine Stücke und warf sie in den Papierkorb. Dann suchte er die Stückchen wieder heraus, warf sie in den Ofen und entzündete sie. Bald waren sie verbrannt; nichts blicb davon zurück, als ein kleines Häufchen Asche. Nun war eS vorüber und abgetan, nun konnte er ruhig sein. Doch während des Verglühen« sprang ein Fünkchen zu ihm herüber und setzte sich in seinem Herzen fest. Es war nur ein kleines Fünkchen, aber wird eS verlöschen oder weiter glimmen? Immer weiter sich ausbreiten und alle Vernunft und richtige Empfindung verwuchrrn — überglühen —, bis die ganze Seele
erfüllt ist non einem großen Funken, dem nagenden Argwohn? Er wollte zu ihr; da würde er bald alles vergessen; er wollte ihr nichts von diesem dummen Briefe sagen. Wozu sie unnütz betrüben?
Er eilte über die Streßen; ein paar Kameraden, die er beinah« überrannte, riefen ihm zu, ob eine amerikanische Millionenbraut angekommen sei. Er, sonst stets aufgelegt zu frohen Scherzen, achtete nicht darauf, sondern hastete weiter. Jetzt die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal — oben war er. — Die Glocke ertönte, und Marthas runzlicheS, gutmütiges Gesicht erschien im Spalt der Türe hinter der vorgelegten Kette.
„Ach, guten Tag, Herr Leutnant! — Fräuleinchen ist nicht zu Hause!"
„Wo ist sie denn?"
„Spazieren gegangen; sie hatte Kopfschmerzen."
„Wohin?"
„Weiß ich nicht."
„Allein?"
„Weiß ich nicht."
„So öffnin Sie doch, soll ich denn wie ein Bettler vor der Türe stehen?" herrschte er die erstaunte Alte an, die sofort öffnete.
Er schob sie bei Seite und trat ins Zimmer; sie folgte ihm kopfschüttelnd nach. Wie komisch er heute war, ohne Gruß trat er ein, unbekümmert darum, daß Frieda nicht zu Hause war; das hatte er ja noch nie getan!
Und wie er sich stellte! Er sah sich überall um, als ob er etwas suche; ging sogar ins Nebenzimmer.
„Haben der Herr Leutnant vielleicht etwas hier vergessen?" wagte jetzt Martha leise zu fragen, der eS bei dem seltsamen Vorgehen Alfreds ganz unheimlich wurde. (Fortsetzung folgt.)