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- hatte 2 Anzüge eingepackt, auch etwas Geld ge- ' fanden. Dem Einbrecher, der zwar bemerkt wurde,

- gelang eS zu entkommen.

r Tübingen, 6. Dez. Am 19. Oktober k d. I. find dem Baumschulbesitzer Klumpp in Kirchen- l tellinsfurt 308 junge Bäume im Wert von 450 t niedergehauen worden. Wegen dieser Freveltat ' wurde der Bauer Philipp Friedrich Koch von

- Kirchentellinsfurt, der zurzeit eine zweimonatliche Gefängnisstrafe wegen Körperverletzung verbüßt,

r heute von der Strafkammer zu 1 Jahr Gefängnis ? verurteilt. In Kirchentellinsfurt hatten sich zwei r Parteien für und gegen die Schuld des Koch ge- i bildet. Die Staatsanwaltschaft hat erdrückende

- Schuldbeweise beigeschafft.

Bebenhausen, 8. Dez. Eine 70jährige . Steueraufseherswitwe, die seit Sonntag Abend ver- ' mißt wurde, ist in eigentümlicher Situation tot aufgkfundcn worden. Gerichtliche Untersuchung soll ; eingeleitet sein.

j Reutlingen, 9. Dez. Der soeben er- ' schienene Jahresbericht der Gustav Werner-Stif­tung zum Bruderhaus hier zeigt, welche be­deutende Ausdehnung diese Stiftung angenommen hat. Außer 4 Fabriken in Reutlingen hat die Stif­tung noch je eine in Altensteig OA. Nagold und in Dettingen bei Urach mit mehreren Tausend Ar­beitern. In den Wohltätigkeitsanstalten der Stif­tung, die außer hier in 10 Orten Württembergs find, wurden 803 Personen verpflegt und zwar mit Mk. 158,148.83 Kosten. Das Vermögen der Fab­riken beträgt Mk 758,250. 56, der Reservefonds Mk. 340,000. Die Gesamtrechnung ergibt für das Jahr 1903/04 einen Ueberschuß von Mk. 7367.87.

B alt mannsweiler, OA. Schorndorf. In der Nacht des 30. Nov., nicht viel vor 11 Uhr, brach in einer mitten im Ort gelegenen gefüllten Doppelscheuer Feuer aus, die Scheuer brannte bis auf den Grund nieder. Die Nachbargebäude wurden gerettet. In welch großer Gefahr aber der Ort gestanden, zeigte der anbrechende Tag. An zwei weiteren Häusern, die vom abgebrannten je ca. 50 Meter entfernt find und zusammen mit diesem ein rechtwinkliges Dreieck bilden, waren in der Gegend der Heulager Riegelwände eingedrückt und Zünd­versuche gemacht worden. Dieses Dreieck umschlicht das Zentrum des Orts mit Schule und Rathaus. Ganz dentlich liegt planmäßige Brandlegung vor. Die Einwohnerschaft ist in größter Aufregung, viele find durch Erkältung während der kalten Nächte erkrankt. Zunächst bis Weihnachten soll eine Feuerwache allnächtlich den Ort durchstreifen. 200 Mark Belohnung find für Ermittlung des Täters ausgesetzt.

Balingen, 8. Dez. Heute früh kurz vor 3 Uhr brach im Hause des Schreinermeisters Johs. Rehfuß neben dem Gasthaus zumRad" Feuer aus, welches das umfangreiche Gebäude vollständig einäscherte. Vom Mobilar konnte Rehfuß sowohl wie der in Miete wohnende Steuerwächter Morlock nur wenig retten. Entstehungsursache unbekannt. Die Abgebrannten sind versichert.

Ulm, 9. Dez. (Strafkammer.) Der Fahrradhändler und Mechaniker Gottlieb Holbein von hier hatte mit seiner Nachbarin, der Gcrber- meisterswttwe Bantlin, Streitigkeiten und ließ dann an seinem Anwesen zwei Schilde, auf welchen er seine Reparaturwerkstätte zumLederhofdrachen" nannte, und das Bild eines an der Kette liegenden, feuerspeienden Drachens anbringen. Auch in den Zeitungen machte er bekannt, daß er sein Geschäft zum Lederhofdrachen heiße, und daß es ihm fern liege, mit demDrachen" Frau Bantlin zu nennen. Letztere fühlte sich aber doch be­leidigt und auf ihren Strafantrag hin wurde Holbein, der die beleidigende Absicht bestritt, vom Schöffengericht zu 100 Geldstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung 'ein. Dieselbe wurde gestern verhandelt, das Urteil wurde aufgehoben und Holbein zu 150 Geld­strafe verurteilt. Außerdem wurde auf Vernichtung des Drachenbildes und Veröffentlichung des Urteils erkannt.

Vom Bodensee, 9. Dez. Der Silber- felchenfang (Fangzeit 25. Nov. bis 5. Dez.) war dieses Jahr nicht besonders ergiebig; es wurden im ganzen nur zirka 4000 Kilogramm gefangen. Besser htegegen ist der Massenblaufelchenfang,

der in den letzten Tagen begonnen hat. Nach Er­mattingen kamen beispielsweise in wenigen Tagen 20 000 Stück, nach Friedrichshafen über 15000 Stück. Erschossen hat sich in Bregenz Karl Schräder, Fabrikant chemischer Präparate. Die großkalibrige Kugel hat dem Unglücklichen den Schädel vollständig in Stücke zerrissen. Schlechter Geschäftsgang und infolge dessen finanzielle Schwierig­keiten waren Ursache der Tat.

Straßburg, 8. Dez. Drei Männer, von einem großen Hund begleitet, griffen den Posten auf dem Fort Göben bei Metz des Nachts an. Der Posten schoß, traf aber nicht. Morgens 7 Uhr wiederholte sich der Angriff. Der Posten schlug einem der Angreifer den vorgehaltenen Revolver aus der Hand. Die gerade eintreffende Ablösung verhaftete die Angreifer.

L eipzig, 8. Dez. Das Reichsgericht verwarf die Revision der Mörderin Elisabeth Wiese aus Hamburg, die vom Schwur­gericht dortselbst am 10. Oktober wegen Ermordung von 5 Pflegekindern, Kuppelet und versuchter Ver­leitung zum Meineid zum Tod und 6 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war.

Berlin, 7. Dez. (Deutscher Reichstag.) Die erste Beratung des Etats nnd der Militär- Vorlage wird fortgesetzt. Abg. Schröder (frs. Vgg.) geht zunächst auf die Finanzlage ein und er­klärt sich gegen die Wehrsteuer und gegen die Er­höhung der indirekten Steuern. Das Richtigste sei eine Reichs-Einkommen- beziehungsweise Erbschafts- nnd Vermögenssteuer. Durch weitere Erhöhung der indirekten Steuern würden doch nur wieder die schwächeren Schulter belastet werden. Man tue in Deutschland alles, um den Gewerbegang zu stören, so auch wieder durch die neuen Zollerhöhungen. Redner hegt Zweifel darüber, ob es notwendig sei, wegen der Kavallerie-Vermehrung die Präsenz zu erhöhen oder ob nicht für diese Vermehrung der Kavallerie anderweitig Ersatz geschaffen werden kann- Abg. von Czarlinski (Pole) ist gegen neue in­direkte Steuern. Redner bringt weiter Polcn- beschwerden vor und erklärt, seine Freunde lehnten unbedingt die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke ob. Abg. Hilpert (Bauernbund) erwartet von den Handelsverträgen energischen Schutz der Land­wirtschaft. Mit der Festlegung der zweijährigen Dienstzeit seien seine Freunde selbstverständlich ein­verstanden. Auch für die erhöhte Friedenspräsenz­stärke würden sie stimmen. Was die Matrikular- beiträge anlange, so gehe es jedenfalls nicht an, daß die größeren Staaten jene Beiträge zum Teil den kleineren abnehmen. Bayern könne jedenfalls sein Geld selber brauchen. Abg. Stockhausen (Rp.) geht zunächst auf Südwestafrika ein und be­tont, die verbündeten Regierungen und der Reichs­tag hätten den Fehler gemacht, daß sie nicht schon längst größere Mittel für diese Kolonie gefordert beziehungsweise bewilligt hätten. Dann wäre es zum Aufstande voraussichtlich nicht gekommen. Das neue Kolonialprogramm des Reichskanzlers hätten seine Freunde mit Befriedigung vernommen. Abg. Z i mm ermann (Antis.) erklärt, von einer Ver­mehrung der direkten Steuern, soweit diese die Massen des Volkes belasten, wollten er und seine Freunde nichts wissen. Mit einer Besteuerung der Groß-Mühlen würden sie einverstanden sein, da­gegen nicht mit einer Brausteuer-Erhöhung. Zu empfehlen sei eine Reichs-Erbschaftssteuer. Redner schliißt, indem er sagt, eine zielbewußte Regierung müsse die schaffenden Kräfte des Mittelstands sammeln zum Kampfe gegen rote und goldene Internationale. Abg. Storz (südd. Volksp.) ironisiert die Sparsamkeitsbestrebungen des Ab­geordneten Spahn und weist auf die Mehreinnahmen hin, die durch eine ernsthafte Reform der Brannt- weinsteuergesetzgebung beschafft werden könnte. Er wendet sich dann gegen die Erhöhung der Friedens­präfenz, will aber trotzdem für die geforderte Neu­bewaffnung stimmen. Ganz ungeheuer seien die Bestimmungen des Militärstrafrcchts, die genügend durch den Dessauer Fall dargetan seien. Redner spricht schließlich seine Freude darüber aus, den Präsidenten gesund hier zu sehen, nachdem man vernommen habe, daß er während der Ferien ver­storben sei. Präsident Graf Ballestrem ver­bittet sich erregt die Kritifierung seiner Handlungen in seiner Eigenschaft als Präsident. Es stehe ja dem Redner frei, bei dem Hause einen Tadel gegen

den Präsidenten zu beantragen. Damit schließt die Debatte. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr.

Berlin, 8. Dez. Der 24jährige, in der Puttkammerstroße wohnhaft gewesene angebliche Goldwarenhändler Isidor Perl, einer der gefähr­lichsten Berliner Wucheragenten, ist dem Kleinen Journal zufolge verhaftet worden. In den nächsten Tagen soll die Verhaftung zweier weiterer Wucherer erfolgen. Zu den Opfern PerlS gehört ein ehe­maliger Offizier, der Sohn eines hiesigen Universitäts­professors und auch der vor einiger Zeit durch Selbstmord geendete koreanische Gcsandschafts- Attachö.

Berlin, 8. Dez. Nach der Deutschen Süd­westafrika-Zeitung wurden zwei mit Waffen ge­fangene Hereros kriegsgerichtlich abgeurteilt und gehängt. Die unbewaffnet Eingebrachten wurden wieder weggeschickt, um zu ibren Leuten zurückzu- kchren. In dem jetzt vom Aufstande heimgesuchten Bezirk Gibeon ist unter den Ansiedlern dasBuren- Element stark vertreten.

Görlitz, 8. Dez. Wegen Religions- Vergehen verurteilte die Strafkammer den Zimmermann Schneider in DieSha zu 9 Monaten Gefängnis. Schneider hatte beim Begräbnis seiner Wirtin einen großen Jagdhund an der Leine geführt.

Petersburg, 8. Dez. Gestern sollte hier eine öffentliche Versammlung von Rechtsanwälten im Saale des Kitmtnalgerichtes stallfinden. Als sich aber die 400 Teilnehmer versammelten, fanden sie das Haus verschlossen. Der Prolurator des Kriminalgcrichts, Wuitsch, hatte die Abhaltung der Versammlung verboten. Dabei beruhigten sich aber die Advokaten nicht, sondern zogen demonstrierend durch die Straßen zum Stadtoberhaupt, dos ihnen schließlich die Erlaubnis erteilte, die Versammlung doch abzuhalten. Nachdem die Tagesordnung er­schöpft war, wurde zum Schluß ein heftiger Protest gegen das Vorgehen Wuitsch's von allen Anwesenden unterzeichnet. Dieser Protest ist dem Justizminister offiziell mitgeteilt worden.

Paris, 8. Dez. DieAgence Fournier" berichtet aus Rom: Auf Grund von Berichten, die aus Patterson hier eintrafen, sind zwei gefähr­liche Anarchisten aus den Vereinigten Staaten ab­gereist mit der Absicht, den König von Italien zu ermorden. Die beiden Anarchisten find durch das Los zur Ausführung der Tat bestimmt worden und zwar in einer Anarchisten-Versammlung, welche vor 2 Monaten in Patterson stattgefundcn hat. In­folge dieser Mitteilungen sind die Vorsichtsmaßregeln für König Viktor Emanuel verdoppelt worden. Die Fremden, welche in Rom eintreffen, werden einer strengen Bewachung unterzogen.

Paris, 8. Dez. Nach einer Depesche aus Tientsin gewinnt die gegen die Dynastie ge­richtete Bewegung in den Provinzen Tschili, Nord- Hunan und Tschantung bedenklich an Ausdehnung. Die Bevölkerung verweigert die alte Kriegstaxe und die neuen Armeesteuern. Die Eifersucht zwischen der mit großen Privilegien ausgestalteten sogenannten Hofarmee und den sich vernachlässigt fühlenden anderen Korps gtebt zu beständigen Reibungen An­laß. Ebenso bestätigt eine Tokioer Privat-Depesche die in einigen südlichen Provinzen herrschende anti­dynastische und fremdenfeindliche Bewegung, welche von der aus unzufriedenen alten Soldaten gebildeten Gesellschaft Kolachui geleitet wird. Der Aufstand in Kwangst ist von dieser angestiftet. Sie erhält auch aus Priesterkreisen Anhang, weil eine größere Anzahl Tempelgüter für Staatszwecke beschlag­nahmt wurden.

Wien, 7. Dez. Ein Geschwader soll, falls heute von der Pforte nicht eine befriedigende Bei­legung des Postkonfliktes zwischen Oesterreich- Ungarn und der Türkei erfolgt, behufs einer Flotteu- Dcmonstration nach den türkischen Gewässern aus- laufen.

London, 7. Dez. Gestern wurde bei Christte in London die Hinterlassenschaft der unglücklichen Königin Draga zum Ver­kaufe ausgestellt. Es waren nur 2 Herren erschienen, die sich die Kostüme und die Schmucksachen an­sahen. Plötzlich trat eine schwarz gekleidete, traurig aussehende Dame ein, die auf das Hochzeitskleid und auf das Staatsgewand der Ermordeten lange hinblickte und dann in Tränen ausbrach. Respekt­voll zogen sich die Herren zurück. Die Sachen liegen auch heute zur Besichtigung aus.