der Stadt Potsdam erlassenes Preisausschreiben zur Erlangung von Entwürfen für einen Bebauungsplan (Stadtbauplan) über den westlichen Teil der Brandenburger Vorstadt zu Potsdam auf Grund eines allgemeinen Wettbewerbs unter deutschen Architekten, Ingenieuren und Geometern sind im ganzen 95 Entwürfe eingegangen. Von den drei ausgesetzten Preisen fiel der erste Preis (1000^.) dem Entwurf des württembergischen Geometers Rudolf Linkenheil inCalw (Sohn des Metzgermeisters Linkenheil) zur Zeit in Mannheim, zu, während die beiden anderen Preise an Firmen in Wiesbaden und Hamburg-Frankfurt kamen. Das zu erschließende Baugebiet umfaßt eine Fläche von 200 Hektar, liegt zwischen der Havel, dem Wildpark und dem kgl. Park Charlottenhof, unmittelbar am kaiserlichen Bahnhof Wildpark und wird in der Mitte durch eine neu anzulegende Eisenbahn nach Treuenbritzen durchschnitten.
Calw, 16. Nov. Heute früh wurde auf der Pforzheimer Bahnlinie oberhalb des Bad. Hofs der Taglöhner Bächler mit vom Leibe getrenntem Kopf tot auf dem Geleise gefunden. Der Getötete ist 67 Jahre alt und von Weiler a. Stein gebürtig. Bächler war wegen unsittlicher Handlungen angezeigt und dürfte dieser Umstand ihn zum Selbstmord veranlaßt haben.
sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.) Se. König!. Majestät haben am 12.November ds. Js. allergnädigst geruht, den Amtsgerichtssekretär Lay er von Göppingen, Hilfsarbeiter deS Bezirksnotariats Kirchhausen, zum Bezirksnotar in Tein ach zu ernennen.
— Die Fürst bischöflich vonSpeyer'sche Stiftungsverwaltung hat den akadem. Preis erteilt dem Franz Sauter von Weilderstadt, Studierenden der Theologie im Wilhelmsstift.
Stuttgart, 15. Nov. Als in der vergangenen Nacht der letzte Zug der Filderbahn die Strecke zwischen Untereichen und Möhringen passierte, stieß er auf ein Vaihinger Fuhrwerk, welches um- geworfcn wurde. Glücklicherweise blieben Fuhrmann und Pferde ohne bedeutende Verletzungen. Die Bahn soll keine Schuld treffen.
Cannstatt, 15. Nov. Schwerverletzt, mit einer Schußwunde im Kopf, wurde lt. Cannstatter Zeitung gestern nachmiliag in der Nähe des Burgholzhofes ein hier wohnhafter verheirateter Kaufmann aus Breitenbach (Breitenberg?) OA. Calw aufgefunden und ins Bezirkskrankenhaus überführt. Der Unglückliche scheint in einem Anfall von Schwermut Hand an sich gelegt zu haben.
Vaihingen, 15.Nov. (Raubmord.) Vorgestern abend um 9 Uhr ermordete der 17'/- jährige Fabrikarbeiter Mergenthaler seinen gleichfalls bei Kaltschmied-Oberriexingen beschäftigten Kollegen, den verheirateten 41jährigen Schofer, Vater von 5 oder 6 Kindern, von denen das älteste noch schulpflichtig ist, lediglich aus dem Grunde, um in den Besitz seines Arbeitslohnes von etwa 40 zu kommen. Die beiden und noch ein dritter tranken in Oberriexingen nach Feierabend drei Flaschen Wein und begaben sich friedlich auf den Heimweg nach Sersheim. Unterwegs blieben die beiden etwas zurück und der Mordbube, der den Mantel seines Opfers trug, nahm eine leere Bierflasche und zerschlug mit derselben wahrscheinlich von hinten den Schädel Schofers bis zur
Unkenntlichkeit. Mitten auf der Straße ließ er den Ermordeten liegen, nachdem er ihn seines! Geldes beraubt hatte. Der Täter warf seinen und des Ermordeten Lohnbeutel weg, welche dann, weil mit Namen überschrieben, am andern Morgen zur Entdeckung des Täters führten. Ein von Oberriexingen kommender Radfahrer entdeckte die Tat. Der Täter ist verhaftet und geständig. Sein Vater hatte sich vor einigen Jahren erhängt und sein Bruder erschossen.
Kirchentellinsfurt, 15. Nov. („Uf de schwäbische Eisebahne!") Ein heiteres Vorkommnis passierte hier gestern abend. Die Lokomotive des um 6 Uhr von Tübingen abgehenden Zuges ließ nämlich die Wagen eine gute Strecke vor Kirchentellinsfurt stehen und setzte ihren Weg allein fort. Erst bei der Einfahrt in den hiesigen Bahnhof merkte der Lokomotivführer, daß er den Zug „verloren" hatte. Unter dem Gelächter der auf dem Bahnhof Anwesenden gings nun zurück, um den abhanden gekommenen Zug zu suchen, was nicht allzufchwer wurde. Mit einer ansehnlichen Verspätung kam der Zug dann glücklich in Reutlingen an.
Gönningen, 15. Nov. Der Steinbruchs- befitzer Th. Randecker entdeckte in seinem Stetnbruch ein versteinertes Hirschgeweih, das durch seine riesige Größe und ein dickes gezacktes und ein dünnes ungezacktes Gabelstück beweist, daß eS von einer jetzt nicht mehr existierenden Tierart herstammt. Außerdem fand man in dem Steinbruch in einer Tiefe von 7 m versteinerte Baumstämme, Farne, Aeste und Blätter und einen Teil einer Wirbelsäule.
Freudenstadt, 15. Nov. Heute früh gegen 5 Uhr brach in dem zur „Sonne" (Gebr. Weber) gehörenden Schopf Feuer aus, dem 300 Ztr. Heu zum Opfer fielen. Dank der Windstille gelang es der Feuerwehr das Wohngebäude zu retten.
Rottweil, 13. Nov. In den letzten fünf Jahren wurde in Wellendingen fünfmal Brand gelegt, infolgedessen in sieben Fällen Häuser niederbrannten. Die eingehendsten Nachforschungen, den oder die Täter zu ermitteln, führten zu keinem Ergebnis. Die hiesige Staatsanwaltschaft hat nun für Angaben, die in dieser Richtung zum Ziele führen, eine Belohnung von 1000 Mark ausgesetzt.
Ravensburg, 15. Nov. Zur Stadtschultheißenwahl schreibt der „Oberschwäb. Anz.": Die auf Sonnrag nachmittag in die Turnhalle berufene Bürgerversammlung zwecks Vorstellung der Bewerber war äußerst zahlreich besucht. Stadtschultheißenamtsverweser Rechtsanwalt Rembold eröffnete die Versammlung und teilte mit, daß von den Bewerbern formell zurückgetreten seien Rechtsanwalt Reich hier und Amtmann Doll-Horb, während ein weiterer Bewerber (Mösle) zur Vorstellung nicht eingetroffen sei. Privatim hatte auch Amtmann Mösle-Reutlingen die Rücknahme seiner Kandidatur gemeldet. Von den drei noch übrigen Bewerbern sprachen dann infolge Entscheidung durch das Los: 1. Stadtschultheitz Harrer-Schramberg, 2. Amtmann Mayer-Saulgau. 3. Stiftungsverwalter Reichte von hier. — Nachdem Stadt- schuliheiß Harrer infolge seines Auftretens in der Turnhalle die von ihm erwartete Unterstützung gefunden hat, bleibt er Bewerber für das Amt des Stadtvorstands, und wird sich nun der Wahlkampf um ihn und Herrn Reichte drehen.
das an einer Nähmaschine herumhantierte und ihre Arbeit zusawmenfaltete; sie trillerte ein Liedchen, und ihre Augen blickten heiter.
Dorothee kam zum erstenmal der Gedanke, daß alle diese Menschen, so arm sie auch waren, doch einen Lebenszweck, eine Tätigkeit, einen Beruf hatten, so gering er auch in den Augen der Welt sein mochte.
„Schaffen Sie sich einen Beruf; aber Sie haben weder Energie noch guten Willen dazu."
Diese Worte Wasmers klangen ihr in den Ohren und trieben ihr das Blut in die Wangen; sie stand still und sah den Leuten noch, und sie schaute auf das singende Mädchen im ärmlichen Stübchen eine ganze Weile, während sich in ihrem Kopfe eine ganze Welt von bunten Gedanken, die eine ganz eigenartige feste Form annahmen, Gedanken, die sie auch anderen mitzuteilen wünschte.
Langsam ging sie heim, und am Abend, nachdem Tante Lotte zu Bett gegangen war, setzte sie sich an den Schreibtisch, griff zur Feder und schrieb. Erst langsam, überlegend, dann rascher, zuletzt in fliegender Eile, und als die Uhr eine Stunde nach Mitternacht zeigte, lagen sechs eng beschriebene Bogen vor ihr.
Die jung« Frau stand auf und lächelte. — Wie sie nur auf den Einfall gekommen war, zu schreiben. Und wie ihr der Abend dabei vergangen war, der sonst so einsam, so still dahin floß und ihr so viel grübelndes, quälendes Denken brachte. Sie las die kleine Skizze durch; sie hatte in kurze Form gebracht, was sie heute beim Heimgang beobachtet, was sie sich selbst dabei gedacht und empfunden hatte.
„Es wird nichts sein als Unsinn," sagte sie und schloß die Bogen ein.
T Pforzheim, 15. Nov. Heute Dienstag früh '/-2 Uhr wurde die freiwill. Feuerwehr durch Großalarm zu ernster Arbeit berufen. In dem eng zusammengebauten obern Au-Stadtteil war in der Scheuer des Landwirts Wilh. Katz Feuer aus gebrochen. Die Scheuer mit Stallung und einem alten Wohnungsaufbau brannten nieder. Ein Pferd ist erstickt, 3 Kühe und die Schweine konnten mit vieler Mühe durch Einschlagen einer Wand gerettet werden. Der Schaden dürfte etwa 15—18 000 betragen. Für das Anwesen war vor kurzem dem Abgebrannten 23 000 von der Stadtgemeinde geboten worden, er wollte aber 25 000
Von der badischen Grenze, 14. Nov. Heute früh verübte ein Mann im Alter von 25—28 Jahren auf der Strecke zwischen Pforzheim und Eutingen Selbstmord, indem er sich auf die Schienen legte und sich vom Bahnzug überfahren ließ. Der Körper wurde förmlich durchschnitten. Die Uhr des Toten trägt die Gravierung: I. Wunderte, Schmied. Außerdem wurde eine Rückfahrkarte Karlsruhe-Pforzheim bei ihm vorgefunden.
Köln, 15. Nov. Aus Johannesburg der Köln. Ztg. zugehende Mitteilungen versichern, daß die dort veröffentlichten Gerüchte aus Deutsch-S üd w est afrika wenig erfreulich lauten. Die mit dem Lande vertrauten Afrikaner erwarten, daß die bisherige Kriegführung vollständig aufgegeben und kein weiteres Menschen- und Pferdematerial bei der Verfolgung der Banden geopfert werden soll. Man solle sich darauf beschränken, sämtliche Wasserplätze und Driften mit Blockhäusern zu befestigen, die durch kleine Besatzungen gehalten und jede Annäherung von Menschen und Vieh verhindern müßten. Die nördliche Grenze müßte besetzt werden, um die Zufuhr von Waffen und Schießbedarf aus portugiesischem Gebiet zu verhindern. Heute schon müßte die Beschlagnahme des Grundbesitzes sämtlicher Aufständischen erfolgen.
Petersburg, 15. Nov. Die Stimmung in der Haupstadt ist sehr gedrückt und zwar besonders deshalb, weil in den letzten Tagen 1200 Reserve- Offiziere nach der Mandschurei abgegangen find.
Petersburg, 15. Nov. Bei Verwaltung und Verteilung der Roten Kreuzgelder und Liebesgaben wurden ungeheure Unterschleife und Betrügereien entdeckt. Von oer etwa 100000 Rubel zählenden Summen wurden nur geringe Beträge ihrem eigentlichen Zweck zugeführt. Der weitaus größte Teil floß in die Taschen der höheren Beamten. Selbst Kleidungsstücke u. s. w. wurden verkauft und das Geld unterschlagen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist sehr erregt.
London. 15. Nov. In Hüll wurde die handelsamtltche Untersuchung der Nordsee- Gewalttat unter Admiral Sir Cyprian Bridge eröffnet. Die Admiralität erklärte, sie werde in zwei Teile zerfallen, betreffend den Vorfall selbst und zweitens den Schaden.
Petersburg, 15. Nov. Ein Tagesbefehl an die Manschurciarmee giebt die Zahl der in der Zeit vom 8. September bis 24. Oktober nach Mulden weiter geschafften Verwundeten auf 828 Offiziere und 28 479 Mann, die Zahl der Kranken auf 198 Offiziere und 3827 Soldaten an.
Tante Lotte, der sie die Arbeit am anderen Morgen gab, fand, daß es kein Unsinn war.
„Schicke es an Wasmer. er wird das Kiffer biurteilen können als ich," meinte das alt« Fräulein.
„An Warmer? Warum an Wasmer?" rref Dorothee erglühend und er- schrockin. „Nein, das tue ich nicht."
„Dorothee, er ist der beste Fr,und, den du je gehabt hast," sagte Tante vorwurfsvoll. Die junge Frau schwieg und trug am Nachmittag den Brief doch zur Post.
Die Antwort li,ß nicht lange auf sich warten; sie war über Erwarten günstig. Die kleine Skizze war vrn einer (Ulen Zeitung orgiirrnnun, ein Brie des Redakteurs eiwuugte Doroihee, auf dem betretenen Wege weiter zu gehen, sich einmal an etwas Größerem zu versuchen. Wasmer schrieb einen längeren Brief voller Ueberraschuvg und Freude und sagte darin unter anderem:
„Sehen Sie, Frau Dorothee, da haben Sie ja einen Beruf, und ich wünsche und hoffe, Sie werden ihn festhalten. Er wird Ihnen forthelfen über manche einsame Stunde, er wird Sie dem Leben wiedergeben. Also „Glück auf!" Aber machen Sie mich nicht eifersüchtig auf diesen Beruf, kürzen Sie seinetwegen nicht die Briefe an mich."
Die meiste Zeit verbrachte Dorothee jetzt an ihrem Schreibtisch, sie fing eine größere Arbeit an, und sie ließ WaSmer daran teilnehmen, indem sie ihm den Entwurf schickte. Aus ihren Briefen heraus las er, daß sie anfing, mit anderen Augen ins Leben zu schauen.
, (Fortsetzung folgt.)