Li« von einigen Blättern gebrachte Meldung, daß Radek angeblich als unschuldig befunden sei, ist, wie wir schon »ernmteten, falsch. Die Untersuchung geht w iter,
Berlin, 22. März, Die Abfertigung der LebenSmit- lelschisfe geht jetzt ruhig vor sich. Die Mannschaften bege. de» sich freiwillig an Bord. Bis jetzt sind bereits >2 Dampfer mit insgesamt »7 OVO Tonnen Raumgehalt nach England t» See gegangen. Heute abend sollen S weitere Dampfer, im Laufe des morgigen Tages weitere 3 Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie und am Montag «eitere 3 Schiffe derselben Reederei von Hamburg abiahren,
Hamburg, 22. März. ^ Nachdem der Verband der Hamburger Seeleute seinen Widerstand ausgegeben ba-, »erden morgen Sonntag 15, Montag IS und Dienstag 23 Dampfer aus Hamburg zur Entgegennahme der Lebensmittel nach Liverpool absahren.
KuslanS.
Basel, 22. März. „Mor«inz Post" meldet die Abreise einer Allüertenkommission nach Deutschland, um die Nichtausgabe von Lebensmitteln an Streikende ui kontrol- lleren Die Kommission besteht aus 82 Personen.
Bern, 21. März. Nach dem „Basler Vorwärts" hat sich der Konflikt zwischen dem Mühchauser Gewerkschafts- kartcll und den Arbeitgebern, besonders in der Textilindu- sirie so verschärft, datz im Prinzip der Generalstreik aller organisierten Aibeiter auf Donnerstag beschlossen wurde, falls die durch das Gewerkschastskartell angestrebte Ver- «rtrelung der Handwerkskammer und des Bürgermeisters seitens der Fabriken abgelehnt «erden sollte. Die Zahl der in den Generalst-eck einrretenden Personen wird auf25>-00 geschätzt. Die bürgerliche Presse beschwört die Fabrikanten eindringlich, in den Lohn- und Arbeitsfragen nacozugcben, »eil der Generalstreik leicht revolutionären Charakter an. nehmen könnte und wie die letzten Aussch eitungen in Mühlhausen bewiesen hätten, auch das französische Militär nicht sehr zuverlä-sig sei,
Bern, 2t. März. Dem Pariser Korrespondenten des „Berner Bund" zufolge hat die Kompetenzkommission Danzig den Polen einstimmig zugewiesen. Bor dem U) er Rat hat aber Lloyd George Einwendungen erhoben und lie Frage geht nun wieder an die Kommission zurück, um alsdann erneut dem lOer Rnt zur endgültigen Beschlußfassung vorgelcgt zu werden, vorausgesetzt, daß im lOer Rat Uebereinstiminung erzielt werden kann.
Lugano, 22. März Das Zentralkomitee der sozialdemokratischen Partei Italiens beschloß in seiner gestrigen Sitzung in Mailand : Herbeiführung des Generalstreikes in ganz Italien zum Protest gegen die kapitalistikche, Völker- feindliche und neue Kriege her'ufbeschwörendc Pariser Friedenskonferenz und zur Durchführung der Diktatur des ° Proletariats. Das Zentralkomitee hat sich die Bekanntgabe l deS Datums des Beginns des Generalstreiks noch Vorbehalten. I
Rotterdam, 22, März. Die londoner „Morving ! Post" meldet aus Paris, daß die Anordnungen tür die Landung polnischer Entcntetruppen in Danzig vorläufig zurückgenommen wurden. §
Paris, 2l. März. Die italienische Aboidnung kam i zusammen und beschloß einstimmig, von der Friedenskonfe- j renz zurückzutreten, falls Fiume Italien nicht gleichzeitig ^ «it dem Friedensschluß zugetwesen -eide. l
Paris, 2t. März. Die Kammer nahm die Vorlage i Aber die Schleifung der Pariser Festungswerke an. — Mar- ! schall Foch erklärte einem Vertreter des „Mann", die ! Rheinlinie sei die einzige gute Verteidigungslinie. Bekomme Frankreich diese militärische Grenze nicht, so habe es umsonst gekämpft. — Die Blockade gegen das ehemalige Oesterreich- Ungarn wurde von der Entente autgeboben.
Paris, 22. März. Die amerikanischen Korrespondenten erfahren, daß Amerika und Italien ihie Entscheidung über j die Grenzbestimmung des neuen Polenreiches gegen Deutsch- i land von der Zustimmung Deutschlands abhängig machen. !
Paris, 22 März. Die Friedenskonferenz saßte gestern : einen wichtigen Beschluß: Man wird so bald wie möglich i «it Deurswland Frieden schließen. Lloyd George ist der ^ Ansicht, daß die Konferenz bis jetzt nicht die richtige Methode besorgt habe Aus den von überallher ein'reffenden Nach-
vsr klückssrnibanS.
Roman von Renttoh.
92j (Nachdruck verbotest
„Ich bitte Sie, Mimi war viel zu temperamentvoll, um über einen Freund, der so stark in ihr Leben eintrat, ganz zu schweigen ! Sie schrieb mir ja dann und wann — sehr nett, sehr vertrauend, ungefähr wie Töchter ihrem alten Papa schreiben."
Dabei hatte er nervös gelacht, gleich darauf aber sein randloses Einglas geputzt, das sich plötz- - lich getrübt zu haben schien.
„Natürlich ist mein Freund Norbert ganz ««beteiligt am Tode Ihrer Frau", hatte dann Hubinger erklärt, und da batte den andern zum erstenmal seine seltsame, starre Ruhe verlassen.
„Unschuldig?" — hatte er mit sonderbarer Betonung wiederholt. — „Hm! Das glaube ich nicht. Nakirlich hat er sie nickt erschlagen, das ist ja überhaupt ausgeschlossen; -mich die .blaue Schlange' hat er wohl nicht selbst gestohlen, das erscheint mir kaum glaubhaft; aber kann er nicht jemanden dazu — hm — wie soll man sagen? — dazu inspiriert haben? Und dann — kann er nicht mit Hilfe dieses Menschen auf Mimi einen Einfluß ausgeüdt baden? Man kann Menschen gebrauchen wie Schachfiguren. Nicht wahr? Daß Doktor Norbert bei meiner Frau war bis zuletzt, daran möchte ich bestimmt festhalten. Dann stritten sie sich wahrscheinlich. Gott! Mimi hatie ja doch einen Ueberschuß von Temperament! Und dann trat sie rasch zurück gegen den Kamin verwickelte sich mit dem Fuß in ihre Schleppe, stürzte hintenüber, und zwar- so unglücklich, daß sie sofort tot war. Daher die Erregtheit Herrn Norberts, als Sie ihn dann trafen und ins Cafe
richten geht hervor, daß Arbeitgeber unb Arbeitnehmer in der ganzen Welt den Frieden in kürzester Frist ersehnen. Lloyd George ist deshalb entschlossen, alles zu tun, damit künftig nichts mehr den Friedentschluß hinauszögern kann.
Ramur, 22. März. Die belgischen Kriegsgerichte in Belgien verhängen furchtbare Strafen gegen di« Personen, welche oeutsch« Truppen mit Lebensmitteln unterstützt halten. Das Kriegsgericht verurteilte letzten Montag vier.Personen, welche die deutsche Armee mit Schlachtvieh versehen hatten, eine zum Tode, zwei zu lebenslänglicher und die vierte zu 15 Jahren Zwangsarbeit.
London, 22. März. Die „Times" s-breiben: Was soll mit dem Saargebiet geschehen? Wenn man mit Wilson der Ansicht ist, daß die Loslittung jeden Gebiete« nur im In- terefse und zum Nutzen der betroffenen Bevölkerung und nicht als ein Teil eines bloßen Berirages oder Vergleiches durchaesührt werden müsse, dann kann man schwerlich mit der französischen Forde-ung sympathisieren; denn die Bewohner des Saargebietes stad ganz ohne Zweifel nicht nur ihrer Ge urt nach, sondern auch ihrer Bildung, ihrer Erziehung und ihrer ganzen Wirischaft nach deutsch. Sogar französische Stimmen erkennen diese Tatsache an und geben zu, daß Frankreich nach dem Besitz des Saargebietes wegen seiner Steinkohlen trachtet.
London, 21. März. Der Generalstreik ist unvermeidlich, wenn die Regierung die Arbeitsforderungen nicht bewilligt. Wie aus Amsterdam gemeldet wird, stehe England vor ernsten Gefahren und nur der rasche Friede könne eine Lösung des Problems bringen. Die Eisenbahner haben den Vorschlag der Regierung abqelehnt.
Sidney, 22 . März. Hier macht sich auch schon in australischen Acbeiterkreisen eine parke bolschewistische Strömung bemerkbar Die sozialdemokratische Liga von Reu- Sü waies har offiziell erklärt, daß ihre Ziele mit denen der Bolschewisten und Spartakisten identisch seien.
Warschau, 20. März. Rach fünftägigem Kampfe drangen die zum Entsatz der Stadt Lemberg herbeigeeilten polnischen Truppen in Lemberg ein, schlugen die Ukrainer in die Flucht und erbeuteten zahlreiche Kriegsgefangene, Kanonen und Kriegsmaterial.
Bus SlaSk. Bezirk unv Umaebvna
— Durch Entschließung der Staatsregierung ist der Verwaltungspraktikant Wagner beim Oberami Neuenbürg zum Oberamtssekretär beim Oberamt Göppingen ernannt worden.
Neuenbürg, 22. März. Wie viel sind eigentlich für die Deutschen 370 OM Tonnen Lebensmittel, vorausgesetzt, daß wir sie erhärten und bezahlen können? 370 OM Tonnen sind 740 Millionen Pfund, macht, auf 74 Millionen Menschen berechnet, pro Kopf monatlich 40 Pfund, täglich also '/s Pfund gleich 166*/, Gramm Lebensrnittel. Nun haben wir ca. 65 Millionen Menschen in Deutschland; aber man darf nicht übersehen, daß die Unterernährten und Kranken mehr erhalten müssen. Trotzdem wäre ein Zuschuß von 166*/, Gramm an Eiweiß und fetthaltigen Nahrungsmitteln täglich schon eine ganz annehmbare Zugabe. Aber wir werden mit diesem Zuschuß die allmählich zu Ende gehenden eigenen Vorräte nur notdürftig au.füllen können.
n Conweiler, 23. März. Die leidige Spielerei mit Schußwaffen hat gestern einem blühenden Menschen das Leben gekostet. Die sechs und neun Jahre alten Kinder des Wilhelm Jäck IV haben im Beisein des 19 Jahre alten Bruders mit einer Zimmerflinte gespielt, wobei sich der Schuß entlud und dem 6 Jahre alten Mädchen in die Stirne drang. Das Kind ist während der Ueberführung in das Krankenhaus gestorben. Dieser Fall ist eine dringende Mahnung an die Eltern, dafür zu sorgen,
Mitnahmen. Daß er die Sache möglichst zu vertuschen sucht, ist selbstverstäiivlich. Wer würde ihm ohne weiteres den Zuiall glauben; zumal der Zeugenaussage des Stubenmädchens, dem bloßstellenden Brief gegenüber?"
Dann hatte der Baron ganz gegen seine sonstige Gewohnheit noch eine längere Weile sehr angelegentlich weitergesprochen und dabei ganz vergessen, so genau und peinlich auf jede seiner Mienen zu achten wie bisher; sein farbloses Antlitz hatte sich belebt, seine Züge verschärft, die mageren Hände nervös gezittert.
Und.Hubinger hatte gedacht: „Sieh da I Auch hier liegt eine tiefe Leidenschaft bloß vergraben unter den grauen Lavamassen des Anerzogenen! Wem gilt dieses bewegte Empfinden? Doch bestimmt der Frau, die leichten Herzens von ihm ging um ihrer Kunst willen, die ihn längst völlig vergessen hatte über Hans Norbert. Der Mann hier ist auf seinem galizischen Besitz weit weg von den Lebenskreisen der schönen Frau gewesen, weiß aber doch genau Bescheid, ist über alles, was sie betrifft, vorzüglich unterrichtet. Sollte er all diese Wissenschaft aus ihren, gewiß nicht allzu langen, Briefen geschöpft haben? Ist es nicht denkbar, daß »uch er jemanden dazu gebrauchte, sie stetig zu beobachten ? Daß auch er „Menschen lenkte wie Schachfiguren"?
Am Bahnhof hatte den Baron eine starke Unruhe erfaßt. Die Abfahrt dcsZuges hatte sich durch einen kleinen Unfall auf der Strecke um ein weniges verzögert, was für die Nerven des Barons eine neue schwere Prüfung bedeutet hatte.
„Man will heim nach solchen Erlebnissen", hatte er immer wieder gesagt und Doktor Hubinger dies durchaus begreiflich gefunden, ebenso daß der Freiherr sicher lieber allein hier gewartet hätte. Und doch war er dicht neben ihm geblieben» bis er endlich in sein Abteil gestiegen. Der Rat aber hatte die Höflichkeit sogar soweit getrieben.
daß die Waffen aus den Häusern entfernt werde». Ein schärferes Vorgehen der Behörden gegen d« unerlaubten Waffenbesitz würde von dem übrig« Teil der Bevölkerung dankbar begrüßt werden.
Württemberg.
Tübingen, 21.März. Der von Wildbad gebürtige in Derendingen bei Tübingen »obnhafte Sljährige Frise« Orio Kielmuß erhielt wegen fahrläisiger Tötung seiner Frau am >9. Februar von der hiesigen Strafkammer S N,. nate Gesäkignis.
Mergentheim, 22. März. Vorgestern früh wurde» durch die Schubpol auf der Straße nach Dainbach 2i Stück Lck weine und auf der Siraße nach Edelfinge» » Schweine beschlagnahmt. Auch 3 Stück Rindvieh, die a»s dem Bezirk ausgesührt werden sollten, wurden von der Schubpol in Beschlag genommen. Die h»hen Preise der Miickifchweine in Baden (bis zu 500 Mk. das Paar) gebe» vielen Schiebern willkommenen Anlaß, aus unserem Bezirk Vieh ins Badische zu schmuggeln. Die 28 Stück Schwei« wurden im Wachlokal der Kaserne unter Kauilustigen dem württemberglschen Gebiet verlost und zum Preis »»» 140 Mk. für das Paar verkauft.
Ravensburg, 22. März. Wie im ganzen 8a»d, so sind auch hier die Jagden bei der heutigen Verpachtung auf die nächsten sechs Jahre ganz bedeutend in die Höhe getrieben worden. Wählend in der vergangenen Pachtperiode die Jagden in den Waldungen der Sladt den Stiftungen und den Armenfonds insgesamt 5440 Mk. einbrachte», ist das diesmalige Ergebnis 2l 000 Mk. Das Jagdver» gnügen und die Hasen und Rehe «erden also in Zukunft recht teuer »erden.
LeiZtL Nachrichten u. Telegramm«,
Pforzheim, 23. März. Die Typhusseuche ist noch nicht erloschen. Die Gesamtzahl der Krankheitsfälle betrug am Samstag 1646. Da es an Lebens- und Heilmitteln fehlt, ist der Wunsch aufgetaucht, die Regierung möge bei der Waffen- stillstandskotnmission die direkte Absendung eine- Lebensmitteltransportes nach Pforzheim von den Alliierten auswirken.
Oberursel b. Frankfurt a. M., 22. März. Die Hartpapierwarenfabrik Hohemark wurde gestern abend durch ein Großfeuer größtenteils eingeäschert, wobei den Flammen sämtliche Maschinen und bedeutende Warenvorräte zum Opfer fielen. Der Sach- und Gebäudeschaden wird auf 500000 bis 600006 Mark geschätzt. Der Betrieb mußte vorerst eingestellt werden.
Berlin, 22. März. General v. Lettow-Vor- beck, der ruhmreiche und unbesiegte Verteidiger Deutsch-Ostafrikas, stellt ein Freikorps zusammen, das als Division Lettow-Vorbeck dem Gardekavallerieschützenkorps unterstellt wird. Er wendet sich jetzt in einem Aufruf an alle Schutztruppler, Soldaten und Offiziere, und fordert sie auf, seinem Freikorps, dessen Werbezentralein Berlin, Nürnbergerstraße 70/71 (Deutsches Künstlertheater) sich befindet, beizutrete»,
Berlin, 22. März. Unter dem Vorsitz deS Reichspräsidenten hat das Kabinett am Samstag über die Aufgaben der Friedensdelegation eingehend beraten. Nach sorgfältiger Prüfung der in Frage kommenden Probleme ist unter allen Anwesenden vollkommene Uebereinstimmung betreffs dieser für das deutsche Volk -entscheidenden Grundfragen erzielt worden.
daß er noch einmal ins Coups gestiegen war, sich zu empfehlen, wobei er seine Blicke sehr aufmerksam durch den kleinen Raum hatte schweifen lassen.
Nein! Der Baron reiste wirklich allein l Aber ob er nicht jemanden erwartete? Er hatte unentwegt am Fenster gestanden und hinausge- blickt auf den leeren, im Morgennebel versinkenden Bahnsteig. Doch es war niemand gekommen, und so hatte Hubinger doch schließlich aussteige» und sich endgüstig empfehlen müssen.
Ais dann der Zug langsam aus der Halle gefahren, hatte der Rat ihm noch lange nachgeblickt.
Immer weiter entfernte sich die dunkle Wagen» reihe, die eine bis zuletzt so lebensfroh Gewesene der letzten Ruhestätte entgegenführte, und nochmals vergegenwärtigte sich der übernächtige, müde Mann das bleiche, stille Antlitz, den Sarg und die diesen schmückenden Rosen. Dahin — vorbei l Die Rosen waren auch für ihn nun ab- geblüht. Mochte es so sein! Für jeden kommt ja einmal der Augenblick der Erkenntnis, daß auch sein Sommer zu Ende, die schöne Zeit de» Genießens, des Höffens auf stets neue Freudeblumen.
Dann aber schüttelte er entschlossen alle Weichheit ab, um sich zunächst ins Telegrapbenamt z« begeben, wo er rasch ein Informationstelegramm an die auf den großen Bahnhöfen, die der Zug passierte, Dienst habenden Detektioabteilungen aup- setzte, des Inhalts, man solle beobachten, mit welchen Personen Wilhelm Freiherr von Salten, Wagen» und Abteilnummer soundso, verkehrt». Insbesondere solle man darauf achten, ob ei» Mann: groß, hager, blaß, mit dunklen unstete» Llugech mit ihm in irgendeine Beziehung trete,
(Fortsetzung folgt.)
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