452 Wahlberechtigen machten 408 S0*/o von ihrem WahlrechtGebrauch,berücksich1igtmandieinfolgeKrank- hrit und Ortsabwesenheit Verhinderten, so ergibt sich sogar eine Wahlbeteiligung von 98°/». Das stellt der Wählerschaft ein gutesZeugnis aus, durch möglichst voll­zählige Wahl entscheidend auf das künftige Geschick der Stadt einzuwirkem Begreiflicherweise wurde das Wahlergebnis mit besonderer Spannung er­wartet, eine große Zahl Neugieriger umstanden das Rathaus. Schon in der ersten halben Stunde trat ein merkliches Ueberwiegen der für Stadtpfleger Knödel abgegebenen Stimmen in die Erscheinung, das in der Folge dessen Wahl immer gesicherter erscheinen ließ. Wie ernst die Wähler es mit der Wahl nahmen, davon zeugt die Tatsache, daß nur 1 Wahlzettel und dieser nur aus rein formellen Gründen als ungültig gemäß der gesetzlichen Vor­schrift erklärt werden mußte. Originell ist der Nach­satz des für Stadtpfieger Knödel abgegebenen Stimm­zettels, der folgenden Wortlaut aufwies:Der, wo versteht bei 700 Weibern Ordnung zu führen, der kann auch unser Städtle regieren!"/"Der das ge­schrieben, ist sicher kein Junggeselle und spricht aus Erfahrung, womit unseren durch die Lebensmittel­versorgung so sehr in Anspruch genommenen Haus­frauen durchaus nicht zu nahe getreten werden soll. Der originellen Fassung wegen hätten wir diesem Stimmzettel ein besseres Schicksal gegönnt.

Nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses sam­melten sich Anhänger und Freunde des neugewählten Stadtschultheißen bei Scholl z. Traube. Hier hatte sich auch Stadtpfleger Knödel eingesunden, der in bewegten Worten seinen Dank den Wählern und insbesondere Jenen zum Ausdruck brachte, die durch ihr Eintreten seine Wahl ermöglichten. Er versprach, seine volle Kraft dafür einzusetzen, um die Stadt und ihre Einwohner aus dieser schweren Zeit einer > besseren Zukunft entgegenzuführer, die Interessen Neuenbürgs nach jeder Richtung zu wahren; hiezu erbitte er sich die tatkräftige Unterstützung der ge­samten Einwohnerschaft. Er sprach sein Bedauern aus, daß durch Hereinziehung von Namen auf dem Felde der Ehre Gefallener seitens der Gegenpartei der Wahlkampf etwas ungewöhnliche Formen an­genommen habe; er hätte gewünscht, daß dies unter­blieben wäre. Gegenüber jenen, welche ihm nicht aus persönlichen Gründen ihre Stimme nicht zu geben in der Lage waren, wolle er für die Zukunft keine Schlüsse ziehen; er werde seine ganze Amts­führung so einrichten, daß seine Wähler später nicht das Empfinden haben sollen, ihr Vertrauen einem Unwürdigen zugewendet zu haben. Stadtschultheiß Stirn gab der Freude über die Wahl von Stadt- psteger Knödel Ausdruck und weihte demselben sein Glas. Die folgenden Stunden des Beisammenseins nahmen einen harmonischen, alle Anwesenden be­friedigenden Verlaus.

Wir freuen uns, feststellen zu können, daß der Wahlkampf nicht jene Kassen und gehässigen Formen annahm, wie dies ab und zu vorzukommen pflegt. Ist er auch scharf geführt worden, so darf man doch sagen, die gezogenen Grenzen wurden nicht zu sehr überschritten. Hoffen wir, daß die Wogen des Wahlkampfes sich in Bälde glätten und die teilweise erregten Gemüter wieder zur Ruhe kommen! Wir wünschen dem Neugewählten alle jene Eigenschaften, die nötig sind, um ein Gemeinwesen erfolgreich zu leiten, insbesondere Energie, Kraft und Gesundheit, um seines nicht leichten Amtes zu walten und unsere Stadt einer glücklichen Zukunft entgegenzuführen. Daß ihm dies gelingen, daß eine erfolgreiche und ersprießliche Amtsführung ihm auch das Vertrauen jener sichern möge, welche ihm aus gewiß nicht böser Absicht ihre Stimme vorzuenthalten müssen meinten, daß er, wenn einmal nach abgelaufener Wahlperiode eine Wiederwahl zu erfolgen hat, nachdem die Le- benslänglichkeit nicht mehr besteht, mit umso größerer Mehrheit gewählt werde, das ist der Wunsch, den wir dem neuen Ctadtoberhaupt zu seiner Wahl ent­gegenbringen. Dazu bedarf es, wie er in seiner Ansprache mit Recht ausführte, des Zusammenwirkens und der Unterstützung aller Kreise der Einwohner­schaft. Dieser Pflicht wollen wir uns bewußt sein und diesem Gelöbnis glauben wir namens der Ein­wohnerschaft hier Ausdruck geben zu dürfen.

' Neuenbürg, 24. Febr. Gestern traf bei der Familie Friedrich Heinzelmann, Schriftsetzer und Gemeinderat hier, die freudige Nachricht ein, daß Herr Heinzelmann in einem Lazarett in Bukarest sich befinde und noch am Leben sei. Wir wünschen, daß seine Familie, die so lange ohne jedes Lebens­zeichen von ihm blieb, ihn bald in der Heimat be­grüßen darf.

Neuenbürg, 23. Febr. Am Mittwoch wurde in Pfinzweiler bei dem Maurer und Landwirt Lud­wig Huker im Heu versteckt etwa 1 Zentner Ochsenfieisch gefunden, der von einem in Ittersbach gestohlenen Ochsen? herrührte. Der Ochse^jwurde

von dem Genannten geschlachtet. Am Samstag ent­deckten Einwohner von Pfinzweiler in einem Garten hinter der Sonne ein Quantum von etwa 2 Ztr. Fleisch offen daliegend, das offenbar von dieser Ge­heimschlachtung herrührt. Bei einer am Donners­tag bei Huber vorgenommenen Haussuchung wurden etwa 10 Ztr. Getreide entdeckt, das vermutlich zu Futterzwecken für 5 in seinem Besitze befindliche Schweine Vermeidung finden sollte. Am Freitag wurden Hilfslanojägcr, welche von hier zwecks Berg­ung des Getreides ausgesandt wurden, von der Ein­wohnerschaft tätlich angegriffen, wobei der eine da­von eine erhebliche Kopfverletzung davon trug. Sie mußten den Ort wieder verlassen. Huber und dessen Ehefrau sitzen hier in Haft, wollen aber nicht ein­gestehen, wo der Rest des Fleisches von etwa 3 Ztr. sich befindet. Falls dasselbe nicht ebenfalls versteckt und dadurch der Gefahr des Verderbens ausgesetzt ist, bleibt anzunehmen, daß dasselbe auf dem Wege des Schleichhandels Abnehmer fand. Die Ange­klagten sind wegen ähnlicher noch schwererer Vergehen erheblich vorbestraft. Angesichts der erneuten Ver­gehen in einer Zeit, wo die Lebensmittelversorgung in ein recht kritisches Stadium getreten ist, bleibt zu wünschen, daß gegen dieselben die ganze Strenge des Gesetzes Anwendung findet.

Neuenbürg, 21. Febr. Am 1. März findet wiederum eine Viehzählung statt. Sie erstreckt sich auf folgende von Reichswegen erfragte Viehgat­tungen: Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen, Geflügel (Gänse, Enten, Hühner), Kaninchen.

Bieselsberg, 2t. Febr. Dem staatlichen Holzhauer Gottlieb Lötterle wurde durch Ent­schließung des Finanzministeriums in Anerkennung der langjährigen treuen Dienstleistungen in den Staats­waldungen des Forstbezirks Liebenzell eine Urkunde und eine Geldbelohnung von 50 Mk. aus der Forst- kaffe bewilligt.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Febr. Der Kreis- und Kreis­turnausschuß der Schwäbischen Turnerschaft beschloß aus 11. Mai einen aus den Vertretern sämtlicher Gaue und Vereine des Kreises (Württemberg und Hohenzollern) zusammengesetzten Kreis-Turntag nach Stuttgart einzuberufen. Die Stellungnahme der Kreisleitung zu den schwebenden Fragen wurde in einer Erklärung festgelegt, in der es heißt: Die schwäbische Turnerschaft kennt keine andere Aufgabe als die, durch die Pflege des Turnens mitzuwirken an der Heranbildung einer gesunden und sittlich starken Jugend. Diese Aufgabe ist im neuen Volksstaat, auf dessen Boden sie sich rückhaltlos stellt, ebenso notwendig wie früher. Den durch den Ausschuß der Deutschen Turnerschaft vollzogenen, körperschaft­lichen Anschluß an den Jungdeutschlandbund hat der Turnkreis Schwaben für sich schon 1913 gelöst. Der Turnkreis Schwaben ist als solcher schon seit 6 Jahren nicht mehr an Jungdeutschland angeschlos­sen. Den einzelnen Vereinen stand der Anschluß frei. Jede Beeinflussung der Angehörigen der Deutschen Turnerschaft im Sinne einer bestimmten Partei ist ausgeschlossen. Jeder mag sich seine po­litische Ueberzeugung selbst bilden nach seinen An­schauungen und seinen Lebenserfahrungen; an der turnerischen Betätigung in den Vereinen der Deut­schen Turnerschast ist er dadurch in keiner Weise behindert. Auch die neuen staatlichen Verhältnisse erfordern Pflege deutschen Volksbewußtseins und vaterländischer Gesinnung.

Hohenheim, 22. Febr. Der Landjägermann­schaft ist es gelungen, die Diebe, die der Stadtver­waltung Stuttgart auf dem Gute Kleinhohenheim vier Ochsen gestohlen hatten, ausfindig zu machen. Im Schlachthause des Metzgers Bai in Gaisburg wurden zwei Ochsen in schon geschlachtetem Zustande vor­gefunden. Die Haut war schon verwurstet. Die anderen zwei Tiere wurden noch lebend in der Metzgerei Kugel in Gablenberg vorgefunden. Die lebenden Tiere samt Geschirr wurden wieder nach Kleinhohenheim verbracht. Das Fleisch der ge­schlachteten Tiere kam auf die Freibank im Schlacht­viehhof Stuttgart. Im ganzen sind , sechs Per­sonen verhaftet, die an dem Diebstahl beteiligt sind.

Oberndorf, 22. Febr. Zurzeit steht hier der Lebensmittelwucher wieder in höchster .Blüte, so daß sich das Oberamt zu einer öffentlichen Warnung vor Höchstpreisüberschreitungen veranlaßt sieht. So wurde zwischen hier und Horb im Zuge ein Mann abgefaßt, der 56 Pund Schweinefett mit sich führte, die er um den Preis von 2600 M. (!) hier er­worben haben will. Das Fett wurde beschlagnahmt und dem Kommunalverband Horb überwiesen.

Schwenningen, 21. Febr. Der Postunter­beamte Wölfle stand neben seinem Postwagen, als der Zug von Millingen auf dem hiesigen Bahnhof einlief. Der Postwagen, der anscheinend zu nahe am Gleis aufgestellt war, wurde vom Zug erfaßt.

Wölfle wurde zwischen den Postwagen und den auf dem Nebengleis stehenden Zug eingeklemmt unk das Rückgrat abgedrückt. Bald darauf trat der Tod des 40 Jahre alten Mannes ein, der vier Jahre im Felde stand.

Va-cn.

Pforzheim, 21. Febr. Die Bank für Handel und Industrie (Darmstädter BanH Niederlassung Pforzheim, hat das bisher der Brauerei Höpfner in Karlsruhe gehörige Anwesen zumNürn­berger Hof" Ecke Göthestr. und Westl. Karl Frie­drichstraße in Pforzheim käuflich erworben. Der Umbau soll mit tunlichster Beschleunigung vorgenom­men werden, da die derzeitigen Räume der Bank, Luisenstr. 56, infolge des stark zunehmenden Ge­schäftsverkehrs nicht mehr genügen.

Hornberg, 20. Febr. Die Firma Schlenker u. Co. mußte sämtlichen Arbeitern kündigen, da es ihr nicht möglich ist, für die vorliegenden Aufträge die notigen Rohmaterialien zu bekommen. Von der Kündigung werden über 200 Arbeiter betroffen.

Mannheim, 21. Febr. Ein Bäckergeselle aus Grombach wurde von Polizeibeamten mit 60 Pfund frischgeschlachtetem Rindfleisch betroffen. Er flüchtete und warf das Fleisch weg. Darauf feuerte ein Volkswehrmann und ein, Schutzmann zusammen fünf Schüsse nach dem Flüchtigen, der schwer verletzt wurde und eingeholt werden konnte.

Freiburg, 20. Febr. Der Stadtgemeinde Freiburg ist die Genehmigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen aus den Inhaber im Nenn­wert von 15 Millionen Mark erteilt worden.

Sickingen (A. Breiten), 21. Febr. Am letzten Mittwoch herrschte im hiesigen Dorfe der hellste Aufruhr. Drei Beamte des Landespreisamts waren hier zur Kontrollierung der Mühlen erschienen. Die­selben wurden von Männern des Dorfes mit Gewalt am Betreten der Sickinger Mühle verhindert und wurde dabei einer der Kontrvllbeamten zu Boden geworfen. Dieser gab in der Sorge für sein Leben einige Schüsse ab, durch welche der Hauptbeteiligte, Mechaniker Paulus dahier, tötlich verletzt worden ist. Gestern erschien nun in unserem Dorfe der Staats­anwalt von Karlsruhe mit dem Aufgebot von etwa 20 Landesschutzleuten (Gendarmen), um die Vor­gänge, die sich gestern hier abgespielt haben, einer Untersuchung zu unterziehen. Die an dem Aufruhr beteiligten Hauptschuldigen wurden in Hast genommen und sehen ihrer Bestrafung entgegen.

LetZl« Nachrichten u. Telegramm«-

Freud enstadt, 23. Febr. Stadtschultheiß Hartranft hat den Entschluß kundgegeben, innerhalb Jahresfrist um seine Pensionierung nachzusuchen. Er hat vor zwei Jahren sein vierzigjähriges Amtsjubi­läum gefeiert.

Stuttgart, 22. Febr. Die württembergische Staatsregierung erläßt eine Kundgebung, die die Bevölkerung zur Bewahrung der Ruhe mahnt.

Stuttgart, 23. Febr. In einer heute vor­mittag abgehaltenen Versammlung haben die Ge­werkschaften den Generalstreik einstimmig abgelehnt.

Mülheim an der Ruhr, 24. Febr. Die Sol­datenwehr, die sich weigerte, gegen die Regierungs­truppen zu kämpfen, setzte den bisherigen Soldatenrat ab und wählte gestern morgen einen neuen Solda­tenrat. Dieser und die Wehr haben sich entschieden auf den Standpunkt der Regierung gestellt und gestern abend näch Münster und Weimar Abord­nungen gesandt, um dort Verhandlungen zu pflegen. Sie sind entschlossen, Ruhe und Ordnung in Mül­heim zu schaffen und die Entwaffnung der Spar­takisten und Matrosen durchzusühren, die am Sonnabend nach Zusammenbruch der Spartakisten­aktion die Gewalt an sich zu reißen suchten.

Mülheim a. R., 24. Febr. lieber den Raub von 170000 Mark aus der hiesigen Reichsbankstelle in der Nacht von Samstag auf Sonntag wird von zuständiger Seite berichtet: Zivilisten und Soldaten, die als Sicherheitswehr fungierten, überwältigten den Direktor und drei Herren, die sich in der Bank befanden, drohten mit Erschießen und erzwangen die Herausgabe der Tresorschlüssel. Bisher ist es ge­lungen, einige der Beteiligten hinter Schloß und Riegel zu bringen.

Weimar, 22. Febr. In den Kreisen der Par­lamentarier ist man sehr dafür eingenommen, die Nationalversammlung nach Erledigung ihrer Arbeiten als verfassungsmäßigen Reichstag nach Berlin zu verlegen, ohne neue Nationalwahlen auszuschreiben. Zu diesem Zwecke soll dem Parlament nach An­nahme der Verfassung ein entsprechendes Gesetz zugehen.

Münster, 24. Febr. Regierungstruppen sind in Bottrop und Buer eingerückt und von der Be­völkerung mit Jubel begrüßt worden.