ä) Leitsätze für die Verkäufer.

1. Wer Saatgut von Getreide, Mois und Hülsensrüchten a»S eigener Ernte unmittelbar an Verbraucher verkaufen »il, mutz die Genehmigung des Komnmnalverbands haben. Gin regelrechtes Gesuch hat aber nur derjenige an die Ge­schäftsstelle des Kommunalverbands einzureichen, welcher Saatgut allgemein, d. h. ohne die Erwerber zunächst zu kennen, unmittelbar an Landwirte innerhalb oder außerhalb des Obernmtsbezirts veräußern will. Wer nur einzelne Zentner au bestimmte Landwirte abgeben will, hat kein besonderes Gesuch einzureichen. Es genügt, wenn er aus dem Antrag auf Erteilung von Saatkarten, welchen der Erwerber des Saatguts beim Stadtschultheißenamt zu stellen hat, als Veräußerer genannt ist. Er erhält dann, wenn keine Bedenke« entgegenstehen, ohne weiteres die Geneh­migung zum Absatz des betreffenden Saatguts mitgeteilt. Zukauf von nicht selbstgebautem Saatgut ist nicht statthaft.

2. Wer eine größere Menge Saatgut abzugeben hat, kann diese der Württ. Saatstelle für Getreide und Hülsen­früchte in Stuttgart, Jobannesstraße 88, anbieten; er fügt seinem Angebot bei ein Liefermuster im Gewicht von 500 Ar »nd den Frachtbrief oder die Rechnung über das zuletzt bezogene Saatgut.

S. Saatgut darf nur gegen Saatkarlen abgegeben wer- den. (Die Saotstelle händigt an Stelle der Saatkarten beson­dere Bescheinigungen aus).

4. Auf der Rüclseite aller 3 Saattartenabschnitte hat man sich den Empfang des Saatguts durch den Erwerber bescheinigen oder bei Versand -- ir der Bahn durch die Bahn­station den Versand bestätigen zu lassen. Es darf auf keinen Fall mehr^Saatgut abgegeben werden, als auf der V/rder-

X.'te der Saatkarre angegeben ist.

5. Alsbald nach Abgabe des Saatguts wird die Saal» kart§ Kommunalverband zugestcllt, und zwar alle 3

6. Wer ^ Genehmigung zu allgemeiner Veräußerung

erhalten hat über die Einzelverkäuse eine Liste sühren.

Vordrucke bi'sru bei der Geschäftsstelle des Kommunal- »erbands zu haben. Das Verzeichnis ist der Geschäftsstelle nach Abschluß zurückzm .. , .

7. Jeder Saatgutver. >st "" die gesetzuchen Höchst­preise gebunden. Diese sin^ . gewöhnliches, d. b.

nicht anerkanntes Saatgut für s». Nachbaustufen folgende:

Gerste 19,50 M.. Hafer 1». ^0 M., Weizen 21,25 M.,

Roggen 20,25 M., Mais 27,- 1. Sveiseerbsen 47,50 M.,

Sp'eisebohnen 52,50 M., Linsen 2».- Ackerbohnen

42,50 M., Futtererbsen 42,50 Dtt. Wlcken 37,50 M.

Die Preise gelten ab Verladestation' des Erzeugers.

8. Es sollten selbstredend nur solche Landwirte sich mit dem Absatz von Saatgut besaßen, die auch wirklich in der Lage sind, mehr als Durchschnittsware anzubu^en- Bei «rößeren Posten werden Liefermuster eingesordert, ine von sachverständiger Seite begutachtet werden.

8) Leitsätze für die Erwerber.

1. Wer Saatgut von Getreide, Mais und Hülsensrüch­ten beziehen will, hat beim (Stadt ) Schultheißenamt einen Antrag auf Erteilung einer Saatkarte zu stellen. Nur bei Bezug von Hülsenfrüchten zur Grüngemüsegewinnung ist bei Mengen bis'insgesamt 125 Ar keine Saatkarte erforderlich.

2. Sofort nach Empfang ist die Saatkarte dem Ver­äußerer auszuhändigen. Man darf nicht mehr Saatgut beziehen, als auf der Saatkarte angegeben ist. Holt man b«s Saatgut selbst ab, so muß man den Empfang des Saatguts aus der Saatkarte durch Unterschrift, und zwar »uf jedem Abschnitt, bestätigen.

3. Der Bezug von einwandfreien» Saatgut unmittelbar von einem andern Landwirt wird oft nicht möglich sein. Tür diesen Fall empfiehlt es sich, sein Saatgut bei der Ge­meinde, beim Darlehenskassenvercin, dem landw. Bezirks­verein oder einer anderen landwirtschaftlichen Vereinigung z« bestellen. Diese geben dann die Bestellung an die Württ. Saatstelle in Stuttgart weiter und find auch für Ausstellung einer Saatkarte besorgt. Nicht statthast ist es, daß einzelne Landwirte bei der Württ. Saatstelle Saatgut bestellen, sie haben sich immer der Vermittlung eines Vereins usw. zu bedienen.

4 Diejenigen Saatguterwerber, deren Ernte den eigenen Bedarf übersteigt, also die Vollselbstversorger, haben für das bestellte Saatgut die gleiche Menge Getreide oder Hülsen- srüchte aus eigener Ernte an den Kommunalverband abzu- liesern und zwar spätestens bei Empfang des Saatguts.

5. Wer Saatgut erworben hat, ist streng verpflichtet, dieses nur bestimmungsgemäß, v. h. zur Saat zu verwenden.

Württemberg.

Maulbronn, 18. Febr. Wie derBürger­freund" hört, wurde unserem Oberamtsvorstand, Regierungsrat Elsenhaus, eine Ratstelle beim Ver­waltungsrat der Gebäudebrandversicherungs-Anstalt in Stuttgart übertragen. Regierungsrat Elsenhans trat seine neue Stelle gestern an. Zum Ober­amtsverweser wurde Amtmann Röger bestellt.

Stuttgart, 17. Febr. Der Daimlermotoren­gesellschaft in Stuttgart-Untertürkheim soll laut Münchener Neuesten Nachrichten" bereits die erste Rate für rückgängig gemachte Kriegsaufträge in Höhe von 18 Millionen Mark ausgezahlt worden sein. Eine zweite Rate in der gleichen Höhe soll Mitte Februar zur Zahlung kommen und die dritte Abschlußrate soll Ende des Monats gezahlt werden.

Heilbronn, 17. Febr. Das Dienstmädchen eines Karlsruher Fabrikanten wollte aus ihrer Heimat, einem württ. Dorfe, Butter und Eier holen. Bis nach Heilbronn war sie mit ihrer Hamsterware gekommen. Dort nahm die Sicherheitskompagnie dem Fräulein 20 Pfund Butter und 70 Eier ab, in dem Augenblick, als sie nach Karlsruhe weiter­fahren wollte. Das Fräulein hatte im Austrage ihres Dienstherrn 10 Mark für das Pfund Butter bezahlt. Auch für die Eier hatte sie ein schönes Geld gegeben.

Oberndorf, 17. Febr. In Oberndorf gibts gegenwärtig nur ein halbes, und dazu nicht einmal ein frisches, sondern ei» Kalkei. Seit sechs Monaten

hat hier keine Eierverteilung mehr stattgefunden. Nun schreibt das hiesige Lebensmitkelamt die Ver­teilung von Kalkeiern aus. Die Inhaber von Lebensmittelkarten stauen sich vor dem Abgabelokal und erfahren nach sehnsüchtigem Harren, daß das zur Verfügung stehende Quantum leider nur die Verteilung von einem halben Ei pro Kopf gestattet. Werden jetzt unsere Feinde' nicht bald einsehen, daß bei uns in der Magenfrage Mathäi am letzten ist?!

Vom Lande, 17. Febr. Ueber die jetzigen Zustände in den Kasernen erzählen Soldaten kaum glaubliche Dinge. Die Unreinlichkeit und Unord­nung daselbst soll jeder Beschreibung spotten. Das Heeresgut wird grob vernachlässigt, wodurch viel verdorben wird. So wurden, um nur ein Beispiel anzuführen, in einer Kammer eine Masse von mili­tärischen Kleidungsstücken in vielfach feuchtem Zu­stande ungeordnet auf einander geworfen. Gestohlen wird in einer Weise, für die jeder Ausdruck fehlt. Daß den Soldaten der Kasten erbrochen und aus­geraubt wird, ist etwas ganz Gewöhnliches. In einer Kompagnie nehmen deshalb manche Soldaten selbst den Mantel zum Essen mit. Einzelne Sol­daten spielen in den Schlafräumen bis morgens 4 Uhr und länger Karten, so daß die anderen in der Nachtruhe gestört werden. Bei Kompagniebällen werden die Bettladen samt Betten so zusammen­geschoben, daß abwesende Soldaten bei der Heimkehr das eigene Bett kaum herausfinden können. Aber auch sonst kommt es vor, daß einzelne Soldaten in den Schlafräumen bis tief in die Nacht hinein mit Mädchen tanzen. Inwieweit diese Mißstände auf jede einzelne Kaserne zutreffen, läßt sich natürlich nicht sagen. Aus jeden Fall ist aber für die Re­gierung aller Anlaß geboten, nach den Zuständen in den Kasernen zu sehen.

BaSen.

Pforzheim, 18. Febr. Am Samstag vormittag leg­ten die an den Strahenarbeiten zwischen Kupferhammer und Dillstein beschä'tigten Notstandsarbeiter, etwa tOO Mann, die Arbeit nieder und zogen vor das Rathaus, wo sie eine aus 6 Peisonen bestehende Abordnung zu Bürgermeister Schnitze säickten, um Wünsche und Lohnforderungen vorzu- ^ bringen. Es wurde ihnen dort erklärt, daß es nicht nötig gewesen wäre, insgesamt die Arbeit zu versäumen. In ei­nem Ultimatum an di» Stadtverwaltung hat die kleine Zahl Erwerbsloser recht weitgehende nach dem Gesetz völlig unberechtigte Forderungen gerichtet. Der Stadtrat hat die Forderungen unter folgender Begründung abgelehnt:

In Pforzheim sind z. Z. 30000 Arbeitnehmer beschäf­tigt und 325 Personen ohne Arbeit. Die Zahl der Ar­beitslosen nimmt täglich ab. Für diese kleine Zahl neben den bestehenden Einrichtungen weitere Geschästsabteilungen zu errichten, ist nicht erforderlich. Die von Ihnen angeregte Neubildung des Fürsorgeausschusses widerspricht dem Sinne des Gesetzes. Nach dem Gesetz hat der Stadtrat den Für­sorgeausschuß zu gleichen Teilen aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu bilden. Die Auswahl der Vertreter der Arbeitnehmer hat aus der Gesamtheit der Arbeiter und nicht aus einem kleinen, z. Z. zufällig ohne Beschäftigung befind­lichen Teil derselben, den Arbeitslosen, zu erfolgen. Seiner Pflicht hat der Stadtrat durch Ausnahme der von den Gewerkschaften und kaufmännischen Organisationen bekannten Bertrauenspersonen als Vertreter der Arbeit­nehmer im'Fürsorge-Ausschuß entsprochen. Ebenso wider­spricht es dem Gesetz, aus der Zahl der Arbeitslosen 6 Per­sonen herauszunehmen, denen das Recht zusteht, jede Arbeit abzulehnen; im Gegenteil, di» Pflicht der Arbeit gilt für jedermann und wer diese Pflicht verletzt, verliert jedes Recht auf Arbeitslosenfürsorge."

Hardheim b. Walldürn, 17. Febr. Bei zwei in Bamberg kürzlich verhafteten Matrosen wurden Kircheng^räte gefunden. Es hat sich nun heraus­gestellt, daß diese aus den Pfarrkirchen Hardheim und Unterschüpf gestohlen worden waren. Die Kelche sind beschädigt, einer ist zerbrochen und die Mon­stranz ist zertrümmert. (Was die einst so viel ge­rühmtenblauen Jungen" picht alles zu leisten vermögen! Schriftl.)

Elsenz, 17. Febr. Als eine Kommission die Bestandsaufnahmen von Getreide bei den Land­wirten vornehmen wollte, setzten sich diese zur Wehr und die Kommission rief die Landesschutzleute aus Eppingen zu Hilfe. Inzwischen sammelten sich etwa 300 Bauern vor dem Rathause. Als die Landes­schutzleute hineingingen, drängten etwa 40 Landwirte ihnen nach, überwältigten sie und nahmen ihnen die Waffen ab.

Konstanz, 18. Febr. Großes Aufsehen erregt in Rorschach die Verhaftung des Stickerei-Indu­striellen Karl Benkert wegen Goldschmuggels. Er hatte für 13 000 Fr. Gold in den ausgehöhlten Ab­sätzen seiner Schuhe nach Vorarlberg geschmuggelt.

LslZle NachnctziLN u. TLSLgfarmm

München, 18. Febr. Münchner Regimenter haben eine Erklärung für die Einberufung des baye­rischen Landtags und für eine aus den Mehrheits­parteien gebildete Regierung beschlossen. Minister­präsident Eisner wurde aufgefordert, zurückzutreten und einer wirklichen Volksvertretung Platz zu machen.

München, 18. Febr. Das Organ der sozia­listischen Mehrheitspartei, dieMünchener Post"

beschäftigt sich in ihrem heutigen Leitartikel mit der Person Eisners und seine Stellungnahme zu der gegenwärtigen Regierungskrisis in Bayern. <Äe kommt dabei zu dem Schluß, das ganze Verhalten Eisners stehe unzweideutig im Widerspruch mit den Wünschen und Forderungen, die das bayerische Volk in der Wahl des 12. Januar zum Ausdruck gebracht habe. Eisner ist als Minister, d. h. als Diener des Volkes, einfach unmöglich. Der Rück­tritt Eisners ist deshalb eine politische Notwendigkeit.

Nürnberg, 18. Febr. Seit gestern ist ein Umschwung eingetreten. Im Laufe des Nachmit­tags wurde das Generalkommando von der am Sonntag vormittag dort eingedrungenen terroristischen Soldateska befreit. Die Eindringlinge hatten in vandalischer Weise gehaust. Schränke und Pulte er­brochen und ihren Inhalt herausgeworfen. Sämt­liche Akten und Schriften über Unterstützung der Kriegsverstümmelten liegen zerrissen am Boden. Die 68000 Mark Unterstützungsgelder sind verschwunden.

Dresden, 19. Febr. Französische und englische Offiziere bestellten bei sächsischen Baumschulbesttzern Obstbäume für das Sommegebiet auf deutsche Rech­nung, damit die Deutschen die dort zerstörten Obst­anlagen wieder ersetzen. So habe ein Baumschnl- besitzer 1500 Obstbäume zu liefern. Sachsen und Thüringen sollen zusammen 35000 Bäume abgebe«.

Gotha, 18. Febr. Infolge des Einrückens von Regierungstruppen wurde hier in einer Anzahl v»n Fabriken und gewerblichen Anlagen seitens der Ar­beiter die Arbeit eingestellt. Infolgedessen ruhen die Betriebe. Die Straßenbahnen verkehren nicht. Es fehlt elektrischer Strom und Licht. Zwischen Militär und Arbeitern der Gothaer Waggonfabrik ist es zu Zusammenstößen gekommen, bei denen Schüsse gewechselt wurden.

Elberfeld, 18. Febr. Die Eisenbahndirektion wurde von den Spartakisten gestürmt und besstzt.

Essen, 19. Febr. Es tritt immer deutlicher zu Tage, daß die Bergarbeiter von den Bestrebungen der Spartakisten, und dem von ihnen geplanten Ge­neralstreik nichts wissen wollen. Bemerkenswert sind in dieser Hinsicht die Vorgänge, die sich gestern auf den ZechenPrinzregent" undJulius Philipp" in Bochum (Deutsch-Luxemburg) abgespielt hatten. Die Belegschaften waren gestern morgen durch be­waffnete Spartakisten an der Einfahrt verhindert worden. Darauf wurden Belegschaftsversammlungen abgehalten, worin von den Belegschaften mit über­wiegender Mehrheit gegen den aufgezwungenen Streik Stellung genommen wird. Die Arbeit soll heutz wieder ausgenommen werden. Zwei der Haupt­redner, von denen einer nicht zur Belegschaft gehörte, sind von den erbosten Bergleuten derart verhauen worden, daß sie imBergmannsheil" in Bochum untergebracht werden mußten.

Berlin, 18. Febr. DieVoss. Ztg." meldet aus Breslau: Staatsminister Erzberger hat einem Vertreter des schlesischen Volksrats erklärt, daß eine Volksabstimmung über das Schicksal Oberschlefiens in naher Aussicht stehe. Die Abstimmung werde in etwa drei Monaten stattfinden.

Berlin, 19. Febr. Die gestrige Mitteilung, Kapitän zur See Vanselow habe sein Amt in der Waffenstillstandskommission niedergelegt, weil er das Vorgehen des Reichsministers Erzberger für kata­strophal in Bezug auf die militärischen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands halte, ist falsch. Kapitän zur See Vanselow ist zur Zeit Vertreter des Vorsitzenden der WaffensM- standskommission. Schon diese Tatsache allein be­weist; daß eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Reichsminister Erzberger in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Waffenstillstandskömmijswn und dem Kapitän Vanselow nicht besteht.

Berlin, 18. Febr. In der Nationalversamm­lung teilte Erzberger mit, daß die Reichsregierung die Unterstellung der Waffenstillstandskommission unter das Auswärtige Amt ablehnt.

Berlin, 18. Febr. Wie wir erfahren, weilen 2 Offiziere des amerikanischen Hauptquartiers in Bremen, um sich an Ort und Stelle von den dort herrschenden Verhältnissen zu überzeugen. Diese Herren gaben bei ihrer Abreise die ausdrückliche Zusicherung, alles was in ihrer Kraft steht zu tun, um nach Deutschland über Bremen Lebensmittel heranzuschaffen und besondere Zulagen für die Ar­beiter zu befürworten, welche bei den Transporten behilflich sind, da sie sich von den jetzigen geordneten Verhältnissen Bremens überzeugt haben und keinerlei Gefährdung der Lebensmitteltransporte, die über Bremen gehen, sehen.

Basel, 18. Febr. Die Nachricht von einem Anarchistenkomplott in Chicago gegen Wilson be­stätigt sich. Der in Cleveland verhaftete Anarchist Pierre gestand, von der GruppeWorkers World" mit der Ermordung des Präsidenten Wilson und Mac Adors beauftragt worden zu sein.