Neuenbürg,12. Febr. Die letzte Viehzählung ,o« Dezember 1918 hat ein wenig erfreuliches Ergebnis gehabt. Die Zahl der Rinder ist auf 17226855 heruntergegangen (d. h. fast 2'/, Milli- «nen weniger als i. I. 1917), Schweine waren es nur noch 10030375 Stück (d. h. um mehr als «ine halbe Million weniger als im Dezember 1917). Zwar hatte sich die Schweinezucht gegen März 1918, «o sie mit einem Bestände von 5'/- Millionen den tiefsten Stand erreicht hatte, bis zum September 1918 auf 10647 606 gehoben; im letzten Vierteljahr verringerte sie sich wieder um 600000 Stück. In Dresden hatten wir mehr als 20 Millionen Schweine. An Schafen besitzen wir 5299 006 Stück, rund 370M0 mehr als im Vorjahr, aber erheblich weniger «ls im Frühjahr 1918. Auch die Ziegen haben sich auf 4137289 Stück vermindert. Am meisten gesunken ist das Federvieh, von dem es keine 50 Millionen mehr gibt, während wir noch im Herbst 1918 über 66 Millionen Stück hatten. Die Zahl der Kaninchen ist auf 9 Millionen gestiegen, die Zahl der Pferde auf 3378481 (120000 im Vergleich »u 1917).
l<§. Herrenalb, 13. Febr. Der Gewerbeverein Herrenalb hielt am letzten Sonntag seine Generalversammlung im Rathaus ab, woran sich die Mitglieder von Herrenalb und Umgebung zahlreich beteiligt hatten. Auch Nichtmitglieder hatten der Einladung Folge geleistet und so ihr Interesse am Verein bekundet. Vorstand Kälin begrüßte die Versammlung, gedachte dankend der Mitglieder, welche, teilweise während der ganzen Kriegsjahre, unter den Waffen standen, unsere Heimat vor dem Einfall rachgieriger Feinde geschützt »nd jetzt wieder in ihre altgewohnte Tätigkeit, wenn «uch unter vorerst noch größtenteils ungünstigen Verhältnissen, zurückgekehrt sind. Besonders gedenkt ber Vorstand eine? Mitglieds, welches infolge schwerer Verwundung den größten Teil seiner Arbeitskraft «ingebüßt hat sowie eines weiteren Mitgliedes, das bis jetzt die Heimat noch nicht erreichen durfte, hoffentlich aber bald sich einfinden möge. Die Neuwahl des Vorstandes und der Ausschußmitglieder, »orgenommen in geheimer Abstimmung, welche dem Rechenschafts- und Kassenbericht folgte, brachte keine Veränderung in. der Besetzung dieser Stellen. Durch emeinsame Aussprachen über verschiedene Punkte er Tagesordnung nahm die Versammlung einen ziemlich anregenden Verlauf. Es wäre zu wünschen, baß alle etwa dem Verein noch nicht angehörenden Gewerbetreibenden, demselben beitreten.
Calw, 12. Febr. Ueber den Kommunalverband wurden in letzter Zeit verschiedene Gerüchte aus- estreut. Sie bezichtigten den Verband, er habe en für die Versorgung des Bezirks bestimmten Feintalg nach auswärts verkauft, und in dem Getreidelager des Verbandes in Teinach sei der Roggen so naß gelagert worden, daß er einen halben Meter ausgewachsen sei und man dort das Gras mähen könne. Der Verband hat nun 200 Mk. Belohnung für die Ermittelung der Verbreiter dieses unwahren Gerüchtes ausgesetzt.
Württemberg.
Nagold, 12. Febr. Hier wurde durch die Schubpol kurz vor Abgang ein ganzer Waggon Hülsenfrüchte beschlagnahmt, der unter falscher Deklaration nach Leipzig verschoben werden sollte. Die beteiligten Personen wurden festgenommen. ,
Ludwigsburg, 13. Febr. Aus einem Magazin der Sicherungskommission auf Monrepos wurden fortgesetzt Lebensmittel und feldgraues Tuch im Wert von 1500 Mk. gestohlen. Nunmehr gelang es, die Diebesbande festzunehmen. Sie besteht aus vier Soldaten, die als Wachiposten der Sichsrheits- kompanie sich an dem militärischen Eigentum vergriffen, und 2 Zivilpersonen. Zum größten Teil konnte das gestohlene Tuch wieder beigebracht werden.
Friedrichshafen, 12. Febr. Die Zeppelin- Luftschiffwerften planen für den Hochsommer 1919 die Einrichtung eines Luftverkehrs Berlin—Schweiz.
VaSsn.
Offenburg, 12. Febr. Im besetzten Hanauer- land haben die Franzosen die Prei,e für landwirtschaftliche Erzeugnisse festgesetzt und zwar wird für ein Pfund Butter Mk. 1.20 und für einen Liter Milch 10 Pfg. bezahlt.
Villingen, 12. Febr. Wie anderwärts, so mußte auch hier am Samstag ein größerer Fabrikbetrieb der Arbeiterschaft kündigen, weil wegen Kohlenmangels die Weiterarbeit unmöglich ist. Andere Fabriken werden folgen müssen, wenn nicht in allerkürzester Frist die Lage sich bessert.
Mannheim, 13. Febr. Der Stadt Mannheim wurde die staatliche Genehmigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen im Nennwerte von 20 Mill. Mark erteilt.
Vermischtes.
Frankfurt a. M, 12 Febr. Das Schwurgericht der» urteilte den Schlosser Hermann Adam ans Loffenau im Oberamt Neuenbürg, der am S. Januar ISIS den Wacht- Meister Gieselberg erschossen hatte, wegen vorsätzlichen Mordes zum Tode und den üblichen Nebenstrafen.;
Mainz, 12 Febr. Eine zeitgemäße Spende ließ die Sektkellerei Kupferberg-Mainz ihren Angestellten und Arbeitern zukommen. Jeder Angehörige des Hauses, der während des Weltkrieges im Felde an der Kamoffront gestanden hat, erhielt tausend Mark in deutscher Reichsanleide, die ihm mit einer Urkunde über seine Tätigkeit im Felde überreicht wurden.
Wie es in Köln und Wiesbaden aussieht? Da von verschiedenen Seiten Schilderungen über den guten Ernährungszustand im rheinischen Besetzungsgebiet verbreitet sind, seien einige Briefauszüge eiwähnt^die das Gegenteil bezeugen: Aus Köln wird gemeldet: „Wir sind bis auf einen kleinen Rest von Nahrungsmitteln beim Letzten ange- langr. Der Engländer gibt nichts heraus. Im Gegenteil: Kartoffeln von städtischen Lagern nimmt er sich noch; Hühner, Gänse, Schweine Heu, Hafer, Stroh, alles nimmt er, wie er's sieht." Und in einem anderen Brief heißt es: „Die Stadt Köln hat keine großen Vorräte mehr. Zufuhren gibt es nicht. Wir können so allmählich dem Hungertode entgegengehen. Wir müssen Rüben bis zum Umsallen füttern. Um S Uhr abends sind alle Straßen von Zivilpersonen frei. Nur der Tommy darf sich bis spät in die Nacht hinein belustigen." Aus Wiesbaden wird geschrieben: „Die Stadt leidet unter den Franwsen schwer. Alle Zufuhren sind ab- geschnitten, es kommen weder Lebensmittel noch Kohlen. Die Fcemdenindustrie liegt brach. Am schlimmsten steht es mit der Lebcnsmittelsrage. So schlecht wie jetzt war es während des ganzen Krieges niemals. Die fast einzige Nahrung der ärmeren Schichten und des Mittelstandes besteht aus Kartoffeln, Brot und Pferdefleisch. Allentdalben in den Straßen sieht man halbverhungerte, hobläugige Kinder und blasse Frauen. Unter den unierernährten Geschöpfen räumen die Krankheiten furchtbar aus. Die frön- zösischen Soldaten benahmen sich tadellos ... Es ist die bittere Not und der Hung r. wenn sich junge Mädchen in Verkehr mit französischen Offizieren und Soldaten einlassen."
Die Prim aner und der junge Liebknecht. Ein bemerkenswerter Vorgang wird aus Berlin berichtet: Der Sohn Karl Liebknechts besuchte die Oberklaffe des Steglitzer Gymnasiums. Nach den Spartakusunruhen erhoben sich Zweifel, ob der iS jährige, der auch der spartakisti- schen „Borwärts"-Besatzung angehört hat, in die Schule wieder ausgenommen werden solle. Ein Beschluß des Provinzialschulkollegiums ordnete die Wiederaufnahme des jungen Liebknecht an. Am Mittwoch den 5. Februar meldete er sich während einer Unterrichtsstunde beim Klassenlehrer. Alle Plätze der Klasse waren besetzt. „Holen Sie sich einen Stuhl, dis wir Platz iür Sie geschaffen haben!" Aus diese Anordnung des Lehrers erhoben sich sämtliche acht Schüler und erklärten, alle acht Plätze seien frei; denn sie verließen die Krasse, und wollten mit Liebknecht zusammen nicht unterrichtet werden. Der Direktor der Anstalt suchte zu vermitteln. Die Primaner blieben bei ihrer Weigerung : „Mtt Mitleidslosen haben wir kein Mitleid! Mit einem Mitschüler, der seit Mai v. Js. aus der Schule fehlt, um sich staatsfeindlich zu hetätigen.der mit Maschinengewehren aus unsere Väter und Brüder geschaffen hat, wollen wir nicht mehr auf einer Bank sitzen." Alles Zureden half nichts. Die Schüler wollen eine Erklärung ihrer Eltern bringen, daß sie mit ihrem Vorgehen einverstanden sind. Der junge Liebknecht hat vorläufig darauf verzichtet, am Unterricht teilzunehmen.
L-ttZtL Nachrichten u. Telegramme
Stuttgart, 13. Febr. Zu Beginn der heutigen Sitzung des Verfassungsausschusses gab der Ministerpräsident Blos ein Schreiben des Vertreters der württ. Regierung in Weimar bekannt, worin dieser mitteilte, daß, nach dem Verlauf der Verhandlungen zu schließen, der föderalistische Charakter des Reichs gesichert erscheint. Um nun dem Vertreter der württ. Regierung bei den Verhandlungen eine Rückendeckung zu geben, wurde vorgeschlagen, einen entsprechenden Paragraphen in die Verfassungsurkunde aufzunehmen. Der Vorsitzende des Ausschusses sagte einem solchen allgemeinen Fraktionsantrag zu.
Stuttgart, 13. Febr. Im Mordprozeß Ruck machte nach hartnäckigem Leugnen der Angeklagte das Geständnis, den Polizeidiener Bauer in Waldenbuch mit einem Karabiner erschossen zu haben. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage auf vorsätzliche mit Ueberlegung ausgeführte Tötung, sowie auf schweren Diebstahl und versagten mildernde Umstände, worauf das Gericht wegen Diebstahls auf ein Jahr Zuchthaus mit dauerndem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und wegen Mords auf Todesstrafe erkannte. Der Angeklagte nahm das Urteil ruhig aus.
Stuttgart, 13. Febr. Im Verfassungsausschuß der Württ. Landesversammlung wurde heute folgender von allen Parteien mit Ausnahme der Unabhängigen Sozialdemokratie eingebrachter Antrag angenommen: Die württembergischen Truppen bilden einen Teil der Reichswehrmacht. Sie werden auf die Reichsversassung und die württembergische Verfassung vereidigt. Sie sind ein in sich geschlossener Truppenverband nach der vom Reich sestzusetzenden Gliederung. Die oberste Kommandogewalt und die Verwaltung stehen der Staatsleitung nach Maßgabe der Sonderrechte zu, die Württemberg auf Grund seiner Abmachungen mit dem Reiche besitzt.
Kehl, 18. Febr. Die Straßburger Presse vertritt nach hiesigen Meldungen mit wachsender Entschiedenheit die Forderung, daß die badische Stadt Kehl nicht wieder an Deutschland zurückfallen, sondern nach Aufhebung der militärischen Besetzung durch die Franzosen zu Straßburg geschlagen werden müsse. — Im besetzten Hanauerland trafen weiter« schwarze Kolonialtruppen ein; die gesamte Besatzung im Kehler Brückenkopfgebiet beträgt 6—7000 Mann. Die schwarzen T-uppen wurden durchweg von elsäßischen Formationen abgelöst.
München, 13. Febr. Im Deutschen Theater trat Donnerstag ein aus allen Teilen des Lander stark besuchter Kongreß der bayerischen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte zusammen zur Kundgebung des Willens der Räte, sich nicht einfach beiseite schieben zu kaffen. Die unabhängigen Minister Eisner, Jaffe und Unterleitner waren erschienen. Der Ministerpräsident wandte sich in überaus scharfe« Worten gegen die Presse, sprach von Pressegesindel und sagte, die wahrheitsgetreuen Berichte über die Berner Konferenz seien in der bayerischen Presse nicht abgedruckt worden. Eisner sagte dann: „Die Leute, die ebenso dumm wie gemein sind — ei» Teil dieser Leute sitzt auch hier —" (stürmischer Lärm und Tumult. Rufe: Hinaus mit ihne», hinaus mit der Bande und Gesindel I) Eisner fährt fort: „sie sollen nur hier bleiben, um ihre Schandtaten zu hören:" Da wiederum neue Drohungen aus der Versammlung gegen die Pressevertreter ein- setzten, verließen diese geschloffen den Beratungssaal und stellten die Berichterstattung ein.
Durch die amtliche Korrespondenz Hoffman» veröffentlicht Eisner eine Erklärung, in der er seine Gegner Idioten und Lügner nennt und seine Verdienste um das deutsche Volk — die er dadurch errungen, daher in Bern die Versklavung der deutschen Gefangenen eine gerechte Sühneaktion nannte — hervorhebt.
Rosenheim, 13. Febr. Gelegentlich einer Protestversamnffung der hiesigen katholischen Vereine gegen den Religionsunterrichtserlaß des Kultusministers Hoffmann kam es zu großen Tumulte«. Als der Redner, der Geistliche Dr. Michel, sein Referat beginnen wollte, wurde er von einem junge« Burschen vom Rednerpult heruntergeholt und am Halse gewürgt, worauf im Saale eine allgemeine Schlägerei entstand, bei der 7 bis 8 Personen verwundet wurden. Der Haupträdelsführer wurde verhaftet.
Weimar, 13. Febr. In der Besprechung der Abgeordneten aller Parteien aus den westdeutschen Gebieten wandte' sich die große Mehrzahl der Redner " sehr scharf gegen den Gedanken, eine westliche Sonderrepublik zu schaffen. Unterstützung «nd Empfehlung fand der Gedanke nur beim Zentrumsabgeordneten Trimborn, der bekanntlich mit de« Abg. Marx zusammen sich auch schon öffentlich in Versammlungen dafür ausgesprochen hat. Er stieß aber bei seinen eigenen Parteifreunden auf lebhaften Widerspruch.
Weimar, 13. Febr. Ein allgemeines Verbot der Ausgabe von Waffen an Zivilpersonen durch die örtlichen Arbeiter- und Soldatenräte ist in Vorbereitung. Die Uebernahme der gesamten Waffenbesitzkontrolle von reichswegen ist unmittelbar bevorstehend.
Berlin, 14- Febr. Die Reichsregierung wünscht die notwendigen Arbeiten der Nationalversammlung bis Anfang April zu beendigen und wenn nach Ostern noch ein Zusammentritt nötig sein soll, sie in Berlin tagen zu lassen, das auch für die späteren Tagungen des Volkshauses in Aussicht genommen ist.
Berlin, 13. Febr. Der Posten eines Unterstaatssekretärs im Reichsschatzamt soll entweder Dr. Renner oder Bauer in Wien angeboten werden. Dr. Renner ist z. Zt. Staatssekretär, Bauer Außenminister der deutsch-österreichischen Republik.
Berlin, 14. Febr. Aus den Vereinigte» Staaten von Amerika werden laut „Voss. Ztg." 800 Bolschewisten und linksradikale Aufwiegler ausgewiesen.
Hamburg, 13. Febr. Die Waffenablieferungen in Hamburg und in den anderen Hafenstädten gehen nur langsam vor sich. In Hamburg selbst sind von 7000 an Arbeiter ausgegebene Waffen bis jetzt kaum 1500 zurückgegeben worden. In Cuxhaven sind überhaupt keine Waffen zurückerstattet. DaS Auslaufen von Lebensmitteltransportschiffen ist vorläufig aufgeschoben worden.
Hamburg, 14. Febr. Die Lohnbewegung im Verkehrswesen ist noch nicht beendet. Mit überwältigender Mehrheit haben die Angestellten «nd Arbeiter der Hochbahn, der Straßenbahn und der Zentralbahn beschlossen, auf ihren Forderungen und im Streik zu beharren, so daß also auch heute Freitag die Straßenbahn und die Hochbahn nicht verkehren werden.