Anteil, lieber die Entstehungsursache ist bis jetzt nichts bekannt.

Württemberg.

Reutlingen, 10. Febr. Der geschäftsleitende Beamte der Handwerkskammer Reutlingen, Syndikus Hermann, wird während der Tagung der National- »ersammlung in der Führung der Kammergeschäfte tzurcb Sekretär Eberhardt vertreten. Zudem wird Abgeordneter Hermann in ständiger Fühlung mit der Handwerkskammer stehen und die Wünsche des Handwerks bei den zuständigen Reichsstellen per­sönlich vertreten.

Mittel stadt, OA.Urach, 7. Febr. Das hiesige Pfarramt erhielt vor einigen Tagen einen unter- i schristslosen Brief mit folgendem Inhalt:Da ich schwer krank darniederliege, läßt es mir keine Ruhe, Ihnen mitruteilen, daß ich im Dezember v. I. vor der Oelmühle von einem Wägelchen 22 Pfund Mohn entwendete. Da ich den Mohn nicht mehr habe, lege ich 50 Mk. bei und bitte Sie, diese dem Bestohlenen zu übergeben." Die 50 Mk. kamen ! diesem recht gelegen, da er als Arbeiter mit großer Familie über ein Jahr arbeitsunfähig und nur zum Teil entschädigt ist.

Lanürvirlschaftskammerv

Der Ruf nach e ner gesetzlicken von der Regierung un- «öhöngigen Berussvertreiung, wie sie die Industrie in de» Handels- und das Handwerk in den H.indweikskamme-n desitzen, wird in der «ürit. Landw'"schail mit immer «rüderer Driuqlickk.it erhoben. Mit Recht verlangen unsere Landwirte, daß ihnen de selbständige Vertretung ihrer Beruisintcresien nicht länger mehr vore 'halten bleibt. In »oller Würdigung der hohen Bedeutung der einheimischen Landwirtschaft und in dem Bestreben, d.m landw rtscha tl. Berussstand die gleiche Berechiigung in seiner Beru'Sver- Iretung wie andern BerufSstSüden einmräumen, hat sich die provisorische Regierung entschlossen, die Landwirtschafts- kanimer in Württemberg in möglichster Bälde zur Ver­wirklichung zu bringen. Ein vorläufiger Gesetzentwurf ist ft« Erniihrungsministcrium bereis ausgestellt worden. Gr trägt in seinen Grundlagen dem Wunsche der Landwirte »ach einer selbständigen Berussveitretung in vollem Maße Rechnung und vermeidet alle überflüssigen Beschränkungen ,n» Bevormundungen der Landwirlschastskammcr von Geilen des Staats.

A Den Bekundungen aus den landwirtschaftlichen Kreisen entsprechend, die sich mit überwiegender Mehrheit snr die Einrichtung nur einer Landn»rtschasiskammer in Württem­berg au-gesvrochen haben, sieht der Entwurf von der Er­richtung meh-erer Kammern ab. Die das ganze Land »«fassende Landwirtschastskammer soll aus 48 Mitgliedern bestehen, die von den Landwirten unmittelbar

Weg der Verhältniswahl in 4 mit den Land, streifen zusammensallenden Wah bezirken gewählt werden. DaS aktive und passiee Wahlrecht «st unter den gesetzlichen Vor­aussetzungen allen dem landwirtschaftlichen Berussstand an- gehörigen Männern und Frauen eingeröumt, die Eigen­tümer. Nutznießer oder Pächter von laridwinschaftl. benützten Grundstücken fl« d. Die Berufung der Landw rtichafiSkammer- «itglieder wird damit in Württemberg auf einem freiheit­lichen Wahlrecht deruben. wie es in keinem andern den scheu Staat für die Landwirischattsk-mmern bisher besteht. Außer­dem soll der »ürtt. Landwirtschastskammer die Möglichkeit gegeben werden, sich durch Beiwah' von höchstens 6 Mit­gliedern aus dem Kreise der landwirtschaftl. Berlftsange- hörigen zu ergänzen, damit auch hervorragende Vertreter einzelner Gebiete d S landwirtschaftlichen Beru's neben d-n durch die allgemeinen Wahlen berufenen Mitgliedern noch für rie Kammer gewonnen werden können. Wenn von einer Be'ci'igung der Brbeitnehn er an der Bildung rer Land- wirtschaflskammer in dem Entwurf abgesehen worden ist, so hegt der Grund darin, daß nach e n r Auskunft des ReichsarbeitSamts beabsichtigt ist, im Rahmen des Arbeits- kammeraesetzes besondere Kammern für die Landwirtschaft zu schaffen, neben denen für andere an die Landwirtschafts- kammern ungegliederte Vertretungen der landwir schai'lichen Arbeit kein Raum e. Der Ausgabcnkreis der Landwirtschastskammer umfaßt außer der gesamten Land­wirtschaft auch die Forstwirtschaft und den Gartenbau und erstreckt sich nicht nur auf die Begutachtung und Beratung l» allen fachlichen und wirtschaftlichen Fragen, sondern weist der Kammer insbesondere auch eine weitgehende Betätigung ft» der Landwirtschaftspslegczu. Mit Genehmigung der Regierung kann sie auch E nrichtunge» und Veranstal­tungen namentlich auf dem Gebiet der Tierzucht und des Pflanzenbaus, die bisher in der Hand des Staats lagen, selbst übernehmen und betreiben. Weitgehende Selbständigkeit ist der Landwirtschastskammer ferner in ihrer inneren Verwaltung und der Bildung und Besetzung ihrer Organe eingeräumt. über die sie in der Satzung »nd der Geschäftsordnung die näheren Bestimmungen trifft. Endlich soll der Kammer zur Bestreitung ihrer ungedeckten Kosten das Recht zur Erhebung von Umlagen gez ben werden, die nach dem Grundsteuerkapital der umlagepflick- tigen Grundstücke aus die Gemeinden vertritt weiden. Diese sind berechtigt, ihren Anteil nach dem Steuerbetrag aus die einze nen Grundstücke umzulegen.

Das ErnährungSministerium hat nunmehr den land­wirtschaftlichen Gauverdänden sowie einzelnen landwirtschaftl. Jntereffenveitretungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu hem Gesetzentwurf g geben. Im übrigen steht der Ent­wurf, der b-reits gedruckt vorliegr, auch andern landwiit- tchasilichen Bereinigung«n, Verbänden und Genoffenscha'ten sowie den einzelnen Landw rten gegen Ersatz des Portos aus Wunsch zur Verfügung. Bestellungen sind an das Sekretariat der Zentralstelle für die Landwirt­schaft in Stuttgart, Landesgewerbemuscum. Kanzleistr. IS flkufnummer 850V) zu richt n. Etwaige Aeußerungen oder Anträge,''die zu dem Entwurf gestellt »erden wollen, wüß­te» m den nächsten Wochen beim ErnährungSministerium «ingehen. Hz

VaSen.

Baden-Baden, 8 Febr. In einer der letzten Nächte wurde ein Sanitäts-Sergeant vom Reservelazarett von 15 Soldaten überfallen und aufs gröbste mißhandelt. Aerztlicherseits wurde festgestellt, daß das rechte Auge völlig erblindet ist. Nur mit Mühe wurde er weiteren Mißhandlungen entrissen.

Vom Bodensee, 7. Febr. Bolksrat und Nationalversammlungsmitglied Karl Großhins in Konstanz, der neulich wegen Geldschmuggels ver­haftet, gegen Stellung einer Kaution jedoch auf freien Fuß gesetzt wurde, erklärt in der Volksmacht, daß er sich bis zur endgültigen Klärung seiner An­gelegenheit jeder politischen Tätigkeit enthalten werde.

Vermischtes,

Bochum, 8 . Febr. Eine Bande, die «us drei Solda­ten mit Karabinern und drei Zivil sten mit Dolchen und Revolvern bestand, raub'e heute »rüh looooo Ma-k, die der Gesellschaft Lothringer Hütte gehörten «nd die drei Beamte in einem Wagen zur Löhnung nach einem Schacht'bringen sollten. Der Ueberiall erfolgte an einer einsamen Stelle.

Rekordfahrt eines Zeppelin im Krieg. Aus einem Artikel im Frankfurter Mittagblatt erfährt man, daß das Zeppelinluftschiff I 5S im November >Sl7 auf Befehl der Admiralität von Südbulgarien aus eine Fahrt nach Deutsch-Ostaftika unternehmen soll'e, um den dortigen Truppen Munition und Arzneimittel zu bringen. Als da- Luftschiff schon über Karlhum nach Zuritcklegung von medr als der Hälfte heS WegeS war. erlolgte der Beseht zur Rückkehr. DaS Luftschiff kehrte nach KO Fahrstunden und BewäMqung von 6800 Kilometern ohne Landung zurück. Zwei Monate später bombardierte dasselbe L Otschiff Nea- pel. End Februar lSl8 erfolgte sein Untergang bei Otramo.

,.S Mark in der Woche!" In derEuropäischen Staats- und Wirtschaftszei ung" erzählt Dr. E. Steinitzer folgendes l hrreickes Geschichichen:Zu einem Arbeitgeber kommt einer seiner Arbeiter, der bisber mit seinem Lohn zufrieden war und erklärt:Für 3 Mark die Woche kann ich nicht arbeiten!"3 Mark die Woche?" fragt erstaunt der Unternehmer.Na. ja; ick, meine Frau und meine Kinder bekommen wöchentlich zusammen >02 Mark Erw-rbS- losenunterstützung. Sie bezahlen mir lvs Mark Lokn; für die 3 Marl kann ich doch nicht die ganze Woche arbei­ten!" Dieser Fall spricht für sich.

(elZlL NacbnckttM u. LLlsMKMMl

Leimen b. Heidelberg. 10. Februar. Wegen Ueberfüllung der Vorräte für Halbfabrikate wurde im Zementwerk Leimen 14 Arbeitern des Stein- bruchs gekündigt. Gestern Sonntag nachmittag 3 Uhr zogen etwa 700 Arbeiter der Fuchs'schen Waggonfabrik mit einer roten Fahne nach Leimen und verlangten die Zurücknahme der Kündigung, die, nach ihrer Behauptung, aus politischen Grün­den erfolgte. Direktor Dr. E. Schott, der sich ver­geblich Gehör zu verschaffen suchte, wurde dabei schwer mißhandelt, auch wurde von ihm die Zurück­nahme der Kündigung erpreßt. Unter schweren Bedrohungen und Tätlichkeiten wurden die Arbeiter des Zementwerkes gezwungen, die Arbeit niederzu- lcgen und die Maschinen abzustellen, wobei es auch noch zu verschiedenen Tätlichkeiten kam. Die Heizer verließen trotz der großen Bedrohungen ihre Posten nicht, wie denn überhaupt die Arbeiter des Zement­werkes sich in keiner Weise mit den Fuchs'schen Arbeitern einließen. Die Fabrik steht heute noch still, und so ist überhaupt nicht abzusehen, wann sie wieder in Betrieb genommen werden kann, da an vielen Rohrleitungen und Ventilen Schaden durch Frost entstanden ist, der nicht so rasch behoben wer­den kann. Statt den 14 Arbeitern, denen auf 1. März gekündigt wurde, sind nun über 1000 brot­los geworden. Direktor Dr. Schott befindet sich auf dem Wege der Besserung.

Mannheim, 10. Febr. Das badische Mini­sterium des Innern hat an die Bezirksämter einen neuen Erlaß ergehen kaffen, wonach die Entente nunmehr entschieden hat, daß sämtliche demobilisierten Militärpersonen, die vor dem 1. August 1914 nicht in der neutralen Zone gewohnt haben, dieselbe schleunigst zu verlassen haben. Tie Zeit wird durch das Bezirksamt festgesetzt. Milderungen werden nur zugelassen, wenn dringliche wirtschaftliche Gründe in Frage kommen.

Berlin, 10. Febr. Die nunmehr erschienenen Bedingungen zur Verlängerung des Waffenstill­stands veranlassenHomme libre" und die anderen Regierungsblätter, erkennen zu geben, daß die Entente gegen jeden etwaigen Widerstand ausreichend ge­sichert sei. Die amerikanischen und englischen Truppen­verbände, die sich marschbereit noch auf dem Konti­nent befinden, im ganzen 2^/- Millionen Mann, würden allein schon hierzu ausreichend sein. Es wird dann ausgesührt, daß die Polenfrage nach den Wünschen der Entente gelöst werden müsse und daß die Demobilisierung in allen deutschen Gauen und ohne die Möglichkeit einer Hinter­hältigkeit sich zu vollziehen habe.

Berlin. 9. Febr. Die finanzielle Schädigung der altdeutschen Bevölkerung im Elsaß geht plan­

mäßig weiter. Die ursprüngliche Maßregel in Ar­tikel 6 der französischen Münzverordnung, die de« Alt Elsässern und den Alt-Lothringern gestattete, die deutsche Mark gegen 1,25 Francs einzutausLen, konnte man noch als eine bloße Bevorzugung auf­saffen. Inzwischen sind noch folgende Bestimmungen hinzugekommen: Alle in Mark ausgedrückten Schul­den an staatliche Kaffen sind zu 1,25 Francs «»- zurechnen. Die Alldeutschen, die Zahlungen a« Behörden zu machen haben, bekommen also für die Markforderung etwa 60 Zentim.es, während sie ihre Markschulden mit 1,25 Francs bezahlen müssen. Zu welchen unbilligen und geradezu verhängnisvollen Zuständen das führt, mag folgendes Beispiel zeigen: Ein Alldeutscher, der jetzt ausgewiesen wurde, hatte ein Grundstück von der Stadt erworben und darauf sein Wohnhaus errichtet. Grundstück und HanS haben zusammen einen Wert von etwa 60000 Mk. Die Stadt ist mit einer Hypothek von etwa 30000 Mark beteiligt. An Hypotheken und Zinsen muß jetzt das Doppelte entrichtet werden. Dagegen er­hobene Vorstellungen werden mit dem Bemerke« abschlägig beschieden, es müsse in der neugeordnete» Weise bezahlt werden, bis e ne allgemeine Rege­lung der Frage erfolgt sei. Kündigt nun die Stadt die Hypothek, so muß der Betreffende statt 30000 Mark 37 500 Francs bezahlen. Um diese 37500 Francs zu erhalten, muß er 70 bis 75oOO Mark hergebn.

Berlin, 10. Febr. Eine Meldung des Berl. Tagbl. auS Hamburg besagt: Nach den bis gestern abend gegen 9 Uhr vorliegenden Nachrichten waren um diese Zeit vor Kuxhaven noch keine Regierungs­truppen eingetroffen. Es wird aber bestimmt da­mit gerechnet, daß die Voihut dieser Truppen in dieser Nacht, spätestens aber heute fiüh in Kuxha­ven eintreffen werde. In der Bevölkerung hat die Erwartung des Truppeneinzugs überwiegend das Gefühl der Befreiung hervorgerufen.

Berlin, 10. Febr. Von zuständiger Seite er­fährt dieDeutsche Allg. Zkg.", daß die Waffen­stillstandsverhandlungen keinesfalls vordem 15. Febr. beginnen werden.

Berlin, 10. Febr. Der Dienstbetrieb der obersten Heeresleitung in Kolberg wird vom 12. Februar ab in vollem Umfange ausgenommen werden.

Berlin, 10. Febr. Zu der Züricher Meldung eines Berliner Blattes, daß die Herabsetzung der deutschen Armee auf 25 Divisionen verlangt werde» soll, erfährt dieDeutsche Allg. Ztg.", daß zwar mit Forderungen auf diesem Gebiet gerechnet werde, jedoch über deren Umfang noch keinerlei Anhalts­punkte gegeben sind. Der Schluß der Züricher Meldung, die gesamte Artillerie solle ausgeliefert werden, könne, wie auch das Blatt selbst vermutet» als starke Uebertreibung bezeichnet melden.

Bromberg, 10. Febr. Wegen Hochverrats und Widerstands gegen die bewaffnete Macht hatte« sich vor dem Kriegsgericht des Belagerungszustandes elf Polen zu verantworten, die in den Kämpfen bei Gruenthal und Hopfengarten gefangen genommen wurden. Sie wurden insgesamt zu 145 Jahren Zuchthaus verurteilt. Tie Angeklagten behaupteten, mit Gewalt für das polnische Heer angeworben und zum Kampfe gegen die Deutschen gezwunge« worden zu sein.

Danzig, 10. Febr. Die A.-- und S.-Rätr der Provinz Westpreußen sandten wegen der schlechte« Kohlenversorgung des Ostens an die Arbeiterschaft in den Kohlenrevieren ein Telegramm; außerdem sandten sie an die Nationalversammlung eine De­pesche, worin es heißt:Vergeht nicht den Oste» des Reiches und seine Kohlennot."

Zürich, 10. Febr. Nach Blättermeldungen hat sich die Lage für die Friedensoerhandlungen gänz­lich geändert dadurch, daß sich Deutschland wieder aufrafft, so daß die Entente vor einer entschiedenen Wendung steht. Die Abreise Wilson? und Orlan­dos ist verschoben. Wilson empfiehlt einen Mittel­weg statt der sofortigen Wiederaufnahme der mili­tärischen Operationen und des wirtschaftlichen Druckes.

Bern, 10. Febr. Die gesamte belgische Presse enthält die anscheinend offiziöse Notiz, daß Belgien eine Entschädigung von 10 Milliarden fordern werde. Man rechnet in-Belgien fest auf eine solche Ent­schädigung und sucht sie schon finanziell auszunützen, indem man Anleihen in Paris und in Amerika in Höhe von 2 Milliarden aufzunehmen gedenkt.

Bern, 10. Febr. Die Pariser Blätter be­schäftigen sich weiter in ablehnender Haltung mit der Rede Eberts in der Nationalversammlung. Journal" fordert außer den bereits bekannten Be­dingungen der Besetzung der Kruppschen Werke in Esten und der Fabriken in Westfalen noch die Ab­lieferung aller Waffen in Deutschland, Herabsetzung der deutschen Heeresbeständ« und scharfe Kontrolle der Alliierten über die Demobilmachung.