Karls rühr. 25. Jan. Wie verlautet, «erden die Franzosen «m 29. Januar, nachmittags 5 Uhr, den Kehler Brückenkopf besetzen. In die Besetzungslinie fällt die Iiadt Kehl, dann uin'aßt die östliche Grenzlinie des Be'etzungs- gebietes nach Norden folgend - Rheinbischoksbeim, geht östlich vogelshwst vo bei und umsch ießt Griesheim, Müllen «nd Altenheim. In der Gegend des Bahnho's von Appen­weier geht die Grenzlinie in der Mitte zwischen Bahnhof »nd dem F'ecken Ncusand über die Bahnlinie Kehl Avpen- weier, sodaß der Bahnhof Appenweier selbst außerhalb der Besetzungslinie bleibt.

NuslanS.

Budapest. 24. Jan. 32000 siebenbürgische Bergarbeiter, sämtliche Staatsbeamten Siebenbürgens, sowie alle Beamten, Angestellten und Arbeiter der Eisenbahnen, des Post- und Telegraphenwesens haben die Arbeit eingestellt, die sie so lange nicht wieder­aufnehmen wollen, his die Grausamkeiten der Ru­mänen in Siebenbürgen aufhören, Stephan Apaihy auf freien Fuß gesetzt, die Prügelstrafe aufgehoben, die persönliche Freiheit und das Privateigentum ge­sichert und das freie Reisen gestaltet wird.

Budapest, 25. Jan. Die in Oberungarnein­getroffene Ententekoinmission zum Studium der Nationalitätenverhältniffe hat angeordnet, daß Preß- burg bis zum 29. d. Mls. von den Tschecho-Slo- wakcn geräumt werden müsse, da es eine ungarisch­deutsche Stadt sei.

Rotterdam, 25. Jan. Der amerikanische Lebensmittelkommissar Hoover erklärte daß die Un­terstützung mit Nahrungsm'tteln ein zuverlässiges Mittel sei, um Deutschland über die Übergangszeit hinwegzuhelfen. Alles zeige darauf hin, daß in Deutschland eine starke Regierung ans Ruder kommen «erde. Hoover richtet an die Mittelmächte die Mahnung: Richtet eine energische Regi rung ein, gleichviel welchen Charakters. Wir sind bereit, euch. Lebensmittel zu geben, wenn ihr uns zeigt, daß ihr bestrebt seid, innerhalb euren eigenen Grenzen zu bleiben und mit den anderen Völkern den Frieden aufrecht zu erhaltsn.

Paris. 25. Jan. Kn dem Vorschlag Wilsons über die russische Frage heißt es wörtlich: Die Ver­treter der assozierten Mächte erkennen die Revolu­tion ohne Vorbehalt an.Petit Puristen" gibt folgenden Kommentar, der von einer ganz besonders ermächtigten Persönlichkeit herrührt: Dadurch erkennt man alle Folgen der russischen Revolution, die den Zarismus belreffen, an, aber ohne daß dies eine Billigung der Handlungsweise der Bolschewisten in sich schließt.

Paris, 25. Jan. Wilson soll sich am Donners­tag grundsätzlich damit einverstanden erklärt haben, daß-Dmffchland außer der Wiedergutmachung des Schadens eme Kriegsentschädigung an Frankreich zu zahlen habe. ^>«r wichtigste Verhandlungsgegenstand in der Donnerstägssttzung soll die Frage des Wort­lauts des Friedensvertrags, der Deutschland vor­zulegen ist, gewesen sein.

Paris, 25. Jan. Die Alliierten erließen eine Warnung an die Adresse der Polen und Tschechen, in welcher es u. a. heißt: Wenn sie die Gerechtig­keit wollen, so müssen sie auch auf die Anwendung

von Gewalt verzichten und ihre Forderungen in einer Art und Weise den Händen der Friedenskonferenz übergeben, die keinen Zweifel über ihren guten Willen läßt. Man hat immer eine Stellungnahme der Alliierten gegen die Mächte vermißt, die der Friedenskonferenz dadurch vorzugreifen versuchen, daß sie sie vor vollendete Tatsachen stellen. Endlich hat man sich in Paris zu einer Kundgebung gegen solche Gewaltpolitik entschlossen.

Stockholm, 24. Jan. Die bolschewistische Regierung droht, die Schweizer Bürger in Rußland im Gefängnis zu behalten, bis die Schweiz die Er­nennung des offiziellen Vertreters der Sowjets in der Schweiz ratifiziert habe. Das Budget der Sowjets ergibt ein Defizit von 360 Milliarden.

Slus siaSt. Srgirk unS Umgebung.

Neuenbürg, 27 Jan. Der auf gestern nachmittag in den Gasthof z. Schwanen einberuienen General-Ver­sammlung des Liederkranzes hatten die Mitglieder in erfreulicher Zadl Folge geleistet. Nach begrüßenden Worten durch Vorstand Hagmayer und einem Rückblick auf die Bereinstätigkeit in der Kriegszeit verlas 2. Vorstand und Schnfttühcer'Go l l m er die Protokolle über die wich' tigsten Begebenheiten im Vereinslebe i seit >S>4 bis zur Gegenwart, welche zeigten, wie V''einslei ung und die wenigen noch verbliebenen Mitglieder bemüht waren, das Vereinssch fslein durch die mnnnigiach n Fährnisse hindurch zu lenken. Er machte weiter die Mine! ung, daß Vorstand Hagmayer nunmekr 25 Jahre dem Verein als Mitglied angehöce und Jahre das A ni des Vorst >n es bekleide. Eine Ehrung in Verbindung mit >in m w iteren Fall sei für später vorgesehen. Kassier Wan »er erstattete den Kassenbericht, temzu'olge sich Emna men und Ausgaben so ziemlich ausgle ch n; das Barvei mögen besteht in einer Kriegsanleihe >m Betrage von 80o Mk. Eine Einwendung gegen die Berichte des Schriftführers und des Kösters er­hob sich nicht. Ter Vorstand sprach namens der Ver­sammlung den b iden Vereinsbeamten Dank und Ane» kennung sür ihre Tätigkeit aus. Mit Ausnahme des Kas­siers, der eine Wiederwahl aus g> scbäftlicven Giünden ab- lehnte, ergaben die Wahlen zur Vorstandschask «in erfreu­liches Bild der Einigkeit, aber auch der Anhänglichkeit und Treue der bisherigen Inhaber dieser Stellen. Gewählt wurden als l. Vorstand Hagmgyer, 2. Vorstand Gollmer. Das Amt des Schriftfuhreis, welves bisher der 2. Vor­stand belleidete, wurde Mitglied Frey übertragen. Zum Kassier wuide Mitgli.d Wilhelm Rommel gewählt. Die Wahlen elsolg'en je einstimmig. In den Ausschuß wurden berufen: Karl P frommer, Emil Hai st, Rudolf Müller, Adolf Ahr, Ehr. Schuhmacher, als Fähnrich Rudolf Mül­le r. zu F 'kinenbegteitern Ehr. Metzger und Friedr Wacker. Die Benachrichtigung der Mitglieder in Vereins' u. a. An­gelegenheiten übernahm Mitglied August Stroh m gegen eine vom Ausschuß noch seltzusetzende Entschädigung. Mit den regelmäßigen Singstunden, zu deren Abhaltung der Samstag benimmt wurde, wird diese Woche begonnen, eb'nso sollen die Mitglieder-Beiträge wieder zum Einzug gelangen. Vorstand Haginaycr nahm Veranlassung, dem Ve-einsdirigenten, Reallehrer W i ed m a y e r, für die vielen, namentlich in der Kriegszeit dem Verein geleisteten Dienste den wohloerdientcn Tank unter Zustimmung der Anwesen­den zum Austruck zu biingen, ihm und seiner Familie alles Gute wünschend. In längerer Ansprache, welche die Liebe zum Gesang, besonders zum deutschen Männergesang, be­kundete und ihren Eindruck auf die Sänger nicht verfehlte, hob Dirigent W i e dm ay e r hervor, daß er mit Leib und Seele am Liederkranz hänge und es als seine vor­nehmste Aufgabe auf dem Gebiete des Gesanges betrachte, das deutsche Lied gerade jetzt in unserer schweren Zeit'mehr denn je zu pflegen, dabei seiner fest n Neberzeugung Aus­druck gebend, daß das deutsche Volk auch diese ihm au>er- legten Prü'ungen bestehen werde, wenn jeder seine Pflicht als Deutscher tue. Diesem Wiederei stark n des Vater-

Vas KMkrarmbana.

Roman von Renttoh.

49) (Nachdruck verboten.)

Norbert, der in dem sehr einfach, aber an­ständig ausgestatteten Zimmer, das nun sür einige Zeit sein Heim bilden sollte, am Tische saß, warf einen scharfprüfenden Blick auf Hubinger. War das noch der alte treue Freund, der zu ihm sprach, oder erstarb auch diese oft erprobte Nei­gung unter dem Sturm, der fetzt so uner­wartet durch sein Dasein brauste? Aber nein Franz Hubinger sah ihn noch mit demselben guten, vertrauenden Blick an wie sonst; mochte auch vorher, als sie noch mit Doitor Robinson in seinem eigenen Arbeitszimmer waren, etwas wie ein Mißtrauensschatten durch diese treue Seele gezogen sein, jetzt schien er dies über­wunden zu haben.

»Ich ich möchte an Christa Herton schrei­ben" sagte Norbert stockend, und es erschien ihm selbst fast lächerlich, daß er bei diesen Worten wie ein verlegener Junge ein wenig unsicher wurde.

Hubinger sah ihn einen Augenblick über die runde Brille hinweg scharf an.

Ja, schreibe ihr, wenn wenn dir das so sehr am Herzen liegt!" stimmte er zu.

Es liegt mir sehr am Herzen, denn ich habe Christa Herton lieb" erklärte der andre mit fester Stimme.

Hubinger wiegte den schon stark ergrauten Kopf nachdenklich hin und her.

Liebe? Also auch hier hatte diese seltsame und stärkste Macht Herrschaft über ein so lang kühl gebliebenes Herz gewonnen? War viel­

leicht die Liebe, diese Niebesiegbare, auch in diesem verwickelten Fall die treibende Urkraft?

Mimi von Salten hatte Norbert geliebt, dieser aber hing sein Herz an jene Christa Herton, die so sehr dem Alt-Wienermädchen glich, das einst alsChristel Altenburger" sin eigenes, seltsames ' Schicksal gehabt haben mußte. Er, Hubinger, ^ hatte Mimi von Salten weit lieber gehabt, ^ als er es sich je selbst eingestehen würde, und auch Doktor Wild hatte sein kühles Herz an die eigen­artige Künstlerin verloren.

Diese feinen Fäden menschlichen Empfindens liefen kraus durcheinander, verwirrten sich und

andere.

Und war da nicht noch ein Faden, den vielleicht ebenfalls die Liebe gesponnen batte? i Ein Faden, der von der zweitenblauen Schlange* ! zu Mimi von Salten führte und dann über die ! Leiche des treuen Karo hinweg in ein verwahr­lostes Arbeitszimmer, wo die Werkzeuge eines Feinmechanikers und Goldarbeiters auf einem staubigen Tisch ausgebreitet lagen?

Doktor Norbert hatte indes ein paar Zeilen geschrieben, wirklich bloß einige Worte, und reichte dem Freund das Blatt.

Lies!" sagte er bitter. Denn mir wird man ja wohl das Recht eines unkontrollierten Briefwechsels nicht gestatten. Bitte, gib ihr den Zettel heimlich und grüße sie von mir! Sie muß

sie muß Vertrauen haben trotz allem."

Wenn sie dich wirklich liebhat, dann glaubt sie auch an dich!" lautete Hubingers schlichte Antwort.

Norbert stand abgewandt neben dem Tisch.

Wenn sie mich wirklich liebhat" wieder­holte er halblaut.Und sie bat mich lieb" fügte er dann mit plötzlicher Sicherheit binzu, in so bestimmtem Ton, daß das Wort in Hubingers Ohr noch nachtlang, als er bereits drunten auf der Straße stand. Ein feiner Regen hatte einge»

landes und dem deutschen Liede weihte er sein Glas. Bsr- stand Hagmayer forderte zu eisiiger Tätigte t in der kommen­den Zeit, namen'lich zu fleißigem und pünktlichen Besuch der Proben aus und schloß, nachdem noch ein Lied er­klungen war, die harmonisch verlaufene Versammlung.

Neuenbürg, 27. Jan. Zu dem jüngst aus Herre«- alb gemeldeten Jagdunfall, welchem Wohelm Kult vo« Gaistal als Treiber zum Ooker fiel, wird uns von de« Verunglückten nahesteh,nder Seite mitgcteilk, daß derselbe, das verabiedete Zeichen, nach welchem nicht mehr geschosse« «erden durste, gegeben habe und daß dasse be auf die kurze Eniferung gehört worden sein mußte; Kult sei von jeher ein vorsichtiger Treiber gewesen. Die Zuschrift bezeichnet er als schwer verständlich, daß zu der Jagd ein Schütze zu­gelassen wurde, der bei den früheren Jagden schon zwei­mal Hunde statt Wllv erschossen haben soll. (Ohne genauere Kenntnis von dem allgemein bedauerlichen Vorkommnis >e e» wir lediglich die Meinung des Einsenders wieder, welcher der Ermattung Ausdruck gibt, daß die Untersuchung end- giltigen Ausschluß bringen werde. Schriftl.)

Württemberg.

Stuttgart, 2S. Jan. Steigen da vor den Toro« Stuttgarts ein paar biedere Mllchwelb>ein in den Stutt­garter Frnhzug. In dem rauch.leschwängeren Abteil herrscht fast lautlose Stille. Die meisten Milfahrenden sind noch verschlafen oder hängen in Gedanken an ihrer bald beginnenden Tagesarbeit. Anders de jetzt so begehrte« Milchfrauen. Sofort wird das Thema der hohen Politik beschritten, und unter anderem läßt sich eine davon mit überzeugendem Brustton vernehmen :Ja ja, d'r Wi so«, der ist gar net so ohne, passet no ainole auf, dös was die uns nemmet, dös krieget mer älles amol wieder." Schal­lendes Gelächer braune durch den Wagen und aus einer Ecke ertönte eine Stimme:Ond no viel meh dazua!"

Plochingen, 25. Jan. Einer Jialieners-Fran wurde, während sie anwesend war, in ihrei Wohnuna das Fenster eingedrückt und aus- der Schublade die Geldtasche mit »SS Mark gestohlen. Als Dieb kommt ein in der Wohnung verkehrender Italiener in Betracht, der die Verhältnisse kannte.

Rotten bürg, 25. Jan. Wie die Rottcnburger Zei­tung er'ährt, werden die Franziskaner voraussitttlich a« Josephstage (>S. März) ihre Niederlassung hier begründe». Da zu diesem Zeitpunkte die Wohnräume beim Weggental noch nicht beziehbar sind, werden die beiden zunächst i« Frage kommenden Patres gegen Miete im Spital Unterkunft finden.

Ulm, 25. Jan. Hier wurden die Vorräte einer Mar­ketender« 'rotz Aufbewahrung in einem verschlossenen Raum und militärischer Bewachung wiederholt beraubt Die Un­tersuchung hat zur Festnahme von etwa 20 Wachmannschaf­ten geführt, die sämtlich geständig sind, teils selbst durch gewaltsame Oeffnung des Lagerraumes sich die Lebens­mittel ungeeignet, teils nachher an der Teilung der Ben e tcilgenommen zu haben. Der Euhere Lehrer Franz Salle von Rottenburg, der zuletzt Hauslehrer hier war übernach­tete auf dem Neu-Ulmcr Volkssestplatz in einem offene« Schuppen und wurde dort tot aU'geinnden. Wahrscheinlich hat er einen Schlugans ll. erlitten.

VaSen.

Sinsheim, 25. Jan. Von den SicherbettSb-chörde« ^ wurde hier ein tzamsterauto augehatten, daS änsehnickffb : Vorräte mit sich führte, darunter auch ein lebendes Schwein.

Plittersdorf b. Rastatt, 25. Jan. Traur ge Bilder spielen sich hier ab, wenn die F üchtl ngc aus dem Elsaß hier durchkommen Sie werden aus dem kürzesten Weg vo« ^ ihrem Wohnsitz drüben überm Rhein an die hiesige Schiffs­brücke gebracht und übergesetzt. Dann sind sie ihrem Schick­sal überlassen. Io kam an einem der letzten Abende eine arme Familie hier an, Eltern mit 7 kle nen Kindern i« Alter von eiueck halben bis zwölf Jahren und einer hoch- i betagten Gioßmulter. Sie waren völlig mittellos. Die Rastatter Ztg." fordert, daß von amt wegen für die Aus- gew esenen hier eine Unterkuittsstatlon errichtet werde.

setzt, die elektrischen Lampen beleuchteten vor» überdröngende Menschen, aus einem Gasthaus klang Musik und Gesang.

Hubinger schritt ernsthaft durch dis Gassen dahin. Er fühlte sich plötzlich unendlich einsam. Der feuchtwarme Wind, der von den nahen Bergen bis ins Herz der Riesenstadt wehte, brachte auf seinen Schwingen einen feinen, süßen Duft mit sich den schweren Geruch der dunklen, enteisten Erde, zaghaften Hauch von Schneeglöckchen und Primeln, die sich draußen in einem einsame« Woldtal hervorwagten, das Ahnen vom Frühling, der sieghaft kam, trotz aller Winterstürme, trotz Dunkel und Graus.

Sie hat mich lieb." Das schlichte Wort paßte hinein in diese Lenzeszuoersicht; es war, als sei es die Grunbmelodie.

Und der alternde Mann fühlte deutlich, daß es doch das Beste und Höchste ist, vertrauend sagen zu können: Ein Mensch hat mich lieb.

Der nächste Tag.

Sie werden also selbst alle die verwickelten Untersuchungen in diesem merkwürdigen Dram« menschlicher Verirrungen führen, Herr Rat?" fragte der Vorstand der Untersuchungsabteilung am nächsten Morgen Doktor Hubinger, der, etwa« blässer als sonst aussehend, ihm gegenübersaß.

Die Vorgesetzte Behörde hat mich damit betraut", lautete die Antwort.

Dann wäre wohl zu allererst eine Haus- durchjuchung bei Doktor Norbert und dann eine solche bei der Ermordeten vorzunehmen.

Bei beiden wünsche ich die Anwesenheit eine« Zweiten", schob Hubinger ein.

(Fortsetzung folgt.)

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