Berlin, 30. Mai. (WTB.) Fast allen an der Aisnefront eingesetzten feindlichen Divisionen war Ruhe versprochen worden, auch denen, die Hals über Kopf im Verlaufe der Schlacht in den Kampf geworfen wurden. Eine dieser Divisionen blieb 2 Tage ohne jegliche Verpflegung. Das aktive 11. französische Korps ist fast geschloffen in Gefan- fangenschaft geraten. Die diesem Korps unterstellt gewesene 1. Division wurde ohne Artillerieunter­stützung eingesetzt und zwar ungenügend mit Jnfan- teriemunition ausgestattet. Die 39. Division kann schon jetzt nach 2 Tagen durch Verluste, hauptsäch­lich aber infolge hoher Einbuße an Gefangenen, als aufgerieben gelten. An vielen Stellen leisteten die Franzosen zähesten Widerstand. Nur mit Mühe gelang es, den tapferen Offizier zu überwältigen. Die überall vorhandenen großen Höhlen wurden zum Verderben der Grabenbesatzungen und Bereit­schaften. Unser ivohlgezieltes Artilleriefeuer ge­stattete ihnen nicht, ihre Unterschlupfs zu verlassen. Als das deutsche Feuer nachließ, standen die An­greifer bereits mit Maschinengewehren vor den Ein­gängen. In einer dieser Höhlen wurden allein 250 Gefangene gemacht. Bei Baudessin ein Regi­mentsstab iki deutsche Hand.

Köln, 31. Mai. DieKöln. Zeitung" meldet von der schweizerischen Grenze: In der Besprechung der Schlacht zwischen Soissons und Reims erinnert Oberst Egli, der militärische Berichterstatter der Basler Nachrichten", an den Rechtfertigungsversuch der Alliierten, die deutsche Offensive im März sei zu stark durch Nebel begünstigt gewesen. Diesmal sei der überfallartige Angriff auch ohne' Nebel ge­lungen, und daran sei jedenfalls die mangelhafte Aufklärung schuld. Oberst Egli ist der Meinung, die englisch-französischen Truppen hätten, wenn sie «uch nur halbwegs standhielten, die Deutschen bei Erreichung des nördlichen Höhenrandes des Chemin des Dames aufhalten müssen. Die dazu notwen­digen verbündeten Kräfte seien zur Stelle gewesen. Die Schnelligkeit, mit der die deutschen Angriffs­truppen die Höhen überwunden haben, grenze ans Wunderbare. Die deutschen Sturmtruppen seien sozusagen mit den weichenden Franzosen und Eng­ländern an der Aisne angelangt und hätten das Hindernis in wenigen Stunden überwunden, was ein sicheres Zeichen für den vollkommenen Zu­sammenbruch der Verteidigung sei. Das deutsche Vordringen stelle eine Leistung dar, wie sie in diesem Kriege noch nie, auch nicht bei der italienischen Niederlage am Jsonzo, erreicht worden sei. Die heutige Lage lasse sich von den Alliierten nicht mit kleinen Mitteln verbessern, dazu brauche es des ein­heitlichen Einsatzes starker Kräfte, was ohne Neu- ausmarsch nicht zu machen sei. Jetzt räche sich die durch die geringe Widerstandskraft der Engländer verursachte Verzettelung der Reservearmee Fochs.

Zürich. 31. Mai. Die schweizerischen Blätter heben die erstaunlich erscheinenden Fortschritte der Deutschen hervor. Der Zürcher Tagesanzeiger schreibt: Der deutsche Angriff braust wie ein Orkan über alle Hindernisse hinweg. Andere schweizerische Blätter bemerken, für die Franzosen und Engländer sei die Lage noch nie so bedrohlich gewesen seit der Marneschlacht 1914.Echo de Paris" meldet von der Front, daß zwischen den gefährdeten Ab­schnitten große Reserven eingetroffen seien, und daß Foch nunmehr die Ueberzeugung habe, den weiteren deutschen Vormarsch aufhalten zu können.

Wien. 31. Mai. (WTB. Wien. Korr.-Bür.) Die Bedeutung des Falls von Soissons, als eines Stützpunktes für die Verteidigungsfront im Nord­westen von Paris, und der mit beispielloser Schnel­ligkeit erfolgende Vormarsch der Deutschen gegen die Marne, werden in den Blättern eingehend er­örtert. Die deutsche Führung hat die aufgezivungene Partie im Westen mit wunderbarer Ueberlegenheit gespielt und ihre Gegner überall dorthin genötigt, wo sie sie haben wollte. Die Blätter geben der Versicherung Ausdruck, daß die letzten Ereignisse an der Westfront nicht ohne politischen Einfluß bleiben könnten.

Basel, 31. Mai.Petit Journal" meldet: Die Artillerietätigkeit nimmt neuerdings an gewissen Abschnitten südlich Reims, bei Verdun, Toul und Nancy zu. Man erwartet an anderer Stelle über­raschende Vorstöße des Feindes. Auch an der Vogesenfront ist es unruhig geworden. (GKG.)

Berlin, 31. Mai. DieB. Z." meldet aus Genf: Wie dasJournal du Peuple" mitteilt, herrscht in den Wandelgängen der Kammer große Bewegung und niemand dachte daran, das allge­meine Gefühl zu verbergen, das sich in den Worten ausdrückte:Die Situation ist ernst". Das Blatt fügt hinzu: Die Deputierten, die sich sonst gern in strategischen Ausführungen ergehen, werden eine den Umständen entsprechende Reserve an den Tag legen.

Berlin, 31. Mai. DieNorddeutsche Allgm. Zeitung" meldet aus Bern: Im Zusammenhang mit den militärischen Ereignissen verdient die Ent­wicklung der innerpolitischen Lage Frankreichs stei­gende Aufmerksamkeit. Das Verhältnis Clemenceaus zu den Sozialisten hat sich in den letzten tragischen Tagen nicht nur nicht gebessert, sondern im Gegen­teil eine krisenhafte Zuspitzung erfahren. Es sind zahlreiche bekannte Arbeiter- und Gewerkschaftsführer verhaftet worden.

Base l', 31. Mai. Die Basler Blätter melden: Nach demPetit Parisien" feuern gegenwärtig drei weittragende Geschütze auf Paris. Wie andere Pariser Blätter melden, fallen viertelstündlich Gra­naten auf die Hauptstadt und die Vororte. Manch­mal verkürzen sich die Abstände bis zu 7 und 8 Minuten. (GKG.)

Basel, 31. Mai. Die Bevölkerung, die in den letzten Monaten wieder nach Soissons zurück­gekehrt war, hat die Stadt in wilder Flucht ver­lassen. Die Verwundeten konnten geborgen werden.

Haag, 31. Mai. Der Nieuwe Rotterdamsche Courant weist auf die hohe Bedeutung hin, die dem Fall von Soissons beigemeffen werden müsse. Er mache auf die Pariser mehr Eindruck, als die Beschießung der Hauptstadt.

Bern, 31. Mai. Die Pariser Presse fängt jetzt an, sich der Ansicht zuzuneigen, daß der deutsche Vormarsch zwischen Soissons und Reims ein Ent­scheidungsstoß sei und daß dazu in der Tat, Soissons der geeignetste Punkt sei. Die Blätter begreifen nicht, wie man eine so wichtige Position, wie den Damenweg, so schlecht verteidigen konnte. Man setzt jetzt alle Hoffnungen auf die Schwierigkeiten des Geländes zwischen Vesle und Marne.

Rotterdam, 31. Mai. Nach holländischen Meldungen sind die englischen Nordseehäfen am Mittwoch abend ebenfalls gesperrt worden. Man nimmt an, daß neue Transporte nach den Kriegs­schauplätzen begonnen haben. Die Londoner Mor- ningpost schreibt am Mittwoch: Wir müssen den letzten Mann aus England nach Frankreich bringen, wenn wir den Krieg gewinnen wollen.

Köln, 29. Mai. DieKölnische Zeitung" mel­det aus Amsterdam: Auf eine Anfrage wegen des Bukarester Vertrags erwiderte Lord Robert Cecil im Unterhaus, der Vertrag binde Rumänien mit Händen und Füßen an die Mittelmächte, und zwar militärisch, wirtschaftlich und politisch. Die britische Regierung fühle tiefste Sympathie für Rumänien und sein grausames Los. Die Freunde und früheren Bundesgenossen des Landes würden auf der Friedens­konferenz alles Mögliche tun, um eine gründliche Abänderung der ihm auferlegten harten Beding­ungen zu erzielen. Die Verbandsgesandten in Jassy hätten Rumänien amtlich davon in Kenntnis gesetzt, daß ihre Regierungen die Bestimmungen des Ru­mänien aufgezwungenen Vertrags für ungültig an- sehen, da der Vertrag die Rechte und Interessen der Verbandsmächte sowie die Grundsätze, für die sie kämpften, verletzte. Besondere Einsprüche seien formuliert gegen die Aufhebung der europäischen Donankommission, die auf Grund eines internation­alen Vertrags eingesetzt gewesen sei.

London, 31. Mai. (Reuter. WTB.) Der Prisengerichtshof hat in der Verhandlung über 14500 Sack Kaffee im Werte von 93000 Pfund Sterling, die, von Guatemala an verschiedene Emp­fänger in Skandinavien bestimmt, neutralen Schiffen durch englische Kreuzer in den Jahren 1915 und 1916 weggenommen waren, erklärt, daß das letzte Bestimmungsland Deutschland sei und daher den größten Teil der Güter als gute Prise erklärt.

Berlin, 31. Mai. DemBerl. Lokalanzeiger" wird aus dem Haag berichtet, daß nach einer New- Aorker Meldung Staatssekretär Lansing erklärt habe, daß die Regierung der Vereinigten Staaten die Bestrebungen der Tschechen und Südslaven mit Sympathie begrüßen werden.

Berlin, 30. Mai. Aus Kiew kommt die Nachricht: Das Pressebüro meldet: Wie der Volks­kommissar in Moskau mitteilt, haben die Truppen der Bolschewiki die Armee des Generals Semenow, die mit englischer und japanischer Unterstützung von Charbin aus versucht hatten, die Monarchie zunächst wieder in Sibirien aufzurichten, vernichtend ge­schlagen. Nach dem Bericht haben die Bolschewist, die in letzter Zeit aus der sibirischen Bevölkerung gewaltigen Zulauf erhalten hatten, den Kampf bei Aga im Baikalgebiet ausgenommen. Semenows Truppen wurden völlig zerstreut.

Dis grippenartige Epidemie in Spanien entwickelt sich mit gewaltiger Schnelligkeit weiter und hat sogar auf die Kanarischen Inseln übergegriffen. Die ineisten Familien zählen ein bis zwei Kranke. Mehrere Personen sind bereits gestorben. Der König bütet noch das Bett. Auch der Ministerpräsident

Maura und die Minister Dato und Alba sind nock erkrankt. Die Kammerdebatte über die Revolutions­ereignisse im August 1917 muß deshalb wahrschein­lich verschoben werden. Die Krankheit hat selbst auf die Tiere übergegriffen, so find in den Bürger- ! garderegimentern von Madrid selbst alle Pferd) davon betroffen worden. In Kartagena sind mehrere Matrosen, sowie zwei Leute von der Mannschaft des dort internierten deutschen U-BootesU 3g" erkrankt. Die Aerzte erklären, daß die Krankheit durch einen Bazillus katarrhalischen Typs hervor­gebracht werde. Lyoner Blätter berichten aus Mad­rid, daß die Epidemie weitere Fortschritte macht. In Madrid sind über 120000 Personen erkrankt Die Epidenrie greift auch auf die Tiere über. Aus ! der Provinz wird gleichfalls ein Umsichgreifen der Seuche gemeldet. Des Scherzes halber sei erwähnt, daß die französischen Blätter es fertig bringen, sogar diese Epidemie den bösen Deutschen zur Last zu legen. Sie melden, daß die Krankheit von Mikroben -kommen, die durch die deutschen U-Boote hereinge- i schleppt worden seien. ^

Württemberg.

Unser Landtag hat die Aussprache über Volks­ernährung und Kriegswirtschaft, die 19 Sitzungen der Bereinigten Ausschüsse für Finanzen und innerer Verwaltung und neun Sitzungen der Vollversamm­lungen beanspruchte, glücklich hinter sich. Es war ein gewaltiges Reden. Die Wogen der Erregung gingen zuweilen hoch. Man hatte in der Landstube das Bedürfnis, alles das, was an Klagen und Be­schwerden in den Zeitungen schon tausendmal vorher zu lesen war, nocheinmal vorzutragen und mit dem ganzen Gewicht der Volksvertretung zu unterstreichen. Dabei ging es auch nicht ohne Händel unter den Parteien ab, aber zwischen diesen selbst und der Regierung bestand dank der geradezu vorbildlichen Art, wie der neue Minister des Innern diese Sachen anzupacken versteht, weitgehende Uebereinstimmung, Im übrigen ist bei der ganzen Debatte praktisch nichts herausgekommen, was jedermann von Anfang an sagen konnte. Die Kriegszeit bringt eben Ein­drücke in die persönliche Freiheit und in die besten Lebensgewohnheiten mit sich, die nicht zu vermeiden sind. Mit diesem Zustand werden wir noch auf Jahre hinaus, selbst wenn der Frieden ausbricht, zu rechnen haben, denn die Bahn des Staatssozia­lismus ist nun einmal beschritten und die Geister, die er erweckte, werden wir sobald nicht los. Jetzt ist für einige Wochen Ruhe im Halbmondsaal ein­gezogen, um dein Finanzausschuß Zeit für seine Beratungen zu lassen. Unser Ministerpräsident hat dazwischenhinein die hohe Politik gepflegt, indem er am Bundesratausschuß für Auswärtige Angelegen­heiten in Berlin teilnahm und auf dem Rückwege beim Münchener Hofe vorfprach.

Stuttgart, 31. Mai. Am 1. Juni kann Schriftleiter Adolf Heller auf eine 25 jährige Tätigkeit am Schwäbischen Merkur zurückblicken. Der Jubilar ist seit langen Jahren erster Vor­sitzender des Württembergischen Journalisten- und Schriftstellervereins.

Sormtagsgedarrken (1. Mai 1918.)

Leid leide».

Laß niemals Schwermut über dich kommen, denn sie hindert dich an allem Guten. Taul-r.

Diesen Frieden in allen Dingen, den lernt man allein in wahrer Abgeschiedenheit und Innigkeit. Wer ihn haben will, der soll und muß es da lernen; er muß es mit eingekehrtem Gemüt suchen > und nirgends anders, hier ist es befestigt und be­wurzelt. Derselbe.

Es ist gut, daß wir zuzeiten Widerspruch er­fahren, und daß man von uns übel und unrichtig urteilt, auch wenn wir gute Gesinnungen haben und recht tun. Wir suchen viel eifriger Gott, den inneren Zeugen, wenn die Menschen uns gering-

schähen und uns nichts Gutes zutrauen.

Thomas a Kempis.

Schweig, leid, meid und vertrag, dein' Not allein Gotte klag', an Gott je nicht verzag'!

Dein Glück kommt alle Tag. Luther.

S>AS StaSt. Be zirk U NS Umgebung.

Feldrennach. Der Goldarbeiter Gottlieb Schön Ihaler, Postagenten Sohn, hat am 4. Marz die silberne Tapferkeitsmedaille und am 8. Mar da-. Eiserne Kreuz II. Klaffe erhalten.