ganz frische französische Division, der englische Kräfte sich anschlossen, den Gegenstoß ansetzte. Die Angriffe gegen Front und linke Flanke wurden unter schweren Verlusten für den Gegner abgewiesen. Dagegen gelang es dem aus Arvillers und Bouchoir umgehenden Feind, den rechten Flügel der Division »orübergehend zurückzudrücken. Einige dicht hinter der vorderen Linie stehende Batterien schossen im Schnellfeuer auf nächste Entfernung ihre Rohre glühend heiß. Raus was raus geht, war die Los­ung! Jeder gab sein Bestes. Aus den anstürmen­den dichten Wellen wurden Fetzen gerissen, der heiße Atem der Feuerschlünde verbrannte mit mör­derischem Eisenhagel dem Angreifer Körper und Gesicht. Das war zuviel. Der dicht herankommende Gegner wurde in die Gräben und Trichter der blutgetränkten, historisch gewordenen Sommestellung niedergedrückt. Da vorne in nächster Nähe der Batterien, die ohne Infanterie-Deckung waren, konnte der Feind nicht bleiben. Durch gezieltes Feuer hätte er, nachdem er wieder zu Atem ge­kommen, die Bedienungsmannschaften der Geschütze abschießen, oder mit neuer Verstärkung wieder zum Angriff vörgehen können. Rasch entschlossen ver­ließ eine Anzahl von Unteroffizieren und Mann­schaften unter Führung ihrer Offiziere, das . noch rauchende Geschütz. Die Artilleristen gingen teils mit vom Boden aufgerafftem Geivehr, teils mit der Pistole, teils mit Handgranaten, teils nur mit dem Seitengewehr in der Faust in lichter Schützen­linie gegen den Feind vor. Nach kurzer Gegenwehr streckte der zahlenmäßig überlegene, mit Maschinen­gewehren versehene, aber noch stark erschütterte Gegner die Waffen. Die Feldartilleristen zogen mit vier Offizieren, 90 Mann und sechs Maschinen­gewehren, die Fußartilleristen mit 48 Tommys und einem Maschinengewehrheimwärts ab", um so­gleich ihr eigentliches Handwerk an den inzwischen etwas abgekühlten Geschützen wieder aufzunehmen.

Oberleutnant von Barn, Ojfizierkriegsberichterslatter.

klrrs StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Birkenfeld. Leutnant (Gottlob) Wieland, Oberlehrers Sohn, Kommandeur der Württ. Fern- sprech-Abteilung 243. Division, erhielt das Eiserne Kjreuz I. Klasse: vor einiger Zeit wurde ihm das Ritterkreuz II. Kl. des Friedrichsordens verliehen.

Langenbrand. Der Vizefeldwebel und Flug­zeugführer Robert Wankmüller wurde mit dem bayr. Mil.-Verdienstkreuz II. Kl. und sein Bruder Wilhelm Wankmüller mit dem Eis. Kreuz II. Kl. ausgezeichnet. Beide sind Söhne des Gottlieb Wankmüller, Bauers von hier.

Auf Grund der im Juli 1917 und im März und April 1918 am Lehrerinnenseminar Markgröningen abgehaltenen Prüfung hat die Befähigung zur un­ständigen Verwendung im Volksschuldienst erlangt Emma Jordan von Gräfenhausen.

Der Sommerfahrplan der Württ. Staatseisen­bahnen tritt am 15. Mai in Kraft; bis dahin wer­den die Züge, für die in den Dienstfahrplänen ab 1. Mai ein früherer Lauf vorgesehen ist, noch in dem für den Winter (bis 30. 4.) vorgesehenen Fahrplan mit wenigen Ausnahmen gefahren.

Nichtamtliche Feldpostbriefe über 50 Gr. (Päckchen) und Privatpakete an Angehörige des deutschen Westheeres einschl. des Großen Haupt­quartiers, sowie an Heeresangehörige im General­gouvernement Belgien und in Luxemburg sind zur Beförderung wieder zugelaffen.

Die Deutschen sollen auch beten.

(Erinnerung an die Abende in meinem Bukarester Quartier.:

Ja, sie waren schön, die Bukarester Sommer­abende, unvergeßlich schön im harmonischen Ausklang der dumpfbrütenden, mißmutigen, erschlaffenden Dienststunden in der Nachmittagshitze. Eine be­lebende Brise zog fast unmerklich durch die erst jetzt beim Sonnenuntergang zum Leben erwachten Straßen und Boulevards, auf denen Feldgraue aller Waffen­gattungen der Mittelmächte einträchtiglich mit Ein­heimischen aus und ab spazierten, langsam gemäch­lich, wie es im Orient gang und gäbe ist, um sich alsdann an den Marmortischchen auf dem Bürger­steig vor den Kaffeehäusern oder in den Konzert- gärtsn und Freitheatern zur gemütlichen Abend­unterhaltung niederzulassen. Im Cismigiupark warfen die mächtigen Schwarzpappeln der Haupt­allee im grüngedämpften Licht der elektrischen Bogen­lampen wuchtige Schlagschatten und die dünnen Linien der schlanken Pappeln reckten sich über die Trauerweiden am See, auf dem die Schwäne ihre Kreise zogen und Wassermänner, Frösche und Unken ihr melancholisch gestimmtes aufdringliches Konzert verübten. Als ob sie in idealen Wettbewerb treten wollten mit der deutschen Militärkapelle, die drüben in Monte Carlo, der feinen teuren Jnselwirtschaft, bis in die späte Nacht hinein einem lauschenden Publikum auserlesene Proben deutscher Opern, Märsche und Volkslieder aufspielte. Und während der Pausen fiedelten und zymbelten die braunen Lautaris ,weichtönige rumänische Romanzen und Balladen. Die Blütenbäume in den Gärten der Konstantinstraße dufteten, Heller Lichtschein und muntere Unterhaltung drang aus den dichtgrünen Lauben, wo die Besitzer ihr Nachtmahl aßen und die kühle Abendluft genossen und die Dienstboten schäkerten vor den Haustüren mit unfern Eisen­bahnern oder österreichischen Kraftfahrern. Der ru­mänische Schutzmann aber im weißen Drilchkittel, als Schutz- und Trutzwaffe den Gummiknüppel in der Hand haltend, machte mir an der Straßenkreu­zung bei den schlanken Essigbäumen eine stramme Ehrenbezeugung und murmelte sein 5e traiti (Sie sollen leben), während von weit draußen her, von den maickan (freien Plätzen für Müllablage) längs der Dimbovitza gegen Cotroceni zu die halbwilden Hunde noch immer ihr Bellen hören ließen, freilich viel schwächer als im Winter. Die ehrbare Zunft der Hundefänger hat doch merklich unter den strup­

pigen Bellern aufgeräumt und der Mahalla somit einen Teil ihrer i orientalischen Romantik geraubt.

War der Seitengarten meines Quartierhauses in der Strada Groului unbeleuchtet, drang aus den Butzenfenstern des Eßzimmers auch kein Lichtschein, so waren meine gemütlichen Quartiergeber entweder ausgegangen oder schon mit dem Abendbrot fertig so daß ein Plauderstündchen mit ihnen für «ich nicht mehr in Frage kam. Dagegen war in der Küche hinter der überbauten Vordertür stets «och Licht. Sobald die eiserne Pforte knarrte und meine Schritte auf dem Asphalt des Hofes hallten, schlug Pascha, der wachsame Bernhardiner an, und kam mit mächtigen Sätzen auf mich zu, den HausgenoUen mit stolzer Zurückhaltung begrüßend. Gleichzeitig zeigte sich unter der Hinteren Haustür das diL- backige, stillzufriedene Gesicht des Hausburschen Ba­stle, der Pascha Schweigen gebot und sobald er mich in der Dunkelheit erkannte, mein herzhaftes duna seara (Guten Abend) Vssile, halblaut rmd unterwürfig erwiderte. Schon aber steckte die leb­hafte, ungenierte Natalia aus Braila, unsere be­währte Köchin, ihren Kopf durch den Spalt der Küchentür und fragte mit gespannter Neugierde »ach den politischen Neuigkeiten, und hinter ihr stand er­wartungsvoll die schüchterne Zimmerfrau Elen«. Gibt's bald Frieden; ist es wahr, daß die Rumä­nen angegriffen haben in der Moldau, daß ein ru­mänischer Flieger in Baneasa (einem Dorf im Nord­westen Bukarests) gelandet ist, daß die Deutschen das Land verlassen werden? Solche und ähnliche Fragen schwirrten mir entgegen, die phantastische»! Gerüchte der Mahals verlangten da von mir Be­stätigung und Erklärung, denn ich bedeute «ls deutscher Feldwebel für die drei naiven Menschen­kinder eine unbedingte Autorität. Den Frieden sehnten sie herbei, sie wollten heim.Gott gebe Frieden", das war ihr stets letztes Wort, wenn ich ihnen wieder einmal eine auf trügerischer Grund­lage aufgebaute Hoffnung zerstören mußte, und sie bekreuzigten sich dabei in kindlich frommer Weise.

Bis in den Herbst hinein haben wir so all­abendlich politisiert draußen im Hof-beim Mond­schein und Sternengeflimmer oder in der großen Küche am weißen Marmortisch, während auf der letzten Kohlenglut noch für mich ein Lindenblütentee bereitet wurde. Da meinte einmal trotzig die un­geduldige Natalia:Jeden Tag bete ick) nun zum lieben Gott um Beendigung des Krieges, und es bleibt immer beim Alten. Beten Sie denn auch um Frieden? Dabei schaute sie mir keck und prüfend in die Augen.Die Deutschen sollen auch beten, nicht bloß wir, die Geschlagenen, dann rvird auch der Friede kommen." Und in ihrer anschmei­chelnden Art fügte sie hinzu:Nicht wahr, Domunl F., Sie beten heute für den Frieden?" Lächelnd sagte ich zu, und die drei wünschten mir Gute Nacht und leichten Schlaf (kloapte dune 8i somn U8or).

Einige Zeit verging, und da konnte ich in der Tat voll Freude die Nachricht vom Waffenstillstand mit Rußland überbringen. Großer Jubel und mehrmaliges Bekreuzigen. Gottlob nun geht auch

Erreichtes Ziel.

Roman von L. Waldbröhl.

66) (Nachdruck verboten.)

Wahrscheinlich war sein Kammerdiener bei irgendeiner Gelegenheit des Etuis ansichtig ge­worden und hatte es für seine Pflicht gehalten, es einem gründlichen Verschönerungsverfahren zu unterziehen. Und er hatte dieses, wie Herbert sich überzeugen konnte, auch auf das Innere des Etuis ausgedehnt.

Er hatte die noch darin enthalten gewesenen Zigaretten, die wohl beinahe zu Staub zerfallen waren, entfernt und die vergoldeten Innenflächen ebenso sorgfältig blankgeputzt wie die Außenseite. Dabei aber war etwas zum Vorschein gekommen, von dessen Vorhandensein Herbert bisher nichts geahnt hatte, etwas, das all seinen Gedanken und Erwägungen mit einem Schlage die entscheidende Richtung gab. In einer Schrift, deren Buchstaben sehr stark von dem Namenszug auf der Außen­seite abwichen und die offenbar viel älteren Datums war als jener, war da drinnen eine eingravierte Widmung zu lesen. Und sie lautete:

Seinem lieben Freunde Paul Friedrich Voß­berg zur Erinnerung August Bendriner."

Minutenlang starrte Herbert auf die Widmung wie einer, der unter der Wucht eines betäuben­den Schlages momRrtan die Fähigkeit eingebüßt hat, Klarheit in das wirbelnde Chaos seiner Ge­danken zu bringen. Dann steckte er mit einer mechanischen Bewegung das Etui zu sich und ging in sein Arbeitszimmer hinüber, wo er lange in weltvergessenem Brüten saß. Es war ja, als wäre durch diese neue Entdeckung der Schleier hinweggezogen worden von allem, was ihm bis dahin verhüllt und dunkel gewesen war. Und

was ihn angesichts dieser jähen Aufklärung init so tiefem Entsetzen erfüllte, war viel weniger die Aussicht aus den Verlust seines Reichtums als das niederschmetternde Gefühl, diesen Reichtum so lange als eip Unberechtigter, als ein Eindringling fast als ein Dieb, genossen zu haben.

An einen Betrug des, andern glaubte er nicht mehr. Freilich konnte jeder Beliebige sich eine derartige Widmung in ein Zigarettenetui ein- j gravieren lassen: aber gerade wenn jener Paul Voßberg ein raffinierter Betrüger gewesen wäre, Hütte er aus einen solchen Trick wohl nimmer­mehr verfallen können. Denn er mußte gut genug wissen, daß es zur Geltendmachung seiner An­sprüche anderer Beweismittel bedürfen würde als einer solchen Inschrist, der kein Gericht der Welt irgendwelche Bedeutung beigemessen haben würde. Wenn seine Legitimationspapiere in Ordnung waren, konnte er solcher Hilfsmittel entraten, die ihm im andern Fall nicht das mindeste genützt hätten. Und schwerlich würde er das Zigaretten­etui auf der Reise so sorglos behandelt haben, wenn er ihm selber irgendwelche dokumentarische Bedeutung beigemessen hätte. Dazu kam, daß er wenn er ein Betrüger gewesen wäre von der alten Freundschaft zwischen Bendriner und einem gewissen Paul Friedrich Voßberg bei seiner Abfahrt aus Amerika ja noch gar nichts hätte wissen können. Denn die in den Zeitungen veröffentlichte Aufforderung des Iustizrats Waller­stein enthielt davon nicht ein Wort. Es war eben sehr wahrscheinlich, ja, nach Herberts Ueber- zeugung so gut wie gewiß, daß der andere Voß­berg das Etui von seinem Vater ererbt hatte und später aus Eitelkeit den eigenen Namen aus der Außenseite des Wertstücks hatte eingravieren lassen. Damit war für die Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche ein Beleg erbracht, der zwar für keinen Gerichtshof, wohl aber für den unberechtigten Erben von zwingender Beweiskraft war.

Er dachte an die klägliche Verfassung, in der, der wirkliche Herr von Eschenhagen vor wenigen Tagen hier an der nämlichen Stelle ihm gegen­übergestanden hatte, und eine Empfindung heißer Scham quoll in seinem Herzen auf. Welche Rolle mußte er damals in den Augen dieses vom Schick­sal so hart Verfolgten gespielt haben! Wie sehr stach sein Verhalten, das er selber jetzt mit dem Namen sträflichen Hochmuts belegte, gegen die Großmut des andern ab, der ihm, obwohl er sim seines guten Rechtes bewußt war. jetzt durch seinen Anwalt so entgegenkommende Vorschläge machen ließ! Denn daß er den Brief des Advo­katen nunmehr in einem ganz anderen Lichte sah, war ja nur selbstverständlich. Und aus diesen Erwägungen heraus machte er sich nun auch un­verzüglich an seine Beantwortung. Er schrieb, daß er infolge einer soeben gemachten Entdeckung gezwungen sei, Herrn Herbert Voßberg wegen seines neulichen, allerdings auf gutem Glauben beruhenden Verhaltens um Entschuldigung zu bitten, und daß er ihm Dank wissen würde, wenn er sich in Begleitung des Anwalts so bald als möglich auf Schloß Eschenhagen einfinden wolle. Dort würde die strittige Angelegenheit ohne Zweifel in einem Herrn Voßberg befriedigenden Sinne gelöst werden, sofern dieser Herr in der Lage sei, seine Identität mit dem Sohne eines Herrn Paul Friedrich Voßberg aus Quincy zu erweisen, woran er nach allem Dorhergegaagenev für seine eigene Person nicht mehr im mindesten zweifle.

(Fortsetzung folgte