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^ 203.

Neuenbürg, Freitag den 31. August 1917.

75. Jahrgang.

Telegramm -es WalffHen Dur an den ..EnWer".

Der deutsche Tagesbericht.

Großes Hauptquartier, 30. Aug. (WTB.) Amt!. Westlicher Kriegsschauplatz:

Heeresgruppe -es Generalfeldmarschalls Kron­prinz Rupprecht von Bayern:

Die Kämpftätigkeit in Flandern schränkte sich gestern auf stärkeres Feuer in einigen Abschnitten nordöstlich von Ypern. Früh morgens führten die Engländer einen kräftigen Vorstoß nordöstlich von Wieltje, der verlustreich im Feuer und im Nahkampf zusammenbrach.

Heeresgruppe desdeutschenKronprinzeu:

Am Chemin des Dames scheiterten mehrere «ach Feuerwellen vorbrecheude Erkuudungsvor- stöße ver Franzosen nordwestlich Cerny.

Vor Verdun nahm abends der Artilleriekampf wieder größere Stärke an. Außer Erkundungs­gefechten keine Jnfanterietätigkeit.

Heeresgruppe des Geuerakfeldmarschalls Her­zog Akbrecht von Württemberg:

Französisches Feuer gegen Thiaueourt wurde erneut durch kräftige Beschießung von Noviant- aur-Pres erwidert.

Oestlicher Kriegsschauplatz:

Front -es General-Feldmarschalls Prinzen Leopold » Bayern:

Bei Dünaburg und Smorgon lebte die Feuer- tätigkeit wieder auf.

Auch südwestlich von Luck, -ei Tarnopol und am Zbrucz war die russische Artillerie rühriger als sonst.

Front -es Generalobersten Erzherzog Josef:

Südlich von Tirgul-Ocna wurden rumänische Angriffe gegen unsere Linen abgewiesen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen:

Der Kampferfolg vom 28. August in den Bergen nordwestlich von Foksani wurde gestern erweitert.

Kraftvoller Gegenstoß -er bewährten An­griffstruppen warfen den sich zäh wehrenden Gegner auf Jresti und drängten ihn über die Höhe nördlich des Dorfes gegen das Sufitatal zurück. Ein aus Schlesiern und Sachsen bestehen­des Regiment zeichnete sich besonders aus. An 300 Gefangene und zahlreiche Maschinengewehren und Fahrzeugen wurden eingebracht.

Kräftige Entlastungsangriffe des Gegners ohne Rücksicht auf Menschenverluste gegen die von uns nordwestlich und östlich von Muncelul erkämpften Linien geführt, blieben erfolglos und ohne Einfluß auf die Angriffsbewegung westlich der Sufita.

Am Sereth und an -er unteren Donau steigerte sich die Gefechtstätigleit.

Mazedonische Front:

Die erhöhte Gefechtstätigkeit dauert an, be­sonders südwestlich -es Dojransees.

Bei Thuma und Alcak Mah unternahmen die Bulgaren erfolgreiche, Streifen, bei denen mehrere französische Posten aufgehoben und Ge­fangene zurückgeführt wurden.

Eine angreifende feindliche Kompagnie wurde durch Feuer vertrieben.

Der erste Generalquartiermeister Ludeudorff.

Der deutsche Abendbericht.

Berlin, 30. Aug., abends. (WTB. Amtl.) Keine besonderen Ereignisse.

Reue U-Bootserfolge.

Berlin, 31. August. (WTB. Amtlich.) Im Sperrgebiet um England wurden durch unsere U- Boote wiederum 24000 Bruttoregistertonnen ver­nichtet. Unter den versenkten Schiffen befinden sich die englischen DampserWisbech" ties beladen anscheinend mit Kohlen undEdine" mit Stückgut nach Irland.

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

RunSschau.

Gleich nach dem Zusammentreten des Reichs­tagshauptausschusses hat es wieder Meinungsver­schiedenheiten von nicht unwesentlicher Art zwischen dem Reichskanzler und der Volksvertretung gegeben. Und wiederum hat der Zentrumsabaeordnete Erz­berger den Streit vom Banne gebrochen. Und das kam so: Bekanntlich hat der Kanzler in seiner Rede vom 29. Juli in die Anerkennung der Friedens­formel der Reichstagsmehrheit den Vorbehalt einge- fiochten: Wie ich sie auffasse. Und diese Auffassung ließen die Mehrheitsparteien damals passieren, und man war versucht, aus diesem löblichen Verhalten des Reichstags zu schließen, daß er nach dem Schwanken im Sattel den durchgehenden Gaul wieder in die Hände bekommen hat. Das war aber leider ein Trugschluß. Als der Kanzler im Hauvtausschuß über den Sinn dieser Worte befragt, antwortete, daß über die Ziele, die fich bei den Friedensverhandlungen im Rahmen der Friedens­resolution werden erreichen lassen, Schattierungen der Auffassungen, wie sie sich auch innerhalb der Mehrheitsparteien vermutlich zeigen, gewiß möglich seien, da entsetzten sich die Prinzipienreiter und einigten sich auf eine Erklärung, die dem Reichs­kanzler jede Bewegungsfreiheit abschnüren möchte. Und das ist geschehen, nachdem kaum ein Tag ver­flossen war, da der Reichskanzler zu den Enthül­lungen über die Geheimpläne unserer Feinde eine noch mehr Aufsehen erregende hinzufügte und aufdeckte, daß Rußland um Konstantinopel und Ar­menien, England um Palästina und Mesopotamien kämpfe, während Frankreich nicht nur das ganze linke Rheinufer, sondern auch Syrien gern haben möchte. Da sollte inan meinen, daß manchem der Reichstagsboten die Scham in die Haarwurzeln gestiegen sei; aber nichts davon: Die Reichstags- Mehrheit will unter allen Umständen einen Frieden der leeren Hand, will aus die Sicherung der not­wendigen Grenzen verzichten, dies zu einer Zeit, da Hindendurg sagen kann, daß wir am Beginn des vierter; Kriegsjahres militärisch so günstig stehen wie nie zuvor. Die meisten von uns sehen denn auch ein, daß es für den Kanzler rein unmöglich istzffich jetzt, wo doch die politische Lage sich jeden Tag ändern kann und ändert, auf den Buchstaben einer Formel festzulegen. Das deutsche Volk will haben, daß, während der Feind zu den wuchtigsten Schlägen gegen unsere Fronten ausholt, im Innern Ruhe herrscht und daß die Errettung des Vaterlandes aus schwerer Zeit weit wichtiger ist, als, zu der großen Schadenfreude unserer Gegner, einen kritischen Augenblick der Regierung auszunützen, um demo­kratische Reformen zu erlangen. Unter dem Ein­fluß des feindlichen Geschreis über das autokratische und rückständige Deutschland hat es die Reichstags­mehrheit besonders eilig, das Reich zu demokrati­sieren, als ob eine Parlamentarisierung und Demo­kratisierung nicht Zeit hätte bis nach dem Kriege. Jetzt sollte der Stolz uns davor bewahren, an den bewährten Grundlagen etwas zu ändern, auf denen unser vorzügliches Heer, unser festgefügter Staat, unser fleißiges und kluges Volk sich so entwickelt hat, daß wir der ganzen Welt zu widerstehen ver­mögen. Trotzdem hat sich der Kanzler bereit ge­zeigt, mit der Einsetzung des sogenannten Siebener­ausschusses, der als vorbereitende Instanz für die großen politischen Fragen gedacht ist, dem Ver­

langen des Reichstags nach einem engeren Zusam­mengehen von Regierung und Volksvertretung zu entsprechen. Man hat diesen Ausschuß, dem sieben Mitglieder des Reichstags und gleichviel^ Bundes­ratsmitglieder angehören sollen, den schönen Namen Freie Kommission" gegeben. Man wird aber die Erfolge dieser beratenden, nicht beschließenden Kom­mission abwarten müssen, bevor man darüber ur­teilen kann, ob das Volk mit diesem Geschenk zu­frieden ist. Das Eine aber wissen wir, daß innerer politischer Zwist uns auf jeden Fall schädigt, unse­ren Feinden aber nützt, indem ihre Hoffnung auf das Versagen unserer Nerven neu gestärkt und damit der Krieg verlängert ivird.

Stockholm, 29. Aug. (WTB.) DieNowoje Wremja" vom 25. August meldet zum Suchom- linow-Prozeß: In der Zeugenvernehmung schilderte als erster Zeuge der frühere Stabschef des Höchst- kommandierenden, General Januschkewitsch die Umstände, welche zu Ende Juli 1914 der Kriegser­klärung vorangingen. Zu Anfang war beschlossen worden, nur die Teilmobilisierung der vier Bezirke zu erklären, um Oesterreich-Ungarn zu schrecken. Dann aber wurde die Frage anderweitig entschieden, und am 30. Juli wurde nach meinem Vortrag beim Exzaren die Gesamtmobilmachung unterzeichnet. Ja­nuschkewitsch spricht sich über seine Unterredung mit dem deutschen Militärattache aus. Er sagte: Ich gab ihm das Ehrenwort des Generalstabschefs, daß in jenem Moment genau um 3 Uhr am 29. Juli die Mobilmachung noch nicht erklärt sei. Der Major glaubte mir nicht. Ich hielt mich für berechtigt, ihm eine solche Erklärung schriftlich zu geben, weil eine Mobilmachung in diesem Moment tatsächlich noch nicht erfolgt war. Den Ukas darüber hatte ich bei mir in der Tasche. Aus dieser Darstellung geht hervor: 1. daß der russische Generalstabschef den deutschen Militärattache mit seiner bekannten ehren­wörtlichen Erklärung bewußt getäuscht hat. Er hatte den Gesamtmobilmachungsbefehl des Zaren am 29. Juli schon in der Tasche und er hat kein Wort davon erwähnt: das Gegenteil emphatisch betont. 2. Januschkewitsch bestätigt, daß die russi­sche Gesamtmobilmachung, nicht bloß die gegen Oesterreich-Ungarn, schon am 29. Juli angeordnet war und durchgeführt wurde. 3. Januschkewitsch zusammen mit Sasonow und Süchomlinow haben gegen den Willen des Zaren den Weltkrieg ent­fesselt dadurch, daß sie seinem Befehl aus Einstel­lung der Mobilmachung nicht Folge geleistet und den Zaren belogen haben.

Berlin, 30. Aug. Aus Amsterdam wird der Vossischen Zeitung" gemeldet: Die Londoner Blät­ter melden, daß die Enthüllungen Kerenskis über den gefahrdrohenden Zustand des russischen Heeres auf dem Moskauer Kongreß den tiefsten Eindruck gemacht haben. Man sieht den Ernst der Lage vollkommen ein, ebenso die Notwendigkeit den Krieg sortzusetzen. Ueber die Art aber, wie dies zu ge­schehen hat, traten aus dem Kongreß die schärfsten Meinungsverschiedenheiten hervor.

Zürich, 30. Aug. (GKG.) DerCorriere della Sera" meldet aus Petersburg, das dritte und vierte Artillerieregiment und ldie erste und zweite Maschinengewehrabteilung des Militärbezirks Peters­burg sind am Montag mit der Bahn nach Helsing- fors abgegangen: Weitere Truppen sollen in dieser Woche abgehen.Daily Chronicle" meldet aus Helsingfors: Der Landtag stimmte für die Selbst­ständigkeit Finnlands und forderte in einem Ausruf zum finnischen Befreiungskampf auf.

Köln, 30. Aug. DerKöln. Ztg." drahtlich zugehende Meldungen aus Washington besagen: Es wird eine Aeußerung Ribots bekanntgegeben, wonach die Sperre der spanischen Häfen für deutsche Unter­seeboote unmittelbar durch französische Drohungen von Spanien veranlaßt wurde. Die politischen Unruhen und die überall wieder auflebenden Ar­beitsausstände seien nach dem Urteil der unab­hängigen spanischen Zeitungen ebenfalls von Frank-