und Beamte des Heeres zugunsten dieser Unterstütz­ungskasse freiwillig für einen Tag auf ihr Gehalt Verzichten und auch die Mannschaften, die in der Lage sind, zu geben, sich an dieser Sammlung be­teiligen.

Stuttgart, 31. Mai. Am 27. Mai hat bei einem Angriff, als erster aus dem Graben vor­stürmend, Major d. R. Fetz er an der Spitze seines Bataillons den Heldentod gefunden.

Württ.Landesverband Evang. Arbeiter­vereine. An Stelle der sonst alljährlich an Pfing­sten tagenden Landesversammlung der Evang. Ar­beitervereine fand in diesem Jahr mit Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse und die allgemeine Lage eine Ausschußsitzung des Landesverbandes statt, die am Pfingstmontag unter Leitung des Vorsitzenden, Stadtpfarrer Lamparter, in Stuttgart abgehalten wurde. Der Vorsitzende wies auf die bedeutsamen Aufgaben hin, die den Evang. Arbeitervereinen auch künftig zufallen werden. Der Sitzung wohnte erst­mals eine Vertreterin der Evang. Arbeiterinnen­vereine des Landes an, deren Zahl ständig im Wachsen begriffen ist und deren Organisation weiter ausgebaut werden soll. Aus dem Bericht des Ge­schäftsführers der Verbandssterbekasse, Silberarbeiter Boß-Heilbronn ist zu entnehmen, daß der Reserve- und der Sicherheitsfonds dieser Kasse nunmehr die gesetzlich vorgeschriebene Höhe erreicht hat, so daß die Uebergangsbestimmungen in Wegfall kommen und vom 1. Januar 1918 an alle Kaffenmitglieder m den vollen Genuß der satzungsgemäßen Kassen­leistungen gelangen. Weiterhin wurde eine Kom­mission von 6 Mitgliedern gewählt, der die Auf­gabe übertragen wurde, den Entwurf eines neuen Programms der württ. Evang. Arbeitervereine unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Kriegszeit und, der Erfordernisse der Zukunft auszuarbeiten.

Zur Organisation der Holzversorgung. Aus Berlin wird gemeldet: Nach dem im Ein­vernehmen mit der Staatsforstverwaltung gefaßten Beschluß der maßgebenden Behörden sollen künftig hauptsächlich diejenigen Waldflächen für den Abtrieb bestimmt werden, die sich in unmittelbarer Nähe der Sägewerke und an guten Straßen befinden. Um Preistreibereien zu vermeiden, werden möglichst frei- hündige Holzverkäufe abgeschlossen werden. Die Teilnahme von Holzkäufern, welche aus entfernten Gegenden zu etwaigen Holzversteigerungen erscheinen und die Preise emportreiben, soll verhindert werden. Es werden besondere Prüfungsstellen geschaffen und mit Fachleuten besetzt. Diese Organisationen werden sich mit der Prüfung aller Fragen zu be­schäftigen haben, die eine geeignete Einteilung der Holzbestände für die bestehenden Bedürfnisse be­zwecken. Wie weit ähnliche Maßnahmen für Württemberg in Betracht kommen, wird sich zeigen.

Stuttgart, 30. Mai. Auch die elektrische Straßenbeleuchtung wird bis auf weiteres außer Betrieb gesetzt werden, erstmals in der Nacht zum 1. Juni ds. Js. Nur in der Innenstadt werden noch einzelne Lampen brennen.

Peronospora in Sicht! Die Kgl. Weinbau­versuchsanstalt Weinsberg schreibt: Weingärtner, spritzt sofort die Weinberge! Da die Peronospora in den Weinbergen gefunden worden ist, ist sofortiges Bespritzen der Weinberge notwendig, wobei besonders auf das Bespritzen der Unterseite der Rebblätter und der Gescheine zu achten ist.

Maulbronn, 30. Mai. Von den 9 franzö­sischen Gefangenen, die hier untergebracht sind, sind auf einmal vergangene Nacht acht entflohen, drei hat aber bereits der Landjäger in Illingen wieder aufgegriffen. Sie waren mit Proviant gut ausge­rüstet und haben sogar noch einen vollbepackten Rucksack zurückgelassen. Der neunte will die Flucht verschlafen haben.

Beilstein, 30. Mai. In einem Weinberg des Jakob Schmoll hier wurden blühende Trauben (Schwarze Weihrauch) und reife Erdbeeren ange­troffen. Der Stand der Weinberge ist vorzüglich. Die Traubengescheine treten sehr zahlreich auf.

Ulm, 30. Mai. In der Stadt schwirren ein­mal Gerüchte von verdorbenen Lebensmitteln durch die Luft. Eine Menge fauler Eier habe die Stadt in die Donau werfen müssen und städtisches Rauch­fleisch sei verdorben. An dem Gerede ist, wie der Gtadtvorstand in einer öffentlichen Sitzung feststellte, kein wahres Wort; die Behauptungen sind völlig aus der Lust gegriffen. Den Erfindern und Ver­breitern solcher Gerüchte soll nun auf den Leib ge­rückt werden; die Polizei ist beauftragt worden, die verleumderischen Zungen festzunageln.

Gosbach, OA. Geislingen, 31. Mai. Am Dienstagabend ging ein schweres Gewitter über

unsere Gegend hin, das schweren, zum Teil vernich­tenden Hagel brachte. Am schwersten dürfte die Gemeinde Hohenstadt betroffen worden sein. Der Hagel schlug dort eine Menge Fenster ein, entlaubte die Bäume vollständig und zerschlug die Saaten wie die Futterpflanzen ausnahmslos. Wohl 1215 cm hoch lagen die Hagelkörner auf freiem Feld und der Straße, sodaß man hätte leicht Schlitten fahren können. Der Hummelberg, der ins Gostal herunter­sieht, glich nach Stunden noch einer völligen Schnee­landschaft.

Aus StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Ausdehnung der Jnvalidenversiche- ru'ngsp flicht auf selbständige Hand­werker. Aus den Kreisen der selbständigen Hand­werksmeister machten sich seit langer Zeit Bestrebungen nach Ausdehnung der Jnvalidenversicherungspflicht auf die selbständigen Handwerker geltend. Dem Vernehmen nach steht die Reichsregierung diesen Bestrebungen jetzt geneigter gegenüber; die Aus­dehnung der Versicherungspflicht in gedachtem Sinn wird in den beteiligten Kreisen erwartet.

/X Herren alb, 31. Mai. Einen sehr anregenden vaterländischen Unterhaltungsabend ver­anstaltete mit dem Karlsruher Dialekthumoristen Romeo der Schwarzwaldverein im Saale des Konservationshauses. Ungemein zahlreich war die Zuhörerschaft aus den Kreisen der Kurgäste und der Einwohnerschaft. Romeo weckte wieder Stürme von Heiterkeit durch die drastische Bildkraft seiner fröh­lichen Muse, wußte aber auch durch gemütstiefen Ernst zu fesseln. Musikalische und humoristische Vortrüge erlesener Art standen den seinigen eben­bürtig zur Seite: Vierhändige Klavierstücke von Herrn und Frau Lorenz-Karlsruhe, Sologesänge von Frln. I. Heid elberg, Hofopernsängerin aus Karlsruhe und von Hrn. Graar ud aus Norwegen. Die vorzügliche, technisch hoch zu wertende Beglei­tung am Flügel führte Frau Emma Lorenz-Saar in vollendeter Weise aus. Die drolligen Bauch­rednerkünste des Herrn Hofphotographen Luger- Karlsruhe schloßen den Abend in angenehmster Stimmung.

Pforzheim, 31. Mai. Den anonymen Bries- schreibern mag folgender Fall zur Warnung dienen. Im November 1916 ging bei dem hiesigen Bezirks­amt eine namenlose Anzeige ein, in welcher die Ehre eines jungen Mädchens schwer angegriffen wurde. Die Erhebungen ergaben die Unwahrheit der Anzeige, und das Mädchen stellte gegen den unbekannten Verfasser Strafantrag wegen Beleidi­gung. Es stellte sich heraus, daß der Brief von einer Frau Rosa Dürr von Wildbad geschrieben war, die nunmehr vom Schöffengericht zu 100 Mk. Geldstrafe oder 20 Tagen Gefängnis verurteilt wor­den ist.

Vermischtes.

Papierunterkleidung für französische Soldaten. Ueber die Unterkleidung aus Papier, die neuerdings für die französischen Soldaten her­gestellt wird, kann man aus der Revue nähere Ein­zelheiten erfahren. Das Zentrum dieser neuen In­dustrie ist die große Papierfabrik in Vidalon, die mit dem neuen Verfahren auf Anregung der Pariser Akademie der Wissenschaften begann. Da nicht ein­geführte Faserstoffe benutzt werden sollten, verwendet man in Frankreich angepflanzten Hanf und ein gro­bes Werg, das durch das Aufdrehen alter Taue gewonnen wird. Das Hanfpapier ist sehr stark, muß aber wegen seiner Weichheit noch besonders verstärkt werden, um für die Unterkleidung dienen zu können. Darum zieht man es auf eine billige, lose gewebte Leinwand auf. Um diesen Papierstoff wasserdicht zu machen, wird er in eine aus trocknenden Oelen und einer fetthaltigen Gelatinegallerte bestehende Emulsion getaucht, hierauf getrocknet und schließlich mit einer Lösung von Formaldehyd getränkt, welche die Gela­tine unlöslich macht. Dann ist der etwas komplizierte Papierstoff wasserdicht und haltbar, er kann gewaschen werden und ist außerdem angeblich gegen die Fest­setzung von Insekten gefeit. Entgegen früheren Mel­dungen ist festzustellen, daß aus diesem Papierstoff nicht die ganze Unterkleidung, sondern nur gewisse bestimmte Stücke angefertigt werden. Hauptsächlich handelt es sich um Brust- und Lungenschützer, die nur 85 § wiegen und durchschnittlich 60 Pfennig das Stück kosten. Daneben stellt man auch Schutzwesten für Posten während der Winterzeit und Schuhein­agen her, die einen erfolgreichen Schutz gegen die Kälte bilden sollen. Einen Hauptvorzug dieser Unter­kleidung ans Papier erblickt man in ihrer Leichtigkeit, die eine Mitführung mehrerer Stücke im Tornister ohne Beschwerden gestattet.

Kriegssorgen der Selbstmörder. Einen besonderen Scherz erzählt dasPrager Tagblatt" seinen Lesern: Ein Lebensüberdrüssiger verschafft sich in einer Apotheke Cyankali, um sich den Tod w geben. Vergeblich wartet er die Wirkung bis zum nächsten Tage ab. Dann läßt er die Reste des Giftstoffes prüfen: es war Kriegs-Zyankali-Ersak Da kauft er sich einen Strick und hängt sich M Fensterkreuz auf. Der Strick reißt; er war ans Papier. Das zweimalige Mißlingen des Selbst­mordes betrachtete er als eine» Wink des Schicksal! Neue Lebenslust erfaßt ihn. Er geht in ein Re­staurant und läßt sich ein Gulasch geben. Zwei Stunden danach war er tot.

Gedenken.

Gustav Bosler.

Wenn der 4(ächte dunkle Schwingen über all dem Sorgenleben ruhen, wenn ein leichter Nebel weidet um mich her, ist's mir, als ob über all des Krieges Jammer auch ein Friedensband gezogen wär'.

Meine Seele lebet stiller, eingehüllt in stummen Abendfrieden, weckt den toten Freund mir aus der stillsten Ruh'' und mir ist's, als ob wir jetzt wie einstmals gingen Seit' an Seit' dem einen Ziele zu.

Und doch ziehn im fernen Osten blutigrot gefärbt die bleichen Nebel, einz'ger Freund, noch über deinem Grabe hin.

Für die Heimat gingst Du, sielst Du; doch einst werden Friedensheldenblumen Deinem Grab erblühn.

Letzte Nachrichten u. Telegramm«.

Berlin, 1. Juni. (WTB.) Zum Besten der U-Boots spende und zur Erinnerung an die See­schlacht im Skagerrak (31. Mai 1916) fand gestern in den Festräumen des Reichstages ein Gesellschasts- abend unter dem Ehrenpräsidium des Reichskanzlers, des Generalfeldmarschalls von Hindenburg und des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Admiral v. Capelle, statt. Das Präsidium hatten übernommen: Reichstagspräsident Dr. Kämpf, Generalfeldmarschall v. Bülow, Admiral v. Baudissin. Ein auserlesenes Programm wurde von hervorragenden Künstlern zum Vortrag gebracht. Zum Schluß dankte Vize­präsident Dr. Paasche den zahlreichen Zuhörern für ihr Erscheinen und erinnerte an die Schlacht am Skagerrak, an unsere herrliche Flotte, an die un­vergleichlichen Heldentaten unserer Unterseeboote uni an den Mann, der die deutsche Flotte zu so herr­licher Blüte gebracht habe, unseren Kaiser.

Genf, 31. Mai. Nach einer Meldung des Petit Journal" aus Petersburg wurde Großfürst Nikolai Nik o laj ewitsch auf Befehl der provisorischen Regierung in Haft genommen.

Bern, 1. Juni. DerMatin" meldet aus Grenoble: Die Jsere hat die Dämme bei Voreppe durchbrochen. Die Bahnverbindung GrenobleLyon ist bedroht. Viele Fabriken des Departements mußten infolge Strommangels den Betrieb einstelle». Pioniere wurden zur Sicherung der Ortschaften aufgeboten.

Bern, 31. Mai. (GKG.) LautBerner Bund" meldet Havas aus Rio de Janeiro, die brasilianische Presse fordere einstimmig den Krieg gegen Deutsch­land und die Entsendung einer Armee von 200000 Mann nach Frankreich; die brasilianische Flotte werde nächster Tage in See stechen, um im Atlan­tischen Ozean gegen die Tauchboote zu patrouillieren.

Berlin, 1. Juni. (WTB.) Der Funksprnch Lyon vom 28. Mai, 7 Uhr vormittags, zitiert einen Aufsatz derVossischen Ztg.", in dem von der Mißhandlung wehrloser deutscher Gefan­gener in Frankreich die Rede ist, und schreibt da­zu: Eine Regierung, die es duldet, daß derartige Gemeinheiten geschrieben werden und die darauf zu­rückgreift, um ihr Volk zu täuschen, entehrt sich selbst in den Augen der Welt. Welchen Ausdruck muß man da erst für eine Regierung anwenden, die nicht nur wie die französische solche Gemeinheiten und scheußlichen Mißhandlungen zuläßt, sondern sie selbst veranlaßt und das Volk dazu aufreizt? Durch keinen noch so raffinierten Lügenfeldzug wird sich die französische Regierung von der Schmach frei machen können, gleich zu Beginn des Krieges sinn­losen Haß gepredigt und die niedrigsten und tierischsten Instinkte des Volkes durch unbedenkliche Greuel- ügen und Verleumdung des Feindes aufgepeischt zu haben. Wenn jetzt die französische Regierung den Versuch inacht, ihre eigenen Sünden dem Gegner zuzuschieben und ihn mit diesen zu brandmarken, !« wird sie in der ganzen neutralen Welt mitleidige Verachtung finden.