robuste Persönlichkeit erfordert hätte. Fortgesetzte Drohungen derer, die keine Kartoffeln von der Stadt erhalten konnten, und das Stocken und förmliche Versagen der Kartoffellieferung seitens der Stadt haben den pflichteifrigen Beamten derart seelisch erregt, daß er im Wahne, um seinetwillen müßten nun Tausende Hunger leiden, sich selbst das Leben nahm. Vorgestern wurde er in Roigheim bei Heilbronn beerdigt.
Hollenbach bei Künzelsau, 3. Nov. Ein zahlreiches Trauergefolge, darunter 6 Offiziere und etwa 25 Zöglinge des Lehrerseminars in Künzelsau mit ihrem Rektor an der Spitze, erwiesen letzten Sonntag dem bei einem Uebungsflug in Böblingen tödlich verunglückten, erst 26 Jahre alten Fliegerleutnant und früheren Lehrer am Künzelsauer Lehrerseminar, Koch von hier, die letzte Ehre. Schon zu Beginn des Krieges wurde der auf so tragische Weise Verunglückte, der sich als Lehrer wie als Offizier bei Vorgesetzten und Untergebenen großer Beliebtheit erfreute, schwer verwundet.
Göppingen, 3. Nov. Kommerzienrat Georg Böhringer hat aus Anlaß der Verleihung des Kommerzienratstitels der Stadt 10 OM Mk. für die Volksküche und dergleichen überwiesen.
Wiefenstettcn O/A. Horb, 3. Nov. Der Bauer Andres Hellstern mußte seit April einen Ochsen, ein Rind, zwei Kühe und zwei Kälber notschlachten, um bei den hohen Viehpreisen das Fleisch überhaupt noch verwerten zu können.
klus StaSt» Bezirk unS Umgebung.
Ziviltragen im Urlaub. Uebereinstimmend gaben die Militärbehörden Preußens, Bayerns, Sachsens und Württembergs bekannt, daß Mannschaften (Unteroffiziere und Gemeine) auf Urlaub nur dann Zivilkleider tragen dürfen, wenn die beurlaubenden Vorgesetzten die Genehmigung dazu erteilt und einen Vermerk darüber auf den Urlaubsscheinen ausgenommen haben.
Altsilber wird gegenwärtig vielfach von Händlern usw. unter dem tatsächlichen Wert anzukausen gesucht. Deshalb sei darauf hingewiesen, daß die K. Münze in Stuttgart Altsilber, insbesondere Münzen, zum tatsächlichen Wert in jeder Menge ankauft.
** Pforzheim, 2. Nov. Kommerzienrat C. W. Meier, welcher seit 1889Mitglied der Handelskammer ist und seit 1898 das Amt des Präsidenten der Kammer bekleidet, hat aus Gesundheitsrücksichten dieses Amt niedergelegt. Er genießt das Vertrauen, namentlich in den Fragen der staatlichen Versicherungsgesetzgebung, wie natürlich in denen der Edelmetall-Industrie sehr sachverständig zu sein. Er hat sich vorn Arbeiter zum Fabrikanten und Führer der hiesigen Industrie aufgeschwungen.
ver Spion«
Illes fürs Vaterlanck.
Erzählung von Hann« Kurd.
8s (Nachdruck verboten.)
In Kattowitz, der „lichterreichen Stadt" Oberschlesiens, liegt gegenüber dem imposanten Bahnhof das Hotel Monopol. In dem mächtigen, vierstöckigen Gebäude, das seine Fronten nach der Bahnhofstraße und der Querstraße erstreckt, ist unten im Erdgeschoß das große Cafe, in dem stets ein großes, internationales Publikum zu finden ist: Russen, in Uniform oder in Zivil, mit ihren Damen, die zigarettenrauchend ihren Mokka oder ihre Schokolade schlürfen,Oesterreicher, das fahrende Volk der Geschäftsreisenden, bunt vermischt mit den Einheimischen oder den vielen Fremden, die, vergnügungshalber oder geschäftlich in Kattowitz sich aufhalten.
Eine Ungarn-Kapelle spielt allabendlich dort, so die Gäste unterhaltend, die lesend oder schwatzend sich zusammenfinden. An den großen Billards herrscht reges Leben und die Ecken neben dem mächtigen Büfett sind besetzt durch Herren, die dort ein kleines Spielchen machen. Etwas abseits an einem kleinen Tischchen sitzt ein eleganter Herr und liest.
Neben ihm sitzen einige russische Offiziere in lebhafter Unterhaltung. Gespannt horcht der Fremde hin.
Er, selbst Russe, versteht jedes Wort. Ab und zu gleitet ein schneller Blick finster zu den Offizieren hinüber, in deren Gesellschaft sich eine Dame befindet, die, gelangweilt, sich müde in dem Hellen Raume umsieht.
Ihr Blick streift, unter halbgeschlossenen, langen Wimpern hervor, den Fremden, und ihre Lippen öffnen sich halb.
Reformatio» sfeft.
Das Reformationsfest stellt einmal wieder die Heldengestalt Luthers vor unsre Seele. Es ist gut und nötig, daß sie uns immer wieder grüßt. Wo deutsche Christenmenschen kämpfen und siegen, da muß Luthergeist dabei fein: der gläubige, der demütige, der trotzige, der siegesgewisse Luthergeist.
Der Geist des Glaubens! Was wären wir ohne ihn im dritten Kriegsjahr, an der Schwelle eines dritten Kriegswinters. Wer nicht im Glauben die schwere Last auf sich nehmen kann, der hat nur die Wahl zwischen ohnmächtiger Wut und stumpfer Ergebung. Wenn es unsrem deutschen Volk erspart bleiben soll, daß sein herrlicher Auszug zum heiligen Krieg auf eine Lahme ausgehe, so kann es nur kommen aus dem Geist des Glaubens, der über dem Toben der Völker, über dem Wüten der Feinde die göttliche Allmacht walten sieht: „Ein feste Burg ist unser Gott!"
Und der Geist der Demut! Wir wissen recht gut, was wir können' — jetzt nach zwei schwersten Kriegsjahren ivissen wirs besser als je einmal. Es soll uns auch kein Geschrei der Feinde die Freude an unseren herrlichen Erfolgen auf allen Kampfplätzen und an allen Arbeitsstätten verleiden. Aber wir sollen es auch verlernt haben, darauf zu pochen. Wie viele Dinge spielen mit in diesem weltgeschichtlichen Riesenkampf, die wir nicht in unserer Hand haben! Und wie vieles haben wir in diesen zwei Jahren mit Beschämung in unseren Reihen entdeckt, was unsere Kraft hemmt und lähmt! Wir wären übel beraten, wenn es nicht in unserer Seele geschrieben stände: „Mit unserer Macht ist nichts getan!"
Dennoch aber der Geist des Trotzes! Die sollen sich täuschen, die da meinen, daß wir genötigt wären, von unserer guten Sache einen Fußbreit nachzugeben. Das haben wir von Luther gelernt, daß der wahre Held, der vor seinem Gott auf den Knien liegt, vor keiner Macht der Welt das Feld räumt. Gewiß, es hat uns allen schon das Herz gezittert, wenn wir einen neuen Feind um den andern gegen uns aufmarschieren sahen. Aber wir brauchen der Furcht nicht Raum zu geben, solange wir auf dem Boden demütigen Glaubens stehen. Nein, wir fürchten uns nicht: es soll uns doch gelingen — „und wenn die Welt voll Teufel wär!"
Darum der Geist der Zuversicht! Der soll uns nicht abhanden kommen. Nicht als ob wir eine Versicherung hätten, daß alle unsere Wünsche in Erfüllung gehen! Wir Wissens recht gut, was für schmerzliche Durchkreuzung unserer Pläne es geben kann. Aber wenn wir nichts wollen gegen Gottes Willen, wenn wir unser eigenes und der Unsrigen Los und zumal unseres deutschen Volkes Zukunft gut aufgehoben missen in dem ewigen Ratschluß Gottes, dann gibts für uns nichts anderes
Der Fremde fängt den Blick auf und hält ihm stand.
Da umspielt ein leises Lächeln, sekundenlang, ihremMund, sie neigt sich ein wenig vor und senkt den Blick.
Auch der Fremde lächelt, sarkastisch schürzt er die Lippen und sieht auf die Offiziere.
An ihren Uniformen erkennt er die Chargen und Waffen, zwei Hauptleute eines Artillerieregiments, zwei Infanteristen, junge Leutnants noch und einen Kosakenhetman (Hauptmann).
Sie sprechen über ihre Regimenter.
Gespannt horcht der Fremde, und dann beugt er sich vor. Ein Wort war gefallen! Krakau.
Und hört weiter: Spionage.
Atemlos horcht er.
„Kennen Sie Krakau?" fragt der Artillerie- hauptmann einen Leutnant.
Der schüttelt den Kopf.
„Nein! Es soll sehr schön sein, hörte ich," meint er.
„Sehr schön, mein lieber Romanowitsch, sehr schön. Fahren wir doch nächsten Sonntag mal hin! Natascha, du kommst doch mit?"
Die Dame bläst den Rauch ihrer Zigarette von sich und sagte langsam:
„Sonntag? Ach, da kommt doch Wassyl Storkoff mit seiner Frau?"
„Sonntag?" wiederholt der Offizier. „Davon wußte ich ja noch nichts. Liebe Natascha, ich liebe den Verkehr nicht, du weißt. Ich möchte da doch wohl lieber nach Krakau fahren. Also, Romanowitsch, es bleibt dabei, wir fahren! Du wirst mit dem Besuch schon allein fertig, nicht wahr?" wandte er sich wieder an die Dame.
„Die sind verheiratet," dachte der Fremde und blickte wieder hinüber. Dann geht das Gespräch auf andere Dinge über, die ihn nicht interessieren.
als Sieg und Triumph, mag es auch noch so gff heißen: laß fahren dahin ü - „Das Reich muß m,s doch bleiben!"
Der Luthergeist soll nicht aussterben im deutschen Christenvolk — ivir brauchen ihn so nötig wie das tägliche Brot in unserem schweren Kampf: den vor Gott demütigen, gegen alle Welt trotzigen und darum siegesgewiffen Geist des Glaubens. Das soll eininal wieder in nns fest und neu werden am Reformationsfest! ep.-
Neuenbürg, 4. Nov. Auf dem heutigen Schweine markt waren 22 Milchschweine zugeführt, welche zu 42—48 -/E pro Paar rasch abgesetzt wurden.
Herbftuachrichten
Mundelsheim, 3. Nov. Der „Neue" wäre nun glücklich im Faß; die Qualität verspricht gut zu werden. --- Bei dem Verkauf des hofkammerlichen Erzeugnisses am 27. Oktober wurden ähnliche Preise erzielt wie bei der hiesigen Weingärtnergesellschaft; 1 Hektoliter des Weißriesling wurde mit 240 Mk. bezahlt. Bei dem guten Wetter reist das Holz vollends gut aus und unsere Weingartner hoffen für das nächste Jahr auf einen guten und reichlichen Herbst.
Vermischtes.
Mannheim, 2. Nov. Der Heereslieferant Salli Rosenbaum, Inhaber der Herrenkleiderfabrik Rosenbaum u. Kahn in Mannheim, wurde heute von der Strafkammer wegen Betrugs zu 2 Monaten Gefängnis und 30M Mk. Geldstrafe verurteilt. Rosenbaum hatte bei Lieferung von Mänteln und Hosen für das 14. Armeekorps seinen Heimarbeitern nicht den ihnen vertraglich zustehenden Anteil am Verdienst ausbezahlt und sie dadurch um über 110M Mk. geschädigt.
Wackere Elsässer. Der Sohn des Hage- nauer Stadtarchitekten Aaver Stoll kam schwerverwundet in ein französisches Lazarett. Nach längerem Aufenthalt in einem Gefangenenlager wurde Stoll nach der Schweiz verbracht wo er mit seiner Mutter zusammentraf. Dieser erzählte er, daß er eines Tages nach seiner Wiedergenesung den Besuch Blumenthals erhalten habe, der ihn zu betören versucht habe, seinem Vaterland untreu zu werden. An glänzenden Versprechungen ließ es der Vatn- landsverräter nicht fehlen. Stoll aber wollte davon nichts wissen und versetzte dem Colmarer Exbürgermeister, daß ihm sehr viel daran liege, nach Hagenau zurückzukehren, daß er dieses Ziel nicht mit französischer Unterstützung erreichen wolle. Den Treueid, den er für Kaiser und Reich geschworen, wolle er nicht brechen. Verärgert wandte sich Blumenthal zu den anderen Elsäßern, bei denen er auch nichts ausrichtete. Da trat ein französischer
Die Dame stand auf und flüsterte ihrem Gatten etwas ins Ohr. Der sah nach der Ukr und nickte.
Sofort trank der Fremde aus und zahlte.
Kurz nach dem Fremden verließ auch er das Cafe.
Natascha ging langsam die Querstraße entlang und sah sich die Auslagen in den Geschäften an, all und zu einen Blick nach der Seite werfend.
Plötzlich schrak sie leicht zusammen, der Fremde stand neben ihr.
„Gestatten Sie Gnädigste?" In elegantem Französisch redete er sie an.
Sie neigte leicht den Kopf und in ihrem Auge blitzte es triumphierend.
„Einkäufe?" fragte er, ziemlich kurz.
„Ja, noch einige Kleinigkeiten, bevor die Läden geschlossen werden. Ich habe noch einiges vergessen.".
„Der Herr neben Ihnen ist Ihr Gatte?"
„Gewiß. Zu alt für mich, nicht wahr?" lachte sie. „Piotr Senszow ist auch fast 25 Jahre älter als ich."
Der Fremde lächelte, nicht so sehr über den Altersunterschied, als über die feine Diplomatie, seinen Namen zu erfahren.
Er lüftete die Pelzmütze und stellte sich vor:
„Dimitri Danielowitsch."
„Ah," machte Natascha; „Russe?"
„Zu dienen," antwortete er nun russisch.
„Das ist nett. Sind Sie Offizier?"
„Gewesen, gnädigste Natascha, noch vor or« Jahren."
„Und jetzt?"
„Reisender."
„Ah, und in welcher Branche?"
„In Kanonen."
Natascha lachte.
(Fortsetzung folgt.)