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Preise find etwas in die Höhe gegangen und ver­langte man 1215 A Heidelbeeren kosteten 12 bis 14 A, Prestlinge 1830 A Himbeeren 25 bis 30 A Johannisbeeren 25 Stachelbeeren 20 A Erdbeeren 50 A das Pfund.

Herren alb, 21. Juni. In Herrenalb hat ein Dienstmädchen aus dem Elsaß in der Villa Marienburg einem Kurgast das Portemonnaie gestohlen. Als es sich entdeckt sah, warf eS 4 Hundertmarkscheine in das Herdfeuer und das Gold und Stlbergeld in den Abort.

Reutlingen, 21. Juni. Eine Dampf­walze rannte heute abend 5'/- Uhr in der Renn­wiesengasse einen eisernen Brunnen um. Da die Bremse versagte fuhr die Maschine in das Haus des Johannes Merk und riß die ganze Vorderfront ein. Durch einen Betonsockel wurde sie dort auf­gehalten und zum Stehen gebracht. Der Schaden an dem Hause ist bedeutend.

Bei der am 25. bis 27. Juni in Schwäb. Gmünd stattfindenden Hauptversammlung des Württ. Bundes für vereinfachte Stenographie Stolze-Schrey wird Prof. Werner-Stuttgart den Festvortrag halten über die gegenwärtige steno­graphische Lage und die Bedeutung des Einigungs- Systems Stolze-Schrey. Zur Teilnahme, insbe­sondere am Wettschreiben und Wettlesen, liegen zahlreiche Anmeldungen besonders aus Stuttgart vor. Dem Bunde sind im laufenden Jahre 15 Vereine darunter 12 neugegründete beigetreten. Unter diesen befindet sich auch derAkademische Stenographenverein Stolze-Schrey" an der Kgl. technischen Hochschule. Auch die Zahl der Unter­richteten, insbesondere an Lehranstalten und Handels­schulen hat bedeutend zugenommen. Die Fabrik Stolzenberg Oos-Baden hat für die Festteilnehmer in Gmünd in dankenwerter Weise hübsche Wappen mit Mdmung überweisen lassen.

Fellbach, 20. Juni. Die Heuernte, welche Heuer so reiche Erträge lieferte und den Preis des neuen Heues bis zu 1.30 per Ztr. herabdrückte, ist zu Ende. Auch die übrigen Futter­gewächse stehen äußerst üppig. Herrliches Wachstum zeigen die Brachgewächse, wie Angersen, Zuckerrüben u. s. w.; Kartoffeln blühen. Die Saaten, von denen durch den letzten Regen manche zu Boden gelegt wurden, zeigen rasches Wachstum und steht Dinkel bereits in der Blüte; auch in den Weinbergen; wo in letzter Zeit eifrigst geschwefelt und gespritzt wurde, ist allgemein derBlühet" eingetreten. Die Obstaussichten sind gute, doch nicht in dem Maße, als man vermutete; Birnen gibt es wenig, von den Aepfeln fallen immer noch viele ab; recht ertragreich sind Heuer die Prestlinge und Johannisbeeren.

Heilbronn, 18. Juni. Von der Zivil­kammer des hiesigen Landgerichts wurde der Neckar­zeitung zufolge gestern nachmittag die Klage des früheren Oberbürgermeisters Hegelmaier gegen die Stadtgemeinde auf Bezahlung von 8152.93

für Sporteln und Gebühren aus seiner Suspenstons- zeit in mehrstündigen Plaidoyers verhandelt. Hegel­maier, der persönlich nicht erschien, war durch Rechtsanwalt Spröhnle vertreten, die Stadt durch die Rechtsanwälte Schloß und Rosengart, welch letztere die kostenpflichtige Abweisung der Klage be­antragten, weil sie unbegründet sei und wegen der Ungünstigkeit des Rechtsweges. R.-A. Schloß er­klärte. daß die Stadt bezüglich der Hauptsumme die Verjährung nicht geltend mache, dagegen bezügl. des Zinsanspruches. Das Urteil wird in der näch­sten Woche verkündet werden.

Aalen, 21. Juni. Der württ. Fleischer­verband hielt gestern seine Jahresversammlung in hiesiger Stadt ab. Sie war von etwa 400 Fachgenossen besucht und nahm einen sehr schönen Verlauf. Die Verhandlungen unter dem Vorsitz von Häußermann-Stuttgart fanden im ev. Vereins­haus statt, und das reichbesetzte Festmahl wurde im prächtig dekorierten Spritzenhaussaal einge­nommen. Im Vereinshaus brachte Häußermann- Stuttgart einen Toast auf Seine Majestät den König aus. Auch wurde ein Huldigungstelegramm an denselben abgesandt.

Ravensburg. 21. Juni. Für manche Besucher des Schwäbischen Sängerfestes dürfte es nicht ohne Interesse sein, auf einen der schönsten Punkte des Oberlandes aufmerksam ge­macht zu werden, von dem aus sich dem Auge eine prächtige Alpenfernsicht, neben einem Ueberblick auf fast den ganzen Bodensee und seine Ufer bietet. Es ist dies dieWaldburg", das Stammschloß des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Die Waldburg, 797 w über dem Meere, ist zu Fuß von Ravensburg aus in 2 Stunden leicht zu erreichen und wohl der lohnendste in der Nähe gelegene Ausflugspunkt der Ravensburger.

Kißlegg, 21. Juni. Das Samstag früh lt. Waldseer Wochenblatt niedergegangene Gewitter verursachte in hiesiger Gegend durch gleichzeitigen Hagelschlag teilweise großen Schaden. Im benach­barten Bad Krumbach fielen die Schloßen in Größe von Hasel- und Wallnüssen so dicht, daß sie am andern Morgen noch Haufenweise lagen. Im Bad und in der Mühle wurden Dutzende von Fenster­scheiben eingeschlagen. Glücklicherweise scheint das Hagelwetter nur einen verhältnismäßig schmalen Streifen berührt zu haben.

Pforzheim, 21. Juni. Wegen Gold- schnipfelkauf und Hehlerei wurde ein hiesiger Fabrikant, sowie der Goldschmied, welcher das Gold seinem Arbeitgeber stahl und an den elfteren verkaufte, verhaftet.

Darmstadt, 21. Juni. Heute Mittag fand in Gegenwart des Staatsministers Rothe und der Spitzen der Staats-, Militär- und städtischen Behörden die feierliche Grundsteinlegung der von der Darmstädter Studentenschaft geplanten Bis­marcksäule auf dem Donnerberg (eine halbe

Stunde von der Stadt) statt. Studiosus Stein­brecher hielt die Festrede.

Mainz, 20. Juni. Nach aus Newyork hierher gelangten Meldungen wurde dort der hessische Lotterie-Kollekteur Döblin aus Mainz verhaft^. Derselbe war vor einiger Zeit unter Hinterlassung bedeutender Schulden durchgebrannt. Unter seinen Gläubigern befindet sich eine Mainzer Firma, die allein 100000 zu fordern hat.

Breslau, 20. Juni. Generalleutnant von Trotha hat, wie derSchlesischen Zeitung" aus Berlin gemeldet wird, sofort nach seiner Ankunft telegraphisch bedeutende Verstärkungen ver­langt. Die militärische Lage sei sehr ernst. Oberst Leutwein sei zu weit vorgestoßen, so daß der Rück­zug der Etappenlinien fast ohne Verteidigung sei und es den Hereros ein leichtes wäre, sie an jedem beliebigen Punkte zu unterbrechen und ernsteste Schwierigkeiten zu bereiten.

Berlin, 20. Juni. Die diesjährige Nord­landreise des Kaisers wird in den ersten Tagen des Juli von Swtnemünde aus ihren Aus­gang nehmen. Für die Dauer der Reise sind nach den bisherigen Dispositionen etwa 4 Wochen in Aussicht genommen. Nach der Rückkehr wird die kaiserliche Familie zu mehrwöchentlichem Sommer- Aufenthalt nach Schloß Wtlhelmshöhe überstedeln.

Berlin, 21. Juni. Die Deputation der südwestafrikanischen Ansiedler, die be­stimmt darauf gerechnet hatte, noch während der Kieler Woche vom Kaiser empfangen zu werden, wird, wie verlautet, erst nach Beendigung der Kieler Regatte in Berlin zur Audienz befohlen werden.

Berlin, 21. Juni. Wie verlautet, sollen im Laufe der Monate Juli und August 1600 Mann an weiteren Verstärkung en nach Deutsch- Südwest afrika entsandt werden. Die neuen Verstärkungen sollen aus berittener Infanterie, Artillerie und einer Signal-Abteilung bestehen.

Berlin, 21. Juni. Im Abgeordnetenhause wurde heute das Gesetz betreffend die Verbesserung der Vorflut-Verhältntsse auf der unteren Oder, Havel und Spree sowie betreffend Maß­nahmen zur Verhütung der Hochwassergefahr in der Provinz Brandenburg und im Havelgebiet der Provinz Sachsen in dritter Lesung einstimmig angenommen, ebenso in dritter Lesung der Gesetz­entwurf betreffend Gewährung von Veteranen­beihilfe. Es folgte die Beratung der Interpellation Arendt betreffend Fleischbeschaugesetz, welche der Minister Podbielski beantwortete. In zweiter und dritter Lesung wurde noch das Gesetz betreffend Bestellung von Salzabbau-Gerechtigkeiten und das Gesetz über die Verlegung der Landesgrenze gegen das Herzogtum Braunschweig längs der Provinz Hannover angenommen. Morgen Interpellationen betreffend Ausbau des masurischen Kanals sowie Petitionen.

Mit Vertrauen auf Gott und ein wenig auf mich selbst, betrete ich meine Künstlerlaufbahn; erhalten Sie mir Ihr Wohlwollen und gestatten Sie mir, Ihnen aus der Ferne Mitteilung zu machen, sobald ich in Leid oder Freud eines teilnehmenden Herzens bedarf."

Der Fürst legte das Billet von sich; eS verstimmte ihn. Das lautete un­gefähr, wie ein junges Weib an seinen alten Gönner schreiben würde. Aber sein Unmut legte sich sie wollte sich ihm offenbaren in Leid oder Freud! Und ihre Berufung auf das Urteil der Welt ... Er war nur bei Lebzeiten ihres Vaters in seiner Equipage vor dem Hause erschienen, aber die Bedienung in demselben mochte an seine späteren Besuche ihre Glossen geknüpft haben. Er verstand sie also; sie war allein gewesen. Und wer war jetzt die Dame, der sie in ihrer geringen Menschenkenntnis sich angeschlofsen? Der alte Skota hatte ihm doch geklagt, daß er kein weibliches Wesen von Stand und Bildung für seine Tochter habe. Eine neue Bekanntschaft wahrscheinlich, die ihre Verwaisthcit benutzt, hatte sich an sie gedrängt; und mit dieser ging sie in die Welt! Aber sie hatte recht, ohne Zweifel!

Man erwartete ihn schon in den nächsten Tagen auf seiner Besitzung in Steiermark zur Jagd. Auch er wollte fort und vergessen, was nicht mehr zu ändern war.

X.

Die fahrende Kunst, o, sie hat wohl viel Verlockendes, namentlich für die Jugend, durch ihren Wechsel, durch die neuen Eindrücke, die das Künstlerherz empfängt, so lange dasselbe an Abenteuerlichkeiten seine Befriedigung findet; aber diese Jagd, dieses Haschen und Werben nach der Gunst eines immer neuen Publikums, also immer eines neuen Richters hat sein Ermüdendes.

Während der seßhafte Künstler sich in die Gunst desselben hineinzuleben

gewohnt ist, und er in demselben seine Freunde, seine Gönner für sein Können, sein Talent zu finden vermag, sieht der fahrende an dem einen Ort sich vielleicht über die Maßen anerkannt, vielleicht sogar gefeiert, während er in dem anderen vergeblich auch nur eine Anerkennung erwartet. Nur diejenigen, welche voraus­eilend die Reklame, die Theaterzettel, als erste Sterne in großen Buchstaben dem Publikum verkünden, haben ein Anrecht, gefeiert zu werden; aber sie müssen die Erfahrung machen, daß sie hierbei von der Gesellschaft und der Presse verherr­licht werden, während dort das Publikum kühl bleibt und dis Presse ihre Lor­beeren unerbittlich zerreißt.

An den Ecken der Straßen der Provinzialhauptstädte prangten auf den Zetteln der Truppe die Namen Rosina Gianelli und Lorenzo Garzoni als Sterne derselben. Die elftere, eine imposante Erscheinung, die schon etwas zur Korpulenz neigte, hatte in der vorigen Saison eine Kunstreise durch Nord- und Süd-Amerika gemacht, von der sie Ruhm und G-ld heimgetragen. Sie war nicht schön, aber ihre Gesichtszüge waren pikant und übten eine eigentümlich fffselnde Wirkung aus. Ihre Lippen verrieten Sinnlichkeit, ihr Kinn zeigte Energie, die sie wirklich besaß, ihre großen, schwarzen Augen beherrschten von der Bühne aus die Zuhörer, und wenn sie in gewissen Partien die Wucht ihres rabenschwarzen Haares über die Büste und den runden Nacken entfalten konnte, so erschien sie wie eine schöne Furie, die sich durch ihr leidenschaftliches Spiel und ihre Stimme alles zu Füßen zwang.

Dennoch war sie schon im Anfang der Reise nach der Vorstellung oft ver­stimmt. Das Publikum war ihr in Deutschland, das sie zum erstenmale bereiste, zu kalt gewesen. Sie schimpfte auf die Deutschen, die nur in dem damals schon seine Herrschaft über die Geister übenden Wagner ihren Gott sähen und nichts von italienischer Musik verständen. (Fortsetzung folgt.)

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