Stuttgart, 4. Mai. Dem Bebauungsplan für das Gebiet des alten Hauptbahnhofes, der gestern als dritter Entwurf den bürgerlichen Kollegien zur Beratung vorgelegt wurde, ist nunmehr einstimmig zugestimmt worden. Darnach erfährt die untere Königstraße vom Königstor bis zur Schloßftraße nach der linken Seite ein einseitige Verbreiterung, so daß die Straße eine Breite von 25 Meter erhält: beim Königin-Olgabau soll der Fußweg künftig unter die Arkaden hindurchgehen. Die neue „Kaiserstraße" wird nicht mehr in geschwungener Linie, sondern paralell zur Königstraße geradlinig laufen und vom oberen Teil des Bahnhofvorplatzes aus, der ebenfalls eine wesentliche Vergrößerung erhält, in die Schloßstraße einmünden. Eine sogenannte Anbaustraße, die durch eine Art Jnnenplätze unterbrochen wird, und die nicht als eigentliche Verkehrsstraße gedacht ist, wird als eine weitere Paralell- straße eingelegt werden. Der Lastwagenverkehr wird von außen herum geregelt werden. In einen: früheren Plan war vorgesehen, daß der ganze Menschenstrom aus dem Hauptbahnhof am jetzigen Königstor aus einem Hauptausgang und zwei Nebenausgängen sich ergießen solle; nach dem neuen Plan sollen jedoch drei gleichwertige Ein- und Ausgänge erstellt werden. Der Entwurf wird zweifellos zur Ausführung kommen, zumal sich das Ministerium des Innern bereits mit dem neuen Plan einverstanden erklärt hat.
Württ. Kriegsausstelluug 1616. Wie in verschiedenen andern deutschen Großstädten findet auch in Stuttgart eine Kriegsausstellung und zwar vom 25. Mai bis September statt. Welchen hohen Interesses sich solche Ausstellungen bei der Bevölkerung erfreuen, zeigt z. B. unsere Nachbarstadt Karlsruhe, wo eine solche Ausstellung mit etwa 40000 Mk. Ueberschuß abschloß. Das Rote Kreuz hat vorgesorgt, daß den einzelnen Ausstellungen durchaus gleichwertiges Beutematerial zur Verfügung steht.
Der Allgemeine Opfertag an Königs Geburtstag.
Das endgültige Ergebnis des am Geburtstag unseres Königs vom Württ. Landesverein des Roten Kreuzes veranstalteten allgemeinen Opfertags liegt nun vor. Es ist, wie nach den ersten Meldungen und dem Erfolg in der Stadt Stuttgart nicht anders zu erwarten war, überaus glänzend. Die Gesamtsumme, die erzielt wurde, beträgt 480590.83 Mark. Wenn man nun berücksichtigt, daß draußen in den Bezirken für deren örtliche Bedürfnisse Beträge Verwendung finden, die hier nicht eingerechnet sind, so darf man sagen, daß in Wirklichkeit mehr als eine halbe Million an Königs Geburtstag dem Roten Kreuz wiederum anvertraut worden sind. Die Gaben verteilen sich auf die Stadt Stuttgart mit 140508.92 Mark, auf die Bezirke mit 338731.66 Mark, während auf württembergische Vereinigungen außerhalb des Landes 1350.15 Mark kommen. — Das Ergebnis in den einzelnen Bezirken ist u. a. folgendes: Aalen 3755 -//, Besigheim 8850.80 -//, Biberach 10428 -//, Böblingen 2184.84 .//, Brackenheim 2940./l, Calw 5542-///', Crailsheim 3928.39-//,
In Sturm unä Stille.
27 j Roman aus der Franzosenzeit von Max Treu.
> Fortiesnnci.l
„Welches ist der Zweck der Hofdamen am Hofe zu Kassel?" fragte sie aufs neue.
„Da müssen die Frau Äbtissin schon den König selber fragen!" war die Antwort. „Ich bin nicht der König!"
„Aber man sagt, daß Sie in die Geheimnisse des Hofes sehr genau eingeweiht seien."
„Davon weiß ich nichts!"
Die Domina klingelte wieder.
„Sind die Konventualinnen der Ansicht, daß ein edler, ein sittlicher Zweck vorliegen kann bei einer Entführung wie diese ? Oder sind die Damen der Ansicht, daß dabei nur verwerfliche Zwecke in Betracht kommen?"
Eine der Damen erhob sich.
„Ich bin der Ansicht, daß eine Entführung wie diese nur zu den schlechtesten Zwecken ins Werk gesetzt werden kann. Zu edlen Zwecken bedarf es keiner Gewalt, und niemals wird, sofern es sich um edle Zwecke handelt, solche angewandt werden, wenn die Person selbst sich diesen Zwecken widersetzt. Ich bin der Ansicht, daß auch dieser Punkt genügend aufgeklärt ist." Sie setzte sich.
Die übrigen Damen stimmten ihr-zu.
„Dann habe ich den Jnkulpaten zu fragen." fuhr die Domina fort, „ob er noch etwas zu seiner Verteidigung zu sagen habe."
„Man stelle mich vor ein ordentliches Gericht!" rief Wellingerode zornig. ^
„Vor diesem sieben Sie! Und dieses Gericht wird > seinen Spruch abgeben." i
^ Wieder schlug sie das Buch auf und las: „So aber jemand eine Insassin des Stiftes oder eine !
Eßlingen 6998 -/A, Freudenstadt 2577.45 -//, Geislingen 9342.51 -/!, Gmünd 2228.25 -//, Göppingen 6969.27-//,Hall2809.12.^,Heidenheim 12184.20.^, Heilbronn 15611.74 -//, Herrenberg 3345.56 Horb 1584.80 .//, Künzelsau 3608.01 -//, Maulbronn 1794.70 .//, Mergentheim 457.10 -//, Nagold 3652.04 -//, Neckarsulm 4000 -//, Neuenbürg 6006.62 Mark, Nürtingen 3164.03.//, Oberndorf 4218.51 -//, Rottenburg 3019.03-//, Rottweil 5251.17-//, Schorndorf 2454.15 -//, Stuttgart Arnt 3194.15 -//, Sulz a. N. 1582.80-//, Tübingen 6101.50-//, Vaihingen 1178.8 Mark, Waldsee 5610.15 -//. Der Schwäbische Opfersinn hat sich auch an diesem Tag wieder auf das Beste bewährt. Wie die Kämpfer draußen im Felde zum Durchhalten entschlossen sind, so hat auch die Heimat aufs neue gezeigt, daß sie aushalten will bis zum endgültigen Siegel
Bus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Neuenbürg. Die Silberne Verdienstmedaille erhielt Friedrich Wetzel bei der Feldpostexpedition.
Aus der amtl. württ. Verlustliste Nr. 380.
Res.-Inf.-Reg. Nr. 120, 9. Komp.
Ernst Schumacher, Birkenfeld, l. verw.
12. Kompagnie.
Ernst Glauner, Gräfenhausen, schw. verw.
Ernst Höll, Birkenfeld, infolge Verwundung gestorben.
1. Landwehr-Pionier-Kompagnie.
Johannes Roller, Beinberg, l. verw., b. d. Truppe. Zu Verlustliste Nr. 253:
Jnf.-Reg. Nr. 125, Stuttgart, 9. Komp.
Ernst Schönthaler (nicht Schöntaler), Oberniebelsbach, (nicht Stuttgart) gefallen. Zu Verlustliste Nr. 299: Res.-Jnf.-Reg. Nr. 122, 7. Komp.
August Sieb, Bernbach, bisher vermißt, in Gefgsch.
gestorben (gern. v. Frankr.).
Neuenbürg, 4. Mai. Nach einer Verfügung des Ministeriums des Innern ist der gewerbsmäßige Ankauf von Säcken für Brotgetreide, Mehl, Hafer, Kartoffeln, sonstige Futterrnittel usw. nur mit schriftlicher Erlaubnis des Oberamts gestattet, in dessen Bezirk der Ankauf erfolgen soll.
Tein ach, 4. Mai. Fabrikant Otto Haag von Eßlingen hatte in den letzten Tagen das Glück, bei Breitenberg zwei prächtige Auerhähne zu erlegen. Der glückliche Schütze hat damit seinen 25. Auerhahn erlegt.
Am 29. April hielt der Ausschuß des (die landw. Bezirksvereine Calw, Freudenstadt, Nagold und Neuenbürg umfassenden) 10. Gauverbands irr Nagold eine Sitzung, bei der insbesondere über einen gemeinschaftlichen Farrenaufkauf beraten wurde. Darüber waren die Ausschußrnitglieder einig, daß das Farremnaterial während dem Krieg sich erheblich verschlechtert habe und ein Aufkauf neuer Farren dringend geboten sei; der letztere soll demnächst durch eine hiefür bestellte Kommission in Süddeutschland event. spcfter im Simmental stattfinden; die gekauften
Farren würden in Nagold versteigert werden. Betreffs der Wiedererrichtung einer Schwernezuchtstasto,, in Sindlingen wurde, nachdem der Verbandsvorsitzende Reg.Rat Binder-Calw über die hieweqe,, in letzter Zeit unternommenen Schritte berichtet haste beschlossen, diese Frage bis nach Beendigung des > Krieges ruhen zu lassen. Zufolge Aufforderung der ^ k. landw. Zentralstelle wurden als Mitglieder der ! Farrenoberschaubehörde und des Beirats her Württ j Verkehrsanstalten geeignete Persönlichkeiten in Vor- ' schlag gebracht. (Schw. M.)
RriLgstagLbuch 191415.
Mai 1915.
3. Erfolge nördlich und östlich Ipern; Zevenkote, Zonnebeke, Westhoek, der Polygoneveld-Wald Nonne Bosschen erobert. — Vertreibung des Feindes durch die Türken aus Verscharrzunqen bei Sedul-Bahr. — In der Nordsee bringt deutsches Marinelustschiff ein englisches Unterseeboot durch Bomben zum Sinken.
4. Ferme Vanheule, Ecksternest, Schloßpark vom Herenthage und Het Eappotje-Ferrne von uns erobert. Jrn Priesterwald bei Pont-a-Mousso» und im Walde von Ailly französische Mißerfolge. — Guter Fortgang der Offensive zwischen Waldkarpathen und oberer Weichsel. — Italien kündigt Oesterreich-Ungarn den Bündnisvertrag.
5. Geländegewinn bei Ipern an der Bahn Mes- sines-Ipern. Erfolgreiche deutsche Vorstöße bei Combres und im Ailly-Wald. — Uebergang über die Wisloka erzwungen. Dukla und Jaslo besetzt. - Schwere Verluste der Engländer bei Seddul Bahr.
Vermischtes.
lieber die erste Wirkung der Sommerzeit im Rastatter Gefangenenlager berichtet die Rastatter Zeitung: Als am 1. Mai, morgens, die Begleitleute wie gewöhnlich gegen 6 Uhr (5 Uhr Winterzeit) in das Russenlager kamen, um die Russen zur Arbeit nach der Stadt abzuholen, lag alles noch in tiefster Ruhe. Die Russen waren erstaunt, daß es schon um 5 Uhr zur Arbeit ginge. Ein Gefangener wies ganz entrüstet auf seine Taschenuhr mit der Bemerkung: Erst 5 Uhr, 6 Uhr rnporten! Der Wachmann veranlaßte ihn, durch das Fenster auf die nahe Lageruhr zu sehen: Oh 6 Uhr! rief der Gefangene enttäuscht aus, und dmm auf seine Uhr sehend, murmelte er: Uhr kaput!
Schwere Sühne für eine Anzeigenfälschnng. Eine Forstwartsfrau hatte dem „Rostocker Anzeiger" eine gefälschte Farnilienanzeige eingesandt, die von der Geschäftsleitung auch ausgenommen wurde, da sie natürlich von dem „Scherz" keine Ahnung haben konnte. Die Sache kam ans Licht, und die Urheberin wurde wegen. Urkundenfälschung angeklagt. Aus Furcht vor der drohenden schweren Strafe hat die Frau, deren Mann im Felde steht, Selbstmord durch Erschießen verübt.
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Frauensperson, die in seinen Mauern wohnt, gewaltsam entführt, um sie an Leio oder Seele zu schädigen, der soll mit dem Tode bestraft werden. Und ist selbiges Urteil zu vollziehen."
Der Graf veriärbte sich. Leichenblaß wurde sein Gesicht. „Das ist nicht das Gesetz des eoäs psimi!" rief er laut.
„Wir haben unser Hausgesetz! Der eoäo pönal gilt in diesen Mauern nicht. Das Gericht des Stiftes Hohenbergen erkennt also zu Recht: Der Graf Wellingerode aus Äafsel wird, weit er eine Frauensperson, die in den Mauern des Stiftes Hohenbergen.wohnte, gewaltsam entführt hat, um sie an Leib und Seele zu schädigen, mit dem Tode bestrast. Und ist das Urteil allsofort durch den Strick zu vollziehen."
Einen Augenblick herrschte das tiefe Schweigen, das vor etwas Furchtbarem eintritt.
„Das ist Mord!" rief der Verurteilte.
Ohne jede Bewegung in der Stimme nähme die Domina aufs neue das Wort: „Ich habe die Kon- ventuatinnen zu fragen, ob sie das Urteil für recht und billig und gemäß den Gesetzen des Stiftes Hohenbergen halten."
Jede einzelne Dame antwortete nacheinander: „Es ist recht und billig und gemäß den Gesetzen des Stiftes Hohenbergen."
Wieder wandte sich die Äbtissin an den Grafen, der bleich und verstört ausiah: „Sie hörten den Spruch! Haben Sie noch einen Wunsch für dieses Leben?"
„Dieser Spruch ist Unrecht!"
„Das haben wir mit Gott, mit unserem Gewissen und Ihrem König abzumachen."
„So gewähren Sie mir Aufschub, bis ich an den König berichtet habe."
Kalt und marmorn waren die Züge der Äbtissin,
als sie entgegnete: „Unser Gesetz lautet: „Und i» selbiges Urteil allsofort durch den Strick zu vot« ziehen." Allsofort! Wir können nicht wider das Gesetz. Und an Ihren König werde ich selb» berickiev — genau und ausführlich, darauf dürfen Sie M verlaßen. Das Stift Hohenbergen hat nichts zu verheimlichen. Und das Licht der Sonne haben wir nie gescheut. Machen Sie sich bereit zu Ihrem letzten Weg!"
„Mein König wird mich rächen!"
Stolz entgegnete die Domina: „Wir werden untrer Verantwortung nicht entziehen. Wir handeln nach Recht und Gesetz!"
Sie winkte den Bauern. „Führt den Verurteilten ad. Ihr habt den Spruch gehört!"
Die Bauern nickten.
„Wohlan, so bringt ihn dem Spruch gemäß. vom Leben zum Tode durch den Strick, wie geschrieben
steht." ^
Wellingerode schwieg. Wortlos ließ er sich von den Bauern abführen. Wenn es denn nicht anders war, wollte er wenigstens als Mann zu steroe
wissen. Aber es kam anders.
Hans Joachim hatte in der seelischen Spannung und Erregung der letzten Minuten drei Psiffe uoe hört, welche draußen abgegeben worden war - Und da die Fenster des großen Kapitelsaales mau nach der Vorderseite des Stifts, nicht nach Eingangstor zu tagen, sondern nach der Rückseite z- so hatte er auch nicht bemerken können, was M Borderhose inzwischen zugetragen hatte. „
In demselben Augenblick, in welchem die ve Wachen mit dem Verurteilten zur Tür schnben, w diese von außen geöffnet und schreckensbleich U . der alte Diener Jakob herein: „Ach Jotte doch, Jotte doch! Jungherr, Jungherr!"
St 27 (Fortsetzung folgt.)
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28 > Roman a