werden, weil die Stuttgarter Druckerei, der die An­fertigung derselben für das ganze Land übertragen ist, nicht in der Lage war, alle Karten rechtzeitig zu liefern. Nicht mit Unrecht wird nun von In­teressentenkreisen die Frage aufgeworfen, ob nicht auch die ebenso notleidenden Buchdruckereien auf dem Lande diese Karten zu drucken imstande be­fähigt gewesen wären. (Anm. d. Red: Was hier­aus Göppingen berichtet wird, trifft auch für den hiesigen Bezirk zu. Neben der verspäteten Lieferung ans Oberamt fehlte es an ca. 10000 St. Karten so daß die Versendung an die Bezirksgemeinden, nicht rechtzeitig, bzw. nicht vollständig erfolgen konnte.)

Tübingen, 3. Mai. Wie dieTüb. Chrom" berichtet, wurden heute früh au der Alleenbrücke 5 große geräucherte Schinken, die völlig mit Würmern durchsetzt waren, aus dem Neckar gezogen. Sie stammen offenbar aus einem Hamsterbau.

Weiderstadt, 2. Mai. Die Hospital-Ver­waltung verkaufte gestern im öffentlichen Aufstreich einen vier Jahre alten, zum Dienste untauglichen Farren: Lebendgewicht 19 Zentner 8 Pfund, zum Preis von 2005 Mk. nebst Trinkgeld. Das höchste Angebot machte eine Stuttgarter Firma. Noch vor zwei Jahren wurden Farren als minderwertig notiert und zu Wurstzwecken verwendet.

Maulbronn, 3. Mai. Am Sonntag nachmittag wurde hier ein kriegsgefangener Franzose in der üblichen kirchlichen Weise beerdigt. Er hat sich gegen den diensthabenden Wachmann widersetzlich vergangen, worauf dieser auf den Franzosen eine Kugel ab schoß, die ihn tötete. Der Vorgang wird für die mitbeteiligten Kameraden des Toten noch ein gerichtliches Nachspiel haben.

Aus Staöt, Bezirk uns Umgebung.

Aus der amtl. württ. Verlustliste Nr. 379. Landw.-Jnf.-Reg. Nr. 122, 5. Komp. Friedrich König, Arnbach, gefallen.

Ernst Keller, Dobel, infolge Unglücksfall verletzt,

bei der Truppe.

Landw.-Jnf.-Reg. Nr. 124, 9. Komp.

Karl Mayer, Grimbach, verletzt, bei der Truppe.

Maschinengewehr-Scharfschützen-Trupp Nr. 94. Adolf Waidner, Gräfenhansen, l. verw.

Pionier-Kompagnie Nr. 116.

Wilhelm Reule, Langenbrand, schw. verw.

Friedrich Finter, Schwann, l. verw.

Gernsbach, 2. Mai. Die Jagd auf Maikäfer wird gegenwärtig von den Kindern eifrig betrieben. In den Anlagen um die Stadt und in den Gärten und Feldern werden die Bäume und die Sträucher von den Kleinen geschüttelt und die Maikäfer auf­gelesen, die ein begehrtes Hühnerfutter abgeben. Hörte man von den Kindern oft sagen:Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg", so kann man jetzt diesen Vers nicht auf den Maikäfer anwenden, sondern auf viele Kinder, die ihn suchen, von denen manche ihren Vater im Kriege haben. Zu bedauern ist, daß die Bäume von den Maikäfer sammelnden

In Sturm unct Stille.

86 Roman aus der Franzosenzeit von Max Treu.

Die Domina gab ein Klingelzeichen.

»Ich eröffne den Gerichtstag des Stiftes Hohen» bergen!" sagte sie dann.Hat jemand unter den Konoentualinnen etwas dagegen einzuwenden?"

Alle Damen schüttelten den Kops.

Jetzt wandte sich die Domina an den Grafen, der immer erstaunter das nie gesehene Schauspiel be­trachtete.

Das Stift Hohenbergen." sprach sie.hat seit uralten Zeiten das Vorrecht, selbst Gericht zu halten über alle Verbrechen, die gegen eine Insassin oder gegen eine zum Stift gehörige Person begangen werden. Dieses Recht ist von der Königlich West­fälischen Regierung ausdrücklich bestätigt worden. Zwar haben wir seit langen Jahren von diesem Rechte keinen Gebrauch mehr gemacht, einmal, weil Gott sei Dank! derartige Verbrechen fast nie Vorkommen, und dann um deswillen, weil wir der Ansicht sind, daß das Schwert der Justiz in der Hand von Frauen leicht stumpf werden kann. Es kann aber Fälle geben, wo es zu unserer Pflicht wird, selbst Gerechtigkeit zu üben, und ein solcher Fall liegt heute vor!"

Sie schwieg einen Augenblick, ehe sie fortfuhr: Ein schweres Verbrechen ist begangen worden. Am Hellen Tage, vor unseren Augen, ist ein junges Mäd­chen. ein adliges Fräulein, mit Gewalt entführt worden wohin, hat sich noch nicht ermitteln lasten. Der Täter dieses Verbrechens ist der Graf von Wellingerode, den wir daher zur Verantwortung vor uns beschicken haben. Ich habe den Jnkulpaten zu fragen, ob er seine Tat zugibt?"

Ich habe," entgegnete der Graf,zunächst zu er-

Kindern durch Werfen von Steinen und Prügeln beschädigt werden, ein Unfug, dem gesteuert werden sollte.

Letzte Nachrichten u. Telegramme.

Frankfurt, 3. Mai. (GKG.) DieFrankf. Ztg." meldet aus Bern: Der militärische Mitarbeiter desBund" weist darauf hin, daß vor Verdun gegenwärtig an Stelle eines weiteren großen und faßbaren Ereignisses mehr und mehr das Zerreiben der lebendigen Kräfte in den Vordergrund tritt. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, bleiben die Operationen für die französische Armee, die sich konzentrischer Artilleriewirkling und doppelseitiger Pressung ausgesetzt sieht, bedenklicher als für die außenstehenden Angreifer, besonders da der Ver­brauch an Kräften bei den Franzosen schon von Beginn der deutschen Offensive an sehr groß war. Die relativ gebesserte strategische Lage des franzö­sischen Heeres sagt daher nichts über die Zerreibung seiner Kräfte. Darüber wird erst die weitere Ent­wicklung Aufschluß geben und vielleicht, so urteilt derBund", liegt der Schlüssel dazu an ganz anderem Ort, als zwischen Mosel und Maas.

Berlin, 4. Mai. (WTB.) lieber die deutsche Antwort an Amerika erfährt dieVossische Zeitung", daß es sich um ein recht umfangreiches Schriftstück handle, das spätestens morgen Vormittag dem ameri­kanischen Botschafter übergebxn und dann auch so­fort der Oeffentlichkeit mitgeteilt werden solle. Bot­schafter Gerard habe gestern Abend dem Staats­sekretär von Jagow einen Besuch abgestattet. Der Reichskanzler und die anderen zu den Beratungeil im Großen Hauptquartier zugezogene Persönlichkeiten kehren im Laufe des heutigen Tages nach Berlin zurück.

Berlin, 3. Mai. Aus Basel meldet der Lokalanz.": Präsident Wilson erhielt, lt.World", 145000 Einzel-Telegramme amerikanischer Bürger, die ein Kompromiß mit Deutschland verlangen.

London, 3. Mai. (WTB.) DerTimes" zufolge hat der Londoner DampferWandte" am Sonntag inorgen bald nach seiner Ausfahrt aus dem Tyne ein Gefecht mit einem deutschen O-Boot gehabt.

London, 3. Mai. (WTB.) Lloyds melden: Der DampferRochester" wurde versenkt. Ein Mann von der Besatzung wird vermißt. Der brasilianische DampferRio Branco" wurde versenkt. Die Mann­schaft ist gerettet.

Rotterdam. 3. Mai. (GKG.) DieDaily News" melden aus Dublin, daß in Killarney blutige Metzeleien ausgebrochen seien und daß die Aufruhr­bewegung über die Hälfte des irischen Landes um­faßt hatte.

London, 4. Mai. (WTB. Unterhaus.) Asquith teilte mit, daß drei Führer der irischen Aufständischen, nämlich Pearce, Clark und Macdonagh, die das republikanische Protokoll unterzeichnet haben, vor ein Kriegsgericht gebracht, schuldig befunden und gestern früh erschossen wurden. Drei andere Auf­ständische wurden zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt.

klären, daß ich dieses Gericht nicht als zuständig anerkenne. Ich bin französischer Offizier und kann nur von einem Kriegsgericht abgeurteilt werden."

Die Domina nahm langsam eine Prise.

Davon sieht in unseren, uns von der könig­lichen Regierung in Kassel bestätigten Privilegien nichts. Sondern da heißt es" sie schlug das vor ihr liegende Buch auf und lasUnterworfen der Gerichtsbarkeit des Stiftes ist jedermann, der eines der genannten Verbrechen begeht." Damit der Jnkui- pat sich überzeuge, lege ich ihm Schrift, Unterschrift und Siegel zum Augenschein vor."

Sie schob dem Grasen das Buch zu. in welches dieser einen Blick hineinwarf.

Das ist unmöglich!" rief er.

Ich wüßte nicht, warum!" entgegnete die Äbtissin frostig.Für unmöglich hätte ich es gehalten, daß das Gastrecht in so frevler Weise verletzt würde, wie es Jnkulpat uns gegenüber getan hat. Ich frage daher wiederholt: Gibt der Jnkulpat seine verabscheuens- würdige Handlung zu? oder wünscht der Jnkulpat, daß wir alle diejenigen Zeugen vernehmen, welche den Vorfall beobachtet haben? Oder will Jnkulpat etwa^ behaupten, daß die ihm unterstellten Soldaten eigen­mächtig, ohne seinen Befehl, in dieser Sache gehandelt hätten ? Oder will der Jnkulpat endlich uns überhaupt keine Antwort geben?"

Ich verweigere jede Antwort, bis ich vor meinem zuständigen Richter stehe!"

Die Domina klingelte.

Dann rufe ich den Baron Hans Joachim von Sormitz als ersten Zeugen auf!"

Hans Joachim von Sormitz trat an den Tisch.

Sämtliche Damen erhoben sich von ihren Plätzen.

Hebe deinen Schwursinger hoch. Hans Joachim," sagte die Domina,und schwöre, daß du uns nichts als die reine Wahrheit sagen willst!"

Dublin, 4. Mai. (WTB. Reuter. Amtliche Die Zahl der Toten in den Spitälern allein bekli! 188, wovon 66 Soldaten und 122 Aufständisch. - und Zivilpersonen sind. Es wurden 179 Gebäilft durch Feuer beschädigt oder zerstört.

London, 3. Mai. Amtlich wird gemeldet- Deutschland hat den britischen Vorschlag zur sieben führung deutscher und britischer Verwundeter und kriegsuntauglicher Gefangener nach der Schweiz an­genommen. Das Abkommen entspricht dein franMck-, deutschen Abkommen.

Bern, 4. Mai. (WTB.) Wie Pariser Blätter melden, ist eine Abteilung eingeborener Truppen aus Madagaskar in Marseille eingetroffen, von wo sie an die Front gehen sollen. Nach anderen Blatter-- Meldungen haben französische Dampfer in den letzten Tagen wiederholt anamitische Eingeborene nach Marseille gebracht, die zur Arbeit in den Werk stätten sür Schießbedarf verwendet werden sollen, .

Berlin, 3. Mai. (GKG.) Die Mitteilung desVorwärts" über den von der sozialdemokratischen Reichtagsfraktion eingebrachten schleunigen Antrag in Sachen Liebknecht bestätigt ein Gerücht, das gestern Berlin durchlief. Darnach sollte der Abgeordnete Liebknecht am Montag abend verhaftet worden sein, als er den Versuch machte, bei dem offenbar von ihm inszenierten Maiunfug auf dem Potsdamer Platz die Regie zu führen.

Berlin, 3. Mai. DieVossische Zeitung" meldet: Gegen das künstliche Zurückhalten von

Fleischvorräten scheint rnan jetzt in Groß-Berlin mit etwas Nachdruck vorzugehen. Heute morgen stattete in Charlottenburg die Polizei einem Schlächtermeister einen Besuch ab und stellte fest, daß dort zahlreiche Speckseiten, angeblich 68, in einem besonderen Kühl­raum untergebracht waren. Auch große Mengen von Dauerwurst soll gefunden worden sein. Auf poli­zeiliche Verordnung mußten die verborgenen Vorräte sofort zum Verkauf gestellt werden. Aehnliches wird uns ails Halensee berichtet. Auch aus den süd­westlichen Vororten.

Berlin, 4. Mai. (WTB.) Eine Verordnung des Warschauer Generalgouverneurs verbietet vom 1. Mai ab, wie demBerliner Lokalanzeiger" aus Königsberg berichtet wird, die Verabreichung von Branntwein und Likör in allen Restaurants und Schankwirtschasten aus Anlaß der überhandnehmenden Trunksucht. Bei plötzlichen Haussuchungen bei Händlern und Fleischern Warschaus wurden gewaltige Wurst- und Schinkenvorräte entdeckt.

MM

Ich schwöre es!"

Die Damen setzten sich wieder.

So erzähle, was du gesehen hast!"

Hans Joachim erzählte kurz und schlicht, was er heute morgen, nachdem Beate ihn verlassen, beobachtet habe.

Hat der Jnkulpat aus diese Zeugenaussage etwas zu erwidern?"

Nichts!"

Will der Jnkulpat ich frage nochmals etwa behauvten, daß die Soldaten, die das Fräulein von Hast'ow überwältigt haben und in den Wagen rissen, eigenmächtig, ohne seinen Befehl, gehandelt haben?"

Jetzt hob der Graf doch leinen Kopf.

Sie haben auf meinen Befehl gehandelt!"

Ah!" machte die Domina.Danach steht fest, daß der Jnkulpat der Urheber der Entführung einer zum Stift gehörigen Person gewesen ist! Wünschen die Konoentualinnen über diesen Punkt noch weiten Beweise oder nicht?"

Kopsschütteln ringsum.

Dann habe ich," fuhr die Domina fort, ^den Jnkulpaten zu fragen, zu welchem Zweck er diese Ent­führung vorgenommen hat."

Der drohende Ernst, der aus den Zügen der Domina sprach, löste die Zunge des Grafen.

Ich handelte in höherem Auftrag!"

In wessen Auftrag?"

Darüber verweigere ich die Auskunft."

Zu welchem Zwecke war dieser Auftrag gegeben f

Das Fräulein von Hassow sollte Hofdame m Kassel werden!"

Wider ihren Willen? Sonderbar, höchst sonder­bar: Und was ist die Aufgabe der Hofdamen in Kassel?

Ein Räuspern entstand unter den Konoentualinnen,

Aber die Domina ließ sich nicht beirren.

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