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und Knzeigeökatt für den Aezirk Hast». 79. Mrg»»,.

vrsch»inung«tage: Dienltag. »onnerltag, Sams­tag, Sonntag. InsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt »»» Bqirklorte; außer Bezirk H Pfg.

Sonntag, den 12. Juni 1904.

Abonnementrpr. in d. Stadt pr. Mertelj. Mk. 1.10 incl. Träger!. Vierteljährl. PostbezugSpreiS ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar­ortroerkehr 1 MI., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10. Bestellgeld 20 Big.

Tagesneuigkeiten.

* Calw, 11. Juni. Die Heuernte hat hier begonnen und wird in der nächsten Woche in vollem Gange sein. Gutes Wetter ist dazu sehr erwünscht; das Gras steht sehr dicht und schön, so daß ein überaus reicher Ertrag in Aussicht steht. Ist die Witterung günstig, so wird Quantität und Qualität ausgezeichnet sein und die letzten Jahr­gänge weitaus übertreffen. Auch die Berghalden geben in diesem Jahr einen guten Ertrag. Die große Menge des Futters und der Vorrat vom vorigen Jahr hat eine Preisermäßigung hervorgc- bracht; das Gras findet zu niedern Preisen kaum Liebhaber, es werden für den Morgen Wiese durch­schnittlich 30 und für Kleeheu 50 bezahlt; in diesem Preis ist auch der zweite Schnitt inbe­griffen.

Stuttgart, 10. Juni. Vorgestern wurde der 21 Jahre alte Küfergeselle Gottlieb Häusser von hier wegen Diebstahls festgenommen. Er hat von mitte Mai an eine große Zahl von Oelfässern aus Hofräumen und Mostfässer zum Teil mittels Nach­schlüsseln aus Kellern gestohlen. Beim Stadtpolizei­amt befinden sich in Verwahrung 5 Ovalfässer im Eichgehalt von 112290 l und 5 runde Fässer von 60175 1 zu denen die Eigentümer (Bestohlenen) noch nicht bekannt sind.

Cannstatt, 10. Juni. Gestern abend um 6 Uhr wurde an der Militärschwimmschuie eine Leiche aus dem Neckar gezogen. Der Verlebte soll ein Soldat des Tübinger Bataillons sein und mag schon einige Tage im Wasser gelegen haben.

Cannstatt, 10. Juni. Bei der gestrigen Häute- und Fellauktion im Schlachthaus

wurden folgende Preise pro Pfund erzielt: Für Ochsenhäute 48 A für Stierhäute 45V-47 A, für Rindshäute 49'/-51 A. für Farrenhäute 40 A für Kalbfelle 4.508.80 ^ per Stück. Verkauf lebhaft.

Cannstatt, 10. Juni. Gestern abend wollte sich ein gemütsleidender Mann in selbst­mörderischer Absicht von der Wilhelmsbrücke in den Neckar stürzen, wurde aber von seinem Vor­haben von Vorübergehenden abgehalten. Kurze Zeit darauf warf er sich in der Marktstrabe vor einen im Gang befindlichen Straßenbahnwagen, um sich überfahren zu lassen. Er wurde jedoch vom Wagen bei Seite geworfen, ohne Schaden zu nehmen. Einen dritten jedoch gleichfalls erfolglosen Selbstmordversuch machte der Lebensmüde noch am gleichen Abend, indem er in der Waiblingerstraße von einer Ueberbrückung auf die Verbindungsbahn herabspringen wollte, aber von dem ihn ins Be­zirkskrankenhaus begleitenden Schutzmann daran gehindert wurde.

Tübingen, 10. Juni. Das Sommer­semester hat die höchste Zahl Studierender und zu Vorlesungen zugelassener Personen, die die Universität bis jetzt erreichte, nämlich 1626. Von den weiblichen studieren 2 Medizin, 1 Philosophie,

3 Naturwissenschaften und 12 hören verschiedene Fächer. Afrika stellt 1, China 1, Nordamerika 1, Ostindien 2, Rußland 4, Serbien 3 und Türkei 1 Studenten.

Göppingen, 8. Juni. Die Obstbäume in hiesiger Gegend erfüllen vielfach die Hoffnungen nicht, die man beim Blühen auf sie setzte. Wohl haben viele, namentlich früh blühende Sorten schönen >

Fruchtansatz, aber manche Bäume, die reichlich blühten, stehen infolge des massenhaften Auftretens des Blütenstechers leer. Die frühere Hauptsorte der Aepfel, die Luiken, haben kein rechtes Leben, die frischen Triebe sind spärlich und der Frucht­ansatz ist ganz gering. Die Bienenzüchter waren im Mai auch voller Hoffnung. In letzter Zeit gab es zwar viele Schwärme, aber infolge der großen Bruträume ist der Honigvorrat ein geringer. Die Bauern beginnen mit der Heuernte. Der Futterwachs ist sehr üppig und verspricht einen reichen Ertrag. Ebenso schön stehen die Frucht­felder, Sommer- wie Winterfrucht.

Göppingen, 9. Juni. Der erste der durch den Zusammenbruch der Gutmannschen Unternehmungen hervorgerusenen Konkurse hat jetzt seinen Abschluß gefunden. Die Anfang Januar ds. Js. in Konkurs geratene Fabrik von Karl Schock in Reichenbach a. F. hat mit ihren Gläubigern einen Vergleich abgeschlossen, auf Grund dessen das Konkursverfahren eingestellt wird. Im Konkurse der Kunstmühlenfirma Albrecht u. Wildermuth in Faurndau stellen sich die ge­samten Passiven auf rund 244 600 dieser Summe steht ein verfügbarer Massenbestand von rund 149 000 gegenüber, so daß die Gläubiger etwa 5060 "/«ihrer Forderungen gedeckt erhalten.

(N. Tgbl.)

Göppingen, 9. Juni. Ein auch für andere Gemeindeverwaltungen beachtenswerter Ministerial- erlaß wurde in der heutigen Gemeinderatssitzung mitgeteilt. Aus den Einnahmen der Fleischbeschau ergab sich im vergangenen Jahre hier ein Ueber- schuß von etwa 900 Dieser Umstand veranlaßte das Ministerium des Innern, die Stadtverwaltung

Disitüks10n» Nachdruck »erbot«!

Die Schwestern.

Roman von Hans Wachenhusen.

(Fortsetzung.)

Es war wenig, aber damals waren solche Gnadenbezeugungen nur dürftig. Allegrina dankte Gott und dem König für diese Hilfe und öffnete das kleine Billet.

Lorcnzo schrieb: Ullmann wollte sie sehen; er werde ihn um eine bestimmte Stunde zu ihr führen und rate, dics-s Glück nicht von sich zu weisen.

Hocherregt sank sie auf einen Sessel, sprang wieder auf, um zum Vater zu eilen, der die Botschaft schweigend, doch zufrieden hinnahm. Dann kehrte sie wieder in das Wohnzimmer zurück.

Sie wollte erst wieder ruhig werden, ehe sie dem Vater auch von diesem zu erwartenden Besuche sprach. Hatte sie Lorenzo Unrecht getan mit ihrem Miß­trauen und handelte er wirklich ohne eigennützige Absicht? Die Frage lag ihr schwer auf dem unruhigen Herzen. Und wenn nun auch er sich an dieser Opern­gesellschaft beteiligte? . . . Gleichviel! Sie wollte den Impresario empfangen.

Für den Vater war gesorgt, wenn auch nur kümmerlich. Mochten Lorenzo's Absichten sein, welche sie wollten, gelang es ihr, durch ihre Stimme die Gunst dieses Mannes zu erreichen und vermochte sie seinen Erwartungen zu entsprechen sie atmete hoch und mit Selbstvertrauen auf.

G schehen mußte etwas mit ihr jetzt, ihre Ausbildung hatte dem Vater Geld und Sorgen gekostet; sie fühlt« sich selbständig genug, in die Welt hinauSzu- trrten. Der Vater sollte mit Jppolita heimkehren; auch er hatte ja oft von der Sehnsucht gesprochen, die ihn in seinem Alter hier fortzieh«. Dort in der

Heimat, war er am besten untcrgebracht und eine Trennung war ja unver­meidlich. In fieberhafter Stimmung sah sie der entscheidenden Stunde entgegen. Sie hatte den Mut, zu hoffen und sprach am Mittag davon, als der müde, alte Mann ihr mit seinem Augcnschirm gegenübersaß.

Ullmann?" sagte dieser aufhorchend.Ich sah ihn vor vielen Jahren in Mailand, wo wir flüchtig bekannt wurden. Es ist ein waghalsiger Mensch, von Haus aus ein deutschungarischer Jude, aber in der Kunstwelt von großer Bedeu­tung. Findest Du Gnade vor ihm, ich gebe meinen Segen dazu! Mein« kleine Pension überhebt Dich der Sorge um mich! Habe nur Mut! Der Fürst war neulich schon so freundlich, mir die Mittel für Deine vollständige Ausbildung an einem großen Konservatorium anzubieten, aber eS mag so besser sein!" Er erhob sich, küßte die Tochter auf die Stirn und suchte sein Zimmer auf. Sollte der Mann sich meiner noch errinnern, so rufe mich!" sprach er noch in der Tür zu­rück.Ich kann ja doch nichts dazu tun! Nur wenn er die Ueberzeugung hat, aus Dir Geld schlagen zu können, wird er Dich annehmen."

Die Nachricht betreffs des Fürsten hatte Allegrina eigentümlich berührt. Ihm vielleicht so großen Dank schuldig werden, bei ihm in einer solchen Ver­pflichtung stehen! . . . Zweifellos war ihrS jetzt, daß er auch die Summe für ihren Unterricht an Garzoni hatte zahlen lasten und das beschämte sie. Keiner ihrer Gedanken wagte sich so weit, daß er ihr nicht in Ehren näher treten wolle und daß er anders werden'könne, dafür erschien er ihr zu ehrenhaft . . .

In großer Aufregung verbrachte sie die zwei folgenden Stunden am Piano, ihre Stimme mit Vorsicht übend, sich dar Herz frei machend von ihrer Furcht vor dieser Prüfung. Sie hatte Jppolita, die einen vergilbten, italienischen Ritter­roman lesend, in der Küche saß, instruiert, und al» endlich die Schelle heftig be­wegt wurde, war ihr das wie ein Schlag.