Württemberg.

Stuttgart, den 5. August. Das Ergebnis des allgemeinen Opfertages für das Rote Kreuz, das noch nicht endgültig vorliegt, kann bereits als ein hoch­erfreuliches bezeichnet werden. In der Stadl Stutt­gart allein, dessen Sammelstellen noch nicht abge­schlossen haben, sind bereits mehr als 150 000 Mark gezählt. Am Geben haben sich alle Schichten der Bevölkerung in anerkennenswerter Weise beteiligt. Neben der reichen Gaben des Besitzenden ist in un­zähligen Fällen das besonders dankenswerte und herzlich gemeinte Scherflrin des armen Dienstmäd­chens und der Arbeiterfrau verzeichnet. Alles in allem wiederum ein glänzender Beweis für die ver­ständnisvolle Opferbereitichaft unteres Volkes. Es sei dabei ausdrücklich und wiederholt bemerkt, daß die vielen Sammelstellen in den Bezirken des Landes ihre Abrechnung naturgemäß noch nicht einreichen konnten, so daß das Gesamtbild auch nicht annähernd erreicht ist.

Stuttgart, 4. Aug. Um die im Publikum auf­getretene Beunruhigung zu zerstreuen, die durch einen in Cannstatt ausgetretenen Fall von asiatischer Cholera und die von den Behörden angeordneten Maßnahmen gegen Weiterverbreitung entstanden sind, wird von amtlicher Seite mitgeteilt: Der Fall betraf einen aus Galizien zurückgekehrten Pfleger des Roten i Kreuzes, der dort in einem Seuchenlazarett beschäftigt war und kurz nach der Ankunft in seiner Familien­wohnung in Cannstatt erkrankte. Er wurde sofort ins Krankenhaus übergeführt und die erforderlichen ! Abwehrmaßregeln getroffen. Grund zu irgend welcher s Befürchtung, daß sich die Erkrankung weiter aus- 's breiten werde, liegt nicht vor. zumal auch schon die l Zeit verstrichen ist, innerhalb welcher Ansteckungen in der Umgebung des Kranken sich hätten bemerkbar machen müssen.

Fahrpreisermäßigung. Für die Auf­sichtspersonen und Jungmannen, die zur Sicherung der heranreifenden Getreideernte mit der Eisenbahn nach den Bewachungsorten fahren, ist aus den württ. Staats- und Privatbahnen Fahrpreisermäßigung in der Weise gewährt worden, daß sie zum Militär- fahrpreis (1 Pfg. für ein Kilometer) befördert werden.

Gmünd, 4. August. Der Kommandeur des Landsturmbalaillons Gmünd, Oberstleutnant v. Stark, veröffentlicht heute die Anzeige vom Tode seiner Frau, s In weniger als Jahresfrist ist dies der fünfte Todes­fall. des die nächsten Angehörigen des Oberstleutnants v. Stark betrifft. Seine zwei hoffnungsvollen Söhne find auf dem westlichen Kriegsschauplatz gefallen und zwei Schwestern starben rasch hintereinander zu An­fang des Jahres. Allgemeine Teilnahme wendet sich dem schwergeprüften Manne zu.

Tübinger Strafkammer. Der sehr «er­mögliche Bauer Philipp Lutz von Würzbach hatte bei der Getreideaufnahme zum Nachteil der Heeresver­waltung zu wenig Vorräte angegeben. Bei einer Nachprüfung ergab sich, daß er statt 42.28 Ztr. Haber nur 30 Ztr. und statt 30 Ztr. Roggen nur 20 Ztr. angab. Das Schöffengericht Calw verhängte deshalb eine Strafe von 110 über ihn. Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein. Es blieb bei der Strafe.

Eßlingen, 4. Aug. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde die Pauschsumme für die drei hiesigen Zeitungen, die seither je 600 im Jahre betrug, um je 200 im Jahre für die Dauer des Krieges erhöht.

Gosbach, 4. August. Die Frau Maria Anna Bosch, die mit ihrem Gatten dieser Tage das Fest der goldenen Hochzeit feiern konnte, ist zwei Tage darauf einem Herzschlag erlegen. Die Freude an ihrem Jubelhochzeitslag hat die noch recht rüstige Frau offenbar sehr erregt, so daß sie sich am Tage nach dem Feste nicht wohl sühlte.

Mäuseplage. Nachdem die Halmfrüchte so ziemlich eingeschafft sind, hat man Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, wie der trockene Sommer dem Mäusevolk zugute kam. Diese richteten in manchen Fluren an den Halmfrüchten großen Schaden an und wenn die Aecker jetzt gepflügt werden, flüchten sie in die Kartoffel- und Kleeäcker, um dort ihren Vernichtungskrieg weiter zu führen. Jetzt ist es Zeit, zuzagreifen, sonst ist es mit der Winterfrucht ge­schehen. Es wäre eigentlich Pflicht der Amtskörper­schaft, die betreffenden Gemeinden zu unterstützen und zu Maßregeln aufzufordern.

«US StaSt. Bezirk uns Umgebung»

Neuenbürg. 5. Aug. Das war heute wieder einer der großen Tage, die uns in unserem schweren Existenzkämpfe im Osten und Westen beschert worden

sind:Die Armee des Prinzen Leopold von Bayern durchbrach und nakm gestern und heute Nacht die äußere und innere Fortlinie von Warschau, in der russische Nachhuten noch zähen Widerstand leisteten. Die Stadt wurde heute vormittag durch unsere Truppen besetzt." So lautete die mittags 2 30 Uhr eingetroffene Nachricht in dem heutigen Tagesbericht der Obersten Heeresleitung. Unter dem feierlichen Geläute der Glocken sammelte sich auf dem Marktplatz di« freudig bewegte Einwohnerschaft. Fahne um Fahne kam aus den Fenstern. Sängerinnen und Sänger des Kirchenchors fanden sich zusammen, um durch die stimmungsvollen Lieder:O Deutschland, hoch in Ehren haltet ausl",Deutschland. Deutschland über Alles".Die Wacht am Rhein" und durch den feierlichen ChoralNun danket alle Gott" dem Danke Ausdruck zu geben, den wir alle für die großen weltgeschl'chen Ereignisse schulden. Als dann gegen 7 Uhr abends das weitere Telegramm des Wolfs- Büro aus Wien durch Anschlag amEnztäler" be­kannt gegeben werden konnte, daß auch das in den letzten Tagen vielgenannte Jwangorod an der Weichsel, südöstlich von Warschau, gefallen, da erhoben die Kirchenglocken von neuem ihre eherne j Stimme zum erneuten Dank gegen den Herrn der s Heerscharen, den Lenker aller Schlachten. Es war ! eine herrliche Stimmung. Heil unseren unvergleich­lichen von Sieg zu Sieg schreitenden verbündeten Armeen!

Neuenbürg. 4 Aug. Zur Wetterlage. Unter dem Einflüsse eines kräftigen Lusiwirbels, der vom Westen Europas über das Binnenland hinweg­zieht. ist die Witterung nach nur kurzdauernder ! Besserung zu Beginn der ersten Augustwoche erneut ! unbeständig und regnerisch geworden. Die ziemlich - unregelmäßige Lustdruckverteilung und die Hohr Luft- ! feuchtigkeit führten am Montag bereits zum Ausbruch ! verbreiteter und heftiger Gewitter, die starke Nieder- ! schlüge im Gefolge hatten. Die Regenfälle hielten I am Dienstag mit Unterbrechungen im größten Teile s des mittleren Europas an und brachten merkliche Abkühlung. Auf dem südöstlichen Kriegsschauplätze scheinen reichliche Niederschläge gefallen zu sein; sämtliche ungarische und palizische Beobachtungs­stationen melden Landregen. Sehr warm ist es fortwährend an der Adria, wo Trieft als Frühtsm- peraturen 2425 Grad zu verzeichnen hat. Auf dem westlichen Kriegsschauplätze haben erhebliche Regensälle eine Abkühlung gebracht; das Wetter bleibt unter der Einwirkung der Depression andauernd i unbeständig und kühl. ,

:-: In Wildbad weilten in letzter Woche Herren s vom Landesverein vom Roten Kreuz (v. Haff.ier und ! N-stle), um unter Führung der Herren Aerzte, s Sanitätsrat Dr. Haußmann und Dr. Hiller, eine; Besichtigung der beiden Vereinslazarette Volksschule j und Krankenheim vorzunehmen, welche zurzeit mit s etwa 100 Verwundeten belegt sind. Die Herren ! äußerten sich sehr befriedigt. Zum Kurgebrauch ist in Wildbad eingerroffen S. D Prinz Heinrich von Schönburg-Waldenburg, Ordonnanzoffizier S. M. des Kaisers.

Wildbad, 5. Aug. Die am Jahrestag der Mobilmachung zugunsten des Roten Kreuzes hier erfolgte Sammlung halte ein Erträgnis von 2676 19 Der vom Stadtvorftand veranstaltete Verkauf von Schleifchen in den Reichsfarben durch junge Damen erbrachte allein 2033 02 !

Calw, 4. Aug. Der vom hiesige» Komitee des ! Roten Kreuzes angesetzte Opfertag am Jahrestag der Mobilmachung hat ein über alle Erwartung gehendes, erfreuliches Ergebnis gehabt. Es wurden im ganzen 4737 Mark gesammelt, wovon 605 Mark dem Roten Kreuz und dem Unterstützungsfonds für Familien ausmarschierter Krieger 3131 Mk. zuge- ! wiesen werden. Die Stadt war in 15 Sammelbe­zirke eingeteilt, in denen etwa 30 Töchter der Stadt ihres Amtes walteten. Den Dank für ihre Tat mögen beide Teile, die Geber wie die eifrigen Samm­lerinnen. aus dem Gedanken schöpfen, daß durch die Spende jetzt wieder so manches Leid und manche Not gelindert werden können.

Calw. 2. Aug. Unser neuer Dekan Zeller, bisher Pfarrer in Schussenried, hat in letzter Woche sein Amt übernommen. Er traf am Mittwoch abend hier ein und wurde unter dem Geläute der Glocken vom Kirchgrmeinderat vom Bahnhof in die Stadt­kirche begleitet, wo er in einer herzlichen Ansprache seine Gemeinde begrüßte. Gestern fand die Amts­einsetzung durch Prälat Dr. v. Herrmann statt.

Nagold, 2. Juli. (Für die Ausmarschierten.) Gestern nachmittag veranstalteten die vereinigten Gefangvereine Lieder- und Sängerkranz eine Gesangs­

unterhaltung zu Gunsten ihrer ausmarschierten Sänger, die sehr gut besucht war.

Pforzheim. 2. Aug. Ja der letzten Zeit wurden hier mehrere größere Metalldiebftähle verübt. Aus einem Fabriklokal in der Badftraße wurden 29*/s Kilogramm Zink, aus einem Geschäft in der Bleich- ftraße etwa 110 Kilogramm Tombak und Messing- drahi, aus einem Hause in der Kallhardtftraße für etwa 400 Mark Knpferdraht entwendet. Die Räume wurden in allen Fällen mit Nachtschlüsseln geöffnet. Als Diebe wurden nun der Kausmannslehrling Karl Friedrich Maier, sowie zwei MechanikerlrhUinge ver­haftet. Beteiligt an den Diebstählen waren auch einiqe Real- und Volksschüler. Das Haupt der Ge­sellschaft war Maier.

Pforzheim, 2. August Der Bürgerausschuß hatte am 20. August und am 28. September be­schlossen. die Arbeiten für den Bau eines Wasser- hohbekälters in den Ssickelhälden als Notstands- arbeilen auffüdren zu lassen und hierfür den Betrag von 130000 Mark bewilligt. Die Arbeiten waren vor dem Kriege auf 169 000 Mark veranschlagt worden. Wie jetzt gemeldet wird, kommen die Kosten noch um einiqe tausend Mark niedriger, als der vom Bürgerausschuß bewilligte Kredit betrug. Durch den neuen Hochbehälter wird eine bessere Wasserversorgung eines großen Teil unserer Stadt erzielt. Er faßt 3000 Kubikmeter Wasser, die Zu­leitung ist 50 Zentimeter weit.

Pforzheim. 4. Aug. Um der Verfügung des stellvertretenden Generalkommandos gegen den Le­bensmittelwucher auch auf dem hiesigen Wochenmarkte Geltung zu verschaffen, wird fortan eine regelmäßige Beaufsichtung durch einen Beauftragten der Stadt­verwaltung erfolgen. In verschiedenen Fällen wurden bereits dadurch Uebervorteilungen der Käufer beseitigt. Nach dem Voibild anderer Städte haben ferner die Sozialdemokratische Partei und die Vereinigten Ge­werkschaften einen Ausschuß für Konsumenten Jnte- ressen ins Leben gerufen, der sich die allgemeine Beachtung der Verfügung der Militärbehörde zur Aufgabe stellt. (S. Ztg.)

Pforzheim, 4. August Durch den Krieg er­fährt begreiflicherweise auch der Umbau des Pforz- heimer Bahnhofs, der jahrelang durck die Meinungs­verschiedenheiten zwischen der bad. Generaldireklion und der Stadtgemeinde verschoben worden ist, eine weitere unliebsame Verzögerung. Die Arbeiten sind zwar wieder längst im Gang, nehmen aber einen langsamen Fortgang. Der Bau des zweiten neuen Bahnsteigs geht seiner Vollendung entgegen; die neue Eilguthalle wurde bereits für den Expreßgüterverkehr' in Benützung genommen. Die unterhalb des Kaiser Wilhelms-Denkmals erbaute Fußgänger- und Karren- unierführung, die einen unmittelbaren Zugang zu den Bahnsteigen erhält, ist seit Mai dem Verkehr über­geben. Sie bildet jetzt die beliebteste Verbindung mit der Nordstadt. Am württembergischen Teil des Per­sonenbahnhofs werden vorerst noch keine Veränder­ungen getroffen. Doch weiter oberhalb, entlang dem Bahngleise der Enztalbahn bis Birkenfeld, nimmt man auf eine Strecke von etwa 5 Kilometern wahr, welch ausgedehnte Anlagen hier von der württ. Bahn­bauverwaltung errichtet werden sollen. Der bisherige württ. Güterbahnhof wird in einen Abstellbahnhof für Personenzüge umgewandelt, der Lokomotivschuppen mit Kohlenlagern wird in das beim Brötzinger Bahn­hof von Enz- und Nagoldbahn gebildete große Gleis­dreieck verlegt, die Errichtungen für den Güterverkehr auf dem Brötzinger Bahnhof werden verbessert und der neue Verschiebebahnhof kommt zwischen Brötzingen und Birkenfeld zu liegen. Zur Bewältigung des Verkehrs erhält die Enztalbahn bis Brötzingen-Birken­feld ein zweites Gleis. Im Bau ist gegenwärtig die 47 Meter lange Baumann-Ueberführung bei der Pfannkuchschen Lagerhalle im Osterfeld. An Stelle des jetzigen Durlacher Ürbergangrs wird eine 83 in lange Unterführung gebaut; ebenso ist beim Birken­felder Bahnhof an Stelle von zwei Uebergängen noch eine Unterführung vorgesehen. Die Wildbader Land­straße wird an zwei Stellen verlegt; an einer Stelle mußte ein hoher Abhang, den man seinerzeit beim Bau der Straße umging, abgetragen werden. Da das ganze neue Bahngebiet oberhalb Brötzingens im Enztal liegt, sind gewaltige Auffüllungen nötig. Die Kosten des Umbaues des württ. Bahnhofes sind auf rund 6 Millionen veranschlagt. Bis zur Vollendung aber werden unter den jetzigen Verhältnissen noch mehrere Jahre vergehen. (S. Ztg.)

** Pforzheim. 5. Aug. Die Ende April v. I. zahlungsunfähig gewordene Bankfirma Greb u. Frühauf m. b. H. hier ist noch vor Ausbruch des Krieges s. Zt. in Liquidation getreten und hat vor etwa 4 Monaten eine erste Rate von 20°/o an ihre Gläubiger verteilen