Berlin. 33. Juli. DemBrrl. Tagebl." wird aus Sofia gemeldet: Ohne vorhergehende Ver­ständigung beschossen zwei russische Torpedoboote in der Nähe von Mangalia an der rumänischen Küste das von Conftanza gekommene, mit Petroleum be­ladene bulgarische SegelschiffDevna". das rasch sank. Die Nachricht machte in Sofia den tiefsten Eindruck. Die bulgarische Regierung leitete eine Untersuchung rin.

Frankfurt a. M.. 23. Juli. (WTB) Wie der Korrespondent derFrkf. Zig." in Gent aus zu­verlässiger Quelle erfährt, wird das französische UnterseebootJoule" seit dem 23. April vermißt. Es ist bisher keinerlei Nachricht von ihm eingelaufen. sodaß an dem Untergang des Boots nicht mehr ge- zwsiselt werden kann.

Berlin, 33. Juli. (WTB.) Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 23 Juli 1915 die Höchstpreise für Brotgetreide. Gerste und Hafer für das kommende Wirtschaftsjahr ftstgefttzt. Mit Rücksicht auf die möglichst wohlfeile Ernährung der deutschen Bevölkerung wurde an den bestehenden Preisen für Brotgetreide feftgehalten und nur die Zahl der bisherigen 32 Höchstpreisbezirke auf vier größere Preisgebiete verringert unter gleichzeitiger Einschränkung der Preisspannung. Danach bleibt der Grundpreis für den Bezirk Berlin wie bisher 330 ^ für die Tonne Roggen. Vom 1. Januar 1916 an treten wie bisher Zuschläge von 1.50 halb­monatlich hinzu. Der Preis für Weizen ist wie in diesem Jahr auf 40-Kl über den Roggenpreis fest­gesetzt. Für Hafer und Gerste sind, um wenigstens eine Annäherung an die stark gestiegenen Preise für die übrigen Futtermittel zu erreichen, Einheitspreise für das ganze Reich auf 300 festgesetzt

worden.

Nonnenhorn a. B.. 23. Juli. Hier wurden wieder 2 entflohene russische Kriegsgefangene und zwar ein Major und ein Leutnant, beide in Zivil, von der Grenzwache festgenommen, als sie eben eine Gondel nehmen wollten, um nach der Schweiz zu fahren. Die beiden Offiziere waren aus einem Gefangenen­lager in Ungarn entflohen und gelangten dank ihrer Sprachkenntnisse bis hierher. Sie wurden an die österreichische Behörde ausgeliefert.

Württemberg.

Stuttgart. 33. Juli. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten ist das Ver- mögenssteuergesetz in der vom Finanzausschuß vor­geschlagenen Fassung mit 74 Stimmen einstimmig angenommen worden. Ein Antrag der neugebackenen sozialdemokratischen Fraktion (Westmeyer. Engelhardt und Hoschka) zu Artikel 6 (Steuersatz) wurde mit allen gegen die Stimmen der Antragsteller West­meyer und Engelhardt abgelehnt. Sogar der An­tragsteller Hoschka hat unter schallendem Gelächter des Hauses gegen seinen Antrag gestimmt. Zuvor hatte der Abgeordnete Dr. Lindemann (S.) diesen Antrag mit beißender Ironie abgefertigt durch den zahlenmäßigen Nachweis, daß dieser Antrag Weft- meyer eine Schonung der großen Vermögen und eine Bedrückung des Mittelstandes mit sich bringen würde. Bei dieser Gelegenheit hat die neue, sechste Fraktion gleich einen Namen erhalten; Dr. Linde­mann hat fie getauft als die Fraktion für N chts- wisser. In ihrer heutigen Abendsitzung setzte die Kammer ihre Beratungen über das Zuwachssteuer­gesetz fort. Der volksparteiliche Abg. Liesching drückte die Ansicht seiner Freunde dahin aus, daß es unan- gänglich sei, vollends nach dem Krieg, die Mehr­belastung des deutschen Volkes lediglich auf die in­direkten Steuern oder gar auf Monopole auszudehnen, sondern daß dir Grundsätze, die sie früher geleitet haben, auch künftighin für sie maßgebend seien, daß nicht daran gedacht werden könne, als Dank der allgemeinen Kriegsteilnahme sämtliche Schichten der Bevölkerung in gleicher Weise für die Deckung der Fehlbeträge heranzuziehen. Außergewöhnlich seien die Lasten, die auf den Grundstücksgütern und auf dem Hausbefitz ruhen. Dadurch komme diese immer mehr in die Lage, die Mietpreise erhöhen zu müssen. Das Gesetz fand mit 57 gegen 16 Stimmen An­nahme. Das Haus ging sodann über zur Beratung des Gesetzesentwurfs betr. den Zuschlag zu den Ge- richtskosten und Notariatsgebühren, worüber Abg. Dr. Eisele (Vp.) den Bericht erstattete. Das Gesetz wurde mit den Ausschußanträgen ohne Debatte ein­mütig angenommen.

Stuttgart. 22. Juli. (Der Jahrestag der Mobilmachung ein allgemeiner Opfertag für das Rote Kreuz) Das württembergische Rote Kreuz wendet sich, im Anschluß an den vor einigen Tagen ergangenen Aufruf an das württembergische Volk

mit dem Vorschlag, den Jahrestag der Mobilma­chung. den 2. August, als allgemeinen Opfertag für das Rote Kreuz bestimmen zu wollen. Das Rote Kreuz geht dabei von der Auffassung aus, daß ge­rade der von ihm angeregte Tag jedermann in un­serem Volke Gelegenheit geben soll, ein Scherflein zu geben, ein Opfer in des Wortes bester Bedeutung, indem man sich selbst an diesem Tage etwas abspart, um damit denen zu Hellen und zu danken, die in unvergleichlichem Heldenmut die Schrecknisse des Krieges von unserer Heimat ferngehalten haben. Zur Entgegennahme von Beitränen sind die bekannten Sammelstellen des Roten Kreuzes in Stadl und Land bereit, lieber das Ergebnis des Opsertags in den einzelnen Gemeinden wird seiner Zeit berichtet werden.

Stuttgart, 21. Juli. Zur Vorbereitung für den Heeresdienst gib! der durch seine verdienstvolle Tätigkeit für Jungdeut'cblandssache in weilen K-eisen b-kanrte und geschätzte Oberstleutnant v. Hoss-Stuttgart auf Grund der Kiiegserfahrungen der Deutschen Turnerschafl eine Reihe beach>enswerter Anregungen, aus denen folgende hervirgehoben seien: Unsere Kämpfe haben uns voc die Aufgabe gestellt, natürliche und künstliche Hindernisse im Feuer rasch zu überwinden. Je gewandter und rascher diese überwunden wurden, umso geringer waren die Ver­luste. umso verbürgter der Erfolg. Das Beispiel besonders qrwandlrr Kletterer und Springer riß di« weniger Gewandten im tollsten Feuer fort. Ganz besonders wurden diese Erfahrungen in den Gelncgs- kämpfen in den Vogesen gemacht. Im Erklimmen von Berghängen und steilsten Felsenriffen mit vollem Gepäck wurden die Truppen vor die schwersten Auf­gaben des angewandten Turnens mitten im Feuer­kampf gestellt. Der Jnfanterieangriff vollzieht sich nach den Bestimmungen des Exezierreglemenis in Sprüngen, deren Länge von den Verhältnissen im Gelände und beim Feinde abhängt. Je vollendeter diese Sprünge zur Ausführung gelangen, umso ge­ringer bleibt die Einwirkung des feindlichen Feuers. Nur höchste Ausbildung im Zusammenraffen dicht am Boden, im Aufschnellen und weltlaufgleichen Vorftürzen und im Niederwerfen vermindert die Verluste. Je vollendeter diese Sprungtechnik, umso besser werden die moralischen Eindrücke des Kampfes überwunden. Der Sturmanlauf bildet den Abschluß jedes glücklichen Angriffs. Je mehr er dem turneri- Ichen Weltlauf gleicht, umso überwältigender ist seine Wirkung auf den Feind. Hält der Gegner dem letzten Ansturm Stand, so entwickelt sich ein erbit­terter Nahkampf. Er hat im jetzigen Krieg eine Bedeutung erlangt, an die wohl niemand vorher ge­glaubt hat. Gu>, daß in den letzten Friedenszeilen dem Gewehrfechten erhöhte Beachtung gegeben wurde. Der Krieg hat gelehrt, daß in Zukunft hier noch mehr als bisher gefordert werden muß. Die Hand­granate ist als neue Waffe im Nahkampf und stellen­weise selbst im Slellungskampf hinzugetreten. Ihr Weifen bedarf besonderer Vorübung. Auch diese wird künftig zu verallgemeinern sein. Diejenige Truppe, welche die kräftigsten, gewandtesten und zahlreichsten Werfer zählt, ist überlegen im Nahkampf und wird ihre Stellung zu behaupten wissen. Oberst­leutnant von Hoff schlägt auf Grund dieser Erfah­rungen vor. enisprechenden Vorberritungsübungen ansdrückliche Pflege angedeihen zu fassen. Der Vor­sitzende der Deutschen Turnerschaft, Geheimrat Dr. Götz. fügt diesen Vorschlägen, die eine Anerkennung der deutschen Turnsache aussprechen, hinzu, daß die deutsche Turnerschaft unablässig ihre Kraft für das Vaterland einsetzrn werde.

Stuttgart, 22. Juli. Vielfach wird das Obst in der Gestalt von Obstkuchen als Nahrungsmittel verwendet. Dem soll nicht entgegengetreten werden. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel hat da­her die Kommunalverbände ermächtigt, abweichend von den bestehenden Vorschriften, über die Regelung des Mehlverbrauchs die Herstellung von Obftkuchen, außerdem von sog. Kartoffel- und Zwiebelkuchen, zuzulassen, wo ein Bedürfnis dafür besteht. Der­artige Kuchen dürfen, soweit sie verkauft werden sollen, nur in runden Stücken von etwa 30 bis 35 om Durchmesser hergestellt werden. Für ein solches Stück sind vom Verkäufer 4 Weizenbrotmarken zu fordern und vom Käufer abzugeben. Den Verkäufern ist es überlassen, für eine Roggenbrotmarke 3 Kuchen der genannten Art abzugeben.

Stuttgart, 23. Juli. Wie dasNeue Tagbl." hört, ist die Stelle des Polizeidirektors, die seit dem Weggang Dr. Bittingels, seit 1. Dezember 1914, erledigt war. dem bisherigen stellvertretenden Polizei­direktor Gemeinderat Dr. Ludwig übertragen worden. Zum ersten Abteilungsvorstand und zugleich zum

Stellvertreter des Polizeidirektors wurde Amtmrnn Dr. Aichele, bisher bei der Stadtdirektion Stutt­gart, mit dem Titel Prlizeirat berufen.

Stuttgart. 22. Juli. Zum Direktor der land» wirtschaftlichen Anstalt in Hohenheim wurde Oekonomie- rat Dr. Warmbold in Berlin ernannt unter gleich­zeitiger Uebertragung der ordentlichen Professur für Betriebslehre an der landwirtschaftlichen Hochschule in Verbindung mit der Leitung der Gutswirtschaft und der Oberleitung der Ackerbau- und Gartenbau­schule daselbst.

Stuttgart. 21. Juli. Gegen Klara Zetkin, die im Fahrwasser der radikalen Sozialistengruppe in Stuttgart segelt, im übrigen aber auf ihrem Land­haus bei Sillenbuch ein rrNäzliches Dasein führt, ferner gegen die gesinnungsverwandte Rosa Luxem­burg und die G-nassen Mehring. Berten und Pfeiffer ist nach demVorwärts" ein Verfahren eingeleitet, das sich auf die in der MonatsschriftDie Inter­nationale" veröffentlichten Aufsätze stützt.

Eßlingen. 22. Juli. Nachdem gestern früh die Kartoffethändler auf dem Wochenmarkte wie üblich wieder 1416 Pfennig für das Pfund Kar­toffeln verlangtes. obwohl der Bundesrar 10 Mk. für den Zentner als Höchstpreis festgesetzt hat. kam für die zusammengeschiossenen Verbraucher eine schöne Ueberraschung: der hiesige Konsumverein fuhr Kar­toffeln an und verkaufte schöne neue Kartoffeln das Pfund zu 10 Pfennig an jedermann. Selbstver­ständlich fand er sehr starken Absatz und den Beifall der Marktbesucher. Die Händler gingen dann auf 1113 Pfennig mit ihren Kartoffeln herunter. Es war wohl das erste Mal. daß ein Konsumverein auf dem Wochenmarkt erschien und dort verkaufte, um unmittelbar preisregelnd zu wirken.

Mühlacker. 23. Juli. Der längste Soldat des deutschen Heeres war letzter Tage auf dem hiesigen Bahnhof zu sehen. Es war ein bayrischer Infanterist, der 2,14 Meter maß.

ep. Neuer Kurs für freiwillige Kranken­pflege im Kriege. Im Monat August wird auf der Karlshöhe ein weiterer Kurs für freiwillige Kranken­pflege im Kriege abzehalten werden. Aufnahmefähig sind Männer im Alter von 1840 Jahren, die völlig militärfrei sind, und von denen man erwarten kann, daß sie den wichtigen Dienst der Pflege unserer ver­wundeten und erkrankten Krieger mit aller Hingebung, Treue und Gewissenhaftigkeit erfüllen. Der Kurs beginnt am 2. August. Meldungen sind bis 29. Juli einzureichen an das Inspektors Karlshöhe (Ludwigs­burg). von wo auch die näheren Bedingungen erhält­lich sind.

Slus StaSt» Bezirk unS Umgebung«

In der württ. Verlustliste Nr. 230 vom 23. Juli 1915 sind folgende Namen aus dem hiesigen Bezirk enthalten:

Grenadier-Regiment Nr. 119, Stuttgart.

1. Kompanie:

Wilhelm Schaible. Calmbach, schw. verw. Benno Offner, Wildbad, l. verw., b. d. Tr. Gustav Burkhardt, Kapfenhardt, l. verw. Reserve Infanterie-Regiment Nr. 119.

3. Kompanie:

Friedrich Keck, Neuenbürg, gefallen.

Neuenbürg. 20. Juli. Von einem braven Musketier auf dem östlichen Kriegsschauplatz (Ernst

N.) traf eine Feldpoftkarte an seine

Eltern ein mit folg, bemerkenswerten Inhalt: Ge­schrieben am 11. Juli: Teile Euch mit, daß ich heute Euren l. Brief erhalten habe. Habt besten Dank. Bei uns ist etwas Großes im Gange. Hoffent- lich macht Ihr Euch keine zu großen Sorgen. Betet für Euren Sohn, denn bis Ihr diese Karte erhaltet, bin ich vielleicht nicht mehr unter den Lebenden. Gebe Gott, daß ich heil zurückkehre aus der Schlacht. Sollte ich fallen, zeigt Euch als Deutsche! Viele Grüße sendet Euer Sohn Ernst.

Wildbad, 23. Juli. Das neben dem Hotel zumgold. Stern" liegende Hotel Drebinger wurde bei der gestrigen Zwangsversteigerung von Herrn Gustav Bott zumgold. Stern" um den Preis von 67 000 Mk. erworben.

Die bei den Postanstalten eingehenden Fünf­undzwanzigpfennigstücke werden von jetzt an nicht wieder ausgegeben, sondern der nächsten Reichs bankstelle zugeführt oder an die Pofthauptkasse abgeliefert.

Neuenbürg, 24. Juli. Dem heutigen Schweine­markt waren 25 Stück Milchschweine zugeführt, welch« zu 4852 Mk. per Paar verkauft wurden.