Die Kriegsberichterstatter fast sämtlicher neu« traten Zeitungen sind in letzter Woche zu dem Ergebnisse gelangt, daß Deutschland im Weltkriege noch unerschüttert dastehe und daß sich das deutsche Heer jedem Feinde als überlegen gezeigt habe. Dabei ist es bemerkenswert, daß auch die größten englischen Zeitungen jetzt zugeftehen, daß bis jetzt in dem Weltkriege Deutschland als der Sieger anzusehen sei. weit es Belgien und einen Teil Frankreichs erobert habe und einen großen Teil von Russisch- Polen besetzt halte, auch in dem Kriege mit starken Truppenkläften seinen Bundesgenossen in den Karpathenkämpfen mit Erfolg Beistand geleistet habe. Es sei auch nicht zu leugnen, daß die deutsche Kriegsflotte der englischen Flotte Verluste zugefügt habe.
Berlin, 33. April. Zu dem Erfolg unserer Truppen bei Ipern schreibt der „Lokalanzeiger": Der strategische Wert des Erfolges muß hock angeschlagen werden. Ebenso ist dieser Sieg am Ipern- kanal aber auch moralisch von großem Wert. Sollte Paris und London über das klägliche Mißlingen der englisch-französischen Offensive enttäuscht gewesen sein, so wird es jetzt mit Erschrecken wahrnehmen, daß die deutsche Armee nunmehr selbst den Angriff wieder aufnimmt, nachdem man sich im englisch-französischen Lager eingeredet hatte, daß von einer deutschen Offensive keine Rede mehr sein könne und daß die deutsche Verteidigungslinie ohne besondere Anstrengung durchbrochen werden könne. Lord Kitchener tat den Ausspruch, daß der eigentliche Krieg erst im Monat Mai beginne. Nach dem Vorgehen der deutschen Aimee zu schließen, ist der englische Kriegsminister in Bezug auf den Zeitpunkt kein schlechter Prophet gewesen.
London. 22. April. (WTB.) Premierminister Asquith hielt am Mittwoch in Newcastle eine Rede, in der er ausführte, der Krieg habe ungeheure Anforderungen an Menschenleben und Kriegsmaterial gestellt. Die ganze Nation im Felde oder in der nationalen Arbeit nehme an dem Kriege teil. Asquith sprach seine Befriedigung über das Ergebnis der Werbungen aus und bestritt, daß die Tätigkeit der Armee durch den Mangel an Munition beeinträchtigt werde. Die Schwierigkeit der Lage sei durch die Notwendigkeit entstanden, dis Produktion ungeheuer zu vermehren, und durch den Mangel an gelernten Arbeitern, der durch die Rekrutierung noch gesteigert worden sei. 217 000 Bergarbeiter seien in die Armee und 70000 ungelernte Arbeiter seien in die Bergbau-Industrie eingetreten. Es bestehe also bei einer absoluten Verminderung der Arbeitskräfte eine verminderte Produktion bei größerem Bedarf. Ar- beiter und Arbeitgeber müßten zusammenwirken. Die Munitionrfirmen dürften keine unnatürlichen Gewinne machen. Die Gewerkschaften sollten während der kritischen Zeit vorübergehend auf ihre Gewohnheiten und Regeln verzichten. Die Arbeiter und Arbeitgeber müßten, wie es bereits in dem Maschinenbau geschehen sei, gemeinsam durch Kommissionen zu dem Ziele hinwirken, die Herstellung von Kriegsmaterial zu vermehren.
Berlin, 23. April. Bei einer Zusammenkunft im Londoner Kolonial-Jnstitut erklärte Grey, wie dem „Berl. Tageblatt" aus Rotterdam berichtet wird, es sei Sünde, für den Frieden zu beten, bevor die barbarische Anmaßung Deutschlands gebrochen sei.
Berlin, 23. April. Aus Rotterdam meldet der „Lokalanzeiger": Lloyd George sagte im Unterhause, daß die Engländer während der 14 tägigen Kämpfe bei Neuve Chapelle ebensoviel Munition verbrauchten, wie während der 2 Jahre und 9 Monate des südafrikanischen Krieges. Ungeachtet des gewaltigen Verbrauchs besitze England noch genügend Reserven. Augenblicklich seien 2500 bis 3000 Fabriken damit beschäftigt, Munition anzufertigen.
Frankfurt, 22. April. (GKG.) Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus London: Im Oberhause drang Lord Curzon darauf, daß die Regierung weniger geheimnisvoll sei und rascher die Berichte über die Kriegs operationen veröffentlichen solle. Lord Crewe antwortete, daß die Berichte über Kriegsoperationen nicht eher veröffentlicht werden könnten, bevor die Berichte des Oberbefehlshabers bekannt seien. Der einzige Trost, den er geben könne, sei, daß die Bevölkerung der Verbündeten noch weniger zu hören bekomme. (Ein sonderbarer Trost!)
Paris, 24. April. (WTB.) Der „Temps" meldet aus Hazebrouck: Ipern wurde in der Nacht vom 31. zum 22. April von den Deutschen heftig beschossen. Es wurde bedeutender Sachschaden angerichtet. Zahlreiche Personen sind verletzt oder getötet worden.
Genf. 23. April. In Pont-ä-Mousson dauerten die durch das Feuer der deutschen Geschütze verur
sachten Brände bis zum Morgengrauen an. Bei der Verfolgung eines deutschen Flugzeuges, das zweitausend Meter über Belfort flog, erhielt der französische Militärflieger Villiers einen Schuß in den Unterleib und starb gleich nach seiner Landung.
Berlin, 34. April. Das „Berliner Tageblatt" meldet aus Landsberg. a. Warthe: Ein russischer Flieger, der auf dem Bahnhof Soldau zwei Munitionszüge bombardieren wollte, traf einen dort haltenden Lazarettzug. 8 Verwundete wurden gelötet. Mehrere Wagen wurden beschädigt. Außerdem wurden 20 Personen auf dem Bahnhof verletzt. Der Flieger, der 13 Bomben abwarf, führte fälschlich ein deutsches Fliegerabzeichen.
Petersburg, 23. April. (WTB.) Der Zar ist in Lemberg angekommen. Auf dem Bahnhof Brody batte ihn der Oberbefehlshaber Großfürst Nikolai Nikolajewitsch mit seinem Stab und der Gehilfe des Generalqouvrrneurs von Galizien begrüßt. Als «die Menge sich vor dem Palais des Generalgouverneurs versammelte, trat der Zar auf den Balkon, dankte für den herzlichen Empfang und rief: „Hoch lebe das eine, unteilbare und mächtige Rußland! Hurra!"
Petersburg. 24. April. (WTB) Der„Rjelsch" meldet: Im Gouvernement Wilna nimmt die Trinksucht und die heimliche Herstellung von Alkohol fast in allen Familien erschreckende Formen an. In der zweiten Hälfte des Jahres 1914 wurden allein im Gouvernement Wilna 59 heimliche Wodkafabriken entdeckt. Di« Zustände sind, wie die Kriminalstatistik beweist, heute sogar schlimmer als früher.
Berlin, 23. April. Aus Konstantinopel meldet der „Lokalanzeiger": Hier eingetroffenen Meldungen zufolge werden die Mohammedaner auf den durch die Engländer besetzten ägäischen Inseln von diesen schlecht behandelt. Nach einer Privatmeldung des „Turan" wurde der Mufti, der türkische Bischof von Tenedos, von den Engländern aufgehängt.
Frankfurt, 23 April. (GKG ) Die „Franks. Zeitg." meldet aus London, 23. April: Reuter meldet: Lloyds gibt bekannt, daß das Dampfschiff „Brillant" auf der Reise von Sarosborg, Norwegen, nach London durch die Deutschen aufgebracht wurde.
London, 23. April. Nach einer in den Blättern veröffentlichten Statistik belaufen sich die Verluste, die englische Reeder durch deutsche Unterseeboote erlitten haben, auf ungefähr 100 Millionen Mark.
Berlin, 23 April. Zu der abermaligen Ablehnung des Waffenausfuhrverbots durch die amerikanische Regierung sagt der „Berl. Lokalanz.": Die Wiederablehnung des Waffenausfuhrverbots seitens der amerikanischen Regierung wird keinen Deutschen überraschen, aber auch keinen überzeugen, daß der schwunghafte Waffenhandel Amerikas im Einklang mit strikter Neutralität stehe.
Berlin. 21. April. Der türkische Fmanzminister Dschawid Bai hat sich mit mehreren Räten in das deutsche Große Hauptquartier begeben.
Paris, 24. April. (WTB.) Der italienische Sozialist Morgari hat in Paris den französischen Sozialisten einen Antrag der italienischen Sozialisten auf Einberufung eines Kongresses der Sozialisten der neutralen Länder, sowie auf Einberufung des internationalen sozialistischen Bureaus unterbreitet. Beide Anträge wurden von den Franzosen abgelehnt. Morgari begibt sich nunmehr mit dem gleichen Auftrag nach London.
Württemberg.
Stuttgart, 23. April. Die Stuttgarter Fleischer-Innung hielt unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Häußrrmann im Charlottenhof eine Versammlung ab, bei der die Frage des Bezugs von Fleisch und Schmalz erörtert wurde. Das Ergebnis der Aussprache ging dahin, daß. nachdem im Geschäft eine gewisse Ruhe eingetreten ist, wegen des weiteren Fleischbezugs abgewartet werden soll, was die Zukunft bringt.
Stuttgart, 20. April. Die Spargelsaison hat begonnen. Auf dem Markt kosten Untertürk- heimer 1.20 per Pfund, Tiroler Spargeln 2 ^ per Pfund.
Laup heim, 23. April. Die Einnahmen aus dem Verkauf der jungen Gänse im Frühjahr find für die Bäuerinnen in Oberschwaben eine gute Quelle, kosteten diese jungen Tiere („Biberle" genannt) doch durchschnittlich 1 bis 1.20 das Stück, und es kam sehr oft vor. daß so eine Bäuerin bis zu 100 Stück auf den Markt brachte. Der Erlös hiervon wurde meist zur Anschaffung von Aussteuer
stücken für die Tochter verwendet. Heuer nun spuckt es in diesem Artikel gewaltig. Der Krieg ist daran schuld, denn auf den letzten Märkten wurden nur ca. 20—30 pro Stück erlöst, ja es kam sogar vor. daß viele Gänslein hergeschenkt wurden, weil solche dem spärlichen Futter wegen gar nicht verkauft werden konnten. Ein böses Geschäft!
Vom Heuberg, 23. April. Nachdem durch etliche Tage her der Himmel ein frühlingsfreundliches Gesicht gezeigt hat. sitzen wir heute früh wieder in einer schneebedeckten, düsteren Winierlandschaft. und, wie es den Anschein bat. will das Schneien erst nicht so rasch ein Ende nehmen. Der Schneefall ist wohl eine Nachwirkung der in den letzten warmen Tagen aufgetretenen Gewitterbildungen.
Buchau, 22 April. Mit Rücksicht auf die Volksernährung während des Krieges haben die bürgerlichen Kollegien die Fürstlich Thurn und Taxis'sche Standesherrschaft um Ueberlassung von Waldgrundflächen zum Kartoffelanbau gebeten. Der Bitte wurde entsprochen. Eine große nutzbare Fläche wurde in 40 Abteilungen verschiedenen Personen um Entgeld zur Bebauung zugewiesen.
Kus StaSt» Bezirk unS Umgebung.
In der württ. Verlustliste Nr. 167 vom 23. April 1915 sind folgende Namen aus dem hiesigen Bezirk enthalten:
Infanterie-Regiment Nr. 125, Stuttgart..
5. Kompanie:
Ersatzreservist Ernst Ott, Birkenfeld, verw.
Musketier Karl Müller. Dobel, l. verw. Ersatzreservist Albert Sreger, Loffenau, vermißt. Musketier Max Aechtler, Calmbach, verw. Ersatzreservist Gottlob Gänger, Ottenhausen, gefallen.
6. Kompanie:
Gefreiter Christian Günihner, Neusatz, I. verw. Musketier Jakob Schwämmle, Schwarzenberg, infolge schwerer Verwundung gestorben. Ersatzreservist Alfr. Benzig, Schwarzenberg, schw. verw.
7. Kompanie:
Ersatzreservist Josef Sprenger. Dobel, schw. verw. Musketier Wilhelm Fauih, Feldrennach, verw.
8. Kompanie:
Tambour Johannes Maisenbacher, Zainen, gefallen. Reservist Friedrich Kustrrer, Birkenfeid, l. verw. Offiziersstrllvertteier Vizefeldwebel Wilhelm Kübler, Holzbachsägmühle, schw. verw. Gefreiter Hermann Aberle, Wildbad. vermißt. Infanterie Regiment Nr. 180, Tübingen-Gmünd.
2. Kompanie:
Musketier Julius Holzschuh, Birkenfeld, schw. verw. Dragoner-Regiment Nr. 25. Ludwigsburg.
4. Eskadron:
Dragoner Karl Schrast, Nonnenmiß, schw. verw. Reserve-Feldartillerie Regiment Nr. 54.
4. Batterie:
Ersatzreservist Ernst Bacher, Birkenfeld, infolge Ver- _ wundung gestorben.
Wildbad. Der Obermatrose Oskar Kloß, Besitzer des Hotels Maisch hier, wurde zum Oberbootsmannsmaat befördert.
Neuenbürg, 24. April. (Vertilgung der Maikäfer.) Ein stärkeres Auftreten der Maikäfer ist im Laufe des Frühjahrs in einzelnen Teilen des Landes in Aussicht zu nehmen. Die Kgl. Württemb. Forstdirektion hat darauf aufmerksam gemacht, daß es bis jetzt an durchgreifenden Maßnahmen zur Vertilgung des Maikäfers fast überall im Lande gefehlt habe und daß die Schäden, die durch diesen Käfer und insbesondere durch den Engerling nicht nur im Wald, sondern auch in der Landwirtschaft verursacht werden, zu ernster Besorgnis Anlaß geben, weil sie in ganz außerordentlichem Maß von Jahr zu Jahr zunehmen. Zur Vertilgung der Maikäfer ist das Sammeln heute noch das brauchbarste Mittel. Wo Käfer zu Dünger oder Futter verarbeitet werden, ist das Erstickungsverfahren mit Schwefelkohlenstoff zu empfehlen.
Pforzheim, 21. April. Der erste Hauptgewinn von 15000 Mk. bei der Württ. Roten Kreuz-Lotterie fiel auf Nr. 40802. Der glückliche Gewinner ist ein 70jähriger Goldschmied hier in einfachsten Verhältnissen, der nun mit seiner ebenso alten Gattin seinen Lebensabend in Ruhe verbringen kann.
Die Zeit zum Einkalken der Eier pflegt alljährlich Mitte März einzusetzen und bis Mitte Mai zu dauern. Heuer liegen die Verhältnisse etwas ungünstig. Es ist große Nachfrage nach den be-