Auch eine württembergische Landftunnschwadron war zum Empfang des Königs für diesen Tag nach Gent gekommen. Der König traf am 15. April, abends 6.30 Uhr, in Begleitung des Adjutanten im Auto­mobil vor dem Genter St. Petersbahnhof, dem neuen Hauptbahnhof der Stadt, ein. Auf dem großen, weiten Platze davor hatten die württembergischen Landstürmer in einem großen offenen Viereck Auf­stellung genommen. Die übrige Genter Besatzung stand an der Straße Spalier, die das Auto des Königs gefahren kam. Hinter den spalierbildenden Truppen halten sich die zu Gent weilenden ausgangs­fähigen kranken und verwundeten Soldaten aller deutschen Waffengattungen zu Lande und zu Wasser gesammelt. Die Fenster des beim Bahnhof gelegenen großartigen Flandria-Palasthotels, das zur Zeit deutsches Kriegslazarett ist. waren dicht besetzt und hinter den Truppen auf der Straße hatte sich die schaulustige Genter Bevölkerung aller Klassen, einer langen schwarzen Mauer gleich, angestaut. Es herrschte ein prächtiges, warmes Feühlingswetter und hoch über dem weiten Platze zog am blauen Himmel ein deutscher Flieger seine Kreise. Der König war in feldgraue Uniform gekleidet. Brausende Hurrarufe der Truppen empfingen ihn, die schwäbischen Land­stürmen präsentierten das Gewehr und die vortreff­liche Musikkapelle des Calwer Landsturms spielte Heil unserm König, Heil." Unter den hoben Ossi zieren, die den König empfingen, waren General­leutnant Frbr. v. Seckendorf, Generalmajor v. Hügel, Oberst v. Pgquin und Oberstleutnant v. Sonntag. Nach der Begrüßung besichtigte unser König das Calwer Landsturmbataillon, wobei er den Führer der 1. Kompanie. Hauptmann v. Gaisberg. be­sonders herzlich begrüßte, ebenso die württembergische Landsturmschwadron. Der König äußerte hierbei sichtliche Freude, alte Angehörige seines Leibregiments in Gent begrüßen zu können. Danach hielt der König eine herzliche Ansprache von der Mitte des Platzes aus an die württembergischen Landsturm­iruppen, die von diesen mit abermaligen donnernden Hurrarufen erwidert wurde. Ein prächtiger Parade­marsch der alten schwäbischen Soldaten vor ihrem geliebten Landesherrn beendete das schöne Schauspiel. Der König, der fast ^ Stunden in ihrer Mitte ge­weilt hatte, fuhr danach mit dem Sondrrzug in die württembergische Heimat. (GKG.)

Stuttgart, 21. April. Das Stellv. General­kommando hat zu der Bekanntmachung betr. Anzeige- pflrcht von Versammlungen folgenden Zusatz beigefüg!: Als Versammlungen zur Erörterung

politischer Fragen gelten insbesondere alle Versamm­lungen politischer Vereine oder Gruppen, ohne Rücksicht auf den Gegenstand der Verhandlungen.

Stuttgart, 21. April. Das Stellv. General­kommando weist darauf hin, daß trotz der durch die ministerielle Verfügung erfolgten Aushebung der Taubenschlagsperre das Verbot des Abichießens frrifliegender Tauben jedweder Art wegen der damit verbundenen Gefahr der Tötung von Militär­brieftauben nach wie vor weiter besteht.

Stuttgart, 21. April. Im Alter von 23 Jahren ist in den Argonnen Leutnant d. R. Ernst Hieber, Inhaber des Eisernen Kreuzes, Sohn des Regierungs­direktors Dr. v. Hieber, vor dem Feind gefallen.

Stuttgart, 21. April. In einer in Wiesbaden gehaltenen Sitzung des Turnausschusfes der Deutschen Turnerschast beschloß der Turnausschuß bezüglich der Neuorganisation der Deutschen Turnerschaft auf seinem früheren Standpunkt zn verharren. Er hält eine andere Zusammensetzung und größere Selbständigkeit des Turnausschusses für notwendig, außerdem die Heranziehung turnerisch gebildeter Hilfskräfte mit Einrichtung einer Geschäftsstelle. Der Entwurf einer neuen Turnfestordnung wird veröffentlicht werden, sobald bekannt ist, wann der nächste Deutsche Turntag stattfindet. In der Frage der militärischen Vorbildung der Jugend wurde beschlossen, die turnerischen Uebungen, die sich seither bei der militärischen Vorbildung bestens bewährt haben, in dieRichtlinien" aufzunehmen. Weiter soll eine Denkschrift ausgearbeitet werden, in der die Uebernahme der Turn spräche der Deutschen Turnerschaft, die auf sprachwissenschaftlicher Grundlage ruhend, aus deutschem Geiste hervorgegangen, gegen­über der militärischen Turnsprache, die systemlos und häufig nur Uebersetzung aus dem schwedischen Turnen ist, bei weitem den Vorzug verdient. Die Einführung des Gewehrfechtens soll den Turnvereinen erneut empfohlen werden. Dem Frauenturnen, das für die Zukunft des Vaterlandes besondere Bedeutung hat. sollen die Turnvereine erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Ueber das Jugendturnen sollen neue Grundsätze aufgestellt werden.

Stuttgart, 21. April. Der sozialdemokratische Parteivorstand hat nach derSchwäb. Tagwacht" an den bisherigen Kreisvorstand des 10. Wahl­kreises ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: Nach unserer Erklärung vom 27. März, an der wir unbedingt festhalten werden, müssen wir es ablehnen, den auf der Kreisgeneralversammlung des 10. württemb. Reichstagswahlkreises angenommenen Anträgen Gmünd und Göppingen zuzustimmen. Wenn die Genossen des 10 Wahlkreises auf der beschlossenen Loslösung vom Landesvorstand der Sozialdemokratischen Partei Württembergs beharren und sich der neuen Landesorganisation anschließen, scheiden sie damit aus der Sozialdemo­kratischen Partei Deutschlands aus".

Stuttgart. 19. April. Unter dem Vorsitz des Gemeinderats Stübler fand gestern hier eine Mit­gliederversammlung und eine Landesausschußsitzung des Flemderiverkthrsoereins Württemberg-Hohen- zollern unter zahlreicher Beteiligung aus allen Teilen Württembergs nnd Hohenzollerns statt. Die Be­ratungen des Landesausschusses galten in der Haupt­sache dem Haushalts- und Arbeitsplan 1915. Kanz­leirat Slröhmfeld hielt einen lehrreichen Bortrag über Richtlinien der neuen deutschen Fremdenverkehrs­politik". Die im Juli 1914 vollendete Einrichtung der Geschäfts- und Auskunflstelle des Verbands beim Hauplbahnhof Stuttgart hat sich vorzüglich bewährt. Der Haushalts- und Arbeitsplan wurde einstimmig genehmigt, ebenso der Kassenbericht.Ueber Be­nützung unserer Bäder. Kurorte und Sommerfrischen" referierte Verbandssrkretär Wöllwarth. Nach oder gegen Ende des Krieges werden Hunderttausende aus dem Heeresverband entlassene Kriegsteilnehmer auf Jahre hinaus Erholungskuren gebrauchen müssen. Der Verband hat sich sofort tatkräftig der Sache an­genommen und es darf, nachdem der württ. Landes­verein vom Roten Kreuz ebenfalls mit dem Zentral­komitee Hand in Hand gehen wird, in bestimmte Aussicht genommen werden, daß auch das Schwaben­land sein Teil zur Gesundung unserer Krieger wird beitragen können.

Stuttgart, 22. April. Wie verlautet, sollen Heuer auch in den württembergischen höheren Schulen die schriftlichen Prüfungen versuchsweise ausfallen.

Stuttgart, 21. April. In einer Entschließung hat die Berliner Schuhmacher-Innung davon Kenntnis genommen, daß alle Bemühungen, die Festsetzung von Höchstpreisen für Leder zu erreichen, leider ohne Eifolg geblieben sind. Die Preise für Leder hätten nun eine Höhe erreicht, die zum Teil 200300°/» höher seien als vor Ausbruch des Krieges. Die Preise für Häute sind auf Grund der amtlichen Festsetzung dagegen nur um ungefähr 3540°/» höher als die Juli-Preise.

Reutlingen. 21. April. Die Lederfabrik I. I. Schlayer hier hat weitere 100000 Mark zu Gunsten der Hinterbliebenen von Ausmarschierten sowie für Zwecke der Kriegsinvaldenfürsorge gestiftet.

Aus dem O.A. Oberndorf 19. April. Dem 20 jährigen Fabrikarbeiter Göckle in Hochmössingen fiel gestern eine geladene Zimmerflinte, mit der er sich zu schaffen machte, aus der Hand. Als er sich nach der Flinte bücken wockte. entlud sie sich und die Kugel drang ihm ins Herz, so daß augenblicklich der Tod eintrat.

Kus StaSt» Bezirk unv Umgebung«

In der württ. Verlustliste Nr. 165 vom 21. April 1915 sind folgende Namen aus dem hiesigen Bezirk enthalten:

Infanterie-Regiment Nr. 125, Stuttgart.

9. Kompanie:

Ersatzreservist Karl Mößner, Birkenfeld, verw.

11. Kompanie:

Ersatzreservift Hermann Proß, Wildbad, gefallen.

12. Kompanie:

Reservist Hermann Kaupp, Schwann, verw. Landwehr-Jafanterie-Regimevt Nr. 126.

10. Kompanie:

Landwehrmann Gustav Fuchs, Salmbach, l. verw.

In der württ. Verlustliste Nr. 166 vom 22. April 1915 ist folgender Name aus dem hiesigen Bezirk enthalten:

Infanterie-Regiment Nr. 126, Straßburg.

7. Kompanie:

Musketier Gustav Schüßler, Schwann, l. verw.

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Das Eiserne Kreuz erhielt der Fübrer des 3. württ. Ballonabwehrkanonenzugs Otto Holzer, Amtsrichter in Stuttgart, Sohn des Direktor Holzer in Rotenbach.

:: Wildbad, 21. April. Zum Oberleutnant befördert wurde durch Königliche Verfügung vom 13. April der für Tapferkeit vor dem Feind wieder­holt ausgezeichnete Leutnant Rösler im Füsilier- Regiment Nr. 122, Kaiser Franz Josef von Oester­reich. König von Ungarn (4. Württ.), in Heilbronn, Sohn des Stadtpfarrers hier. Stabsarzt Dr. Wilh. Baetzner. Privatdozent der Chirurgie an der Unioersi'ät Berlin, Inhaber des Eisernen Kreuzes 2 Klasse, Bruder des Sladtoorstands Baetzner hier, erhielt vom König das Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens mit Schwertern.

Neuenbürg, 21. April. Wie wir hören, stehen in Württemberg Maßnahmen bevor, die auf eine vernünftige Einschränkung des Biergenusses abzielen, um dadurch die Grrftenoorräte zu strecken. Es scheint, daß man dabei analog den Brotkarten an die Ausgabe von Bierkarten oder Biermarken denkt.

Neuenbürg. Unser langjähriger Buchdruckerei­gehilfe u. Mitarbeiter, Vizefeldwebel und Bataillons­schreiber Gottl. Rempfer beim Landsturmbataillon Calw (1. Komp. v. Gaisberg) schreibt uns aus Gent: Am 15. April besuchte uns hier Seine Majestät unser König, aus welchem Anlaß Parade am Peters­bahnhofe stattfand. Der Landsturmmann von der 1. Kompanie Adolf Merkle von Dennach erhielt u. a. die Silberne Militärverdienftmedaille. Der Herr Vizefeldwebel schreibt weiter, daß er schon vor einiger Zeit in Ostende und Brüssel gewesen sei und nun am Ostersonntag auch der großartigen Festung und Hafenstadt Antwerpen seinen Besuch abgeftattet habe. (Solche Mitteilungen sind uns erwünschter, als allerhand dichterische Proben aus dem Felde, mit denen wir in den letzten Tagen wieder geradezu überflutet worden sind.) Der Landsturm-Unteroffizier Kassier Eug. Mahler, der bisher in Calw und Vaihingen Dienst tat, ist nun auch bei seinem Ba­taillon (1. Komp.) in Gent eingerückt. Hoffentlich kommen sie alle wieder mit heiler Haut glücklich in ihre Heimat zurück.

Calw, 22. April. Stadtschulthriß Conz ist zu kurzem Erholungsaufenthalt hier eingetroffen. Aus diesem freudigen Anlaß trägt das Rathaus Flaggen­schmuck. DasCalwer Tagblatt" begrüßt mit auf­richtiger Freude den tapferen Stadtvorstand in der Heimat. Die Geistlichen des Bezirks Calw kamen mit ihren Frauen und einigen Gästen imBadischen Hof" fast vollzählig zusammen, um das Haupt der Diözese, Dekan Roos, der nach lOstsjähriger Wirksamkeit aus seinem Amte scheiden und in den Ruhestand übertreten wnd. zu verabschieden.

Calw, 22. April. In Breitenberg machten zwei Buben im Schopf ihres Vaters ein Feuerle, das zum Glück rasch bemerkt und von einem Nachbar mit weiterer Hilfe auf seinen Herd beschränkt wurde. Die Gefahr für die nahe angrenzenden Häuser und Scheunen war groß, doch blieb weiteres Unheil vermieden.

Pforzheim. 20. April. Eine schwierige Frage für die Stadtverwaltung unserer durch den Krieg schwer heimgesuchten Gemeinde ist auch die Geld­beschaffung. Bei Ausbruch des Krieges standen aus der 1912 er Anleihe noch etwa 1300000 Mk. zur Verfügung. Um sich außer einigen Darlehen im Betrage von 1,6 Millionen Mark noch weitere Mittel zu beschaffen, wurden städtische Werte bei der Reichs­bank hinterlegt, um dort Geld nach Bedarf abheben zu können. Schließlich erhielt die Sparkasse die Er­laubnis, Wechsel auszuftellen, die die Stadtgemeinde akzeptiert und durch eine Bank beleihen läßt. Auf diese Weise stehen der Stadt jetzt wieder 2030000 Mark zur Verfügung. Zur Ausführung von Bau- arbeiten und zur Deckung der Restbeträge von Unterstützungen, die in der Hauptsache seit 1. Januar vom Reich zurückoergütet werden, fehlen immerhin noch 700000 Mk., von denen man vorerst noch nicht sagen kann, wie sie aufgebracht werden sollen. An einer Möglichkeit dazu wird es indessen nicht fehlen. Die bis zum 31. Dezember entstandenen Kriegskosten im Betrage von 1097 065 Mk. (ohne die Notstands­arbeiten der städt. Aemter) sollen später auf eine besondere Kriegsanleihe genommen werden.

** Pforzheim, 21. April. Der Bürgeraus­schuß ist auf nächsten Montag einberufen, um zu den bereits aufgewendeten und aufgenommenen Mitteln für Zwecke der Kriegsfürsorge, Arbeitslosenfürsorge