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26.

Neuenbürg, Samstag den 13. Februar 1913.

73. Jahrgang

Der Krieg.

Wie du mir, so ich dir. Die englischen Krämer uiolllen Deutschland und Oesterreich-Ungarn aus­hungern. Ihre gemeine und kalte Berechnung ging dahin, den Zentralmächten so lange die Lebensmittel­zufuhr abzuscbneiden, bis ihr militärischer Widerstand, der im ehrlichen Kampfe nicht zu brechen ist unter dem Druck einer Hungersnot der beiden Völker er­lahmen werde. Um dieses schnöde Ziel zu erreichen, mußte sich England über alles Recht und jedes Abkommen hinwegsetzen, indem es den Begriff der Kontrrbande willkürlich veränderte und die größte Seeräuberei ins Leben rief, die die Geschichte kennt. Selbst die Geschichte Englands, das nach dem über­einstimmenden Urteil aller festländischen Geschichts­forscher nur durch Piratentum seine heutige Macht erlangt hat, weist keinen diesem Aushungerungsplan auch nur entfernt ähnlichen riesenbasten Hungerkrieg auf. Was aber England mit seinen Schiffen auf dem Heeresspiegel kann, das vermögen wir noch besser mit unseren Unterseebooten.

Bisher haben wir die Rechte der Unbeteiligten auch im Kriege nach Möglichkeit geachtet, obgleich es die meisten Neutralen, die diesen Namen nur zum Schein führen, gewiß nicht verdienen. Wir haben, während England die ganze Nordsee als Kriegs- gebiet bezeichnete, durch ihre Sperrung die aner­kannten Rechtsgrundsätze des freien Meeres mit Füßen trat und zwecks bequemerer Durchsuchung selbst den neutralen Schiffen den Weg durch den Kanal vorschrieb, gerade mit Rücksicht auf diese Neutralen unsererseits von einer Blockadeerklärunq gegen England bis jetzt Abstand genommen. Auch jetzt sieht die amtliche deutsche Erklärung und die den Neutralen zugeftellte Denkschrift noch keine Blockade im engeren Sinne des Wortes vor und vermeidet sogar diesen Ausdruck Da aber kein einziger neutraler Staat, auch die Vereinigten Staaten von Amerika nicht, sich gegen die englischen Ueber- griffe bis jetzt aufgelehnt hat. da sie sich sogar der Bezeichnung der Nordsee als Kriegsgebiet wider­spruchslos fügten, glauben wir mit Fug und Recht das gleiche Verfahren einschlagrn zu dürfen. Was den Engländern recht ist, muß uns Deutschen billig sein. Halt Bauer, das ist ganz etwas anderes! Solange England die Nordsee als Kriegsgebiet er­klärte, hatten die Neutralen nichts dagegen. Jetzt, wenn wir es tun, erhebt sich ein Entrüstungssturm. Wir pfeifen darauf. Will man uns gleiches Recht nicht gutwillig einräumen, so nehmen wir es und lachen über die Proteste. England hat in diesem Kriege den Grundsatz aufgestellt, daß Macht vor Recht geht. Niemand hat uns in dem Kampf da­gegen unterstützt. So zwingt uns eben die rauhe Wirklichkeit des Krieges, bei dem es um Leben und Tod des ganzen Reiches von 70 Millionen Menschen gebt, uns den englischen Leitsatz zu eigen zu machen: kdigdt or vrovA, wx countrF« auf deutsch: Ob Recht oder Unrecht, es handelt sich um mein Land. Der Schmachtriemen, den uns die britischen Kreuzer anlegen wollen, wird auch auf die englische Hüfte gut paffen, wenn er von unseren Unterseebooten ge­schnallt wird. Jedenfalls ist die Gefahr einer Zufuhrunlerbindung für das von der Landwirtschaft fast ganz entblößte England viel größer, als für Deutschland. Am 18. Februar ist der Tag, von dem ab auch die neutralen Schiffe durch deutsche Unter­seeboote Gefahr laufen, wenn sie sich England nähern. Wir haben sie rechtzeitig gewarnt. Wer sich trotzdem in die Gefahr begibt, mag sehen, wie er darin nicht umkommt. _

Berlin. 12. Febr. (WTB. Amtlich.) Se. Maje­stät der Kaiser hat sich wiederum auf den östlichen Kriegsschauplatz begeben.

Nachdem der Kaiser auf dem östlichen Kriegs­schauplätze eine Reihe Besichtigungen vorgenommen hatte, ist er in der letzten Woche nach Berlin zurück­gekehrt. Er empfing dort den Reichskanzler zu Konferenzen und erteilte auch einer türkischen Sonder- gesandtschoft in Gegenwart des türkischen Botschafters und des Unterstaatssekretärs Zimmermann Audienz, ferner nahm der Kaiser auch eine Anzahl militärischer Vorträge entgegen.

Die russische Duma hat in letzter Woche eine Kriegstagung abgehalten, bei welcher Kundgebungen erfolgt sind, von denen man nicht weiß, wie man sie beurteilen soll. Nach einer überschwenglichen Eröffnungsrede des Dumapräsidenten Rodzianko erklärte der Ministerpräsident Goremykin in einer längeren Rede, daß, da sich jetzt der glückliche Ausgang des Krieges für Rußland immer klarer zeige, der tiefe Glaube des ruffischen Volkes an den schließlichen Triumph der russischen Sache sich in Sicherheit umgewandelt habe. Nach der Eroberung Galiziens durch die Russen sei die Eintracht des russischen Volkes noch fester geworden. Der russische Minister Ssassonow behauptete dann in der Duma, daß angesichts des großen Anschlags Deutschlands auf Belgien und Oesterreich-Ungarns auf Serbien dem russischen Reiche kein anderer Entschluß möglich war, als zur Verteidigung des Rechtes das Schwert zu ziehen. Nachdem dann die russische Politik noch in jeder Weise beschönigt worden war, hat die Duma ihr festes Vertrauen ausgesprochen, daß in dem Kriegs die großen nationalen und freiheitlichen Ziele Rußlands erreicht würden. Es ist für Deutschland unmöglich, diese Anmaßungen und Entstellungen in den Kundgebungen der russischen Staatsmänner und Abgeordneten weiter zu diskutieren. Mit Worten kämpft man da vergeblich.

Die Konferenz der Finanzminister des Drei­verbandes ist in letzter Woche in London fort­gesetzt worden, dort find nähere Ergebnisse über diese Konferenz noch nicht bekannt. Nach aus­wärtigen Zeitungsmeldungen soll die Getreidever­sorgung Englands in der letzten Woche tatsächlich aufgehört haben, weil die Getreidedampfer aus Amerika nicht mehr in England eingetroffen sind. Im englischen Parlament wurde eine Vermehrung der Marinemannschaften um 32 000 Mann gefordert.

Die wichtigsten militärischen und finanziellen Angelegenheiten Frankreichs scheinen jetzt mit in London erledigt zu werden, denn der französische Minister des Aeußern Delcasse und der französische Botschafter Cambon halten in letzter Woche wieder­holt Besprechungen mit dem englischen Minister­präsidenten Asquith und mit dem englischen Kriegs­minister Lord Kitchener in London.

Kopenhagen, 12. Febrt Nach derB. Z." meldetNational Tidende" aus Paris, daß die Deutschen Armentieres bombardieren.

Pest. 12. Febr. (GKG.) Der Vormarsch unserer Truppen in der Bukowina dauert mit größtem Erfolg an. Nach der Besetzung von Suczawa und Radautz haben unsere Truppen nun auch das Serethihal und gleichzeitig die Stadt Sereth in Besitz genommen, wobei neuerlich sehr zahlreiche russische Gefangene gemacht worden sind.

Konstantinopel, 12. Febr. Ein halbamtliches Telegramm aus Jseban an der türkisch-russischen Grenze meldet, daß die Russen am Dienstag und Mittwoch mehrere Angriffe auf Egriklissa und Lespik unternahmen. Die Angriffe wurden unter aroßen Verlusten des Feindes durch die kraftvolle Offensive der türkischen Truppen zurückgewiesen. Die Russen zogen sich in Unordnung zurück und ließen eine große Menge Kriegsmaterial zurück.

Berlin, 12. Febr. (WTB.) DerLokalanz." meldet aus Kopenhagen: In der letzten Zeit wurden wiederholt von französischen und englischen Fliegern Versuche unternommen, bis Brüssel zu gelangen.

Vorgestern näherte sich wieder ein englisches Flug­zeug Brüssel, wahrscheinlich in der Absicht, das deutsche Heerlager in Brüssel zu bombardieren. Als der Engländer sichtbar wurde, stieg sofort eine deutsche Taube auf und es entstand ein erbitterter Luftkampf, der mit dem Sieg des deutschen Flug­zeuges endete. Das englische Flugzeug stürzte plötzlich senkrecht zu Boden. Die beiden englischen Insassen waren sofort tot.

Vlissinqen, 11. Febr. (WTB.) Heute früh um 10.15 Uhr passierte hier ein Zweidecker unbe­kannter Nationalität. Er überflog den Hafen von Vlissingen und warf zwei Bomben ab, die aber nur wenig Schaden anrichteten. Die Bombe fiel in un­mittelbare Nähe des deutschen DampfersMain" vom Norddeutschen Lloyd, der im Vlissinger Hafen liegt. Es sind keine Personen verletzt worden. Das Flugzeug verschwand in südöstlicher Richtung. Die Blätter melden, daß das Flugzeug, daß über dem Vlissinger Hafen Bomben abgeworfrn hat, wahr­scheinlich französischer Herkunft sei.

Berlin, 12. Febr. DieMorgenpost" schreibt, es bestätige sich, daß die englische Regierung keinen anderen Ausweg mehr wisse als die Flaggen der Neutralen zu mißbrauchen. Erst der Fall der Luisitania" und nun das gleiche Verfahren des DampfersLaertes", der die holländische Neutralität vorgeschützt habe. Die Neutralen dürften sich nun klar werden, in welch mißliche Lage sie durch den Flaggenschwindel Englands geraten.

Amsterdam, 12. Febr. (GKG.) Dem eng­lischen DampferLaertes" aus Liverpool, der von Java mit einer sehr wertvollen Ladung an Bord ankam, wurde dicht an der holländischen Küste durch ein deutsches Unterseeboot der Befehl gegeben, anzuhalten. Der Kapitän des Schiffes leistete jedoch dem Befehl keine Folge, worauf das Unterseeboot einige Schüsse aus einem Maschinengewehr auf den Laertes" abgab, die den Schornstein trafen. Der Kapitän fuhr mit Volldampf, worauf das Untersee­boot ein Torpedo auf denLaertes" abschoß, das jedoch sein Ziel verfehlte, da das Schiff im Zickzack voranfuhr. Als derLaertes" die Gefahr sah, hißte er sofort die niederländische Flagge und fuhr mit dieser in niederländische Gewässer ein. Der Kapitän sagte, daß er hiezu das Recht gehabt habe, da er Untertanen eines neutralen Staates, nämlich Chinesen, an Bord gehabt habe. DerLaertes" ist gegenwärtig im Hafen von Amsterdam. Die holländischen Behörden haben eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet.

Berlin, 12. Febr. (WTB.) DieVosstsche Zeitung" meldet: In Hamburger Reederkreisen wird der Verlust der englischen Handelsflotte ent­gegen der englischen Meldung auf 4 vom Hundert geschätzt, welche Zahl eher noch zu niedrig sei, da gewiß noch nicht alle Einbußen bekannt geworden seien.

Berlin, 12. Febr. Aus Hamburg meldet die Vosstsche Zeitung": DerMorningpoft" zufolge hätte die französische Regierung in den Vereinigten Staaten 50 Schiffsgeschötze allerschwersten Kalibers bestellt, die auf einzelnen Forts der Festungen Belfort, Toul und Verdun Aufstellung finden sollen. Das Kaliber wird auf 34,5 Zentimeter angegeben.

Berlin, 12. Febr. Einer dem Petersburger Kurier entnommenen Meldung der B. Z. zufolge soll der russische Gesandte in Bukarest in seinem letzten Bericht mitgeteilt haben, daß der Anschluß Rumäniens an den Dreiverband, der in Rußland als vollzogene Tatsache galt, als aussichtlos zu betrachten sei.

Berlin, 12. Febr. Aus Nisch wird über Wien demLokal Anzeiger" gemeldet, daß dort die Miß­stimmung gegen Rußland seit einiger Zeit im Zu­nehmen begriffen sei. Mehrere russische Pfleger­innen hätten die Flucht ergreifen müssen, weil