Berlin, 10. Febr. Die Einführung der Brot­karten in Berlin ist für den 22. Februar in Aussicht genommen, nachdem bis dahin die den Hausbesitzern zugesandten Listen ausgesüllt zurückgekommen sein werden. Die Brotkarten, die in einer Auflage von vier Millionen Stück ausgegeben werden, sollen für die Dauer von 6 Wochen reichen. Die Verteilung der Brotkarten wird unter Ausnützung der Bezirks­einteilung durch die Hausbesitzer erfolgen. Bei jedem Einkauf wird ein Bon über die gekaufte Menge von Brot oder Mehl abgetrennt werden:

Dresden, 10. Febr. Der Rat der Stadt Dresden beschloß, behufs einer gerechten Brot­verteilung Brotkarten einzuführen.

Versorgung der Beamten des Reichs­heeres. Neben der Pension, die auf Grund des Reichsbeamtengeletzes gewährt wird, erhalten die Beamten des Reichsheeres Verstümwelungszulage. Kriegszulage und Alierszulage nach den Bestimm­ungen des Offizierpensionsgesetzes. Die Verstümm- ungszulage beträgt bei dem Verluste einer Hand, eines Fußes, der Sprache, des Gebörs auf beiden Ohren jährlich je 900 Mk. und bei Verlust oder Erblindung beider Augen jährlich 1800 Mk Die Verstümmelungszulage von je 900 Mk. kann ferner mit Genehmigung der obersten Militärverwaltungs- behörde des Kontingents bewilligt werden bei Störung der Bewegung?- und Gebrauchssähigkeit einer Hand, eines Armes, eines Fuß-s oder eines Beines, wenn die Störung so hochgradig ist, daß sie dem Verluste des Gliedes gleich zu achten ist. bei Verlust oder Erblindung eines Auges im Falle nicht völliger Gebrauchsfähigkeit des anderen Auges, bei anderen schweren Gesundheitsstörungen, wenn sie fremde Pflege und Wartung nötig machen. Wird durch eine solche Gesundheitsschädigung schweres Siechtum verursacht in dem Grade, daß der Pen­sionär dauernd an das Krankenlager gefesselt ist. oder besteht die Gesundheitssckädigung in Geistes­krankheit, so kann die einfache Verstümmelungszulage bis zum Betrag von 1800 Mark jährlich erhöht werden.

Württemberg.

Stuttgart, 10. Febr. Das Gesamtkollegium der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft trat am Montag zu einer gemeinsamen S'tzung zusammen, zu der auch Staatsminister des Innern Dr. v. Fleischhauer erschienen war, der die Sitzung mit einer Ansprache «öffnete, indem er u.a. bemerkte, daß, obwohl dem Lande die unmittelbaren Schrecken des Krieges bis jetzt erspart geblieben seien, zum mindesten die Landwirtschaft die Wirkungen dieses Krieges verspüre. Dank der englischen Heimtücke werde der Kampf auf das ganze Gebiet, das wirt­schaftliche Leben, ausgedehnt, um die friedliche Bevölkerung. Frauen und Kinder nicht ausgenommen, auszuhungern. Dieser Plan müsse in erster Linie durch die deutsche Landwirtschaft zunichte gemacht werden. Auch die württembergische Landwirtschaft müsse in ihrem Teile dazu beitragen, den Kamps zu einem glücklichen Ende zu führen. Welche Maß regeln zur Sicherstellung der Nahrungsmittelveisorg- ung zu ergreifen seien, werde heute beraten werden müssen. Der Vorsitzende. Regierungsdirrklor o. Sting, erstattete sodann Bericht über die von der Zentral­stelle entfaltete Tätigkeit: Das Geld- und Kredit­wesen. das landwirtschaftliche Vereinswesen, die Beschäftigung vo' A beitslosen und Kriegsgefangenen bei landwirtschaftlichen Meliorationen uiw. die Maßnahmen zur Fortführung der landwirtschaftlichen Betriebe, die Nahrungsmittelverso gung. wurden eingehend behandelt und die von der Zentralstelle hierüber getroffenen Maßnahmen einstimmig gebilligt In der darauf folgenden Besprechung wurde eine Heranziehung der Kriegsgefangenen für landwirt schaftliche Zwecke seitens des Kollegiums für notwendig erachtet; die Militärverwaltung soll um Ueberlaffung der Gefangenen unter möglichst günstigen Bedingungen ersucht werden. Eine ausgiebiae Bemlaubung der zum Heeresdienst einberusenen Landwirte zur Früh jahrsfeldbeftellung und die He>anz'ehung der älteren Schulkinder zu den landwirtschaftlichen A beiten wu'de dringend gewünscht. Auch in der Fraae des Verkaufs der kriegsunbrauchbaren Pferde trat zu Tage, daß zunächst alles geschehen sei, was nach Lage der Sache möglich war. Allgemein wurde bedauert, daß nicht auch Höchstpreise für Mehl zu erreichen waren, um eine unnötige Brotverteuerung hintanzuhalten. Mit allem Nachdruck sollen angesichts der Preistreibereien für im Inland erzeugte Futtermittel Höchstpreise verlangt und der Frage des Anbaus von Hanf und Flachs mehr Beachtung geschenkt werden. Nach mehr als sechsstündiger Dauer schloß der Vorsitzende die Verhandlungen.

Zu den Gewerben, bei denen es der oberflächliche Beurteiler am wenigsten vermutet und die doch mit am schwersten durch den Krieg getroffen wurden, gehört das Zeitungsgewerbe, lieber 500 Zei­tungen in Deutschland haben schon während der ersten fünf Kriegsmonate ihr Erscheinen einstellen müssen. Aus unserer Nachbarschaft war der be­merkenswerteste dieser traurigen Fälle das Eingehen desBadischen Landesbolen" in Karlsruhe, des seit 42 Jahren erscheinenden Hauptorgans der Fortschritt lichen Volkspartei in Baden. Auch in Württemberg haben einige jüngere und schwächere Prrsseunterneh- mungen das Zeitliche gesegnet und siid entweder ganz verschwunden oder finanziell zusammengebrochen. Das ist tief zu beklagen, denn niemals war die allein durch die Presse mögliche Aufklärungsarbeit im Volke größer und wichtiger als in dieser Kriegs­zeit. Niemals war das Nachrichtenbedürfnis stärker und das Publikum leseeifriqer als jetzt. In der Tat ist auch die Auflageziffer fast aller Zeitungen gestiegen. Und trotzdem wirtschaftlicher Niedergang? Diese Frage ist für jeden aufmerksamen Zeitungsleser leicht zu beantworten, der beim Blättern in seiner Zeitung bemerkt, daß die Haupteinnahmeqaelle jeder Zeitung, der Inseratenteil, nahezu verschwunden ist. Die amtlichen Anzeigen, die fast nichts einbringen. sind dagegen so gestiegen, daß sie von den Verlegern schwere Opier erfordern. Die höchsten Ausgaben aber beansprucht der Nachrichtendienst, dessen Umfang samt dem übrigen Text des Blattes in ein geradezu unnatürliches G ößenoerhältnis zum Inseratenteil geraten ist. Unsere württembergiichen Zritungs- verleger leiden dabei noch ganz besonders unter den schlechten Postoerhältniffen. wodurch sie gezwungen werden, den weitaus größten Teil ihrer Nachrichten statt wie früher mit der Post, auf telephonischem oder telegraphischem Wege zu beziehen. Die Kosten sind dadurch ins hundertfache gestiegen. Es ist neulich bei der Kneosiagung der Ersten und Zweiten Kammer in der Oeffenilickkeit viel zu wenig beachtet worden, daß infolge dieser Mißstände der Verein Württembergischer Zeitungsverleger sich genötigt ge­sehen hat. Regierung und Stände in einer Eingabe auf die Notlage der Presse hinzuweisen und um eine Ermäßigung wenigstens der unerschwinglich hohen Telegrammgebühren zu bitten. Man hätte meinen sollen, daß die Stände dafür volles Ver­ständnis besitzen und daß der Finanzausschuß der Zweiten Kammer, dem die Eingabe zur Behandlung vorlag. für die Erfüllung der Zeitungswünsche mit allem Nachdruck eintreten und die Eingabe der Regierungzur Berücksichtigung" übergeben werde. Statt dessen gab es den bekannten Kanzleitrost, der die Angelegenheitzur Erwägung" empfiehlt. Der Berichterstatter beschränkte sich darauf, dem Hause einen kurzen Auszug aus der Eingabe vorzutragen. Dann wurde schnell beschlossen oder, um es deutlicher zu nennen, dieser Lebensfrage des württembergischen Z-itunqswesens ein ehrenvolles Begräbnis bereitet. Die Verleger werden sich damit, wenn der Krieg erst vorüber ist, noch einmal zu beschäftigen haben. Wir möchten hier nur die Frage aufwrrfen, was wohl aus den vielen Reden, die im Landtag ge­halten werden, würde, wenn die Zeitungen, anstatt unter großen Opfern an Geld und Arbeit darüber ausführlich zu berichten, auch einmal nach dem Grundsatz handeln wollten: Wie du mir, so ich dir. Aber auch di« Zeitungsleser, das sind alle die Wähler im Lande, hätten eine bessere Berücksichtigung ihrer Interessen erwartet; denn sie begrüßen es dankbar, daß die Zeitungen ohne Preisaufschlag rastlos bemüht sind, ihrem Leserkreis ohne Rücksicht auf die Kosten eine rasche und zuverlässige Bericht­erstattung zu bieten.

Es ist sonst nicht die Art der Presse, die Schmerzen des eigenen Standes öffentlich zu erörtern. Auch für uns Zeitungsleute gilt sonst das Wort des stolzen Corolian, daß man seine Wunden nicht auf offenem Markte zeigen soll. Aber wenn Kreise, deren Geltung und öffentliche Betätigung so fast ganz und gar von der Presse abhängt, eine geradezu unglaubliche Verständnislosigkeit für die wirtschaftliche Lage des Zeitungsgewerbes zeigen, so muß es einmal klipp und klar hervorgehoben werden, daß die deutsche Presse nicht bloß ein leerer Begriff rst, sondern eine bestimmte Macht, hinter der leben­dige Menschen stehen und zwar nicht nur Verleger und Redakteure, sondern auch die breiten Schichten der Leser. N e ist die Zeitung in innigerem Bunde mit dem Volke gewesen als jetzt, wo sie in dieser ernsten Zeit das geistige Band um alle schlingt, die Botschaften des nationalen Geschicks in jedes Haus und jedes Herz trägt und die Volkrstimmung so zusammen hält, daß wir uns wie eine große Familie fühlen. Ein badisches Blatt hat dies vor einigen

Tagen folgendermaßen ausgedrückt: Unser aller Herz schlägt bei den Truppen im Felde. Wo aber fühlt der Daheimgebliebene diesen Herzschlag des ganzen Volkes? Wo spricht der Schmerz der Mutter in bewegten Versen? Wo rauscht der Jubel auf und wo findet der unerbitterliche Wille zum Sieg seine Worte? Der einfache Bürger schöpft sein ganzes Wissen über den Krieg nur aus den Zei­tungen. Wer sonst auch nie eine Zeitung las: heute fiebert er nach ihr. Heute weiß er, daß ein planvoller Volkswille ohne die Presse nicht geschaffen werden kann und daß wir Zerrüttung und Wirrwar auf der ganzen Linie haben würden, wenn wir die Presse hinwegdenken sollten. Was ein Zeitungs­mann Euch sagen möchte, ist nun dieses: v-rgeßt es nicht im Frieden! Ihr müßt endlich lernen, daß die Presse zu den allerwichtigsten Kulturgütern eines Volkes gehört. _

Stuttgart, 9. Febr. Für die Landtagsersatz­wahl im Oberamt Cannstatt hat die Sozialdemokratie den Genossen Gottl. Fischer, Cannstatt als Kandidaten aufgestellt. Fischer steht seit nahezu 20 Jahren an der Spitze der Kreisorganisation des 2. Wahlkreises und ist Mitglied des Landesvorstandes.

In Sruttgart im Katharinenhospiial starb nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 63 Jahren Stadtpfarrer Eugen Mayer von Großsachsenheim, vorher Pfarrer in Calmbach

Stuttgart, 12. Febr. Auf dem Waldfriedhof wurde am Donnerstag der in einem Aller von 63 Jahren verstorbene Siadtpfarrer und Bezirks­schulinspektor von Großsachsenheim. Eugen Mayer, beerdigt. In der stattlichen Traueroersammlung befanden sich mehrere hiesige und auswärtige Geistliche, Abordnungen der Gemeindekollegien und des Kirchen­gemeinderats von Großsachsenheim, Vertreter des Kirchengemeinderats Calmbach, der Diözese Vaih­ingen und der Lehrer im Oberamt Vaihingen. Der Einsegnung folgte die Niederlegung von Kränzen: Von Stadtschultheiß Vetter namens der Gememde- kollegien von Großsachsenheim, von Sladlpfleger Schwarz im Auftrag des Kirchengemeinderats von Großsachsenheim. von Schultheiß a. D. Häberlen im Namen des Kirchengemeinderais von Calmbach, von Pfarrer Lechler von Kleinsachsenheim namens der Diözese Vaihingen, von Rektor Feil, Vaihingen a.E., im Namen der Lehrer und Schüler des Oberamts­bezirks Vaihingen.

Stuttgart, 11. Febr. Bei der städtischen Sparkasse sind an drei Tagen Einlagen in Gold in Höhe von 60000 Mk. gemacht worden. Es waren darunter Einzahlungen bis zu 600 Mk.

(GKG ) Aus einem der letzten Haup qaartiers- berichte hören wir. daß die deutsche Schneejchuhgruppe in den Vogesen erstmals in Tätigkeit trat und bei einem Patrouillengefecht siegreich abschnitt. Auch die schwäbischen Schneeschuhläufer sind bei dieser neuen Waffe vertreten, wie ein halbes Hundert guter photographischer Aufnahmen beweisen, die bei L. Schalter, Stuttgart, zu sehen sind und die württ. Schneeschuhkompanie Nr. 1 in ihrer Arbeit zeigen. In der Oberstdorfer Gegend erfolgte die Einübung der Kompanie, deren Führer Oberleutnant Schalter ist. Die anschaulichen Bilder lassen den berechtigten Schluß zu, daß sich die junge Truppe auf den Kämmen der Vogesen wohl bewähren wird.

Gmünd, 10. Febr. Die Zahl der französischen Kriegsgefangenen im hiesigen Barackenlager war in letzter Zeit auf 950 gestiegen. Gestern wurden 200 von ihnen in das Gefangenenlager nach Mün- singen übergeführt. Wie verlautet, war ihnen dieser Ortswechsel nicht erwünscht.

Ergenzingen OA. Rottenburg, 10. Febr. Dieser Tage ist ein Feldpostmarder in der Person des 16 Jahre alten Postbotensohns Deisel hier verhaftet worden. Er hat sein Handwerk mit der Beraubung von Soldatenpaketen begonnen, ist aber dann zu Größerem übergegangen und hat aus der Bahnpoft einen Wrrtbeutel mit 78000 Mk. Inhalt gestohlen. Der Bursche versteckte den Beutel auf dem Bahnhof, bis er Zeit fand, ihn unbemerkt fortzuschaffen. Der Diebstahl wurde aber bald entdeckt und der Dieb hinter Schloß und Riegel gesetzt.

Simprechtshausen OA. Künzelsau, 10. Febr. Von seinen 14 lebenden Kindern hat Schultheiß Josef Jakob 6 Söhne ins Feld gestellt. Der siebte Sohn ist der Ersatzreserve zugeteilt. Der älteste von den sechs ausmarschierten Söhnen ist gefallen, ein anderer schon seit nahezu drei Monaten verm'ß«.

Holzheim, 10. Febr. Der Schreinermeister Ehmann von hier hat drei Söhne im Heere stehen. Der älteste Sohn lag 15 Wochen im Krankenhaus