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Neuenbürg, Freitag den 12. Februar 1915

73. Jahrgang

Der Krieg.

Das Ringe« i« Pole«.

(Nachdruck verboten).

äxk. Berlin, den 10. Febr. ISIS.

Von unserem militärischen Mitarbeiter wird uns zu den heutigen Mitteilungen der obersten Heeres­leitung geschrieben:

Auch heute ist der Bericht aus dem Großen Hauptquartier sehr lakonisch, wie er es immer war, wenn Feldmarschall von Hindenburg größere Ereig­nisse vorbereitete, aber aus den Meldungen unserer Feinde geht deutlich hervor, daß das Vertrauen, das wir in den endgültigen Ausgang der Kämpfe im Osten haben, durchaus gerechtfertigt ist. Die oberste Heeresleitung meldet, die Einzelgefechte an der ost­preußischen Grenze sind zu Kampfhandlungen von größerem Umfang geworden und verliefen normal, d. h. für uns günstig.

Aus dem Raume vor Warschau nichts neues. Bei den Kämpfen um Warschau handelt es sich nicht allein um die Stadt Warschau selbst, sondern um die ganze russische Befestigungslinie an der Weichsel, die von der Festung Jwangorod im Süden über Warschau nach Nowo-Georgiewsk geht, um eine über 135 Kilometer lange Front, deren Zentrum, Warschau, durch den Rawka- und Bzura-Abschnitt und die dahinter liegende Blonie-Linie verteidigt wird. Die Uebergänge über die Weichsel bei Warschau werden schließlich durch eine Reihe von Forts verteidigt. An einigen Stellen sind wir nach den bisherigen Meldungen der obersten Heeresleitung nur 1'/» bis zwei Tagemärsche von Warschau ent­fernt, und alles deutet darauf hin, daß unsere Truppen sich mählich heranarbeiten, um in das Herz der ganzen russischen Aufstellung zu stoßen.

Der Hauptstützpunkt der russischen Linie ist im Süden Jwangorod, von wo aus die russische Offen­sive gegen Galizien und die Karpathen einsetzte, hier -sind die russischen Massen zwar zurückgeworfen, aber sie Hallen sich noch am Dunajee und der Biala östlich Tarnow. Die Säuberung der Karpathen und der Stoß unserer verbündeten Truppen drängt auch hier «ach und nach die Russen zurück und bringt «ns, wenn es auch noch längere Zeit erfordern sollte, allmählich an die russische Festungslinie heran. Das wird zwar noch harte Kämpfe kosten, wobei eine Entsetzung der sich heldenhaft verteidigenden Be­satzung von Przemysl nur eine Frage der Zeit, aber der Druck unseres äußersten rechten Flügels an dieser Stelle wird immer stärker und erleichtert unseren im Raume vor Warschau stehenden Truppen die Arbeit.

Berlin, 11. Febr. Ueber den Besuch des Kaisers bei der Armee Mackensen berichtet das Berliner Tageblatt" u. a.: Der Kaiser dankte seinen Soldaten und sprach ernste aber zuversichtliche Worte. Generaloberst von Mackensen gelobte im Namen seiner Untergebenen, auf dem polnischen Kriegsschau­platz durchzuhalten.

Amsterdam, 11. Febr. DieTimes" meldet nach derB. Z." aus Paris: Die Deutschen haben von neuem mit der Beschießung von Reims begonnen, welches einige Zeit Ruhe hatte. Bürger wurden getötet.

Frankfurt, 11. Febr. (GKG.) Die «Franks. Ztg." meldet aus Wien: Wie die Südslavische Kor­respondenz aus Bukarest erfährt, habe nach einer Athener Meldung der türkische Gesandte die griech­ische Regierung in freundschaftlicher Weise darauf aufmerksam gemacht, daß die Duldung französsischer und russischer Transporte über Saloniki mit den Bedingungen der Neutralität nicht in Einklang zu bringen sei. Es verlautet, die griechische Re­gierung werde die Ausladung weiterer Transporte für Serbien über Saloniki nicht gestatten.

Köln. 11. Febr. (GKG.) DerKölnischen Zeitung" wird berichtet: DerPetrograder Courier" will wissen, daß Sasanow aus Bukarest di« Mit­teilung erhielt, Rumänien sei weit davon entfernt, gegen Oesterreich-Ungarn feindliche Absichten zu Hegen.

Paris. 11. Febr. (WTB.) DerTemps" erklärt. General Pau weile gegenwärtig noch in Paris und habe keine andere Mission in Rußland, als dem Oberkommando einige Auszeichnungen zu Lberbringrn.

Berlin, 11. Febr. Aus Genf meldet der Lokalanz.": Poincaree und Millerand werden bis Sonntag in den Quartieren mehrerer französischer Armeechefs verweilen sowie in Belfort und Um­gebung die kürzlich dort eingetroffenen englischen Truppen und die für die Vogesen bestimmten Er­gänzungstruppen begrüßen.

Von der holländischen Grenze, 11. Febr. (GKG.) Aus London wird berichtet: König Georg empfing gestern morgen die russischen Bot­schafter von London und Paris. Minister Delcassee hatte in Begleitung des französischen Botschafters gestern früh eine Unterredung im Kriegsamt mit Lord Kitchener.

Berlin, 11. Februar. Aus Genf meldet die Deutsche Tageszeitung": DerMatin" veröffent­licht eine Unterredung Kitcheners. Die Frage nach der gegenwärtigen Rekrutenzahl beantwortete Kitchener ablehnend. Deutschland besolde Spion«, um die wahre Ziffer herauszubringen. Er sei nicht so töricht, die Wilhelmstraße gratis zu informieren. Der Berichterstatter rühmte die Ausdauer der fran­zösischen Soldaten und beklagte ihregigantischen Entbehrungen". Kitchener antwortete, angeblich in noch ernsterem Tone als gewöhnlich. England wisse, was Frankreich leide und dulde; übrigens habe auch England einen schweren Tribut gebracht, da seine Verluste an Toten 104000 betragen.

Berlin, 11. Febr. Aus Amsterdam erfährt dasBerl. Tagebl.": Ueber die Ursache der vor­gestrigen englischen Telegrammsperre werden verschiedene Vermutungen geäußert. Das Blatt Vaderland" sagt: Es liegt auf der Hand, an­zunehmen, daß die Kabelsperre mit dem Transport von Kitcheners neuen Truppen zusammenhängt. Die Sperrung aller Telegramme, ganz gleich wohin, ist in solchem Fall wohl die erste Vorsichtsmaßregel, die eine Regierung trifft. Der Gegner darf nicht durch ein Telegramm benachrichtigt werden können, daß mit dem Transport begonnen wird.

Basel, 10. Febr. (WTB.) Wie dieBasler Nachrichten aus Mailand melden, führt der Rechts­lehrer Buzzati im Corriere della Sera aus, es sei zu verurteilen, wenn sich ein Schiff, um nicht ge­nommen zu werden, der neutralen Flagge bediene. Er könne nicht glauben, daß England so seine Handelsflotte schützen wolle. Dasselbe Blatt meldet aus Mailand: 150 englische Schiffe, Zer­störer und sogenannte Depotschiffe suchten die gesamte englische Küste nach Schlupfwinkeln der deutschen Unterseeboote ab.

Rom. 10. Febr. Einem Gerücht aus Athen zufolge sind auf den Militärgouverneur von Aegypten General Maxwell, auf der Straße fünf Schüsse abgegeben, der General soll verwundet, sein Adju­tant. der neben ihm im Wagen saß, getötet worden sein. Der Täter soll ein indischer Soldat sein.

Berlin, 11. Febr. Eine Rotterdam» Meldung desBerl. Tageblatts" besagt: Der Korrespondent desNieuwe Rotterdamschen Courant" in Nord- frankreich meldet, das neue hinter der Front aus­gebildete belgische Heer werde nicht vor dem Frühjahr nach der Front geschickt. Es sei zusammen­gesetzt aus den neuen Jahrgängen, d. h. allen un­verheirateten Männern von 1830 Jahren und

zahlreichen Freiwilligen. Viele sind unter Gefahren und Mühen über Holland und England aus dem von den Deutschen besetzten Belgien entwichen. Auch sind Belgier darunter, die in der französischen Fremdenlegion dienten. Die flämischen Belgier fühlen sich in Frankreich fremd. Die Befehle werden für sie bisweilen aber nicht immer ins Flä­mische übersetzt, sonst müssen sie zweisprachige Kameraden fragen, was befohlen worden ist.

Frankfurt, 11. Febr. Aus Petersburg mel­det dieFrkf. Ztg.": Die Duma nahm eine Er­klärung an, den Krieg bis zur Niederlage Deutsch­lands fortzusetzen. Gegen das Budget stimmten nur die Sozialdemokraten.

Berlin, 11. Febr. Eine Reihe amerikanischer Persönlichkeiten, darunter auch solche englischer Abstammung, haben einen offenen Brief an den Präsidenten Wilson gerichtet, in dem sie die Waffen­lieferungen durch Amerika an die Dreiverbandsmächte als eine glatte Neutralitätsverletzung bezeichnen.

Petersburg. 11. Febr. (WTB) Nach einer Meldung desRjetsch" veranstalteten japanische Behörden überall, wo sich deutsche Gefangene befanden, großartige Weihnachtsfeiern. Besonders prachtvoll war der Tannenbaum für Kapitän Meyer-Waldeck. Der Baum war zu diesem Zweck von den Sendaiwerken gebracht worden und mit unzähligen Lichtern geschmückt.

Berlin, 10. Febr. (WTB.) Die Deutsche Bank teilt mit, daß sie jetzt in der Lage ist, auch die telegraphische Auszahlung von Geldbeträgen an deutsche und österreichische Kriegsgefangene in Rußland zu vermitteln. Es empfiehlt sich aus den ver­schiedensten Gründen, jedesmal nur einen kleineren Betrag zu überweisen und diese Ueberweisung lieber nach einiger Zeit zu wiederholen. Formulare für derartige Aufträge sind, wie bekannt, bei den Geschäftsstellen der Deutschen Bank erhältlich.

Berlin, 11. Febr. (WTB.) Vom 13. Februar ab werden die kriegsgefangenen Franzosen, die für den Schwerverwundeten-Austausch in Frage kommen, für den späteren Abschub in Konstanz ver­einigt. Der Termin dieses Austausches steht leider noch nicht fest, da die französische Regierung immer noch keine zusagende Antwort erteilt hat. Die für den Austausch in Frage kommenden Engländer werden bis zum 15. Februar in Lingen an der holländischen Grenze, bezw. in Lüttich vereinigt. Als Termin für den Austausch durch Vermittelung der Niederlande ist der englischen Regierung der 15. und 16. Februar vorgeschlagen.

Rom, 10. Febr. In Avignon wird ein neues garibaldinisches Korps gebildet. Bisher meldeten sich etwa 400 Freiwillige, die mit dem Regiment vereinigt werden sollen, das in Bar le Duc steht und bestimmt ist, das durch Verluste und Krankheit dezimierte Regiment Pepino Garibaldis an der Front zu ersetzen.

Berlin, 11. Febr. DerLokalanzeiger" mel­det: Die Verurteilung deutscher Militärärzte durch das Pariser Kriegsgericht hat die römischen Aerzte zu einer eindrucksvollen Kundgebung für die zu Unrecht verurteilten deutschen Kollegen veranlaßt. Verschiedene bekannte römische Kliniker und Uni­versitätsprofessoren haben in dieser Angelegenheit an den Vorsitzenden der Gesellschaft der Pariser Krankenhausärzte eine Petition gerichtet, in der da­gegen protestiert wird, daß Angehörige des Aerzte- standes sich gemeiner Verbrechen schuldig gemacht haben könnten.

Berlin, 11. Febr. DerBerliner Lokalanz." meldet: Wie dieNeue Politische Korrespondenz" hört, ist das Eiserne Kreuz am schwarz-weiß-roten Bande bisher an 38 weibliche Kriegsteilnehmer­innen verliehen worden, die sich in der Krankenpflege durch Mut und Tapferkeit vor dem Feind aus­gezeichnet haben.