änderte sich, als zu Beginn des sich nunmehr entwickelnden Stellungskampfes das deutsche Westheer eine Linie eingenommen hatte, die von Reims her in westöstlicher Richtung nach der Maas bei Eon- senvoy führte. Zwar erwartete man anfänglich auch jetzt noch keine Waldkämpfe — die deutschen Truppen führten vielmehr bei Binarville auf der Westseite und bei Chatel auf der Ostseite der Argonnen ihre Stellungen bis dicht an die Waldränder heran, während man das Gebirge selbst durch Detachements sperrte. Als aber die Franzosen namhafte Kräfie in den Wald führten, in der augenscheinlichen Absicht, aus diesem heraus eine umfassende Bewegung gegen einen der am Walde angclekmten deutschen Flügel einzuleiten, da war der Augenblick gekommen, wo die Argonnen eine neue militärische Bedeutung gewinnen mußten.
Aberglaube in Kriegszeiten. Als die Landsturmleute gegen Westen und Osten ausrückten, haben sorgliche Frauen ihren Eheherren den „Kugel- und Degensegen" „unbeschrien" in ein Leinwandsäckchen genäht und „auf der rechten Seite" in das Hemd oder Unterleibchen genäht. Diese „Segen" sind alt, sie traten wie die „Besprechungen" von Krankheiten und Feuersbrünften lang vor dem dreißigjährigen Kriege auf. Eine Sammlung fiadet sich unter dem Titel „Deutsche Segen-, Heil- und Bannsprüche" in den Württembergischrn Jahrbüchern von Obelfinanzrat Dr. Losch. Daß es der unser- fälschtest« Aberglauben ist, der nicht selten mit den Leichtgläubigen das Michele spielt, geht unzweideutig aus dem Schreiber vorliegenden „Segen" hervor. Ein Stück Papier, auf dem mit den höchsten Namen Unfug getrieben wird, soll Hieb. Stich und S>oß abhalten, ja noch mehr, es soll einer Frau ihre schwere Stunde erleichtern, das Nasenbluten stillen, vor Gewitklerschaden beschützen, „vor allerlei Waffen und Wehrgsschoß und Geschütz, lange oder kurz« Schwerter, Messer, Degen und Karabiner, Hellebarden und was sonst haut und sticht, vor kurze oder lange Flinten oder Büchsen und dergleichen behüten durch das Blut Jesu Chnsti". Zum lieber- fluß ist dann eine Figur mit zwei konzentrischen Kreisen und 44 Armen, unaussprechlichen Wartformen und vielen Zahlen angrhängt. Mit emem anderen „Segen", der zu drei Viertel auf den Krieg und zu einem Viertel auf den Frieden abgestimmt ist, gewinnt man alle Prozesse vor Gericht, wenn man den „Brief" auf der rechten Seite trägt, auch wird alles gewährt dem Bittenden, der bei seinem Herrn oder der Obrigkeit die Hilfe verloren hat. In den „Briefen" ist immer eine starke Beschwörungsformel enthalten an die heiligste Dreifaltigkeit. Das ganze himmlische Heer wird aufgeboten: die heiligen drei Könige, die heiligsten Personen, die 4 Evangelisten seien meine Gefährten, Dieb. Mörder und böse Leut, die mir begegnen, die müssen mich alle lieb und wert haben. So geht der Unfug weiter. Das tollste ist aber der Schluß aus dem „Kugel- und Degensegen". Da ist wörtlich zu leien: „Daß Du nicht geschossen werdest, trag die Wort und Figur bei Dir; Hab Achtung, willst Du's nicht glauben, so Hangs einer Gans an und sckieß darnach. Du wirst sie gewiß nicht treffen." M'-t diesem Unsinn schickien nicht wenige Frauen, nicht allein auf dem Land, sondern in der aufgeklärten Großstadt, ihre Herzgeliebten in die männermordende Feldschlacht. Ein Zeichen, wie tief noch der Aberglaube im Volk und insbesondere beim weiblichen Geschlecht sitzt.
Der Erzherzog Leopold Salvator besuchte das Lazarett. Ein Zugführer vom Deutschmeister- Regiment wurde ihm vorgestellt, der nicht weniger als fünf Schrapnelliplitter im Kopfe hatte, von denen einer täglich operativ entfern! wurde. Trotz dem lief der Kranke umher und war guter Laune. „Und wie sind Sir denn UM Ihren linken Arm gekommen?" fragte der Erzherzog, auf den Stumpf deutend. „Den hat er sich schon im Felde mit seinem Taschenmesser amputiert!" meldete der Arzt. Der Erzherzog wandte sich erschütternd ab. Dann ergriff er die gesunde Hand des Soldaten und sagte: „Ich bin froh, daß Sie mit Ihrem Kopf noch gezögert haben I"
Hurral war schon in den Befreiungskriegen der den Franzosen furchtbare deutsche Schlachtruf und seit der Zeit erschallt er stets beim Bajonett- und Kavallerieanar ff. Ein ähnlicher Kriegsruf ist das „urah" der Türken, das „Schlagt tot" bedeutet, und das „ura" der Russen. Von keinem dieser Völker aber stammt unser „Hurra" ab. Es ist vielmehr ein gutes deutsches Wort, das schon im 13. Jahrhundert die Ritter beim Kampfe und Turnier gebrauchten, das dann als Jagdruf mehr und mehr M Geltung kam. Vom mittelhochdeutschen hurren.
sich schnell bewegen, dürfte der Ruf seinen Ursprung haben. „Und hurre, hurre, vorwärts gings", singt Bürger im „Wilden Jäger". — Der Imperativ dieses Wortes, eben unser „Hurra", bedeutet somit dasselbe wie „Drauf!"
Deutschland mutz klinge».
„Heil dir im Siegerkranz!" rausche Gesang!
Töne, o Deutschland, ein herrlicher Klang!
Sing' in der Heimat, und singe im Feld,
Singe dein Lied in die lodernde Welt!
„Heil dir im Siegerkranz!" Wahrheit so hehr, Brause zu Lande und brause zu Meer!
Himmelan steige aus heiligem Krieg!
Schwurlied und Kraftlied, o brause zum Sieg!
Und ist es dann Frieden, es rauscht der Gesang, Liebe und Treue und Jauchzen und Dank! Deutschland muß klingen und klingen die Welt! „Heil dir im Siegerkranz!" Kaiser und Held!
Erfreuliche Kriegswirkange».
ep. Mehr als ausführliche Betrachtungen zeigen ein paar kleine Tatsachen, daß der Krieg als Erzieher zu ernster Gesinnung auch in der Heimat seine Wirkung tut.
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So bat im Einvernehmen mit dem Oberkommando in den Marken dir Polizei in der Reichshauplstadt verboten, daß während des Kriegs Zettel oder sonstige Ankündigungen verteilt werden, worin auf das Kartenlegen, Wahrsagen oder anderweitiges Zukunfts- deutrn „empfehlend hingewiesen" wird; die Zettel sollen gegebenenfalls beschlagnahmt werden.
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„Eiserne Zeit"!
Kriegslieder vo« Fritz Löffler, Pforzheim, 8V Pfg. Zu beziehen durch alle Buch« Handlungen und von Don. Weber, Pforzheim.
Die in dem vorliegenden Heftchen vereinigten Gedichte sind, von wenigen abgesehen, entstanden unter dem unmittelbaren Eindruck der gewaltigen Geschehnisse unserer Zeit; zunächst nur, um, wie der Verfasser in seinem Vorwort schreibt, „mir selbst Begeisterung und Zagen. Freude und Trauer vom Herzen zu schreiben". Zahlreichen persönlich an den Verfasser ergangenen Aufmunterungen, darunter eine Anerkennung vonseiten seiner Exzellenz dem Grafen Zeppelin, den Gedichte von L. „wegen ihrer Poesie und der vaterländischen Begeisterung, von welcher sie getragen", besonders erfreuten, nachgebend, hat der Verfasser sich entschlossen, die Sammlung im Druck der weiteren Oeffentlichkeil zugänglich zu machen. Ausschlaggebend war dabei der Wunsch, durch Zuwendung eines größeren Teils des Erlöses an das Rote Kreuz auch an diesem vaterländischen Opfer milhelfen zu können. Was den Kriegsliedern sicherlich viele Freunde zuführen wird, ist der Umstand, daß sie zum Teil von einem anerkannten Komponisten in Musik gesetzt sind. Bei einem vaterländischen Konzert in Pforzheim fanden die Liedergaben Löfflers ungeteilten Beifall. — Die Kriegslieder werden sicherlich manchem in der Heimat Freude, manchem Krieger im Felde gute Kameradschaft leisten. Darum und in Anbetracht des guten Zweckes können wir die Anschaffung des Merkchens empfehlen.
Telegramm des Wolff'schen Büros a« den „Enztäler".
Der Polizeipräsident von Frankfurt a. M. hat in einer amtlichen Erklärung darauf aufmerksam gemacht. daß die Weitergabe von sog. „Kettenbriefen" strafbar ftt. Die Absender dieser „religiösen" Schreiben begehen groben Unfug im Sinne des 8 360, 2 des St.G.B.
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Das steüvertr. Generalkommando des IX. Armeekorps hat angeordnet, daß in seinem Bereich fortan die polizeiliche Erlaubnis zur Abhaltung öffentlicher Tanzlustbarkeiten zu versagen und auch die Abhaltung von Vereinslustbarkeiten nötigenfalls durch Zwangs- maßregeln zu verhindern sei.
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Der ftellverlr. kommandierende General von der Thann (München) bedauert, daß in den Lichtspieltheatern nicht seiten oberflächliche und seichte Stücke vorgesührt werden, die alles eher vermuten lassen, als daß wir uns im Krieg befinden; und bei den Kaffeekonzerten lasse sich das Publikum die seichten Operetten- und Tanzweisen gefallen — „zu einer Zeit, in der unsere Söhne und Brüder draußen im Feld für Deutschlands Ehre und Zukunft kämpfen. Erholung und Zerstreuung sei jedermann gerne gegönnt, aber Erholung und Zerstreuung müssen dem Ernst der Zeit entsprechen. Das ist es, was unsere Soldaten im Feld von uns verlangen können und darum auch keine Tanzvergnügungen und sonstige karnevalistische Unterhaltungen während der kommenden Faschingszeit!"
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Das „Oberkommando in den Marken" hat in Berlin tatkräftig den Kartenlegerinnen das Handwerk gelegt. Und es wäre mit Freuden zu begrüßen, wenn das Generalkommando des Xlll. Armeekorps ein Aehnliches für Württemberg veranlassen würde. Ganz abgesehen von dem guten Geld, das für solche Schwindeleien ausgegebrn wird, haben diese „überklugen Frauen" in seelischer Hinsicht schon ungemein viel Unheil angestiftet. Darum fort mit ihnen!
(WTB.) Den 9. Februar, nachm. 2.15 Uhr.
Großes Hauptquartier, 9. Febr., vorm. Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz:
Es ist nichts wesentliches zu melden.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
An der ostpreußiscken Grenze wurden wieder einige kleinere örtliche Fortschritte errungen. Sonst ist die Lage unverändert.
Oberste Heeresleitung.
LstAte KachrMtM R» EMS
Stärke Gott Euch, deutsche Mütter.
Die dem Vaterland zum Ruhme Ihre Söhne willig opfern Einem frühen Heldentume —
Stärke Gott die deutschen Mütter.
Was in diesen Schreckenstagen,
Wie ein Riß geht durch die Herzen,
Nur die Mütter können's sagen.
Stärke Gott Euch, deutsche Mütter.
Nicht für Euch zu euren Erben Wuchsen eure jungen Söhne —
Um für's Vaterland zu sterben!
Helfe Gott Euch, Heldenmütter.
Baden-Baden. Inge Karsten.
Den 10. Februar 1915. mittags.
Berlin. (WTB.) Die Morgenblätter bringen die der Nowoje Wremja entstammende Nachricht, daß die Deutschen an mehreren Punkten die russischen Stellungen vor Warschau durchb rochen hätten.
Rotterdam. (Privattel.) Gestern nachmittag war, obgleich die Kabeloerbindung in Ordnung war, keine einzige Kriegsdepesche aus England hier ein- getroffen; sogar der übliche französische Tagesbericht, der Holland über England erreicht, blieb aus. Man schließt daraus, daß vielleicht wichtige Ereignisse vorbereitet werden dürften. Gestern nachmittag 5 Uhr gab die englische Zensur den Teiegraphen- verkehr mit Holland wieder frei.
Amsterdam. (Privattel.) Die englische Regierung hat sämtliche für den 13. Februar in 48 großen englischen Hafenstädten anberaumten Kundgebungen gegen die Teuerung verboten.
Budapest. (Privattel.) Die Verfolgung der aus den südlichen Teilen der Bukowina regellos flüchtenden Russen wird durch die österreichischungarischen Truppen fortgesetzt. Die Russen haben nunmehr auch Sutzawa und Radautz, wohin sie gestern geflüchtet waren, geräumt. Zur Zeit befindet sich ein Gebiet von etwa 120 Klm. Ausdehnung in der Bukowina wieder in unserem Besitz. Die russischen Truppen flüchteten in der Richtung nach Czernowitz.
Mailand. (Privatt.) Der Corriere della Sera meldet aus Newyoik, daß ein Antrag im Senat eingegangen sei gegen die mißbräuchliche Führung der amerikanischen Handelsflagge durch fremde Kauffahrteischiffe Einspruch zu erheben.