vorbeizogen, da rief mir ein balliger Russe zu: „Bürkle! Bürklei Du bist doch der Bürkle von Offenburg!" Ich war ganz paff, daß der Russe mich und meinen Namen kannte l Als er aber immer wieder rief: „Bürkle! Du bist doch der Bürkle! Ich Hab Hunger, gib mir doch was zu essen!" da langte ich ihm aus meinem Brotbeutel ein Stück Kommißbrot, in welches der Russe gehörig einhieb. Die Sache klärt sich aber bald auf. Der Mann war aus Russisch Polen und hat vor' 7 Jahren an den Bahn-lleberführungen bei Offenburg mit wir gearbeitet. Er hat allen Arbeitern um 4 Uhr immer das Bier geholt, hat uns so alle kennen lernen und manche aus der Umgebung von Offenburg werden sich noch an den Mann erinnern. Beim Abschied küßte er mir die Hand und sagte: „Gott sei Dank, ich hätte es bald nimmer so ausgehaltenl" Und froh wie ein Kind, eilte er seinen Kameraden nach in die Gefangenschaft."
Im Argorrrrerrwald.
„Eine schönere Gegend kann man sich zum marschieren nicht denken, als man sie dort hat in den Tälern der Argonnen. Rechts und links umsäumen die mehrere hundert Fuß hohen Berge, die mit dem prachtvollsten Laubholz, Ahorn und Eichen, Akazien und Buchen, dazwischen Nußbäume verstreut, bestanden sind, den schmalen, fetten Wiesentalgrund, durch den die Straße führt, wohl eine Meile weit.
Wir ziehen an einem malerisch gelegenen Kloster vorüber, dessen gothische Kirche mit den schönen Pfeilern und uralten Glasbildern ganz flüchtig beschaut werden." So schreibt in seinen „Bildern und Erinnerungen aus dem Kriegsleben von 1870/71" der preußische Divisionspfarrer Kadelbach. Wie ganz anders lauten jetzt die Feldpostbriefe aus dieser Gegend, die im Spätsommer 1870 so besonders schön gefunden wurde! Was müssen unsere tapferen Soldaten jetzt dort aushalten bei Regen und Kälte. „Aber unser Aushalten wird ja auch einmal seine Belohnung finden", schreibt aus einem Schützengraben in den Argonnen ein junger Kriegsfreiwilliger und er wird Recht behalten, ganz gewiß!
Warten lernen!
Den Ungeduldigen und Unzufriedenen unter unserm Kriegspublikum, deren hochgespannte Erwartung sich an den bisherigen Erfolgen unserer tapferen Feldgrauen nicht genügen lassen will, widmet Fritz v. Ostini in der „Jugend" folgende beherzigenswerte Mahnung:
Warten lerne«!
Stehen ein paar an der Straßenecke,
Lesen den amtlichen Kriegsbericht.
Und ein dicker Philister spricht:
„'s geht halt verteufelt langsam vom Flecke! Schützengraben um Schützengraben Nimmt man ja freilich da und dort Führt ein paar hundert Gefangene fort —
Aber wir müßten Erfolge haben.
Daß das Ausland erkenn! mit Zittern:
Deutschland ist nimmermehr zu erschüttern —
Daran fehil's! Hat die Führung Schuld? Jedenfalls fordern sie viel Geduld!"
Fährt einer drein in Hellem Grimme,
Ein junger Soldat im grauen Rock,
Der mühsam humpelt an seinem Stock Und dem vor Aerger schier bricht die Stimme:
„Geht's euch zu langsam da herinnen?
Ihr spürt halt zu wenig von Krieg und Not. Sollten zum Frühstück und Abendbrot Täglich euch wohl eine Schlacht gewinnen.
Daß euch's am Stammtisch besser schmeckt?
Wenn ihr die Köpfe zusammenfteckt.
Kannegießernd von Sieg und von Beute,
Möchtet ihr prahlen: „Ja. wir sind halt Leute! Kreuzdonnerwetter! Wir lassen nicht locker!" Wüßtet ihr nur. ihr Ofenhocker.
Mit wie viel Opfern und Mühen und Qualen Wir die „Kleinigkeiten" bezahlen.
Die ihr da lest mit sauerm Gesicht.
Maulend und nörgelnd: Recht viel sei's nicht! Fußbreit um Fußbreit heißl's bis zu den Knöcheln Schreiten im Blute und Todesröcheln,
Macht eine böse Musik dabei.
Nicht immer jubelnder Hurraschrei!
Hungern und Dursten heißl's auch mitunter — Nachts halten uns die Granaten munter —
Wenn wir, in feuchtkalie Löcher vergraben,
Mal eine Stunde zu rasten haben!
Jede Minute gebiert unsrer Schar Andere Leiden und andre Gefahr,
Jede Minute rinnt rotes Blut —
Aber mit eisernem Heldenmut Harren sie aus im deutschen Heere,
Wissen kaum selbst ihrer Opfer Schwere,
Wühlen sich weiter, Schritt für Schritt!
Stündlich gefaßt auf der Sense Schnitt!
Warten in solchen Tagen und Nächten,
Merkt euch's. ist härter als Stürmen und Fechten —
Just das gewaltigste Heldentum
Erntet da wenig vom schallenden Ruhm!
Oft wär' uns lieber das tollkühnste Wagen — Müssen aber das Warten ertragen . . .
Tragt es nur auch, da ihr nicht versteht.
Daß die Sache „so langsam" geht.
Daß sie nicht Tausende kostbarer Leben —
Merkt euch's: ein Held ist dort jeder Mann! — Nutzlos dem Spießer zum Opfer geben.
Der auf das Ende nicht warten kann!"
Sprichl's und humpelt so weiter . . Verdrossen Sieht man den Dicken, mit Rot übergossen.
Sackt um die Ecke nach Hause schlürfen. Brummend: Man wird doch noch reden dürfen!
Telegramm des Wolff'schen Büros an den „EnMer".
(WTB.) Den 12. Jan. 3.30 Uhr nachm.
Großes Hauptquartier, 12. Jan. vorm. Amtl.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Südlich des Kanals von La Bassee finden geringfügige Kämpfe statt, die bisher ohne Ergebnis waren.
Nördlich Crony griffen die Franzosen gestern abend an, wurden aber mit schweren Verlusten zurückgeworfen.
Heute früh lebten die Kämpfe wieder auf.
Ein gestern nachmittag rk der Gegend östlich Perthes unternommener französischer Angriff brach in unserem Feuer zusammen. Der Feind hatte sehr schwere Verluste.
In den Argonnen wurde an der Römerstraße 8 ein französischer Stützpunkt erobert. 2 Offiziere und 140 Mann fielen dabei in unsere Hände.
In den Kämpfen im östlichen Teile der Argonnen sind den Franzosen (einschließlich der Gemeldeten) 1 Major, 3 Hauptleute, 13 Leutnants und 1600 Mann an Gefangenen abgenommen, so daß ihre Gesamtverluste einschließlich der Toten und Verwundeten in diesem beschränkten Gefechtsraum auf 3500 Mann geschätzt werden.
Französische Angriffsversuche bei Ailly südlich St. Mihiel scheiterten.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
In Ostpreußen nichts neues.
Russische Vorstöße im nördlichen Polen haben keinen Erfolg.
Unsere Angriffe im Gebiet westlich der Weichsel machen, trotz des schlechten Wetters, an einigen Stellen Fortschritte.
Auf dem östlichen Piliza-Ufer keine Veränderung.
Oberste Heeresleitung.
Letzi« Nachrichten u» TslWMMME-
Berlin, 13. Jan. Aus Rom eifährt.das „Berliner Tageblatt": Bei Besprechung der großen englischen Verluste an Offizieren in Flandern sagt die „Times", es sei zu hoffen, daß die neuen Offiziere, die an die Front gehen, hinreichend ausgebildet sein würden, um sich selbst und die Truppen mehr zu schonen. Eine neue Offensive sei wegen des Mangels an tüchtigen Offizieren für die Engländer weit bedenklicher als für die Deutschen. In Paris sind gegen neue deutsche Luftangriff« neuerdings mächtige Scheinwerfer aufgestellt worden.
Berlin, 13. Jan. (WTB.) Das „Berliner Tagebl." berichtet: Zahlreiche Bahnbeamte sowie mehrere hundert Erdarbeiter aus der Gegend von Frankfurt a. M. sind nach Belgien und Nordfrankreich entsandt worden.
Berlin, 13. Jan. (WTB.) Aus Krakau wird der „Voss. Ztg." gemeldet, daß am 10. d. Mts. ein Großfeuer bedeutende Verheerungen in Warschau anrichtete. Ein deutscher Flieger, der über der Stadt erschienen war, hatte Bomben geworfen, deren eine die Lagerstelle einer Linoleumfabrik in Brand steckte.
Berlin, 13. Jan. (WTB.) Der „Berliner Lokalanz." meldet aus Zürich: Nach der „Neuen Züricher Ztg." sollen gegenwärtig nur 200 000 Briten in Frankreich in der Front stehen. Ebensoviel sollen aber noch hinter der Front liegen. Man will dies aus der Tatsache schließen, daß genau 400 000 Weihnachtskörbe für die englischen Soldaten über den Kanal gebracht wurden. An der französischen Riviera sind heute über 40 000 verwundete Franzosen oder Engländer anwesend, darunter allein 18 000 Inder.
Berlin, 13. Jan. (WTB.) Aus Danzig wird dem „Berl. Lokalanz." berichtet: In Waldenburg im Kreise Schlochau geriet ein Schlitten mit fünf Kindern eines Arbeiters in einen See. Der herbeieilende Vater konnte ein Kind retten, während er selbst mit den anderen ertrank.
Berlin, 13. Jan. Aus Köln wird dem „Berliner Tageblatt" gemeldet: Aus dem Gebiet der Nebenflüsse des Rheins kommen Meldungen von großen Verheerungen, die das Hochwasser angerichtet hat. Die Talsperren im oberbergischen Land laufen über. Tiefer gelegene Strecken des Wuppertales sind überschwemmt.
Paris, 13. Jan. Der „Temps" meldet: Die Bevölkerung von Paris wird binnen kurzem durch die Presse von Maßnahmen benachrichtigt werden, die für eine eventuelle Verminderung der Straßenbeleuchtung getroffen worden sind, um der Gefahr einer Beschießung durch Zeppeline und Flugzeuge zu begegnen.
Den 13. Januar 1915. mittags.
Leipzig. (Prioattel.) Die Vertreter der deutschen Städte sind gestern nach dem Osten abgereist, um dem General Feldmarschall von Hindenburg die von ihnen gesammelte Hindenburgspende im Betrag von nahezu 2 Millionen persönlich zu überreichen.
Kopenhagen. (Priv.-Tel.) Nach Petersburger Berichten ist neuerdings die Enthebung von 18 Generalen der aktiven russischen Armee von Führerftellen erfolgt.
Rotterdam. (Prioattel.) Wie die Londoner Blätter melden, herrscht an der französischen Küste bei Dünkirchen und Calais seit mehreren Tagen Bereitschaftsdienst gegen die Zeppeline, deren Erscheinen stündlich erwartet wird. Nacht für Nacht suchen die Scheinwerfer die Umgegend ab.
Petersburg. (Prio.-Tel.) In einer Besprechung der Schlacht an der Bzura stellt Oberst Michael- lowski fest, daß die Artillerie - Ueberlegenheit der Deutschen aus verschiedenen Umständen groß sei. Sie hätten mindestens 800 Geschütze an der Front vor Warschau.
Ein Telegramm aus Petropaulow auf Kamtschatka berichtet, daß die Mobilmachung der Kamtschatkaleute, und zwar aller Jahrgänge, begonnen habe.
Reklametekk»