Stuttgarts 31. Juli bis 13. September; in Groß- j Stuttgart 34. Juli bis 6. September. Weihnachts- ! freien 24. Dezember 1915 bis 10. Januar 1916 (je einschließlich). Mit Rücksicht auf den späten Schluß der Osterferien tritt der Sommerstundenplan sofort mit dem 20. April in Kraft.

Stuttgart, 8. Jan. Der Krieg hat unter den württembergischen Rechtsanwälten schon reiche Ernte gehalten. Gefallen sind schon 26, wovon auf die - Stuttgarter Anwälte 14 entfallen.

Geislingen. 9. Jan. Der zweite Vorsitzende des hiesigen sozialdemokratischen Vereins, Wilhelm Tausch, der seit der Mobilmachung im österreichisch- ungarischen Heere in Serbien steht, ist im Oktober zum Stabsfeldwebel befördert und einige Wochen darauf mit der Silbernen Verdienstmedaille ausge­zeichnet worden. Vor einigen Tagen hat er die Goldene Verdienstmedaille 1. Klasse für hervorragende Tapferkeit im Feld empfangen und ist damit der Träger der höchsten Auszeichnung geworden, die im t österreichischen Heere zu vergeben ist. s

Gmünd, 8. Jan. Der gegenwärtige Krieg hat 1 so recht die Schattenseiten der einseitigen Industrie ! am hiesigen Platze dargetan. Mit Beginn des Krieges schloß die Luxusindustrie ihre Pforten fast j gänzlich und nur in geringem Maße wurde seither wieder gearbeitet. Viele Arbeiter haben sich deshalb nach auswärts gewandt. Bei dem zu erwartenden weiteren Rückgang der Luxusindustrie werden viele Arbeitskräfte hier frei und für neuanziehende Indu­strien wäre völlige Deckung des Arbeiterbedarfs gegeben. Wie man höct, ist infolge der jetzigen mißlichen Verhältnisse die Stadtverwaltung neuen Industrie» gegenüber zu den weitgehendsten Opfern bereit. Im Interesse der Arbeiterschaft wäre eine baldige günstige Lösung dieser Frage wünschenswert.

Gmünd, 9. Jan. (SCB.) Die Remszeitung bittet, Berichte über Generalversammlungen von Vergnügungs- und Sportsvereinen dieses Jahr nicht einsenden zu wollen. Die Zeitungen haben in dieser ernsten Zeit so wichtige Aufgaben zu erfüllen, daß es ihnen sowohl an Zeit, als auch an Platz gebricht, sich den inneren Angelegenheiten der verschiedenen Vereine zu widmen.

Böblingen, 9. Jan. Mit einem bayerischen Lazarettzug sind am letzten Donnerstag 30 meist schwerverwundete Rheinländer und Westfalen aus den Kämpfen bei Sennheim und Steinbach und hierher gebracht und ins Bezirkskrankenhaus trans­portiert worden.

Ebersbach a. F., 10. Jan. Der junge Mann, der sich am Donnerstag morgen einen tödlichen Schuß in die Schläfe beibrachte, ist der 18 jährige Sohn eines Bauwerkmeisters aus Stuttgart. Das Motiv zur Tat soll darin zu suchen sein, daß der Unglück­liche als Kriegsfreiwilliger in das Heer eintreten wollte, von seinen Eltern aber abgemahnt wurde, weil er seine Lehre vorher beenden sollte.

Kus StaSt, Bezirk unS Umgebung.

Das Eiserne Kreuz haben weiter erhalten: Forstamtmann A. Pfister in Schwann, Bataillons- adjutanl im Res.Regt. 246 (auch Inhaber des Fried­richsordens); ferner Kanonier Ludwig Fauth bei der 2. Ers.Batt. 9. bayr. Feld-Art.Regt. (Lammwirts Sohn) von Feldrennach und Pionier Karl Bozen­hardt von Wildbad.

Auszug aus der Zusammenstellung der in den Verlustlisten der nicht württembergischen Herres- kontingente, sowie der Marine verzeichneten Würt- temberger im Staatsanzeiger vom 7. Jan. Nr. 4: Jnf.Regt. Nr. 112, Mülhausen i. E. Freiwilliger Ludwig Wetzel, Neuenbürg, l. verw. Reseroe-Jnf.Regt. Nr. 240, Rastatt. Gefreiter Johannes Müßle, Oberlengenhardt, l. verw. Reservist Heinrich Emil Merkle, Conweiler, vermißt.

Leib'Grenadier-Regt. Nr. 109, Karlsruhe. Reservist Karl Klenert (10. Komp.), Neuenbürg, l. verw.

Im Felde fürs Vaterland gefallen sind: Kriegs­freiwilliger Otto Scholl, 19 Jahre alt, Sohn des früheren Güterbeförderers Wilh. Scholl von Neuen­bürg; Unteroffizier k Res. im Fußart.Regt. 10 Karl Lächele, 24 Jahre alt, Sohn des früheren lang­jährigen Schullehrers L. von Wildbad, und Ge­freiter Georg Dürr im Jnf.Regt. 126, Sohn des Gipsers D. von Wildbad.

Neuenbürg, 9. Jan. Bis jetzt sind die Ge­hälter der in Feindesland stehenden Beamten an die

nächsten Angehörigen (Ehefrau, Eltern, Geschwister usw) gezahlt worden. Die Frage, ob die Gehälter auch weitergezahlt werden sollen, wenn der betreffende Beamte vermißt oder gefangen ist, ist von den Staatsregierungen in bejahendem Sinne entschieden worden. Bis auf weiteres sind die Gehälter weiter­zuzahlen.

Herrenal b. Der Vorstand unseres Schwarz­waldbezirksvereins erhielt von dem im Alb- und Murgtal bestens bekannten Verfertiger der Orien­tierungstafeln auf dem Bernstein und dem neuen Teufelsmühleturm. Herrn CH. Münch, Zeichnerim Großh. Topogr. Büro in Karlsruhe, z. Z Vize­feldwebel, einen Brief aus dem Felde, der auch für die zahlreichen Leser des Enztälers besonders im Albtal Interesse haben dürfte. Gleich von vorn­herein sei mitgeteilt, daß der Schreiber des Briefes Inhaber des Eisernen Kreuzes und des bayerischen Militäroerdienstkreuzes 2. Klasse mit Schwertern ist. Der Feldbrief lautet:

Lieber Hr. F . . .! Daß sich von mir einmal ein Feldpostbrief in Ihr stilles Schwarzwaldtal ver­irren würde, hatte ich mir nicht träumen lassen. Ende Juli war ich noch einmal auf der Teufelsmühle, hatte aber keine Zeit bei Ihnen vorzusprechen; 14 Tage später stand ich als Kriegsfreiwilliger schon im Felde. Bis jetzt ist mir's gut gegangen, erfreue mich einer guten Gesundheit, und wünsche, daß jedoch nur dann, wenn mir mit unserem Hauptgegner, den Engländern, gründlich abgerechnet haben, uns Wieder­sehen werden. Zuerst hat unser Korps an den Vogesenkämpfen teilgenommen, dann sind wir durch Lothringen zum Einladeplatz und mit der Saar-, Mosel- und Eifelbahn nach Lüttich, Namur, Char­ly oi, Valenc'ennes hierher in diePicardie" ge­kommen. Seit 28. September liegen wir an einem Orte, mit der französischen Bevölkerung kommen so­weit als die Stärkeren gut aus. Das ist jetzt etwas anders als 1870/71. In ununterbrochener Stellung, von den Vogesen bis zum Kanal ziehen sich unsere Linien, keine Maus kann durch; die Einwohner sind nur Frauen und Kinder, sowie kriegsunbrauchbare Männer. Von Franktireurs usw. kann bei uns keine i Rede sein. Der Mann unserer Quartierfrau ist als ^ 48 jähriger noch eingezogen worden. Uns stehen ; schon englische Küstengeschütze gegenüber, sie sollen stehen am rechten Flügel; sämtliche deutsche Stämme, Bayern, Württembergs!. Badener usw. sind jetzt ihr Gegner. Ein gütiges Schicksal möge uns doch den entscheidenden Sieg geben. Sie machen sich kein Bild von der Wirklichkeit des Krieges; zerschossene Städte, Dörfer und Gehöfte, in denen tatsächlich nur noch die Spatzen Hausen, sind die Spuren unserer Schlachten und Gefechte. Manchmal ist es ruhig, dann aber auch wieder geht, zumal nachts der Höllen- ! lärm los; Scheinwerfer spielen am Horizont, der noch beleuchtet ist vom Rot brennender Ortschaften. Wieviel Elend wird über das unwissende Land ge­bracht, dessen Einwohner es noch heute glauben, wir wären über sie hergefallen. Wenn Frankreich noch nie die Geisel des Krieges richtig erfahren hat, dann jetzt. Was haben wir Deutsche, besonders unsere blühende Pfalz und meine Heimat nicht schon alles von jenseits des Rheins erdulden müssen; und wenn ihre Schulbuben vom Bernstein oder der Teufelsmühle hinaussehen in unser schönes Heimat­land. dann sollen sie denken, daß weit draußen unsere braven Truppen kämpfen für die Ruhe und den Frieden der Heimat, und ihre Körper stählen, auf daß sie dereinst, das Schicksal verhüt es. es auch so durchkämpfen wie jetzt Alldeutschland. Wenn unsere Truppen immer erfahren, wie in der Heimat für uns gesorgt und gearbeitet wird, wie die Liebes­gaben kommen, dann fühlen wir so recht, was es heißt, ein einiges Volk. Bei unserem Korps sind Schwaben und Badener vereint, dessen Grenzen ja auch unser lieber Schwarzwald teilt. So lange wir uns noch aus dem Lande nähren, das große Vorräte von Vieh besitzt, haben wir keine Not. Wein und Tabak gibt es auch hin und wieder, unsere Proviant­ämter haben die Ernte mit Beschlag belegt, gedroschen und gemahlen. Wenn wir den Einwohnern nichts zum Essen geben würden, stände es schlecht um sie. Die Gegend ist holzarm, nur selten sieht man einen größeren Waldbestand; dafür erhalten wir Kohle, sogar Petroleum wird uns geliefert. Zcitungen er­halten wir jeden Tag, für die Truppen wird extra eine Zeitung gedruckt, die in die Schützengräben ver­teilt wird. Gestern haben unsere Flieger ein mit Maschinengewehr versehenes französisches Flugzeug zur Landung gezwungen. Im Anfang hatten wir oft das Vergnügen, feindliche Flieger bis zu 5 Stück ! auf einmal zu sehen, die uns mit Bomben beglückten. Mit herzlichen Wald-Heil Grüßen von Ihrem CH. Münch, Vizefeldwebel, 14. Reservekorps. (G.K.G.)

vermischtes.

Vonder Jagst. 10. Jan. Eine richtige Kriegs­antwort gab unlängst ein Kind der Volksschule zu U. Da behandelte der Lehrer den Kindermord zu Bethlehem und stellte bei der Wiederholung die Frage: Warum haben die Soldaten des Herodes nur die Knaben und nicht auch die Mädchen von Bethlehem und Umgebung ermordet?" Nach einigen Nachdenken erhob ein kleines Mädchen den Finger und gab zur Antwort:Weil die Mädchen den Soldaten Socken stricken müssen!"

Ein bezeichnendes Vorkommnis ereignete sich, wie derOffenb. Ztg." erzählt wird, im Kasernen­hofe in Offenburg. Dort hielten sich die ge­fangenen Franzosen auf, als der Siegesjubel über die deutsch-österreichischen Erfolge in Polen sie auf­horchen ließ. Als sie zuerst hörten: Sieg, großer Sieg!" dachten sie natürlich an eine französische Niederlage undließen dir Köpfe hängen". Auf weiteres Fragen erfuhren sie, daß die Russen ent­scheidend geschlagen worden seien und nun stimmten sie. Hände und Käppis schwenkend, in den deutschen Jubel ein. Die armen Tröpfe freuen sich wohl, daß die Entscheidung nun auch im Westen nahe ist, die einen baldigen Frieden und für die Gefangenen die ersehnte Heimkehr bringt . . . ."

Das freiheitlich gesinnte England. Als die größte Sehenswürdigkeit der malerisch am Zürich- See gelegenen Stadt Rapperswyl wurde mir vor Jahren das von dem Grafen Plater gegründete polnische Nationalmuseum im dortigen alten Schlosse gezeigt. Ich sah da äußerst wertvolle Erinnerungen an die Kämpfe der Polen gegen Rußland aus den Jahren 1794, 1830/31 und 1863, zahlreiche Waffen, Fahnen und Uniformstücke, u. a. den Säbel des bei Leipzig 1813 umgekommenen Fürsten Poniatowsky, die Bettstelle, in der der Fceiheitsheld Kosziusko in Solothurn starb, usw. Ein besonderes Kabinett ent­hielt Handschriften berühmter Männer, die irgendwie I einmal für Polens Befreiung vom russischen Joche i ihre Stimme erhoben: von Lafayette, Napoleon I.. Beranger. Viktor Hugo, Garibaldi. Den weitaus größten Raum unter diesen Handschriften nahm aber eineAdresse des englischen Volkes an die Polen" ein, die, mir 100000 Unterschriften bedeckt, in einer Zeit übrrreicht wurde, als die Polen in heißem Kampfe heldenmütig, aber vergeblich mit ihren russischen Unterdrückern rangen. Das war damals. Und heute? Heule kämpft dasselbe englische Volk Schulter an Schulter mit demselben Rußland, das, wie damals die Polen, so jetzt die Oesterreicher und die Deutschen knutrn und knechten möchte. Wohin hat die Profi-wut das einst so freiheitlich gesinnte Eng­land gebracht?

Einige Aussprüche Napoleons I.Die moralische Kraft, mehr als die Zahl, entscheidet den Sieg. In einem eroberten Lande ist die Gut­mütigkeit keine Menschlichkeit. Wenn man von Menschlichkeit besessen ist und immer von Mensch­lichkeit, muß man keinen Krieg führen. Ich kenne keinen Krieg mit Rosenwasser. In Frankreich sind Kleinigkeiten große Dinge, die Vemunft gilt nichts. Alles in Frankreich ist der Mode unter­worfen. Die Franzosen wollen, daß man ihnen den Hof macht. Paris gibt Frankreich seine Gesetze. Paris ist Frankreich. Die Engländer kennen keine höheren Gefühle, für Geld sind sie alle zu haben. England ist in allen Dingen unersätt­lich. Es gibt Kabinette, denen nichts heilig ist. Rußland ist von allen Mächten am meisten zu fürchten. Aegypten ist das wichtigste Land der Welt. Wer Aegypten hat. hat auch Indien. Der Orient wartet nur auf einen Mann. Die Lüge geht vorüber, die Wahrheit bleibt. Die Schmähungen gehen vorüber, die Taten bleiben. Die Wahrheit durchbricht die Nebel, sie leuchtet wie die Sonne. Der Pöbel liebt und achtet nur, die er fürchtet". _

Auf Wacht.

Schon längst die Kanonen hatten geschwiegen.

So schwer, unheimlich war die Nacht.

Im Winde die schwarzen Erlen sich wiegen,

Im Feld steht der Soldat auf Wacht.

Bang ist's ihm ums Herz und trag' fließt die Zeit, Dort drüben mein Kamerad ist gefallen!

O Herzbruder mein, wie bist du so weit!

Du warst mir der Liebste von allen.

So klaget er still und hält treue Wacht Im Regengeriefel, in Sturm und Nacht Und denkt an den Freund, an den toten!

Eugen Lederer.