mitgerechnet find 1000 Vermißte der Flottendivision von Antwerpen, 875 Mann auf derGood Hope" und eine in Holland internierte Flottendivision.

Kopenhagen. 20. Noo. Aus Rom wird, der Deutschen Tageszeitung" zufolge, hierher berichtet, daß die Besprechungen zwischen dem neuen Minister des Auswärtigen. Sonnino, und den nach Rom berufenen Botschaftern beendet sind. Tittoni ist bereits nach Bordeaux zurückgereist. Italien ver­harrt unverändert bei seiner Neutralität. Ein Beweis dafür ist auch darin zu erblicken, daß die Reservisten des Jahrgangs 1891 entlassen worden sind, ein weiterer darin, daß der Minister des Aeu- ßeren eine Erholungsreise angetreten hat.

Die deutsche Regierung hat den mit der Wahrnehmung der französischen Interessen in Deutsch­land beauftragten spanischen Botschafter in Berlin die Ermächtigung erteilt, Gefangenenlager der Fran­zosen in Deutschland zu besuchen und darüber an die französische Regierung Bericht zu erstatten. Wie man hört, hat der französische Kriegsminister des­halb auch dem Botschafter der Vereinigten Staaten in Frankreich gestattet, alle Lager für deutsche Kriegs­gefangene in Frankreich zu besuchen und über seine Beobachtungen Bericht an die deutsche Regierung zu erstatten. Wir möchten dabei erwähnen, daß sich nach den Listen des neutralen Bureaus für Kriegs­gefangene in Genf 25000 deutsche Gefangene in Frankreich und 90000 gefangene Franzosen in Deutschland befinden. Die Zahl der französischen Kriegsgefangenen ist aber bekanntlich viel höher als diese Listen angeben.

Da über die Haltung der deutschen Kriegs­freiwilligen vor dem Feinde schon oft recht merkwürdige Dinge in Umlauf gesetzt worden find, so sei erwähnt, daß die neugebildeten deutschen Reserve-Regimenter, in denen sich viele junge Kriegs­freiwillige befinden, sich vor dem Feinde und in der ersten Feuertaufe tapfer und mutig gehalten haben. Es wird dies sogar von einem englischen Kriegs­berichterstatter für denDaily Telegraph" bestätigt. Derselbe schreibt von den Kämpfen am Iserkanal: Von den Deutschen wurden acht Bajonettangriffe gemacht, alle, mit großem Muts und ausgeführt durch Truppen, die, wie wir überraschender Weise fest­stellten, erst vor acht Tagen angekommen waren. Unter ihnen befanden sich Jünglinge von 17 bis 18 Jahren. Dieses Zeugnis der Feinde für die Tapferkeit unserer Kriegsfreiwilligen genügt wohl, und wenn es auch zuweilen vorkommt, daß es im Ansage den Kriegsfreiwilligen an der nötigen Ruhe mangelt, so dürfte dies doch bald überwunden werden.

Berlin, 19. Nov. Die Kaiserin empfing heute nachmittag eine Abordnung des Vereins deutscher Lokomotivführer behufs Ueber- reichung einer von diesem Verein gesammelten Kriegs­spende von 120000 Mk. Die Kaiserin unterhielt sich eingehend mit jedem Einzelnen und bekundete hohe Freude über die reiche Gabe, die in der Haupt­sache dem Zentralkomitee vom Roten Kreuz zur weiteren Ausgestaltung der Lazarettzüge über­wiesen werden, zum kleineren Teil aber nach einem besonderen Wunsch der Geber den durch den Krieg besonders betroffenen Landesteilen von Ostpreußen und Elsaß zufließen soll.

Köln, 19. Nov. Das Gouvernement Köln stellt fest, daß die über den Flieger Hirth ver­breiteten Gerüchte auf Erfindung beruhen. Es wird gegen Verbreiter derartiger Gerüchte, die das Inte­resse des Heeres schädigen, in Zukunft gerichtlich Vor­gehen.

Paris, 17. Nov. Die Gruppe der Geeinigten Sozialisten drückte nach einem Vortrag der Minister Sembat und Guesde über die innere und äußere Politik erneut ihr einstimmiges ihnen bereits früher zum Ausdruck gebrachtes Vertrauen aus.

Württemberg.

Stuttgart, 19. Nov. Zur Besprechung von Maßnahmen gegen die durch den Krieg geschaffene Notlage fand gestern im Landesgewerbemuseum eine Sitzung statt, an der Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker und die Minister Dr. v. Fleischhauer und Dr. v. Pistorius, sowie Vertreter sämtlicher Parteien des Landtags teilnahmen. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker zählte die von der Regierung bis jetzt getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf und erklärte, die Regierung könne nicht bestreiten, daß durch das Darniederliegen oder den völligen Stillstand der sogenannten Luxusindu­strie (Gmünd und Pforzheim) eine Reihe von Ge­meinden in eine außerordentlich schwierige Lage geraten sei und daß vielleicht doch der Zeitpunkt

kommen dürfte, wo diese Gemeinden vom Staat unterstütz! werden müßten. Die Einführung einer allgemeinen Arbeitslosenfürsorge lehnte die Regierung ab, dagegen sei sie bereit, in besonderen Verhält­nissen bei der Linderung der Not mitzuwirken. Die Vorstände sämtlicher Landtagsfcaktionen hatten der Regierung vor der Besprechung eine Erklärung über­geben. in der sie die Auffassung zum Ausdruck bringen, daß denjenigen Gemeinden, die durch den Krieg in eine besondere schwierige Lage geraten seien; und die eine Kriegsarbeitslosenfürsorge ein­geführt haben oder noch einführen wollen, staatliche Unterstützungen gewährt werden sollen.

Stuttgart, 20. Nov. Nach einer Bekannt­machung des Stellvertr. Generalkommandos sind alle Versteigerungen von Häuten und Fellen bis aus weiteres verboten.

Stuttgart. 19, Noo. Wie die hiesige Reichs- bankhauptstrlle mitteilt, werden die Portvkvsten, welche durch Einsendung von Goldmünzen durch die Post an die Reichsbank und Uebersendung des Gegenwertes in Papiergeld seit Kriegsbeginn ent­standen sind und künftig entstehen, auf Bankmittel übernommen und nach Lage des Falles auch nach­träglich vergütet werden.

Cannstatt, 21. Nov. Gestern starb hier Post­inspektor a. D. Karl Klotz, Ritter 1. Klasse des Friedrichsordens. Der Verstorbene war früher Postmeister in Neuenbürg, wo er noch im besten Andenken steht.

Heidenheim, 19. Nov. Von sieben im Feld stehenden Söhnen des Webers Preissing haben drei das Eiserne Kreuz erhalten.

Gellmersbach O/A. Weinsberg, 19. Noo. Der verheiratete Landwehrmann Christian Rößle, der schwer verwundet ins Lazarett nach Großbottwar kam und nunmehr seiner baldigen Genesung entgegrn- sieht, ist durch sein Neues Testament vom Tode er­rette! worden. Das Geschoß wurde von dem Rücken des Buches abgeleitet und nahm einen anderen Weg.

Rotten bürg, 19. Noo. Dem hiesigen Tag­löhner Johann Vollmer wurden drei Knaben geboren. Aus diesem Anlaß hat der König dem Vater 100 ausbezahlen lassen.

Lronberg, 20. Nov. Die Schüler der hiesigen Realschule sollten im englischen Unterricht die eng­lische Nationalhymne lernen und hersagen. Der Lehrer wird nicht wenig erstaunt gewesen sein, als die Schüler sich weigerten, diesem Verlangen zu entsprechen. Ihren Patriotismus mußten die Schüler mit 1 Stunde Arrest büßen. Der Engländerhaß macht vor der Jugend nicht halt. Wer beobachtet, so schreibt dieLeonberger Zeitung", mit welchem Ernst selbst Knirpse von 10 Jahren die Zeitungs­nachrichten verfolgen und besprechen, der ist nicht überrascht, wenn sie ihrem Empfinden, wie oben erwähnt. Ausdruck geben. Andererseits aber hat der Lehrer darauf zu sehen, daß die Schüler ihm den Gehorsam nicht verweigern.

Weiler i. d. B., 20. Nov. Ein seltenes Jagdglück hatte gestern rin hiesiger Jäger, indem er auf einen wohlgezielten Schuß drei Rehe erlegte, nämlichMutter, Sohn und Tochter".

Mühlacker, 20. Nov. Auf dem hiesigen Bahnhof wurde der Bahnwache ein Karabiner ge­stohlen. Vom Landjäger wurden verschiedene Haussuchungen, auch in einigen Nachbargemeinden, allerdings erfolglos, vorgenommen.

Krankenunterstützung an Kriegsverwun­dete oder Erkranktei Die Württ. Privat Kran- ken- und Sterbrkasse Stuttgart unterstützt ihre als Kriegsteilnehmer gemeldeten Mitglieder event. deren Angehörigen, sofern die Beiträge anstandslos weiter entrichtet worden sind resp. werden. Die Mitglied­schaft und die dadurch erworbenen Rechte ist die Kasse aber auch dann bereit aufrecht zu erhalten, wenn die betreffenden Mitglieder oder deren Ange­hörigen. die aus irgend welchem Grund die Beiträge nicht bezahlen können, um Stundung nachsuchen, eine Wohltat, die der Beachtung und Schätzung wert ist.

Kus Staöt, Bezirk uns Umgebung.

Ritter des Eisernen Kreuzes wurde der Offizier­stellvertreter im württ. Feldartillerie-Reg. Nr. 54, Kettenfabrikant Artur Roek aus Neuenbürg, in Firma Ed. Roek in Pforzheim.

Auszug aus der Zusammenstellung der in den Verlustlisten der nicht württembergischen Heeres- kontingente, sowie der Marine verzeichneten Wärt- temberger im Staatsanzeiger vom 19. Noo. 1914 Nr. 276:

Jnf.-Regt. Nr. 110, Karlsruhe und Mannheim.

2. und 3. Bataillon:

Wehrmann Johann Baumann, Gräfenhausen, l. verw. Eugen Pfeiffer, Herrenalb, gefallen.

2 Pionier-Bat. 14, Kehl:

Pionier G. Barth, Rotenbach, l. verw., bei der Truppe.

Neuenbürg, 21. Nov. In der heute im Staatsanzeiger erscheinenden 66. württ. Verlustliste vom 21. Nov. sind aus dem hiesigen Bezirk folgende Namen aufgeführt:

Reserve-Infanterie Regiment 119 5 Kompanie:

Vizrfeldw. d. R. Ernst Beutler, Oberlengenhardt, verw.. 9. Kompanie:

Landwehrm. Jakob Volle, Maisenbach, verw. Infanterie-Regiment 121, Ludwigsburg 8 Kompanie:

Landwehrm. Wilh. Bott. Wildbad, gefallen,

Gustav Sieb, Wildbad, verw.,

Karl August Wessinger, Sprollenhaus,

vermißt.

Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 54 4 Batterie:

Kanonier Jakob Drollinger. Obernhausen, l. verw. 5. Batterie:

Kanonier Jakob Rothfuß, Herrenalb, l. verw., Fahrer Christof Barth, Calmbach, schw. verl.

Durch Ausschreiben des Ev. Konsistoriums wird den Pfarrämtern nahegelegt, im Gottesdienst des Sonntags den 22. ds. als des letzten Sonntags im Kirchenjahr der während des Feldzugs im Dienst des Vaterlandes Gefallenen besonders zu gedenken.

Neuenbürg, 19. Nov. Gefälschte Reichs­banknoten zu 20 Mk. sind schon im vergangenen Sommer von mehreren Postämtern des Landes zur Ablieferung gelangt. Neuerdings ist nun auch beim hiesigen Postamt eine solche Reichsbanknote angehalten und als falsch erkannt worden. Das Publikum sei zur Vorsicht gemahnt. Die Hauptmerkmale der gefälschten Scheine sind: Das Papier fühlt sich nicht so kräftig an, ist auch tatsächlich weniger dick und widerstandsfähig und hat auffallend gelbliche Tönung. Durch die dunkler gehaltenen, eng aneinander geschlossenen senkrechten Linien erscheint die Rippung des Papieres viel kräftiger. Der Schriftaufdruck ist fast durchweg nicht mit der bei den echten Stücken vorhandenen Feinheit und Schärfe ausgeführt.

Vom Feindesland ins Schwabenland.

Wir waren teils mehr oder weniger schwer ver­wundet oder krank und kamen mit dem Lazarettzug aus Frankreich heraus. Als wir bei Deutsch- Avricomt wieder deutschen Boden betraten, schlugen alle Herzen höher. Die ersten deutschen Eisenbahn- beamten begrüßten uns mit Hurra und nun ging es durch schöne deutsche Gaue mit der Bahn über SaarburgZweibrücken durch die schöne Pfalz, wo schon hilfsbereite Hände für uns tätig waren, über Landau nach Karlsruhe. Von da gings über Ett­lingen-Busenbach, wo wir uns der Liebesgaben gar nicht aller erwehren konnten. Wein, Bier, Zigarren, ja sogar Zwetschgenkuchen gab es. Gegen Mittag brachte uns das Schwabenzügle nach Herrenalb. Es hätten Jahre sein dürfen, so berührte uns der Anblick des gedeckten Tisches mit Tellern, Gabeln und Messern I Und dann jeder ein Bett! Ein Bett mit weißen Kopfkissen. An nichts fehlte es uns! Es war zuviel des Guten auf einmal. Und als in der Nacht Sturm und Regen an den Läden tobten, da überschlich es uns eisig, da wir unserer Kame­raden gedachten, die bei dem Wetter im Schützen­graben lagen die ganze Nacht im Wasser, wie wir die vergangenen Nächte. Und als der Wind an den Läden rasselte, duckten wir im Halbschlaf die Köpfe unter dis Decke, meinend, die Schrapnells prasselten durch die Bäume. Am Morgen erzählten wir ein­ander lachend unsere Träume. Wir alle hatten Franzosen erschossen, erschlagen, erstochen. Langsam erholten wir uns hier in der guten Pflege. Diese Woche müssen wir 20 Mann das Lazarett räumen. Es gab schweren Abschied von den Lieben, die uns gepflegt und den Bewohnern, die es so gut mit uns gemeint. Wir alle denken zurück an Herrenalb und das schöne Albtal, weil ihm mancher Schwabenstreich wohl und ungemerkt gelungen ist.

Res. E. Becker im Kurhaus. ,