Berlin, 9. Nov. (WTB.) Der Stand der Herbstsaaten im deutschen Reiche beträgt Anfang November, wenn 2 gut und 3 mittel bedeutet, für Winterwaizen 2,5, Winterspelt 2,4 und Winter­roggen 2,6. Die entsprechenden Begutachtungs­ziffern im vorigen Jahre waren 2,5, 2,3 und 2,5.

Englands falsche Rechnung.

In dem dieser Tage erschienenen Heft desMärz" stellt Konrad Haußmann unter der vorstehenden Ueberschrift eine Betrachtung über den Krieg an, die freilich einen um mehrere Wochen zurückliegenden Stand der militärischen und politischen Dinge ins Auge faßt, aber in ihren wichtigsten Ergebnissen und Feststellungen auch jetzt noch zutrifft. Der Artikel stellt in der Einleitung die erbitterte Stim­mung Deutschlands gegen England fest, die gerecht­fertigt sei, weil England den Krieg hätte hindern können und weil es in die Juliverhandlungen mit dem ckolus eventual^ der eventuellen Kriegs­geneigtheit eingetreten sei. Der Artikel fährt dann fort:

Es ist kein strategischer Zufall und kennzeichnet zugleich die ganze politische Lage, daß sich die Schlachtlinie nach Nordfrankreich und an das Meeres­user gezogen hat. Deutschland steht im dritten Kriegsmonat auf der Linie OstendeCalais Auge um Auge mit England. Das hätten Churchill und Grey im August für unmöglich gehalten und schon das beweist die Kurzsichtigkeit und den Riesenrechen­fehler der englischen Politik.

Nicht vom deutschen, sondern vom englischen Standpunkt aus ist die Politik derTimes" und ihrer Minister bodenlos und falsch . . . Die Lon­doner Rechnung ist längst über den Haufen geworfen. London kalkulierte: Wir sperren den Handel, lassen Deutschland hungern und seine Fabriken still- stehen. Aber die Fabriken Deutschlands stehen nicht still, seine Ernte ist überreich und die Vorratskam­mer Antwerpen, dieVerpflegungsbasis" des aggressiven England, ist zwei Monate nach Schluß der Mobil­machung in Deutschlands Händen. Ein Riesen­rechenfehler.

Ein, zwei oder zehn Jahre Krieg paßt uns", prahlten englische Minister und warfen mit den renommistischen Bildern vomRattenloch" um sich. Aber für niemand ist die Fortdauer dieses Krieges gefährlicher, als für den Herrn von Kap, Egypten, Indien. Die ganze Behauptung ist also innerlich unwahr. Ueberhaupt die Unaufrichtigkeit und die Widersprüche sind hochgradig. Man behauptet, die Barbaren" zu bekämpfen und marschiert mit Ruß­land! Man donnert gegen den Militarismus und erhärtet durch die Zurschaustellung antideutschen Hasses die Notwendigkeit der deutschen Rüstung. Aber mehr als das, England militarisiert sich und alle seine Kolonien unter dem Schlachtruf gegen den Militarismus. Solche Verworrenheiten sind die Strafe einer falschen Stellungnahme.

Nachdem der Artikel alsdann ausgeführt hat, daß Frankreich mit dem Odium Englands belastet, seine Aussichten immer mehr verschlechtere, schließt er:

Wenn der Inhalt eines späteren Kollektivfriedens für Frankreich wesentlich schwerer als derjenige eines früheren Einzelfriedens sein wird, dann tritt die weltgeschichtliche Verantwortung der Männer von Bordeaux in Erscheinung. Wodurch können sie es vor ihrem vom Krieg heimgesuchten und okkupierten Land rechtfertigen, England solche Opfer zu bringen?

Württemberg.

Stuttgart. 11. Nov. Ueber den 6tägigen Besuch des Königs auf dem Kriegsschauplatz wird im Staatsanzeiger noch weiter berichtet: Der König konnte mehrfach die Stellungen einzelner Truppenteile begehen, nur die vordersten Stellungen zu erreichen, war bei Tag nicht möglich, da die Franzosen alles was sichtbar ist. beschießen. Häufig begleitete heftiger Kanonendonner die Worte, die der König an die Soldaten auf den Versammlungs- plätzen richtete. Es war eine Freude, alle diese prächtigen Leute von der Linie bis zum Landsturm zu sehen. Die schweren Tage, welche die in der Front stehenden Truppen in der zweiten Hälfte des Oktober durchgemacht hatten, sind nicht imstande gewesen, die zuversichtliche Stimmung, die alle beseelt, zu stören, und allen sah man die stolze Freude aus den Augen leuchten, als sie ihren König in ihrer Mitte begrüßen konnten. Aus jedem Munde, vor allem vom Kaiser und den obersten Heerführern, hörte man mit Freude die Worte voller Anerkenn­ung und uneingeschränkten Lobs für die unerschrockene Tapferkeit und Angriffslust der Württemberger.

Auch die Manneszucht und das vortreffliche Ver­halten unserer Landsturmtruppen wurde überall an­erkannt. Der Gesundheitszustand ist meist gut und wird durch gute und geordnete Verpflegung begünstigt. Auch in den Lazaretten, welche der König, sowohl in Metz, als auch in unmittelbar hinter der Front liegenden Orten besuchte, konnte man gute Ordnung und peinliche Fürsorge für die Verwundeten feststellen.

Bekanntmachung des Stellv. General­kommandos. Aus Anlaß neuerer Vorkommnisse wird verfügt, daß während des Kriegszustandes Angehörigen feindlicher Staaten die Ausübung der Jagd und Fischerei im Inlands unbedingt verboten wirö. Stuttgart, den 10. Noo. 1914. V.s. d.St. G. K. Der Chef des Stabes: v. Siroebel, Oberst.

Stuttgart. 9. Nov. Feldpostbriefe nach dem Feldheere im Gewicht über 250 bis 500 8 sind für die Zeit vom 15. bis einschließlich 21. Nov. von neuem zugelassen. Die Gebühr beträgt 20 Psg. Die Vorschriften über die Ver­packung sind während der ersten Zulassunzszeit vielfach nicht gehörig beachtet worden. Infolgedessen sind zahlreiche Päckchen mit Wareninhalt schon bei der Postsammelstelle beschädigt und mit teilweise verdorbenem Inhalt angekommen. Um der Wieder­kehr solcher Erscheinungen vorzubeugen, wird nochmals dringend empfohlen, zur Verpackung nur sehr starke Pappkartons, festes Packpapier oder dauerhafte Leinwand zu verwenden. Für die Wahl des Ver­packungsstoffes ist die Natur des Inhalts maßgebend; zerbrechliche Gegenstände sind ausschließlich in starken Kartons nach vorheriger Umhüllung mit Papier oder Leinwand zu verpacken. Die Päckchen, auch die mit Klammerschluß versehenen, müssen allgemein mit dauerhaftem Bindfaden fest umschnürt werden, bei Sendungen von größerer Ausdehnung in mehrfacher Kreuzung. Die Aufschriften sind auf die Send­ungen womöglich mit Tinte Niederzuschreiben oder unbedingt haltbar auf ihnen zu befestigen und müssen deutlich, vollständig und richtig sein. Auf die Versendung kleiner Bekleidungsstücke und Aus­rüstungsgegenstände braucht sich der Päckchenverkehr nicht zu beschränken. Es sind auch Lebens- und Genußmiitel zulässig, aber nur soweit, als sie sich zur Beförderung mit der Feldpost eignen. Aus­geschlossen sind leicht verderbliche Waren, wie frisches Obst, Butter. Fett, frische Wurst; ferner feuergefähr­liche Gegenstände wie Patronen, Streichhölzer und Taschenfeuerzeuge mit Benzinfüllung. Päckchen mit Flüssigkeit sind nur zugelassen, wenn die Flüssigkeit in einem starken, sicher verschlossenen Behälter enthalten und dieser in einen durchlochten Holzblock oder in eine Hülle aus starker Pappe fest verpackt ist und außerdem sämtliche Zwischenräume mit Baumwolle, Sägespänen oder einem schwammigem Stoffe so angefüllt sind, daß beim Schadhafiwerden des Behälters die Flüssigkeit aufgesaugt wird. Sendungen, die den vorstehenden Bedingungen nicht entsprechen, werden von den Postanstalten unbedingt zurückgewiesen.

Ein am Samstag, den 14. Nov. an das Re­serve-Infanterie Regt. Nr. 246 abgehender Nachschub- Transport nimmt Pakete mit warmer Unterkleidung rc. für Angehörige dieses Regiments mit. Pakete zur Weiterbeförderung, doppelt verpackt, auf der inneren Adresse genaue Angabe von Dienstgrad, Namen, Bataillon, Kompagnie, sind bis spätestens Samstag, 14. Nov., nachmittags 2 Uhr an das Geschäftszimmer des Ersatz-Bataillons Landwehr- Jnf.-Regrs. 119 in Stuttgart, (Karlsgymnasium, Tübingerstraße 38) rinzusenden.

Kriegsfreiwillige vor! Bas zweite Rekruten­depot des Jnf.Regts. 127 in Ulm (Gaisenbergkaserne) und das Bataillon des Tübinger Jnf.Regts. 180 stellen wieder bis auf weiteres Kriegsfreiwillige ein.

Stuttgart, 10. Nov. Von den 5 eingegangenen Arbeiten in dem Wettbewerb für den Wiederaufbau des neuen Bahnhofviertels ist. wie dieWürtt. Ztg." hört, die Entscheidung des Preisgerichts zu Gunsten von Professor Paul Bonatz ausgefallen. Die Arbeiten der übrigen 4 Architekten haben keine Wertabstufung erfahren.

Ulm, 10. Nov. Hier, in Neu-Ulm und auch in anderen Orten ist es Sitte, daß die Wirte während des Winters Gansviertelpartien veranstalten, die hauptsächlich von den Lieferanten der Wirte zu besuchen sind. Zufolge einer Eingabe an das Festungsgouvernemeut, die dem Magistrat der Stadt Neu Ulm überwiesen wurde, hat der Stadtmagistrat beschlossen, an die Wirte das Ersuchen zu richten, Heuer von der Veranstaltung der Gansviertelpartien abzusehen.

Ludwigsburg, 11. Nov. Von der Komman­dantur in Longwy ist eine Broncetafel zur Erinnerung

der Kämpf« von Longwy. an denen das Jnf.Regt. Alt-Württemberg bekanntlich großen Anteil hatte, hier eingetroffen. Die Tafel, die von Köniz Ludwig XIV. im Jahre 1685 für die Kaserne in Longwy gestiftet worden war und auf der u. a. das Wappen der Bourbons umgeben von Fahnen und Geschützrohren abgebildet ist, ist in Her Arsenalkaserne angebracht worden.

Stuttgart. 12. Noo. Der Verwaltungs- ausschuß der Württ. Feuerversicherung auf Gegenseitigkeit in Stuttgart hat sich auch in diesem Jahr in der Lage gesehen, die Dividende, die den versicherten Mitgliedern im Laufe des Jahres 1915 aus den auf das vorhergegangene Versicherungsjahr enifallenden Brutto-(Vor-)Prämien vergütet wird, wie sei! 35 Jahren auf 60°/» der Vorprämien vor- läufiz feftzufetzen.

Dorn steNeu. 11. Nov. Der heutige Vieh- und Schweinemarkt war gut befahren. Es waren zugeführl 119 Kühe. 90 Kalbeln, 116 Stiere, 85 Stück Klauenvieh. 20 Läufer und 215 Milchschweine. Der Handel in Jungvieh war lebhaft, in Zugvieh dagegen flau. Milchschweine galten 1222 Mk., Läuferschweine 3040 Mk. je per Paar.

klus Stadt» Bezirk uns Umgebung.

Das Eiserne Kreuz II. Klasse erhielt Leutnant d. Landw. Sihler, Finanzamtmann in Stuttgart, vorher in Neuenbürg.

Die Württ. Militär-Verdienstmedaille er­hielt der Unteroffizier Robert Gegenheimer im 1. Württ. Ersatz Regiment Nr. 119, Sohn des Wilh. Gegenheimer zurGermania" in Neuenbürg. Ferner erhielt diese Auszeichnung der Unteroffizier Albert Bürkle von Conweiler (Bautechniker bei Stadtbaumeister Slribel in Neuenbürg) in der 8. Batterie des Reserve-Feldartillerie-Regiments Nr. 26 (14. Armeekorps), sowie der Kanonier Ferdinand Höhn in der 3. Linienbatterie Fußartillerre-Regiments Nr. 13 (Ulm). Der Bruder Hugo Höhn, Reservist im Infanterie-Regiment Nr. 111, schon zweimal ver­wundet, steht aufs neue wieder im Feld.

Neuenbürg, 12. Nov. Dem kurzen Bericht über die Schlägerei vom Sonntag abend in Schwann ist nachzutragen, daß der Kutscher Fritz Schmid aus Egenhausen im Bezirkskrankenhausr Montag abend seinen schweren Kopfverletzungen erlegen ist. Nach der gerichtlichen Sektion wurde die Leiche in Calmbach, wo der auf so bedauerliche Weise ums Leben ge­kommene junge Mann Geschwister hat, beerdigt. Berichtigend sei gesagt, daß die Händeleien nicht schon in dem betreff. Wirtshaus begonnen haben, sondern erst nachher auf der Straße entstanden sind. Die 3 Kameraden fuhren vom Wirtshaus weg in scharfem Trabe auf der Straße Neuenbürg zu; sie scheinen mit dem Wagen (einem neuen Jagdwagen von R. Silbereisen) an der Seite der Straße auf ein Hindernis gefahren zu sein, so daß ein Rad und nachher auch die Achse brach. Als sie mit dem drei­rädrigen Wagen wieder vor das Wirtshaus gezogen kamen, kam es zu Sticheleien, die bald einen ernsteren Charakter annahmen, so daß sich der herbeigerufene Wirt veranlaßt sah, vermittelnd einzugreifrn. Als darauf die 3 Kameraden sich wieder heimwärts be­geben hatten, wurden sie auf der Straße vor dem Ort von einigen Burschen überfallen und mit Prügeln geschlagen, so daß Fritz Schmid schwere Verletzungen am Kopfe erhielt, während die beiden andern mit leichten Verletzungen davon kamen. Die Täter sind die Brüder Büchler und ein gewisser Feiler, Leute im Alter von 21 bis 25 Jahren. Sie sitzen hier in Untersuchungshaft und sehen einer gerechten Strafe für ihre so gemeine und rohe Tat entgegen.

In Sindelfingen verschied im Mer von 72 Jahren Stadtpfarrer a. D. Jul. Hetterich, 1879/87 Pfarrer in Ottenhausen und Stadtpfarrer in Altensteig und Sindelfingen.

Nagold, 12. Nov. Gestern weilte der General­arzt (des 13. Armeekorps) Professor Dr. Lasser mit seiner Gemahlin hier und besichtigte die Reserve- Lazarette. Auch das Bad Rötenbach besuchte er, und er sprach sich sehr zufrieden über die Einrichtung der Lazarette aus. Zur Zeit haben wir zusammen 436 Betten hier (in Waldeck 62, Waldlust 30, Zeller­stift und Baracken 90, Turnhalle 44, Gewerbeschul­haus 110, Bezirkskcaukenhaus 30 und Rötenbach 70). Ein großer Teil der Betten ist indes frei, wie über­haupt zur Zeit in Württemberg 15 000 Betten für Verwundete in den Reservelazaretten frei sind.