in unabsehbarer Fülle auf den Friedhof getragen und leuchteten auf den Hügeln der Totenstadt. Erst um die Dämmerungsstunde leerten sich die Wege.
Gefallene Juristen. Nach der „Deutschen Juristenzeitung" sind bis jetzt 529 Juristen und höhere Verwaltungsbeamte im Kriege gefallen.
Deutsche Städteuameu in Belgien und Frankreich.
Da die deutsche Postverwaltung in Belgien die Absicht hat. für die Orte im wallonischen Belgien und in Nordfrankreich wieder die deutschen Namen einzusühren. so ist es von Interesse, einige der wichtigeren Städte in Belgien und dem französischen Grenzgebiet in der deutschen Bezeichnung an Stelle der vielleicht geläufigeren französischen Benennung kennen zu lernen:
1. Belgien:
Aalst (Alost), Are! (Arlon). Bergen (Mons), Dendermonde (Termonde). Dixmuiden (Dixmude), Doornijk (Tournai). Kortrijk (Courtrai), Lier (Lierre), Mecheln (Malines), Namen (Namür), Nieuwport (Nieuport), Oudenaarde (Audenarde), Rousselaere (Roulers). Thienen (Tirlemont), Veurne (Furnes). Ypern (Ypres).
2. Nordfrandkceich:
Atrecht (Arras). Boonen (Boulogne), Dünkirchen (Dunkerque), Grevelingen (Gravelines), Kales (Calais). Ryssel (Lille).
3. Nordostfrankreich:
Badenweiler (Badonviller). Bisanz (Besanqon), Dattenried (Delle), Gerbersweiler (Gerbeviller), Langich (Longwy). Lünstedt (Lunoville), Mömpel- gard (Montbsliard), Ranzig (Nancy), Neuenburg (Neuschäteau), Ramsbertsweiler (Remberviller). Reimersberg (Remiremont). St. Didel (Sr. Dia), Sechsweiler (Villersexel). Spieneln (Spinal), Wesel (Ve- soul).
Württemberg.
Ulm, 3. Nov. Der Befehlshaber der Truppen im Argonnenwald hat am 27. Oki. an den König folgendes Telegramm gerichtet: „Die Regimenter der mir zeitweise unterstellten 27. Infanterie- Division haben heute seit wenigen Tagen bereits die dritte starke feindliche Stellung im Sturm genommen. Ich freue mich. Eurer Majestät von dieser ausgezeichneten Leistung und von dem hervorragenden Geist, der die Truppen beseelt, untertänigst Meldung zu machen". Darauf antwortet« der König: „Sehr beglückt durch Eurer Exzellenz gütige Mitteilung danke ich bestens und bin stolz, daß die 27. Infanterie-Division sich Ihre volle Zufriedenheit erworben hat. Wilhelm".
Stuttgart, 3. Nov. Der König hat laut „Staatsanzeiger" gelegentlich seines Besuchs bei den im Feld stehenden Truppen an Offiziere und Mannschaften «ine große Anzahl von Orden und Auszeichnungen verlieben.
Eybach, O.A. Geislingen, 3. Nov. Auf einem Spaziergang ist die im 44. Lebensjahr stehende Gräfin Liselotte von Degenfeld vom Himmelsfelsen abgestürzt. Sie wurde tot aufgefunden.
Walter Bloem, dessen dreibändiger Roman von 1870/71 bisher in nahezu 400 000 Stücken verbreitet wurde, hat im Anschluß daran einen neuen Roman vollendet, der — als erstes von wiederum drei Werken — die Anfänge des neuen Werdens im Reichsland Elsaß-Lothringen schildert. Den im Sturm des nationalen Zusammenschlusses der jüngsten Monate nunmehr wirklich „wiedergewonnenen Brüdern" zu Ehren hat der Dichter den ursprünglichen Titel „Das Volk ohne Vaterland" fallen lassen, so daß der Roman nun unter dem Titel „Das verlorene Vaterland" erscheinen wird. Walter Bloem weilt als verwundeter und mit dem Eisernen Kreuz geschmückter Reserve-Offizier wieder in der Heimat; hier hat er noch die letzte Hand an das schon vorher abgeschlossene Werk gelegt.
< Landesproduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 2. Nov. Unter dem Einfluß der Höchstpreise für Weizen, Roggen, Gerste Und Kleie, die nunmehr vom Bundesrat bestimmt wurden, verkehrte der Getreidemarkt in der abgelaufenen Woche in vollständig abwartender Haltung. Sowohl Käufer als Verkäufer wollen die Wirkung dieser neuen Maßregel abwarten; das Geschäft beschränkte sich wiederum nur auf Deckung des dringendsten Bedarfs. Im Hinblick auf die nicht ganz klaren Bestimmungen über die Höchstpreise fanden an heutiger Börse so gut wie keine Umsätze in Brotsrucht statt. Unsere heutigen Notierungen sind daher als nur nominell zu betrachten. Auch die würt- tembergischen und bayrischen Schrannen zeigen unwesentlich veränderte Preise. Wir notieren: Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack Mehl Nr. 0: 42.— <44 bis 43.— .6, Nr. 0/1: 41.— ^ bis 42 — Nr. 1: 40 -
bis 41.— -4t, Nr. 2: Sd.— bis 40.— Nr. S-. 88.—
bis 39.— Nr. 4: 34.50-4L bis 35.50 Kleie 14.— bis 15.— -4t (ohne Sack netto Kasse.)
klus StaSt, Bezit-le unS Umgebung.
Das Eiserne Kreuz erhielt der Leutnant der Res. beim Stab der I. Abteilung Feldart.-Reg. 29 (Cannstatt) Forstassessor Gustav Diem in Langenbrand; ferner Fr. Dittus aus Salmbach, Grenadier im Res.-Jnf.-Regl. 119, 4. Komp.
2*2 Neuenbürg, 3. Nov. Vor zahlreicher Zuhörerschaft sprach am Abend des Reformations- festes Dekan Uhl im Gemeindehaus über die beiden Fragen „Was verdankt die Bibel Luther und was verdankt die Kirche Luthers der Bibel?" Trotzdem unsere Gedanken gegenwärtig in erster Linie dem Krieg gehören, so führte der Redner aus, verdient doch auch die Bibel heute unser Interesse, denn nicht bloß Reformation und Bibel gehören zusammen, sondern auch Krieg und Bibel. Die erste Frage fand eine dreifache Beantwortung: Die Bibel verdankt Luther ihre Befreiung, ihre Verdeutschung und ihre Verbreitung. Befreit mußte die Bibel werden, weil durch das ganze Mittelalter hindurch ein strenges Bibsloerbot für die Laien bestanden hatte, Luther selbst hat erst als 21jähriger in Erfurt eine Bibel gesehen. Der Grund des Verbotes bestand angeblich darin, daß die Laien durch ungenügendes Verständnis vieler Stellen in Jrrtümern geraten könnten, in Wahrheit hatte man Angst, ernste Bibelleser möchten den tatsächlichen Stand der Kirche und ihrer Diener in argem Widerspruch mit der Bibel finden und es möchte so die Schrift „allen Aufruhr anrichten." — Der Kampf gegen das Ablußwssen führte den Reformator auf das Bedürfnis einer allen zugänglichen deutschen Bibel; der „rechte, wahre Schatz der Kirche" war ihm „das hl. Evangelium", wie er im 62. Satz der Thesen von 1517 es ausdrückte. Luther war freilich^ nicht der erste, der die Bibel ins Deutsche übertrug — die erste Uebersetzung ist die des westgotischen Bischofs Ulfilas ums Jahr 350, das sog. „Silberne Buch" — doch ging Luther als erster auf den hebräischen und griechischen Urtext zurück und übertraf die allzu wörtlichen Ueber- setzungen seiner Vorgänger weit durch eine dem Volk verständliche Wiedergabe des Sinns der Hl. Schriften. Im Jahr 1521 hat sich L. zur Uebersetzung der Bibel entschlossen, das Neue Testament war im September 1522 fertig, die ganze Bibel konnte erst 1534 herausgegeben werden. — Für die Verbreitung der Bibel sorgte L. vor allem dadurch, daß er bei vielen seiner Volksgenossen durch Predigt und durch Abfassung von „Vorreden" zu den einzelnen Büchern der Hl. Schrift den Wunsch erweckte, selbst eine Bibel zu besitzen, auch sorgte Luther selbst dafür, daß tüchtige Buchdrucker sich mit dem Druck befaßten. — Für die Kirche und das Volk Luthers ist die Bibel in erster Linie die unversiegbare Quelle religiöser Erweckung und Erbauung. Wo ist in der Welt ein Buch, das nie ausgeschöpft werden kann, zu dem man immer wieder zurückkehrt? Die Bibel ist auch die innerste Kraft dessen, was deutsches Gemüt heißt. Daß unsere Soldaten auch im Feindesland Herz und Gemüt zeigen, das erfahren wir immer aus den Berichten von der Freundlichkeit der so gefürchteten Deutschen besonders gegen die Kinder und unglückliche Bewohner des eroberten Landes. Belgier und Franzosen sind kein Bibelvolk, das wußten wir schon vorher, aber jetzt haben wir die Folgen der allgemeinen Gottlosigkeit jener Länder deutlich vor uns. — Die Bibel ist für uns die unüberbietbare Lehrmeisterin für Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis. Man erinnere sich der treffenden Schilderung des Menschenherzens in seinem Sündenweh und Gotteshunger, und wo haben wir Gottes Offenbarung so deutlich und so ausgiebig wie in den Gestalten, Geschichten und Worten der Bibel? Endlich hat die Kirche Luthers an der Bibel das sichere Richtmaß zur Beurteilung aller religiösen Werte. Freilich soll dieses Richtmaß nicht nach dem Buchstaben angewendet werden, sondern nach dem Geist, wie Luther selbst sagt: „in der Schrift soll kein neu Gesetz aufgerichtet werden, sondern sie soll uns Zeugnis sein von der Offenbarung Gottes." Alles in allem gilt Goethes Wort auch heute noch: „An der Bibel wird sich jedes Geschlecht verjügen und der Maßstab für das Leben und die Kraft eines Volkes wird immer seine Stellung zur Bibel sein."
Neuenbürg, 3. Nov. Heute abend traf hier der zweite Transport von verwundeten deutschen Soldaten aus dem großen, schweren Krieg hier ein. Auf die mittags von der Linienkommandantur ein-
gelroffene Nachricht hin begab sich der Bezirksvertreter des Roten Kreuzes, Hr. Oberamtmann Zregele und der leitende Arzt des Bezirkskrankenhauses. Herr Dr. Groß, nach Pforzheim, um mit der dortigen Saniiätsabteilung die Vorbereitungen für die Ueber- führuna der Verwundeten hierher und nach Wildbad zu treffen. Gleichzeitig waren auch hier in aller Stille von dem Bezirkskomitee des Roten Kreuzes alle nötigen Vorbereitungen getroffen worden. Mit einer Iftündigen Verspätung traf der erwartete Zug ein; es war der Hilfslazarettzug I des Roten Kreuzes, der im Dienste der regelmäßigen Beförderung von Verwundeten aus den französischen Kriegsschauplätzen in die Heimat steht. Die Verwundeten wurden zunächst meist auf Tragbahren behutsam in den Warteräumen des Bahnhofs untrrgebracht und. nachdem ihnen allerhand Erfrischungen gereicht waren, alsdann in die zur Ueberführung in das Bezirkskrankenhaus bereilstehenden Wagen verbracht; sie durften sich einer teilnehmenden Fürsorge erfreuen. Es waren 38 verwundete Soldaten, meist Landwehrmänner von verschiedenen Truppenteilen. Bayern, Thüringer und Schwaben, die in der Gegend zwischen Toul und Verdun (bei St-Mihiel) gekämpft haben. Die Mehrzahl von ihnen sind durch Schrapnellschüffe der feindlichen Artillerie verletzt worden, die andern hatten meist Arm- und Beinschüsse. Es müssen wieder schwere Kämpfe gewesen fein und es war ein ernstes Bild, das uns die Schrecken des bösen Krieges so recht vor Augen führte. Die braven Verwundeten find nun alle in sachkundiger Behandlung und guter Pflege.
Ober- und Unterniebelsbach, 4. Nov. Im ganzen unteren Amt fiel die Obsternte über Erwarten gut aus. Der reiche Obstsegen kam auch den Lazaretten in unserer Nähe zu gut. Mancher Korb mit süßen Pflaumen, duftenden Zwetschgen und wohlschmeckendem Tafelobst wanderte für die Verwundeten nach Neuenbürg und Pforzheim. Um nun jedermann Gelegenheit zu geben, noch weitere Gaben für das Rote Kreuz zu spenden, wurde in obigen Orten eine Sammlung veranstaltet, zu der reichlich beigestenert wurde. In das Neuenbürger Lazarett konnte folgendes abgeliefert werden: über 12 Ztr. Tafelobst, etwa 7 Ztr. Kartoffeln und rote Rüben, Kraut und sonstiges Gemüse, Dörrobst, Schwarzbrot, Eier, Likör und Eingemachtes. Dazu kamen für die im Felde stehenden Krieger noch 20 Paar Socken, Kniewärmer, Staucher, Unterhosen und andere, für den Winter berechnete Sachen. Sämtliche Gaben hatten einen Wert von etwa 250 Mk. — Für hervorragende Tapferkeit vor dem Feind hat der im Reserve-Jnf.-Regt. Nr. 119 stehende Landwehrmann Christian König von Unterniebelsbach das Eiserne Kreuz erhalten. Bald darauf wurde er zum Unteroffizier befördert.
Calw, 2. Nov. In voller körperlicher und geistiger Rüstigkeit beging am Samstag Oberamtsgeometer a. D. Ludwig Bühner mit seiner Frau die goldene Hochzeit. Aus diesem Anlaß ließ der Gemeinderat seinem langjährigen Mitglied durch den stellvertret. Stadtschultheiß, Gemeinderat Dreiß, die Glückwünsche der Stadt mit einem Ehrengeschenk übermitteln. Der Jubelbräutigam begleitet jetzt noch das Amt der Stiftungspflege und ist im gesellschaftlichen Leben der Stadt sehr tätig gewesen.
Vermischtes.
Neuenbürg. Die Notiz im „Enztäler" Nr. 173, worin gesagt ist, wie die Engländer den Film im Kinematographen ihren Lügen dienstbar machen, erinnert mich an Bilder, die ich vor wenigen Wochen im Kinematographen der Madame „Tussands" in London sah. Da wurde gezeigt, wie deutsche Artillerie aus ein belgisches Lazarett schoß, auf dem die Fahne des Roten Kreuzes wehte. Das nächste Bild zeigte die angerichtete Zerstörung der inneren Räume, wie auch verwundete Soldaten, die sich mühsam aus den Zimmern flüchteten und solche, die auf dem Krankenlager von einfallrnden Wänden überrascht wurden und unfähig waren, sich zu retten. Auf dem dritten Bild sah man das schrecklich zugerichtete Haus. Ein Englishman. der jedes Bild erklärte, meinte, daß dem Barbarismus der deutschen Soldaten selbst diese Stätten nicht heilig wären. Ist es da ein Wunder, wenn durch solch falsche Darstellungen der Haß des englischen Publikums aufgepeitscht und die größte Entrüstung im Zuschauerraum laut wurde, was sich besonders beim Bild unseres deutschen Kaisers äußerte. Ausgefallen war mir auch, daß in dem Gebäude — es enthält bekanntlich lebensgroße Wachsfiguren berühmter Männer und Frauen aus Vergangenheit und Gegenwart aller Nationen — sämtliche Deutsche mit Ausnahme des Kaisers seit Kriegsbeginn weggeräumt waren.