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176.
Neuenbürg, Mittwoch den 4. November M4.
72. Jahrgang.
Der Krieg.
Nach Nachrichten aus Paris und Bordeaux klammern sich die Franzosen an die Hoffnung, daß ihnen England und Rußland doch noch einen derartigen Beistand leisten werden, daß die deutschen Truppen aus Frankreich zurückweichen müssen. Auch will man in Frankreich die Entdeckung gemacht haben, daß das Ziel der Deutschen im Westen jetzt nicht mehr Paris, sondern England sei. Sie wollten jetzt vor allen Dingen Calais erobern, um dadurch einen Stützpunkt für die Operationen ihrer Luftschiffe und Unterseeboote gegen England zu gewinnen. Sie wollten dadurch auch den Engländern Angst einjagen, daß sie keine neuen Truppen nach Frankreich senden. Der französische Obergeneral habe sich durch das Vorgehen der Deutschen in der Richtung nach Calais nicht verblüffen lassen, sondern werde alles daran setzen, um die Stellungen der Franzosen in den Vogesen und im Nordwesten Frankreichs zu befestigen und zu halten. — Das Vorrücken der deutschen Truppen an der Küste der Nordsee und des Kanals hat tatsächlich in England die Frage zu einer brennenden gemacht, ob man in England mit einer Landung der Deutschen zu rechnen habe. Es wird bereits in den englischen Zeitungen auch die Frage erörtert, unter welchen Bedingungen sich alle englischen Bürger am Kampfe gegen die Deutschen beteiligen könnten, um nicht als Franktireurs behandelt zu werden. England erhält übrigens noch ununterbrochen Hilfstruppen aus Kanada, und auch aus Australien und Indien sollen Hilfstruppen für England unterwegs sein. Ein großer englischer Dampfer ist an der Nordküste Irlands auf eine Mine gestoßen und gesunken. Die englischen Marinebehörden machten deshalb darauf aufmerksam, daß die Deutschen auch an der Küste von England Minen gelegt hätten.
Die französische Regierung hat durch ihren Botschafter in Konstantinopel Versuche machen lassen, ehe es zum Kriege zwischen der Türkei und Rußland kam, die zwischen Rußland und der Türkei schwebenden Differenzen zu vergleichen. Daraus geht mit Sicherheit hervor, daß Rußland zuerst die Feindschaft gegen die Türkei herausgesteckt hat, denn davon, daß die Türkei Rußland herausgefordert hätte, hat man nichts gehört. Der französische Vermittlungsversuch scheitert an der festen Haltung der türkischen Regierung.
In der letzten Woche hat die österreichischungarische Monarchie neue große Anstrengungen gemacht, um ihre Reservetruppen bedeutend zu vermehren. Es geschah dies hauptsächlich durch die Einberufung des Landsturmes ersten Aufgebotes, der in Oesterreich-Ungarn alle waffenfähigen Männer umfaßt, die im Alter von 24 bis 36 Jahren stehen und sich noch nicht bei den Fahnen befanden. Man glaubt, daß durch die Aufbietung des Landsturmes ersten Aufgebotes die Wehrkräfte in Oesterreich-Ungarn mindestens um eine Million Soldaten verstärkt werden können. Zu bedauern ist es aber wohl, daß diese Einberufung des österreichischen Landsturmes angesichts der sehr großen von Rußland her drohenden Gefahr nicht schon vor acht Wochen stattgefunden hat. — Im Hochverratsprozeß gegen die Urheber des Attentats auf das österreichische Thronfolgerpaar in Serajewo sind 6 Angeklagte zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Mitar Kerowic ist zu lebenslänglichem schwerem Kerker, Princip und neun andere Angeklagte sind zu 20, 16, 13, 10, 7 und zu 3 Jahren schwerem Kerker verurteilt worden. Die übrigen Angeklagten sind freigesprochen worden.
Aus Englisch-Südafrika kommt jetzt die Mitteilung, daß zwar der Aufstand des Obersten Maritz niedergeschlagen worden ist, daß dafür aber der Burrngeneral Dewet mit vielen Anhängern in den ehemaligen Burenftaaten eine große aufständische Bewegung organisiert und ein Heer gebildet habe.
i General Dewet gehe in der Weise vor, daß er die j englisch-afrikanischen Truppen in den nächsten Be- ^ zirken entwaffnet und ihre Magazine in Besitz ge- s nommen habe.
k Rotterdam, 3. Nov. Aus Sluis wird laut E „D. Tagesztg " gemeldet, daß gestern und vorgestern ^ an der User-Linie die Geschütze ohne Unterlaß ^ donnerten. Auf der ganzen Front wird ununter- ; krochen gekämpft; obschon die Angriffe der Deutschen s durch die absichtlich durch Oeffnung der Schleusen
- herbeigeführte Uebrrschwemmung erschwert wurden, l dringen die Deutschen mit Todesverachtung vor und f gewinnen stetig an Raum. Augenzeugen berichten,
- daß es geradezu wunderbar sei, wie die Deutschen ; alle Hindernisse durch die hochentwickelte Technik i ihrer Kriegführung zu überwinden verstehen. Längs
der Küste gelang es ihnen, viele belgische Soldaten, s die in Zivilkleidern fliehen wollten, festzunehmen, i Vom Meer her wird öfters das Explodieren trei- ! bender Minen gehört.
Rotterdam, 3. Nov. Aus Vlissingen wird laut „D. Tagesztg." gemeldet: Leute, die von der belgischen Grenze kamen, erzählten, daß große deutsche Verstärkungen in der Richtung Zee-Brügge marschieren. (Zee-Brügge ist der neue Seehafen von Brügge.)
Nach einer Meldung der Agentur Havas aus Maastricht sind zahlreiche Züge mit zerlegten Unterseebooten, sowie mit 39 Geschützen durch ! Lüttich gekommen.
Wer die Stimmung in Belgien behorchen will, besonders die Stimmung gegenüber den Deutschen und der belgischen Regierung. -der muß nicht nur Lüttich und Brüssel, der muß vor allem Flandern besuchen. In Gent, in Brügge kann man noch heute starke Ströme deutschfreundlicher Gesinnung lebendig sehen. Ueberall zwar nicht frei von einem gewissen Schmerze, der uns verständlich ist, aber dennoch offen sich bei jedem politischen Gespräche kundgebend. „Machen Sie mit Flandern, was Sie wollen, wir werden bei unfern starken wirtschaftlichen Verbindungen mit Deutschland unter Ihrer Regierung nicht schlechter uns entwickeln, als unter der bisherigen Regierung in Brüssel. Nur unsere Freiheit müssen Sie uns lassen". Das ist der Kern fast aller Unterhaltungen.
Hamburg. 1. Nov. Der stellvertretende kommandierende General des 9. Armeekorps gibt folgendes bekannt: Die Frage der Behandlung der Deutschen in England ist in jüngster Zeit mehrfach Gegenstand der Erörterung in der Presse gewesen. Von besonderem Interesse waren dabei die Mitteilungen eines kürzlich aus England zurückgekehrten Mannes, die sich auf das Gefangenenlager in Newbury bezogen und feststellten, daß die Behandlung unserer dort untergebrachten Landsleute, nicht nur der Kriegsgefangenen, sondern auch der übrigen Deutschen in England geradezu menschenunwürdig sei. Infolgedessen ist ein berechtigter Sturm der Entrüstung in den weitesten Kreisen der Bevölkerung darüber entstanden, daß die Behandlung der sich hier aufhaltenden Engländer im Vergleich zu unseren Landsleuten in England eine viel zu milde sei. Diese Tatsache hat den zuständigen Behörden Veranlassung gegeben, dem amerikanischen Botschafter in London mitzuteilen, daß die hier befindlichen englischen Männer vom 17. bis 45. Lebensjahr gleichfalls gefangen gesetzt werden, wenn nicht bis zum 5. November eine amtliche Nachricht über die Freilassung der wehrfähigen Deutschen in England eingehe.
London, 1. Nov. (WB.) Der Berichterstatter der „Times" stellt in einem Bericht vom östlichen Kriegsschauplatz fest, daß sich die Deutschen an den Orten, die er besuchte, keiner Uebertretung der Kriegsgesetze schuldig gemacht haben. Die Bevölkerung wurde nicht terrorisiert, die Häuser und Vorräte seien in der Regel unberührt geblieben.
Fran kfurt a. M., 3. Nov. (WTB.) Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Konstantinopel: Heute früh nach Sonnnenaufgang ei öffnete ein aus neun Schiffen bestehendes englisch-französisches Geschwader aus eine Entfernung von 15 Kilometer ein Bombardement auf die Dardanellenforts. Die Beschießung, die von den türkischen Werken erwidert wurde, dauerte 20 Minuten. Sie richtete keinerlei Schaden an.
Frankfurt a. M., 3. Nov. (WTB.) Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Konstantinopel: Der russische Angriff bei Erzerum ist von den Türken abgeschlagen worden. — Der in den russischen Häfen im Schwarzen Meere verursachte Schaden wird auf 80 Millionen geschätzt.
Berlin, 3. Nov. (WTB.) Nach einer Drahtmeldung der „Times" aus Kairo hat der Statthalter die Pressezensur angeordnet. Die Verhängung des Belagerungszustandes werde demnächst erwartet.
London, 31. Okt. „London Gazette" meldet, daß zwei englische Oberstleutnants, der eine vom Royal-Marwickshire-Regiment, der andere von den Royal Dublin Füsiliers, durch das Kriegsgericht am 14. Sept. aus dem Heere ausgestoßen worden sind.
Berlin, 3. Nov. (WTB.) In dem Gefangenenlager in Darmstadt entstand zwischen 200 Engländern und etlichen Franzosen Streit wegen gegenseitiger Vorwürfe, der nach dem „Berl. Tagebl." einen so ernsten Charakter annahm, daß der Kommandeur die Engländer nach einer norddeutschen Festung transportieren ließ.
Berlin, 2. Nov. (WB.) Dem Vernehmen nach versuchen Händler, Lastkraftwagen ausländischen Ursprungs zu verhältnismäßig hohen Preisen in Deutschland zu verkaufen. Es wird darauf hingewiesen, daß alle derartigen Wagen aufgrund des Kriegsleistungsgesetzes ausgehoben und für Heereszwecke nutzbar gemacht werden können. Der Abschätzung wird keinesfalls der gezahlte Preis, sondern lediglich der reine Zeitwert zu Grunde gelegt.
Berlin, 1. Nov. Den Morgenblättern zufolge hat die philosophische Fakultät der Universität Bonn Herrn Dr. Krupp von Bohlen und Halbach und das Mitglied des Direktoriums der Firma Krupp, Professor Rausenberger, den Konstrukteur der schweren Geschütze, in Anerkennung der großartigen Leistungen dieser Geschütze zu Ehrendoktoren ernannt. — Der Präsident der Reichsbank, Dr. Havenstein, erhielt die gleiche Auszeichnung als Anerkennung der finanziellen Kriegsbereitschaft des Reiches.
Berlin, 3. Nov. (WTB.) Das „Berliner Tageblatt" meldet aus Frankfurt a. M.: Aus einem hier eingelaufenen Brief geht hervor, daß die Deutschen in St. Louis 1 Million Dollar für die deutsche Kriegsfürsorge gesammelt haben. Die deutschen Kolonien in New-Uork und Chicago wollen je die doppelte Summe aufbringen.
Berlin, 3. Nov. Nach dem neuesten Bericht des Kaiserlichen statistischen Amtes über die Arbeitslosigkeit im ersten Kriegsvierteljahr war Ende September bereits ein Nachlassen der Arbeitslosigkeit festzustellen. H M
Frankfurt, 3. Nov. Stärker als in früheren Jahren war am Sonntag und Montag, dem eigentlichen Allerseelentag, die Wallfahrt zu den Gräbern. Die Straßenbahn beförderte an beiden Tagen riesige Massen bis vor die Portale und auf den breiten sonst so stillen Wegen des Hauptfriedhofs herrschte nachmittags ein förmliches Gedränge. Man gewahrte viele Frauen in junger Trauer, manche, deren Angehörige in fernen Soldatengräbern schlummern, legten ihre Blumen auf die frischen Gräber der hier verstorbenen Krieger, die das Ziel von Tausenden waren. Des Herbstes letzte Blumen, Tannenreisig und Gewinde aus rotem Laub wurden