Württemberg.
Stuttgart. 8. Okt. Der König hat sich heute früh 6.16 Uhr mit Gefolge zu einem kurzen Besuch seiner Truppen ins Feld begeben. Die Rückkehr erfolgte heute abend 10 Uhr.
Stuttgart. 8. Okt. Die dem heutigen Staatsanzeiger beiliegende 34. württ. Verlustliste verzeichnet vom Grenadier-Regiment Nr. 119 Stuttgart 1705 Namen und zwar: gefallen bezw. gestorben 244, schwer verwundet 68. verwundet bezw. leicht verwundet 1210, vermißt 119, erkrankt 35. verletzt 11. Vom Füsilier-Regiment Nr. 122, Heilbronn-Mergent- heim 75 Namen und zwar: gefallen 29, schwer verwundet 2, verwundet bezw. leicht verwundet 43. vermißt 1. Vom Infanterie-Regiment Nr. 126 Straßburg sind verzeichnet 39 Namen und zwar: gefallen 3. schwer verwundet 4. verwundet bezw. leicht verwundet 32. Die Liste umfaßt demnach insgesamt 1819 Namen (gefallen bezw. gestorben 276, schwer verwundet 92, verwundet bezw. leicht verwundet 1285, vermißt 120, erkrankt 35, verletzt 11). Unter der Gesamtzahl befinden sich 43 Offiziere (gefallen bezw. gestorben 13, schwer verwundet 4. verwundet bezw. leicht verwundet 24, erkrankt 1. verletzt 1).
Stuttgart, 7. Okt. Die Veröffentlichung des K. Kriegsminifteriums vom 30. Sept. ist vielfach irrtümlich aufgefaßt worden; es sollte damit nur gesagt werden, daß die beiden schon im Frieden bestellten militärischen Annahmestellen der Liebesgaben in Stuttgart mit der Abteilung für Liebesgaben des Roten Kreuzes vereinigt wurden, was übrigens von anfang an geschah. Das K. Kriegs- Ministerium hat den gesamten Transport der Liebesgaben übernommen und militärisch organisiert. Die Einlieferung der Liebesgaben hat nach wie vor bei der Hauptankiahmestelle für Liebesgaben in Stuttgart (Königsbau) zu erfolgen.
Stuttgart. 7. Okt. Um die Bestellung der Feldpost zu beschleunigen, hat die Poftverwaltung neue Formulare für Feldpostbriefe und Feldpostkarten anfertigen lassen. Eine Auswahl von unbrauchbaren Adressen erweist, daß in der Tat in einer großen Anzahl von Fällen die Adressaten auf diese Weise nicht erreicht werden könnten. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz entstanden Verzögerungen in der Bestellung auch dadurch (und entstehen noch immer), daß unsere ganze Feldpost über Belgien geführt werden muß; dort stehen zu ihrer Beförderung aber immer nur zwei Schienenstränge zur Verfügung — die anderen halten die Last der schweren Militärzüge nicht aus — und auch sonst erwachsen unserem Eisenbahnverkehr noch allerlei Hemmnisse durch die Bevölkerung. Autos aber lassen sich nicht verwenden, dazu ist der Feldpostverkehr nach dem westlichen Kriegsschauplatz zu groß geworden. Neuerdings nimmt er täglich 16 Eisenbahnzüge in Anspruch. So dauert die Beförderung der Post durch Belgien nach Frankreich 4 Tage.
Stuttgart, 6. Okt. Verwundete und kranke Militärpersonen haben sich eigenmächtig bei Ankunft von Verwundetentransporten oder bei vereinzeltem Eintreffen mit fahrplanmäßigen Zügen, ohne Wissen ihrer Truppenteile und ohne Kenntnis der zuständigen Militärlazarette (Lazarette) in verschiedene Gemeinden der Landwehrbezirke begeben. Diese Militärpersonen haben sich sofort bei ihrem Ersatztruppenteil oder beim nächsten Garnisonslazarett zu stellen, andernfalls sie wegen unerlaubter Entfernung und Fahnenflucht schwere Strafen zu gewärtigen haben.
Stuttgart, 7. Okt. Die Zahl der zum Kriegsdienst einberufenen Lehrer an den höheren Schulen Württembergs beträgt zurzeit 450, d. h. 30°/o aller männlichen Lehrkräfte an den höheren Schulen. Den Heldentod sind bereits 20 gestorben.
Ludwigsburg, 7. Oktbr. Eine Kriegskonfirmation fand am Samstag in der hiesigen Garnisonskirche statt. Der jüngste Leutnant, der 16ffs jährige Prinz Max zu Schaumburg-Lippe, ein Neffe unseres Königspaares, Leutnant im Ulanen-Regiment Nr. 20, wurde eingesegnet. Der Vater des Prinzen steht gegenwärtig in einem österreichischen Dragoner- Regiment im Felde. Zu der Feier waren erschienen das Königspaar, die Prinzessinen Olga und Elsa, die Prinzen Albrecht und Franz Joseph von Schaumburg-Lippe. Als Abordnung des Regiments nahmen Graf Pückler und Graf Reischach an der Feier teil.
Wie vorauszusehen war, erlitt der Geschäftsgang der Gerichte infolge des Krieges eine bedeutende Einschränkung. Die Sitzungen der Schwurgerichte Hall und Ulm fallen im 4. Quartal aus, da verhandlungsreife Strafsachen nicht vorliegen. Die
Tagesordnungen der Strafkammern und Schöffengerichte sind zusammengeschrumpft und wenn bei den Zivilgerichten die durch die Ferien angehäuften Zivilsachen verhandelt sein werden, wird es sich auch dort um kleine Tagesordnungen handeln. Die Mahn-, Zwangsvollstreckungs- und Konkursabteilungen sind ebenfalls wenig in Anspruch genommen. Das Grundbuchwesen ruht nahezu und das Justizministerium hat eine Reihe Hilfsarbeiter der Notare eingezogen.
Friedrichshofen, 6 Okt. Graf Zeppelin hat die in den hiesigen Lazaretten liegenden Kriegsverwundeten zu sich aufs Werftgelände eingeladen und ihnen den neuesten Zeppelinkreuzer gezeigt. — Die Verwundeten machten auf dem Kursdampfer „Stadt Konstanz" eine Seefahrt nach Bregenz. Die deutschen Dampfschiffahrtsverwallungen am Bodensee haben sich dahin geeiniat, auf Kursschiffen deutschen Verwundeten in den Bodenseestädten zur Erholung und Stärkung ihrer Gesundheit Freifahrten zu gewähren. Die Verwundeten haben Erlaubnisscheine der Lazarettärzte vorzuzeigen.
Für Angehörige von Verwundeten. Zu halben Preisen fahren mit der Eisenbahn, was man in Württemberg noch zu wenig weiß, die Angehörigen von Verwundeten, wenn der Weg zum Besuch desselben mindesten 50 Kilometer beträgt. Di« näheren Bedingungen erfährt man an jedem Eisenbahnschalter.
Stuttgart. 7. Oktbr. Ein rührende Szene von der Anhänglichkeit der Soldaten an ihre Offiziere konnte dieser Tage beobachtet werden. Eia Trupp von Soldaten. Verwundeter und Kranker, stand an einem Platze, sich unterhaltend, beisammen. Da rief einer mit freudiger Stimcke: „Dort kommt unser Herr Leutnant", und stürmte auch schon über die Straße. Die andern folgten ihm und umringten den Leutnant, der, auf einen Stock gestützt, langsam dahergehinkt kam. Das Gesicht des jungen Offiziers leuchtete vor Glück auf. Er gab jedem die Hand und alle sprachen eifrig auf ihn ein. Da ihm wahrscheinlich das längere Stehen noch Beschwerden machte, stützten zwei Soldaten ihn und führten ihn behutsam über die Straßenbahnschienen zu einer Bank, auf der er sich setzte. Doch damit waren seine Getreuen noch nicht zufrieden; er mußte auch noch die Beine auf der Bank ausstrecken, und flugs waren 8—10 Mützen vom Kopf genommen und sorgsam unter das kranke Bein gelegt. Freude strahlte auf all den braungebrannten und zum Teil noch sehr blaffen Gesichtern, besonders aber auf dem des jungen, von seinen braven Soldaten so geliebten Offiziers.
Llus StaSt» Bezirk unS Umgebung.
Neuenbürg, 8. Okt. In der heute im Staats- anzeiger erscheinenden 34. württ. Verlustliste sind aus dem Bezirk Neuenbürg folgende Namen auf- geführt:
Grenadier-Regiment Nr. 119, Stuttgart
1. Kompanie:
Reservist Karl Christian Wildprett, Höfen, verw., Grenadier Karl Klotz, Grunbach, verw.,
Reservist Karl Wurster. Calmbach, verw.,
„ Karl König. Dobel, gefallen.
2. Kompanie:
Reservist Gottlob Bucht«, Arnbach, l. verw., Grenadier Robert Greul, Neusatz, l. verw., Reservist Robert Fieß, Gräfenhausen, l. verw.,
„ Gottlob Schmidt, Gräfenhausen, l. verw., „ Alfred Schraft, Conweiler, l. verw.
3. Kompanie:
Grenadier Karl Feiler, Birkenfeld, schw. verw.,
„ Hermann Bott, Höfen, l. verw.,
„ August Gänßle, Gräfenhausen, l. verw.,
„ Karl Laxgang. Arnbach, l. verw.,
Gefr. d. Res. Karl Salzer, Wildbad, l. verw.,
„ „ Julius Schraft, Conweiler, l. verw.
4. Kompanie:
Grenadier Karl Fr. Kiefer III, Calmbach, verw.
5. Kompanie:
Vizefeldwebel Paul Rau. Sprollenhaus, verw., Grenadier Emil Fueß, Gräfenhausen, verw.,
„ Hermann Frey, Conweiler, verw.,
„ Christian Wurster, Zainen, verw.
6. Kompanie:
Grenadier Karl Wilh. Seyfried, Calmbach, verw., „ I. W. Rentschler II, Langenbrand, verw.,
„ Artur Fr. Molitor, Neuenbürg, vermißt.
„ Hubert Friedrich Volle, Dennach, verw.
7. Kompanie:
Hornist Karl Rometsch, Schömberg, verw., Gefreiter Eugen Schund, Neuenbürg, verw-,
Einj.-Freiw. Paul Winter, Calmbach, verw.,
Grenadier Ludwig Braun II. Loffenau, verw.
8. Kompanie:
Grenadier Hugo Reiser, Birkenfeld, gefallen,
„ August Rau II, Sprollenhaus, verw..
„ Michael Martini, Beinberg, verw.,
„ Ernst Wolfinger, Obernhausen, verw.
„ Wilhelm Hädinger, Herrenalb, verw. '
9. Kompanie:
Grenadier Gustav Bischofs, Birkenfeld, gefallen,
„ Karl Wilh. Klotz, Engelsbrand, l. verw.,
„ Gottlob Fr. Merkle, Loffenau, l. verw.^
„ Wilh. Chr. Müller, Calmbach, gefallen,
„ Karl Fr. Kappler. Birkenfeld. l. verw.,
„ G. W. Bäuerle, Schömberg, schw. verw.,
„ Karl Fr. Grhring. Oltenhausen, l. verw.,
„ Aug. G. Gutekunst, Enzklöfterle, l. verw.
10. Kompanie i
Grenadier Albert Theurer, Calmbach, l. verw.,
„ Otto Mundinger, Wildbad, erkrankt.
11. Kompanie:
Grenadier Eugen Wessinger, Birkenfeld, verw.,
„ Hermann Großmann, Wildbad, verw.,
„ Karl Hermann, Arnbach, schw. verw.,
Reservist Friedrich Reiser. Pfinzweiler, verw.,
„ Wilhelm Kusterer, Salmbach, verw ,
Grenadier Hermann Reister, Ottenhausen, verw.,
Reservist Karl Walter, Aalen-Neuenbürg. verw.
12. Komvanie:
Grenadier Robert Keck. Neuenbürg, erkrankt.
„ Hermann Bücherl. Feldrennach. l. verw.,
„ Wilhelm Dittus, Arnbach, gefallen,
„ Wilhelm Rau, Langenbrand, verw.
Infanterie-Regiment Nr. 126, Straßburg
2. Kompanie:
Reservist Jos. Albert Volz, Loffenau, l. verw.
Pforzheim, 6. Okt. Die Stadtverwaltung hat aus der Eppinger Gegend zunächst eine Wagenladung Kartoffeln bezogen, um sie an die Einwohner zum Preise von 3,20 per Zentner zu verkaufen. Mit den Gärtnern wurde in Verbindung getreten, um sie zum lebhafteren Anpflanzen von Wintergemüse zu veranlassen, da die städtischen Grundstücke dazu nicht geeignet sind. Dagegen soll nun die Anlage von Schrebergärten auf städtischem Gelände am Wartberg und Tiergarten in die Wege geleitet werden.
Sammelt Eicheln! Es ist bestätigt worden, daß in diesem Jahre eine ungeheuer groß« Ernte von Eicheln zu verzeichnen ist. Deshalb dürfte es sich für die Lehrer in den Dörfern, die in der Nähe von Eichwäldern liegen, empfehlen, für die Schüler Erlaubnisscheine zum Sammeln der Eicheln von den Forftämtern zu beschaffen und dafür zu sorgen, daß die Schüler an freien Nachmittagen die als Futtermittel sehr geschätzten Früchte sammeln. Bei dem Ernst der Zeiten und in Anbetracht des Umstandes, daß der Winter vor der Türe steht, wäre es sicherlich schade, wenn man nicht in ausgiebigem Maße die Eicheln sammeln, sondern das Futtermittel unnötig verderben ließe.
Neuenbürg, 5. Okt. Feldpostbriefe größeren Umfangs zu veröffentlichen ist uns bei dem zur Verfügung stehenden knappen Raum unseres Blattes leider nicht in dem Maße möglich, wie anderen größeren Zeitungen. Wir wollen es uns jedoch nicht versagen, nachstehend einige, uns von Neuenbürger Soldaten aus den Kämpfen auf Frankreichs Boden zugegangene Briefe zum Abdruck zu bringen. Einer von der schweren Artillerie (Haubitzenbalterie), (R. S.) schreibt aus B .... - B ....:
Sehr geehrter Herr Meeh! Heute ist der „Enztäler" vom 18. Sept. in meine Hände gelangt. Da als Absender Ihr Name angeführt ist, so muß ich wohl annehmen, daß Sie mir meinen „Heimatsboten" übermittelten. Dafür möchte ich Ihnen von Herzen danken. Sie können sich wohl keinen Begriff machen, welche Gefühle iti einem wach werden, wenn eine Zeitung, mit der unsre Jugend verknüpft ist, in unserem Feldlager erscheint. Ich schreibe „unsere", denn wir sind in meiner Batterie 3 aus unserer Gegend. Der „Enztäler" wandert dann von Hand zu Hand. Sein Inhalt wird verschlungen und nachher werden Enztal-Erinner- ungen und Neuigkeiten ausgetauscht und besprochen. So bereiten Sie uns glückliche Stunden, denn nie ist der Mensch im Felde glücklicher, als wenn er von seinen Lieben und von seiner Heimat sprechen kann. Die Erinnerung an unsere Heimat liegt uns z. Zt. besonders nah, denn wir liegen seit 8 Tagen in einer ähnlichen Gegend. Ich möchte sie mit dem oberen Eyachtal vergleichen. Hier halten wir treue Grenzwacht unter schwierigen Verhältnissen. Die Vogesenbewohner verraten uns, wo sie Gelegenheit dazu finden und erst seit die Franzosen ihre eigenen Dörfer in Brand schießen, wird die Stimmung der Bewohner uns gegenüber besser. — Bor unserem Hicrherkommen hatten wir das Glück, die Kämpfe in den Nordvogesen mitzuwachen. Die Tage von Hochwalsch und Weiler werden Ruhmestage in der Geschichte unseres Regimentes sein. Wir „Dußler"