Der amtliche Teil des deutschen MUrtar- Sanitatswrseus.

Die ersten Verwundeten aus dem gegenwärtigen Krieg sind bei uns eingetroffen. DasRote Kreuz" macht seit Wochen seine Ausschrriben um Gaben, und Hunderte von Menschen strömen nach den Bahn­höfen zur Begrüßung und zum Empfang der ver­wundeten Krieger. Fast hat es den Anschein, als ob die Pflege der Verwundeten nur Privatsache wäre, und mancher möchte sich fragen: Wo ist die amtliche Fürsorge für die Verwundeten und Kranken? Hat der Staat sein Militär nur als Kanonenfutter, um den einzelnen Verwundeten sich selbst oder pri­vater Pflege zu überlassen? Hier die Antwort.

Die Heeresleitung, die Militärverwaltung zieht auch die erste Sorge für die Verwundeten in ihren Bereich. Schon am 29. April 1869 wurde eine Instruktion über das SannätZwrsen der Armee im Felde erlassen. Diese wurde aufgehoben und er­setzt durch die Kriegs-Sanität sordnung vom 10. Januar 1878; Bayern erließ am 10. Februar 1879 eine besondere Sanilätsordnung.

Den gesamten Sanitätsdienst auf dem Kriegs­schauplatz leitet als Organ der obersten Heeresleitung der Chef des Feldsanitälswefens. Diesem sind untergeben: 1. bei jedem Armee-Oberkommando ein Armer-Generalarzt, 2. bei jedem Gene­ralkommando ein Korps-Generalarzt mit einem oder mehreren Helfern, 3. bei jeder Infanterie- oder Reserve Division ein Divisionsarzt and 4. bei einer Etappen-Jnspektion ein Etappen-General- arzt mit den nach der Zahl der Armeekorps sich richtenden Zahl der Feldlazarett-Direktoren.

Die erste sachverständige Hilfe erhalten die Ver­wundeten auf dem Schlachtfelds selbst und zwar durch die Truppenärzte und die diesen zur Ver­fügung stehenden Lazarettgehilfen auf dem Ver­bandsplatz. Hilfskrankenträger, die der Truppe selbst entnommen sind, befördern die Verwundeten zum Verbandsplatz. Sie sind durch rote Armbinden ausgezeichnet und stehen nicht unter dem Schutz, der Genfer Konvention. Unmittelbar hieran schließt sich das Sanitätsdetachement an. Jedes mobile Armeekorps besitzt 3, jede Reservedivision 1 Sanitäts­detachement unter militärischem Kommando. Das Detachement besteht außer dem Kommandeur (Ritt­meister) und den erforderlichen Leutnants aus Aerzien, Krankenträgern, Feldapothekern, Lazarettgehilfen, Krankenwärtern usw; außerdem sind ihm 8 Kranken- transporlwagen, 2 Sanitätswagen und 2 Packwagen zugeteilt.

Die Sanitatsdetachements folgen den Truppen unmittelbar ins Gefecht, um alsbald, wenn Verluste entstehen, in Wirksamkeit treten zu können. Es werden die Verwundeten gelagert, erquickt, untersucht, verbunden resp. operiert. Die Sortierung ergibt: schwerverwundet oder nichttransportfähig, leichtver­wundet oder transportfähig. Je nach dem werden Wundläfelchen angebracht: weiße, d. h. sofortige Lazarettbehandlung, rote, d. h. kann einen längeren Transport ertragen. Schwerverwundete kommen dann in die Lazarette, Leichtverwundete auf die Sammelplätze, parat zur Rückwärtsbewegung.

Hinter dem Schlachtfeld liegen die Feldlaza­rette. Jedes hat einen Chefarzt. Zu jedem Armeekorps gehören 12 Lazarette für je 200 Ver­wundete und Kranke. Die Unterbringung erfolgt in Gebäuden, Zelten oder Baracken. Die Feldlazarette sind möglichst bald abzulösen durch die Kriegs!«- zarette, da erstere so schnell als möglich dem Truppen­körper Nacheilen müssen.

Die Krankentransporikommisson macht zur Rückwärtsbewegung oder Eoakuation 4 Kate­gorien: Leichtkranke, Schwerkranke. Leichtverwundete, Schwerverwundete. Der Transport geschieht zurück zur nächsten Bahnstation. Fahrzeuge hierzu sind zu beschaffen; aushilfsweise können auch Fahrpark­kolonnen und Prooiantwagen beigezogen werden.

So gelangt der Verwundete oder Kranke in den im Rücken der Armee gelegenen dritten Raum, zur Etappen-Jnspektion. Hier sind stehende Kriegs- lazaretle, von denen aus die Kranken-Verteilung der Heimat zu stattfindet. Es treten die Lazarett­züge in Tätigkeit, auch Sanitätszüge genannt.

In der Heimat oder jedenfalls in der Nähe derselben sind die Reservelazarette. Nun tritt der so wichtige Teil der freiwilligen kriegsvorberei- tenden Tätigkeit in Verwendung: das Depot mit seinen großen Vorräten. Die Genesenen werden in die Heimat entlass--« oder wieder ins Feld geschickt; Haibgenesone kommen m Privatpflege.

Ec ist als--- eine staatliche Heeres-Sani! ätsrin- richtung vorhanden. Die freiwillige Hilfeleistung muß sich eng an sie anschueßen, sie ergänzen und

vervollständigen. Nur dann ist ein ersprießliches Wirken und Gedeihen der Arbeit zu erwarten, wenn sich auch fernerhin die Gemeinsamkeit der Interessen der staatlichen und freiwilligen Krankenpflege auf denselben Prinzipien aufbaut. Eine feste Orga­nisation und ein inniges Jneinand'erfügen kann allein die gestellten Aufgaben überwinden. LI.

Württemberg.

Stuttgart. 28 Seplbr. Der in Württemberg veranlagte Wehrbeitrag beträgt, wie bereits mitgeteilt, rund 33 Millionen Mark, wobei das Ergebnis einiger noch ausstehender Veranlagungen schätzungsweise mitberücksichtigt ist. Hievon entfallen lautStaatsanzeiger" in runder Summe auf den Hauptsteueramlsbezirk Stuttgart 14,67 Millionen Mk., auf die Kameralamtsbezirke Ulm 1,67 Mill. Mk., Heilbronn 1,49 Mill. Mk., Remlingen 1 22 Mill. Mk.. Ludwigsburq 1.13 Mill. Mk., Cannstatt 1.05 Mill. Mark, Eßlingen 0.88 Mill. Mk.. Göppingen 0,87 Mill. Mk. Zwischen 400 000 und 500000 Mk. betrug der Anfall in den Kameralamtshezirken (die Bezirke sind durchweg nach der Höhe des Aufkommens geordnet) Stuttgarl, Heidenheim, Tübingen; zwischen 300 000 und 400 000 Mk. in den Bezirken Balingen, Weingarten, Rottweil, Geislingen, Krrchbeim, Wald­see; zwischen 200 000 und 300 000 Mk. in den Bezirken Schorndorf. Oberndorf. Gmünd. Tuttlingen, Biberach. Laupheim, Freudenstadt. Wangen. Rot am Ser, Urach; zwischen 100 000 und 200 000 Mk. in den Bezirken Hall, Tettnang, Neuenbürg Neuenftadt, LeutkirÄ, Sindslsingen, Backnang, Ehingen, Aalen, Neuffen. Bietigheim, Hirsau, Oeh- ringrn, Waiblingen, Riedlmgen, Saulgau, Vaihingen. Leonberg, Crailsheim, Gaildorf; unter 100 000 Mk. in den Bezirken Lorch, Schöntal, Rottenburg, Horb, Mergentheim, Ellwangen, Altensteig, Güglingen, Blaubeuren, Kopfenburg, Münsingen, Großbottwar, Herrenberg, Sulz, Maulbronn, Weinsberg, Spaich- ingen. Auf die erstgenannten 8 Bezirke entfallen hienach 69,6 °/o des gesamten Aufkommens, auf den Bezirk des Hauptsteueramts Stuttgart allein 44,4°/».

Stuttgart, 30. Sept. Nach einem Erlaß des Ministeriums des Innern ist der auf Grund des Erlasses vom 4. August eingeleiiete besondere Bahn­schutz durch Freiwillige bis auf weiteres entbehrlich geworden. Es genügt der zurzeit bestehende mili­tärische Bahnschutz durch den Landsturm.

Stuttgart, 30. Sept. Dem Generalleutnant v. Knorzer, der bereits das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse besitzt, ist vom König der wärt!. Militär­verdienstorden verliehen worden.

Stuttgart, 1. Okt. Am 29. Sept. ist Oberst Hermann v. Haldenwang, Inhaber des Eisernen Kreuzes, den Ehrentod im Felde gestorben.

Stuttgart, 30. Sept. Laut einer Bekannt­machung des Ministeriums des Innern ist als Hauptmarktsort im Sinne des Kriegsleistungsgesetzes für den Handel in Getreide und Mehl, sowie in Heu und Stroh in Württemberg: Stuttgart bestimmt worden.

Stuttgart, 30. Sept. Der Waldfriedhof hat in der kurzen Zeit seitdem er besteht bereits 18 für das Vaterland gefallene Krieger in seinen Schoß ausgenommen.

Ausländer an den württembergischen Unterrichtsanstalten. DerStaatsanz." teile mit: Wie wir hören, hat auch die württembergischt Unterrichtsverwaltung angeordnet, daß Angehörige der mit Deutschland oder Oesterreich-Ungarn krieg- führenden Staaten vom Besuch der öffentlichen Unterrichtsanstalten und ebenso von jeder Unter- richtstätigkeit an diesen Schulen während des Kriegs ausgeschlossen werden.

Von der Privatinduftris sind Feldpostkarten mit Antwort in den Verkehr gebracht worden, bei denen die anhängende Antwortkarte den Vordruck für die Adresse nicht innen, sondern außen trägt. Derartige Formulare sind vorschriftswidrig, weil die Postanstalten, wenn der Absender beide Adressen ausgefüllt hat, nicht wissen können, welche von beiden maßgebend ist. Das Publikum wird daher gewarnt, derartige vorschriftswidrige Feldpostkarten zu benutzen, da sie dir Post nicht befördert, sondern zurück- weisen muß.

Laichin gen, 30. Sept. Wie vorauszusehen, sind die Preise für Pferde in die Höhe gegangen.' So kaufte dieser Tage ein hiesiger Landwirt ein Pferd um 1600 Mk., ferner brachten vorige Woche Bauern 2 Pferde um 3000 Mk. von Buttenhausen mit nach Hause. Wohl -oder übel muß eben mancher Landwirt daran denken, seinen durch Aufkauf seitens der Militärbehörde reduzierten Bestand zu ergänzen.

Ulm. 28 . Septbr. Das Festungsgouvernemen hat verfügt, daß von der jeden Mittwoch staltfiodenden Versteigerung dirnstunbrauchbarer Pferde berufsmäßige Händler ausgeschlossen und nur Per­sonen zugelassen werden, die nach Ausweis der Gemeindebehörden die ersteigerten Pferds für eigenen Bedarf unbedingt nölig haben. Die Verfügung erfolgte, weil Pferdehändler es durch Ringbildung den Bauern unmöglich machten, Pferde zu ersteigern, so daß die Bauern nachher gezwungen waren, die Pferde den Händlern um hohe Preise abzukaufen.

Heilbronn, 30. Sept. Die Einrichtung des Seminars als Lazarett geht der Vollendung ent­gegen. Es wird alsdann Raum zur Aufnahme von über 400 Verwundeten, sowie dem nötigen Pflege­personal vorhanden sein. Der Unterricht fällt voraus­sichtlich im Winterhalbjahr 1914/15 ganz aus. Die beiden jüngsten Klassen werden vom 15. Oktober ab in Kirchheim untergebrach;. Die älteste Krasse tritt zunächst zur stellvertretungsweisen Verwendung in den Schuldienst ein.

Saulgau, 30. Septbr. Der Pferdehändler August Litz in Pfullendarf Halle dort im Laufe des Nachmittags in verschiedenen Wirtschaften gezecht und ist dann in seinem betrunkenen Zustand mit verschiedenen Personen in Streit geraten, wobei er das Messer zog oder zu ziehen versuchte. Gegen 10 Uhr abends traf er mit dem 58 jährigen Me­chaniker Engelbert Gmeinder, der sich auf dem Heimweg befand, vor dem Gasthof z. grünen Baum zusammen. Nach kurzem Wortwechsel stieß er Gmeinder mit großer Wucht ein langes Messer in den Unterleib. Der Gestochene brach zusammen und war nach wenigen Minuten verschieden. Die An­gehörigen des fleißigen und aufrichtigen Mannes, von dem zwei Söhne , und ein Schwiegersohn im Felds stehen und dessen Ehefrau erst im vorigen Monat plötzlich an einem Blutsturz starb, werden allgemein bedauert. Der Uebeltäter hat die Flucht ergriffen.

Laupheim, 30. Sept. Jos. Müller. Sohn des Müllers zur Schloßmühle hier, mußte bei Aus­bruch des Krieges, wie noch weitere seiner Brüder zur Verteidigung des Vaterlandes einrücken. Auch seine Pferde, mit denen er jahrelang den Kunden ihr Mehl gebracht hatte, mußten sein Schicksal teilen und ihre Kraft dem Vaterlands widmen. Wie jetzt derLauph. Verkündiger" meldet, hat Müller, fern von der Heimat, tief im Feindesland, kürzlich eines seiner geliebten Rößlein gesund und munter an­getroffen. Das das Wiedererkennen der beiden recht ergreifend war, läßt sich leichter denken als beschreiben.

Tübingen, 27. Sept. Der in Sarnstall bei Annweiler beschäftigt gewesene Maschinenführer Michael Christ, der auch gegen die Rothosen ins Feld gezogen ist, wurde in einer Schlacht bei Luneville schwer verwundet. Ermattet durch den großen Blutverlust, war er doch noch fähig, sich hinter einen Strauch zu schleppen. Aus einmal bemerkte er eine Schwester vom Roten Kreuz, der er schwach zurief. Aber wie erstaunte er, als er seine eigene Schwester erkannte. Die Freude der beiden war rührend. Nach gutem Verband ließ ihn die Schwester mit einem Auto nach Straßburg bringen und von dort hierher, wo er seiner Genesung entgegensieht.

Vom Kalten Feld, 30. Sept. Der Bergsport ruht. Unsere sonst so belebten Hütten trauern. Die meisten Mitglieder und sonstige zahlreiche Besucher stehen unter den Fahnen. Die zurückgebliebenen Bergkraxler derTannhütte" haben die Teppiche der Lagerstätten dem Roten Kreuz in Göppingen zur Verfügung gestellt, was sehr zu loben ist. Auch die Lagerstätten der meisten Hütten des Deutsch- Oesterreichischen Alpenvererns sind geleert und dem Roten Kreuz übergeben worden.

Strümpfelbach im Remstal. 1. Okt. Mit­teilung über den Stand der Reben. In den mitt­leren Lagen der hiesigen Weinberge ist der Trauben- bebang gut, insbesondere Riesling und Trollinger sind schön. Die Trauben zeigen einen vorgeschrittenen Reifegrad, so daß ein guter Wein zu erwarten ist. Mit der Lese wird nicht vor 15. Oktober begonnen werden.

Schrozberg. 1. Okt. (Ein kleiner Patriot.) Das Söhnlein eines hiesigen Geschäftsmannes erhält von seinen Eltern den Auftrag, in dir Apotheke zu gehen undEnglisches Pflaster" zu holen. Der kleine Mann weigert sich aber, denn den bösen Engländern will er nichts zn verdienen geben.

Freuden stadt, 26. Septbr. Gestern abend ereignete sich während der Kriegsbetstunde ein ergreifender Todesfall. Eine ältere Frau, welche dem Gottesdienst anwohnts, wurde vom Schlag