Berlin, 29. Sept. (WTB.) Alle Zeitungen der Vereinigten Staaten haben einen Aufruf an die Deutsch-Amerikaner veröffentlicht, der in flammenden Worten gegen die Aufbietung der Japaner durch England zum Kampf gegen Deutschland protestiert.
Colmar, 28. Septbr. Da ein Teil des un- ausgebildeten Landsturms des Bezirkskomman- dos Colmar dem Gestellungsbefebl keine Aufforderung geleistet hatte, ha! die Kreisdirektion eine neue Bekanntmachung erlassen, wonach alle unausgebildelen Landsturmpflichtigen sich sofort zu melden haben.
Der sehnliche Wunsch ist gestillt. Am 19. September teilte die englische Gesandtschaft in Bern in einem Communique unter anderem mit: „Was die deutsche Flotte angeht, so wünscht Groß- britanien nichts sehnlicher, als daß sie endlich am Horizont erscheinen möchte. Bis heute haben sich die deutschen Kriegsschiffe damit genügt, wehrlose Fischerboote anzugreifen und in den Grund zu bohren." Drei Tage später hat dax deutsche Unterseeboot „U 9" es unternommen, den sehnlichen Wunsch Großbritanniens zu stillen. Das nennt man ein „U" für ein „L" machen.
Berlin, 29. Sept. (WTB.) Das „Berliner Tageblatt" meldet aus Mailand: Nach Meldungen aus Durazzo droht Essad Pascha mit 12 000 Mann auf Durazzo zu marschieren, um seine Thronkandidatur zu verfechten.
Newyork, 28. Sept. Im Schiffsraum des Dampfers Oretie, der mit einer Baumwolladung nach Genua abgehen sollte, entstand kurz vor der Abfahrt Feuer. Die ganze Ladung ist verbrannt.
Württemberg.
-Stuttgart, 28. Sept. Fürst Friedrich zu Wied, der Schwiegersohn unseres Königs, hat das Eiserne Kreuz erhalten.
Stuttgart, 28. Sept. Im Hofe des Residenzschlosses sind heute nachmittag zu den erbeuteten Kanonen 4 französische Feldhaubitzen gekommen, die am 27. August vom 2. Bataillon des Jnf.-Regts. Nr. 121 in den Vogesen erobert worden sind.
Stuttgart, 25. Sept. Vom Reichskanzler sind mit Zustimmung der Militär- und Marinebehörden offene Briefsendungen in fremder Sprache nach Oesterreich-Ungarn und dem neutralen Ausland von jetzt ab wieder zur Postbeförderung zugelassen. Die Sendungen können auch durch die Briefkasten aufgeliefert werden.
Stuttgart, 29. Sept. Bekanntmachung des stellvertretenden Generalkommandos. Abbildungen deutscher Heer- und Truppenführer sind nunmehr allgemein zur Veröffentlichung freigegeben.
Stuttgart. 29. Sept. Um einer streckenweisen Ueberfüllung der nur in beschränkter Zahl ausführbaren Schnellzüge vorzubeugen, haben Monatskarten ab 1. Oktober ds. Js. bis auf weiteres auf den würltembergischen Staatseisenbahnen in den Schnellzügen keine Gültigkeit.
In den letzten Mitteilungen „Vom Roten Kreuz" ist ein Fehler zu berichtigen, der durch ein Versehen stehen geblieben ist: die Zahl der im Lande draußen unterstützungsbedürftigen Kriegerfamilien wird sich nicht auf mindestens 10000, sondern auf 20000 belanfen.
Das württ. Infanterie-Regiment 180, das bei den Kämpfen in den mittleren Vogesen besonders hart mitgenommen wurde, so daß es die bisher meisten und schwersten Verluste aller württ. Regimenter aufweist, durfte sich inzwischen auf Verwendung seines schwerverwundeten Kommandeurs, Oberst v. Linck, einige Tage von der Front in weiter zurückliegende Orte zurückziehen, um auszuruhen und sich zu erholen. Nach einem Feldpostbriefe eines Studierenden im „Staatsanzeiger" hatte das Regiment 4 Wochen lang keinen Rasttag und nach anspannendsten und aufreibendsten Gefechten in schwierigstem Gelände waren die Truppen äußerst dankbar, vorübergehend abgelöst zu werden. Post in Empfang zu nehmen und auf deutschem Boden einige wahrhaft idyllische Tage zu verbringen.
Stuttgart, 28. Sept. Die für das Gelbe Ulanenregiment Nr. 20 bestimmten Liebesgaben sind bereits abgegangen. Es können daher für diese Sendung bestimmte Pakete nicht mehr angenommen werden, jedoch wird im Laufe dieser Woche vom Stadtschultheißenamt in Verbindung mit der Liebes- gabenabteilnng vom Roten Kreuz eine größere Sendung von Feldpaketen, deren Gewicht aber nicht mehr als 3 Pfund betragen darf, an das aktive 13. Armeekorps, dem das Ulanenregiment Nr. 20 ebenfalls angehört, abgehen.
Die ordentlichen Schwurgerichtssitzungen des 4. Vierteljahrs beginnen in Tübingen am Montag den 26. Oktober 1914, vormittags 10'/t Uhr. Zum Vorsitzenden ist ernannt worden bei dem Schwurgericht in Tübingen der Landgerichtsdireklor Dr. K apff.
Stuttgart, 29. Sept. Von den württ. Volks- schullehrern, die ins Feld gerückt sind, sind 52 gefallen und zwar 37 evangelische und 15 katholische. Aus dem Oberamt Balingen ist ein evang. Lehrer bei den Kämpfen um Ranzig schwer verwundet worden und in französische Gefangenschaft geraten. Er befindet sich in Toulon, wo er gut behandelt wird. Ein katholischer Unterlehrer von Wiblingen wurde ebenfalls als Kriegsgefangener nach Cahorst in Südfrankreich gebracht.
Stuttgart, 29 Sept. Auf dem deutschen Kreuzer „Emden", der in den letzten Tagen durch seinen kühnen Vorstoß in die Bucht von Bengalen den Engländern Grauen sinslößte. befindet sich auch ein Sckwabr, Leutnant zur See Schall. Sohn des hiesigen Ministerialdirektors v. Schall.
Göppingen, 28. Sept. Gleich in den ersten Tagen des Krieges ist an der westlichen Grenze der älteste Schwiegersohn des Bauunternehmers Adolf Schwarz. Hauptmann d. L. Gonser aus Württemberg, der in Hamburg als Gymnasiallehrer tätig war. gefallen. Nun ist auch der zweite Schwiegersohn, Professor Dr. Borst von hier, der in Ludwigsburg ebenfalls als Lehrer wirkte, auf dem Schlachtfelde den Heldentod gestorben.
Göppingen, 28. Sept. Die hiesigen Schweizer Staatsangehörigen haben sich, wie der „Hohenstaufen" „von mehreren Seiten übereinstimmend" hört, an ihren Konsul gewandt mit dem nachdrücklichen Bemerken, daß, wenn in der deutschfeindlichen Haltung der Schweizer Presse keine Aenderung im Sinne einer objektiven Darstellung der Kriegslage eintrete, sie sich veranlaßt sehen, sich von ihrer Schweizer Staatsangehörigkeit loszusagen.
Gmünd, 28. Sept. Bon den Lehrern des Realgymnasiums sind 8 ins Feld gerückt. Drei davon, Oberpräzeptor Dr. Hehl, Oberreallehrer Volz und Hilfslehrer Traub sind bereits auf dem Feld der Ehre gefallen.
Rottweil, 28. Septbr. Gestern früh gingen unter Leitung des Rechtsanwalts Ritter 14 Automobile zur Beförderung von Liebesgaben an die Truppen in dir Gegend von Mülhausen ab, 4 von Noitweil, 4 von Schwenningen, 2 von Sulz, 2 von Oberndorf und je 1 von Trossingen und von Locher- Hof. Die Automobils sind von privaten Herren zur Verfügung gestellt worden.
Pfullingen. 26. Sept. Der 17 Jahre alte Sohn des Sanitätsrats Dr. Kurz ist gestern nachmittag auf dem Schulweg kurz vor Reutlingen vom Schlage getroffen worden und tot vom Rade gefallen. Vor 9 Monaten hatte die Familie die einzige 13 jährige Tochter ebenfalls infolge eines Schlaganfalls verloren.
ILandeSProduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 28. Sept. Die Aufwärtsbewegung auf dem Getreidemarkte hat in der abgelausenen Berichtswoche weitere Fortschritte gemacht, da die Landzufuhren wiederum sehr klein waren. Das Geschäft war jedoch weniger lebhaft; die Käufer Verhalten sich zurückhaltend, da man allgemein ein Einschreiten der Regierung und Bestimmung der Höchstpreise erwartet. Auf der heutigen Börse war auch wenig Geschäft, die Umsätze beschränkten sich aus die Deckung des nötigsten Bedarfs. — Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack Mehl Nr. 0: 41.— «« bis 42.— Nr. 0/1: 40.— ^ bis 41.- Nr. 1: 39.— bis 40.— «kt. Nr. 2: 88.— bis 39.— Nr. 3: 37.— bis 38.—
Nr. 4: 33.50 bis 34.50.^:, Kleie 13 — ^ bis 14.— «« (ohne Sack netto Kasse.)
Württemb. Landesverein vom Roten Kreuz.
Abteilung Liebesgabe».
Antwort auf die Frage: „Wo bleiben die Liebesgaben?"
Mitteilungen, die von einzelnen Stellen des Kriegsschauplatzes an Verwandte oder Freunde ausmar- schierter Krieger gelangt sind und in denen über mangelhafte Verpflegung, gänzliches Fehlen von Liebesgaben usw. geklagt wird, haben bedauerlicherweise Stadt und Land in große Unruhe versetzt und zu einer starken, jedoch durchaus unberechtigten Mißstimmung gegen die Tätigkeit der Liebrsgabenabteilung ! geführt, über die geradezu unsinnige Behauptungen j in Umlauf gebracht worden sind. Es ist dringend ! erforderlich, daß die Bevölkerung) auch in dieser ! Beziehung, Ruhe und Geduld bewahrt und nicht in ! verzeihlichem Mitleid glaubt, daß gewisse, an einzelnen ! Stellen aufgetretene Mängel durch kleine Mittel be- , hoben werden» können. Man muß zu unserer Militärverwaltung das Vertrauen haben, daß sie ! alles tut, um den Truppen das zuzuführen, was sie
zum Leben brauchen; aber die Verhältnisse eines Krieges, in dem so ungeheure Massen sich, wie es bis jetzt der Fall war. in fortwährender Bewegung befinden, sind derart schwierige, daß einzelne Fälle von Mangel und Entbehrung leider nicht zu vermeiden sind. Die Liebestäügkei!, die Truppen mit Genußmitteln und warmen Kleidungsstücken zu ver- sehen, kann erst einsetzen, wenn die Zufuhren an Proviant und Munitionen gesichert sind. Erst wenn die Zufahrtsstraßen von diesen Anforderungen genügend entlastet sind, ist es möglich, die Liebesgaben bis zu den Truppen gelangen zu lassen. Bei der Masse der Truppen ist es nun mit dem, was ein einzelnes Personenauto zu fassen vermag, nicht getan und Lastautos sind nur in sehr beschränkter Zahl zu erhallen, da sie fast alle der Militärverwaltung zur Verfügung stehen müssen. Der Versand mit der Bahn war gerade nach den Gegenden, die für uns in Betracht kommen, bis jetzt in nur ganz wenigen Fällen möglich, weil der Bahnbetrieb durch die Transporte für militärische Zwecke fortdauernd in Anspruch genommen und zeitweise sogar ganz gesperrt war. Die in Württemberg gesammelten Liebesgaben sind nach den bestehenden Bestimmungen an sich alle an die Haupffammelstelle Straßburg abzuführen und von dort den Haupletappenorten der südlichen Armee zuzuweisen. Die hiesige Liebesgabenabteilung hat aber 'von vornherein das Recht für sich in Anspruch genommen, speziell den würltembergischen Truppen auf direktem Wegs Liebesgaben zuzuführen und hat infolgedessen jede Gelegenheit benützt — Lazarettzüge, Sanitäts-Autokolonnen, Ersatztruppen, Transporte usw. — um Liebesgaben an unsere braven Krieger gelangen zu lassen. Eine Reihe von Dankschreiben für solche Sendungen sind bei der Liebesgaben- Abteilung emgelausen. Uebrr die Fahrt der Autokolonne zu den Truppen der 26. Res.-Div. ist kürzlich in den Blättern berichtet worden. Welche Massen von der Liebesgaben-Abteilung schon hinausgebracht worden sind, möge aus folgender Zusammenstellung ersehen werden. Es wurden versandt: an Kleidungsstücken: 31500 Paar Socken, 4500 Paar Fußlappen, 7800 Hemden, 4200 Paar Unterhosen, fernere größere Posten Leibbinden, Hosenträger. Taschentücher, Pulswärmer, Waschlappen usw.;
an Genußmitteln: 361000 Zigarren, 387 000 Zigaretten, 4500 Pack Tabak. 2300 Pfeifen, 85 Kisten Schokolade. 60 Kisten Zwieback und Keks, sowie größere Mengen Kakao, Dörrobst, Hygiama, Kolatabletten, Rauchfleisch, Mineralwasser, Tee, Kaffee, Zucker usw.
Diese Zahlen verteilen sich auf 33 Sendungen, deren erste am 19. August abgegangen ist.
Die Liebesgaben-Abteilung hofft durch vorstehende Angaben bewiesen zu haben, daß die gegen sie vorgebrachten abfälligen, gehässigen, ja oft direkt verleumderischen Behauptungen gänzlich ungerechtfertigt sind und bittet in erster Linie zu berücksichtigen, daß durch solches Vorgehen, das nur ein Erlahmen der Liebestätigkeit zur Folge hat. die große, patriotische Aufgabe des Roten Kreuzes, zum Nachteil unserer braven Truppen, notleidet. Nachdem die Lager- beftände zur Zeit auf ein Minimum zusammengeschmolzen sind — z. B. 4000 Paar Socken, 6000 Zigarren usw. — wiederholt sie die dringende Bitte, sie mit Gaben und Geldbeiträgen zu unterstützen. damit sie den sich steigernden Anforderungen auch fernerhin, wie bisher, entsprechen könne. Außer Genußmitteln sind am notwendigsten:
Leibbinden, wollene Socken, Hemden, Unterhosen, Puls- und Kniewärmer, Unterjacken.
Stuttgart, den 24. September 1914.
Die Liebesgaben-Abteilung.
Baron zu Putlitz.
Slus Staöt» Bez irk u ns Umgebung.
Neuenbürg, 29. Sept. Am vergangenen Sonntag abend sprach Hr. Repetent Leube aus Tübingen (z. Zt. Pfarrverweser in Schömberg) im Gemeindehaus über „Die geistigen Strömungen in England vor dem Krieg". Redner konnte seine Ausführungen meist auf eigene Erlebnisse und Eindrücke gründen, die er bei seinem Aufenthalt in England vor 4 Jahren erhalten hat, und entwickelte inHfast 2stündigem Vortrag vor zahlreichen Zuhörern ein recht lebendiges Bild von all den Strömungen, die das britische Leben und Handeln bestimmen. Eingehend geschildert wurde die politische Stimmung Deutschland gegenüber, wie sie in den verschiedensten Kennzeichen zutage trat. Um das geistige Leben rm heutigen England richtig beurteilen zu können, so führte der Redner aus, ist eine grundlegende Be-