dieser Elitetag durch einen ausgedehnten Besuch des Königs am Vormittag und auch am Nachmittag, über den schon berichtet worden ist. Der Sonntag stand unter dem Zeichen des Schwenningertages. Der Zuzug an ihm von auswärts war ganz außerordentlich groß. Der Schwenninger Sonderzug führte ca. 800 Personen der Ausstellung zu, der Sonderzug von Osterburken 1300 Personen, der Pforzheimer Sonderzug, veranstaltet vom dortigen Naturheilverein, 300 Personen, der Sonderzug von Göppingen, u. a. mit der Arbeiterschaft der dortigen Kunstlederfabrik Netter ».Essig, 700 Personen, der Sonderzug von Backnang mit der Arbeiterschaft der Spinnerei Adolfs ca. 300 Personen. Außerdem wären noch geschlossene Besuche anzuführen: der Landwirtschaftliche Bezirksverein (Karlsverein Neckarsulm) mit ca. 300 Personen, der Gewerbeverein Schwaigern mit ca. 100 Personen, der Obst- und Gartenbauverein Marbach a. N. und die Freiwillige Sanitätskolonne Balingen. Aber auch sonst trafen mit den Frühzügen aus allen Richtungen Fremde zum Besuche der Ausstellung ein. Dieser Massenverkehr wurde trotz der ungünstigen Bahnhossverhältnisse von den Bahnbeamten glatt und tadellos bewältigt. Mit besonderer Genugtuung wurde die neue Einrichtung: die Einführungsvorträge in die Ausstellung ausgenommen, deren erster am Sonntag vormittag von Dr. Broß gehalten wurde. Viel Zuspruch und großen Beifall fand auch der Vortrag mit Lichtbildern und kinematographischen Vorführungen von dem I. Stuttgarter Stadtarzt Prof. Dr. Gastpar über „Säuglingsfürsorge und schulärztliche Tätigkeit".
vermischtes»
Ewiger Ruhm um 100 Mark. In Liegnitz soll ein Bismarckturm errichtet werden. Diejenigen, die zu diesem Zwecke 100 Mk. geben, werden aus einer Tafel im Turm „verewigt" werden. Ein Liegnietzer Stadtverordneter, dem diese Nutzbarmachung menschlicher Eitelkeit nicht paßt, spendete daraufhin zu dem Turm 99.99 Mk. (Der Mann hat unsere Sympathie. Die Red.)
ox. Das „bekannte Lutherwort. Es war dieser Tage wieder in einem Bericht zu lesen, und immer von Zeit zu Zeit tauchts irgendwo auf, daß „ja auch Luther bekanntlich gesagt" habe:
„Wer nicht liebt Weib, Wein Gesang der bleibl ein Narr sein Leben lang".
Es ist freilich angenehm, wenn ein Redner, der in begeisterter Stunde einen Trinkspruch ausbringen will, eine anerkannte Autorität findet, auf die er sich stützen kann; — nur sollte die Sache auch stimmen. In diesem Fall stimmt sie — selbst auf die Gefahr hin, daß damit dem einen oder andern die Freude verdorben wird — nicht. Der viel zitierte Spruch findet sich bei Luther nirgends, und es besteht in wissenschaftlichen Kreisen kein Zweifel, daß er anderen Ursprungs ist und erst im 18. Jahrhundert bekannt und als Ausspruch Luthers genannt wurde. 1775 wurde er u. a. von Matthias Claudius im „Wandsbecker Boten" angeführt, 1777 legte Heinrich Voß diese Worte in seinem „An Luther" betitelten Gedichte dem Reformator in den Mund: „Doch jeder Christ und gute Mann stimmt laut mit dir, o Vater, an: Wer nicht liebt usw." Aber weder der eine, noch der andere ist der eigentliche Verfasser des oft mißbrauchten Verses. Die Vermutung, daß er überhaupt nicht von einem deutschen, sondern von einem alten griechischen Dichter herstammt, hat manches für sich. Es bleibt aber auch in diesem Falle noch immer die Frage offen, wer die Verse zuerst in die deutsche Form gegossen hat (vgl. Büchmanns „Geflügelte Worte"). Trotz der kraftvollen und ungefesselten Lebensfreude Luthers und obwohl die Alkoholfrage in jener Zeit durchaus nicht aktuell war, hat er es sich nicht nehmen lassen, bisweilen sehr ernst und eindringlich in der derben Sprache seiner Zeit vor dem Mißbrauch der alkoholischen Getränke zn warnen. Bekannt ist sein Ausspruch gegen das „eitel Säuleben": „Unser deutscher Teufel muß ein guter Weinschlauch sein und Sauf heißen, daß er so durstig ist, der mit so großem Saufen Weins nicht kann gekühlt werden. Und wird solch ewiger Durst Deutschlands Abgott und Plage bleiben bis an den jüngsten Tag." Damit wird der Reformator hoffentlich aber nicht recht behalten.
Die Lüge des Schillerkragens. In einer Hamburger Zeitung wird den modernen Herren von einem Fräulein Madeleine vom Metropoltheater in Berlin eine Reihe von gesalzenen Wahrheiten gesagt, die vielleicht sehr rücksichtslos sind, nicht immer zutreffen, für einzelne Fälle aber das Richtige sagen. „Schönheit ist Wahrheit", heißt es da. „Aber die Männer lügen, wenn sie mit Schillerkragen erscheinen — mit entblößter Brust und freiem Hals.
Die Tracht mag Schiller und Robespierre wohl angestanden habe. Sie standen wahrhaft mit freier Brust vor ihrer Zeit — sie ließen sich in Wahrheit Kopf und Gedanken nicht einengen. Sie waren freie Männer und durften mit Recht die Tracht der Freiheit zeigen . . . Aber heule? Heute ist diese Gewandung ein Maskengewand. Eine Lüge. Die Männer sind nicht mehr so, wie sie im Schillerkragen zu sein vorgeben. Sie sind nicht mehr frei, sie lassen sich einengen und einschnüren von tausend Rücksichten, von Vorurteilen, Anschauungen und anderen Dingen".
Gegen den Kunsthonig. „Zuckerine", ein feines Wort! Eine Verwandte der „Margarine". Die Bienenzüchter streben nämlich einen gesetzlichen Honigschutz an und wollen das Wort „Honig" nur für den von den Bienen von lebenden Pflanzen zum Zweck der Ernährung des eigenen Volkes eingetragenen Süßstoff geschützt wissen. Der Kunsthonig soll „Zuckerine" heißen und soll ebenso wie die Margarine durch irgend einen unschädlichen Zusatz gekennzeichnet werden. Den Imkern, die eine recht schwere Zeit durchzumachen haben, wäre das wohl zu wünschen. Dem Publikum wird es gewiß gleichgültig sein, ob es „Zuckerine" oder „Kunsthonig" aufs Brot streicht. Manchem unreellen „Imker", der mit „Honig" hausieren geht, wäre aber doch entgültig das Handwerk gelegt.
Die fromme Bitte der Glaser. Die „Allgemeine Handwerkerzeitung" berichtet folgendes Vorkommnis: Vor kurzem hielt der Bayerische Glasermeisterverband seine diesjährige Tagung in Nürnberg ab. Aus diesem Anlaß gab er eine originelle und recht künstlerisch ausgeführte Festkarte heraus, auf der unter dem Glaser-Emblem folgender Bittspruch zu lesen steht:
„Gott, behüt' uns Korn und Wein,
Der Hagel schlag' nur Fenster ein.
Mit deiner Macht die Feldfrücht' schütz'.
Der Hagel nur dem Glaser nütz'".
Diese Bitte sollte schnell erfüllt werden. Kaum war der letzte Besucher des Verbandstages in seine Heimatstadt wieder zurückgekehrt, so ging auch schon ein derartiges Hagelwetter über die alte Pegnitzstadt nieder, daß bei manchem Fenster kaum eine Scheibe ganz blieb. So treibt der Himmel Jnteressenpolitik.
Die Geheimnisse eines menschlichen Magens. Was manche Menschen alles in ihren Magen hineinpraktizieren können, ist geradezu fabelhaft. Die Berichte der Irrenhäuser wissen davon ein Lied zu singen. Der Rekord dieser „Allesesser" dürfte wohl aber einem holländischen Kranken zuzusprechen sein, über den der holländische Arzt Falke Meursing folgendes zu berichten weiß: Der Mann wurde ins Krankenhaus wegen einer schweren Verdauungsstörung eingeliefert, und er behauptete bis zu seinem Tode, der an Lungenentzündung erfolgte, daß er keinen Fremdkörper verschluckt habe. Die Sektion strafte seine Worte Lügen. Schon in der Speiseröhre fand man den holzgeschnitzten Knauf eines Türdrückers von der Größe einer Nuß. Der Magen selbst, dessen Innenwand zahlreiche vernarbte Wunden zeigte, enthielt die mannigfaltigsten Gegenstände aus Kupfer, Eisen, Zink, Blei, Glas, Stein, Holz und Porzellan. Darunter fanden sich Nägel, Agraffen, Kettengleicher, Stücke von Schlüsseln und von Schlössern, ein kleines Federmesser, zwei Korkzieher, zahlreiche Fingerringe, der Verschluß einer Selters- flasche, Manschettenknöpfe, eine Patrone mit Kugeln und anderes mehr. Die Zahl der Stücke betrug 400 und ihr Gesamtgewicht 750 Gramm.
Rosegger der Zuschauer. In seinem „Heimgarten" gibt Rosegger dieses Tagebuchblatt aus seiner Feierabendstille zum besten: „Seit längerer Zeit tue ich nichts mehr, als mich ausleben und die Welt genießen. Das ist einfacher, als ich immer gedacht hatte, es ist ganz bequem. Ich will nichts wissen, nichts essen, nichts tun, nichts haben, ich will bloß einmal sein. Da liegt man auf dem Sofa und schaut zum Fenster hinaus auf die gilbenden Lärchen, über denen still und blau der Herbsthimmel ruht. Das enthält alles, was ich je gesehen, gehört, gelesen, erfahren, getan habe. All meine Erdentage, sie ziehen langsam an mir vorüber, die einen lachend, andere ernst, andere traurig, andere finster; sie bringen mir noch einmal ihre Gaben in irdenen Gefäßen, oft bessre als auf silbernen Schalen. Und ich genieße in der Erinnerung köstlicher als je in Wirklichkeit. Aber, so wie wohl in fast jedem Menschenleben, irgend einer ist dabei, ein hinkender Tag, der trügt vor sich auf dem Brett eine verdeckte Speise und grinst mich an. Aber das stört das nicht mehr."
Die Hölle der Frauen. Wenn man dem Bericht eines Engländers, der von einer volkswirt
schaftlichen Studienreise durch Portugal nach London zurückkehrte. Glauben schenken darf, sind die Portugiesinnen der arbeitenden Volksklaffen wahrlich nichj auf Rosen gebettet. Nach diesem Bericht wird in Portugal! zwei Drittel der Arbeit von Frauen verrichtet. Bei der Bewirtschaftung der Weinberge und Olioenplanzungen, die die wichtigste Erwerbsquelle des Landes ausmacht, bleibt den Frauen die schwere Arbeit zu tun, unter der Oberaufsicht der Männer, die sich bequem im Schatten der Olivenbäume ausstrecken und zusehen. wie sich die armen Weiber in der Sonnenglut abrackern. Die Frauen arbeiten auch in den Steinbrüchen und sind dazu verurteilt, die schweren Lasten zum Fluß zu karren und dort zu verladen. Alle Last der Arbeit ist den Frauen aufgebürdet, denen dafür als Entgelt» wahre Hunger« löhne gezahlt werden.
Natrium gegen Hitzschlag. Wohl jeder kennt das alte Hausmittel „Mtrcm bicarbonieum", das bei allerlei Störungen des Appetits und der Verdauung gute Dienste leistet. Neu wird dagegen seine Verwendung gegen Hitzschlag sein. Die jüngsten schweren Fälle von Hitzschlag, z. B. in Berlin und bei den Marburger Jägern, veranlassen uns deshalb, auf Grund der Erfahrungen des bayerischen Hauptmanns Storch, die im „Militär-Wochenblatt" veröffentlicht sind, auf diese Verwendungsalt des „Natron bi", wie es abgekürzt meist genannt wird, hinzuweisen. Hauptmann Storch ließ bei Märschen seiner Kompagnie täglich 1000 Natron-Tabletten durch die Korporalschaftsführer mitnehmen. Leute, die als unsichere Marschierer bekannt waren, erhielten direkt solche Tabletten ausgehändigt. Unterwegs wurden die Leute dann beobachtet, und wer Schwächezeichen gab, bekam sofort eine Tablette, die er einfach auf der Zunge zergehen ließ. Einzelne nahmen bis zu 10 Tabletten. Das Ergebnis war, daß kein Mann der Storch'schen Kompagnie je wegen Erschöpfung austrat, oder gar hitzschlagähnliche Erscheinungen aufwies, während dies bei anderen Abteilungen unter gleichen Verhältnissen an vielen Tagen der Fall war. Bei der bequemen Art der Mitführung und bei der geschilderten prompten Wirkung verdient das Mittel daher gewiß die Aufmerksamkeit weiterer Kreisel.
Die Kraft der Insekten, die geradezu erstaunlich ist, prüfte der französische Naturforscher Plateau durch eine Reihe sinnreicher Vorrichtungen und Miniaturwagen. Bei diesen Versuchen stellte es sich heraus, daß die kleinsten Insekten im Verhältnis die stärksten sind. Besonders niedlich ist das Geschirr für Maikäfer. Das Tier wird mittels desselben an einen Faden gespannt und hebt damit ein Schälchen, das mit Grammgewichten beschwert ist. Auf diese Weise stellte Plateau fest, daß der Maikäfer im Verhältnis 21 mal mehr ziehen kann, als ein Pferd, während eine Biene 30 mal mehr zieht. Das Pferd schleppt seines Gewichts, der Maikäfer das Zwanzigfache. Mit anderen Worten: ein Maikäfer zieht mit Leichtigkeit 14 seinesgleichen und entwickelt im Verhältnis beinahe die Kraft wie eine Lokomotive.
sAus Erfahrung.) „Nein. Schwiegervater, ich bin ganz zufrieden, daß ich drei Buben Hab' und kein Mädel. Eh' man nachher für so'n Mädel einen
Dummen findet-1" — „O, das ist gar nicht
so schwer, lieber Schwiegersohn."
In Verwaltungsbeamtenkreisen ist schon ost der^WunsÄ nach einem Verzeichnis über die Frankierung der amtlichen Postsendungen laut geworden.
Auch in der hiesigen Amtsversammlung ist wiederholt der Wunsch geäußert worden, es möge ein solches Verzeichnis aufgestellt werden.
Dieser Anregung bin ich gefolgt und habe versucht, die Art der Frankierung der häufigsten amtlichen Postsendungen klarzulegcn.
Mein Schriftchen hat den Beifall des K. Oberamts gefunden und wurde auch in der Württ. Gemeindezeitung vom 15. April 1914 S. 2V8/2V9 sehr günstig beurteilt u. empfohlen.
In einer Anzahl Oberamtsbezirken, z. B. Aalen, Laup- heim, Leonberg, Welzheim u. a., ist das Schriftchen in größerer Anzahl gekauft und an die Behörden und Beamten der Gemeinden und Amtskörperschasten verteilt werden.
Im dortigen Oberamtsbezirk scheint ein gleiches Vorgehen nicht geplant zu sein; die Anschaffung des Schrift- chens wird den Gemeinde-- und Bezirksbehörden überlassen.
Die Anschaffung des Schriftchens dürfte sich für alle Gemeinde- und Bezirksbehörden und -Beamten empfehlen, weil es die Expedition wesentlich erleichtert und Zweifel über die Verwendbarkeit der amtlichen Postwertzeichen und die portofreie Beförderung von Postsendungen zu beseitigen sucht. Das 68 Druckseiten umfassende Schriftchen. dessen Preis 1 ok SO ist, teile ich auf Wunsch zur Ansicht mit und nehme Bestellungen gerne entgegen.
Aalen im Juli 1914.
D. Welliuger, Oberamlssekrelär.
Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des Enztälers. — Verantwortlicher Redakteur C. Meeh in Neuenbürg.