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Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adreffe: „Enztäler, Neuenbürg".
107.
Neuenbürg, Montag den 6. Znli 1914.
72. Jahrgang.
Rundschau.
Berlin. 4. Juli. Der Kaiser hat den Staatssekretär des Reichsschatzamtes Kühn und den Staatssekretär des Auswärtigen v. Jagow zu Staats-- Ministern und Mitgliedern des preußischen Staatsministeriums ernannt.
Straßburg. 4. Juli. Der Kaiserliche Statthalter, Herr v. Dallwitz, hat gestern dem Kreise Saarburg einen Besuch abgestattet. Dabei ereignete sich ein Zwischenfall in dem Orte Harzweiler, da der Pfarrer sich Weigerte, aus diesem Anlaß die Kirchenglocken läuten zu lassen. Der Bürgermeister ließ daraufhin bei der Kreisdirektion anfragen. die bestätigte, daß vorschriftsmäßig die Glocken zu läuten seien. Da der Pfarrer sich immer noch weigerte. mit der Begründung: „Für den protestantischen Preußen stelle er keine Glocken zur Verfügung", bedurfte es des Einschreitens der Gendarmerie. Der Pfarrer wurde aufgefordert. die Schlüffe! herauszugeben, was ohne weiteres geschah. Darauf wurden die Glocken geläutet.
Neuer Hosenstoff für die Armee. Die preußische Heeresverwaltung hat die Absicht, für die gesamte Armee einen einheitlichen Grundstoff für Hosen der Offiziere und Mannschaften einzuführen. Der sowohl für die Kriegs-, wie für die Friedensbekleidung bestimmte Stoff wird einen grauen Farbton haben, der von dem der bisherigen Kriegsbekleidung abweicht. Auch das feldgraue Rocktuch erhält einen etwas anderen Ton. Das Kriegsministerium bezweckt bei dieser Gelegenheit auch die Beseitigung der den bisherigen Stoffen anhaftenden Mängel. Farbenproben der neuen Tuche sind in etwa 4 Wochen beim Bekleidungsamt des Gardekorps zu haben.
München. 4. Juli. Die Frechheiten serbischer Studenten in München dauern fort. So haben sie in einem Cafe am Wittelsbacher Platz ein Plakat aufgehängt. das in serbischer Sprache die Schandtat von Serajewo verherrlichte. Die Polizei hat das Plakat eingezogen, sobald sie davon erfuhr. Sie sollte aber solche Demonstranten kurzerhand des Landes verweisen.
Augsburg. 1. Juli. (Ein 3-Millionen-Ver- mächtnis an Augsburg) Der Rentner Friedrich Prinz hat der Stadt Augsburg 3 Millionen Mark mit der Bestimmung vermacht, daß 3000 Mark jährlich für Verschönerung des Siebentischwaldes verwandt werden. Der Hauptbestandteil des Vermächtnisses soll angesammelt werden, bis die Stiftung auf 10 Millionen Mark angswachsen ist. dann, also in etwa SO Jahren, sollen die Erträge der angesammelten Summe zur Errichtung von Anlagen und städtischen Bauwerken benutzt werden dürfen.
Heidelberg.30. Juni. Ein seltsamer Zufall ereignete sich bei der Beerdigung eines alten Feld- zugsvetranen in der benachbarten Gemeinde Nußloch. Am gleichen Tag rückten nämlich die schwarzen Dragoner Nr. 22 aus Mülhausen dort ein. und zwar dieselbe Schwadron, bei welcher der «lte Veteran 1870 den Todesritt bei Gravelotte mitgemacht hatte. Nur 17 Mann dieser Schwadron hatten sich damals lebend durchgekämpft. Als der Schrvadrons- chef jetzt von dem Tode des alten Kämpfers hörte, «eß er sofort seine Schwadron mit der Musik an dem Leichenzug teilnehmen, und von sechs Dragonern wurde der Sarg zur Gruft getragen, über welche die üblichen drei Salven abgefeuert wurden. Der Verstorbene, namens Anweiler, war in Nußloch lange Jahre Wegwart gewesen.
Aus Bad Dürkheim wird gemeldet: Ueber das Vermögen derWeinhandlungGebr.Eckel in Deidesheim. alleiniger Inhaber der verstorbene Kammer- Mnrat Fritz Eckel, ist die Nachlaßverwaltung beim Amtsgericht Dürkheim beantragt worden. Zum Nach- laßverwalter ist Rechtskonsulent Leopold Blum in Neustadt a. d. Haardt ernannt. Die Verbindlichkeiten der Firma werden mit annähernd vier Millionen
Mark angegeben. Weiter verlautet, daß geschäftliche Unregelmäßigkeiten vorgekommen sein sollen.
Oppenau, 4. Juli. Das Bad Antogast wird am 24. Juli nochmals versteigert werden. Die Schätzung beträgt ohne Zubehör 318 220 mit Zubehör 414 812.45 ^
Aus Anlaß des 2-OOjährigen Bestehens der Firma Eh rist op h Andreae in Mülheim a. Rh. hat der Inhaber der Firma, Herr Handelskammerpräsident Franz Andreae. bei der Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungsheime eino zweite Stiftung in Höhe von Mk. 15 000 zu Gunsten der Angestellten der Firma errichtet. Aus dem gleichen Anlaß hat der frühere Inhaber der Firma, Herr Paul von Andreae, Haus Mielen- forst bei Dellbrück Bez. Köln, der Gesellschaft ebenfalls eine Stiftung von Mk. 10000 überwiesen. Diese Stiftungen find erfolgt, nachdem sich die Angestellten der Firma über den Aufenthalt in den Heimen der Gesellschaft auf's anerkennendste ausgesprochen haben. Es stifteten ferner: Josef Voegele, Mannheim M.10 000; Kommerzienrat Bensinger. Mannheim M. 5 000; Heinrich von Dall' Armi, Mönchen Mk. 10 000; Rheinische Hypothekenbank. Mannheim Mk. 5 000; M. A. Straus, Karlsruhe und Kunheim u. Co.. Berlin erhöhten ihre Stiftungen von je Mk. 1000 auf je Mk. 5000.
Ludwigshafen, 4. Juli. Die Maul- und Klauenseuche ist am hiesigen Schlachhaus ausgebrochen.
Einbeck. 4. Juli. Die etwa 400 Jahre alte große, aus Stein erbaute Miehesche Mühle, jetzt im Besitz der Gebrüder Runge, ist in der vergangenen Nacht um 2 Uhr vollständig niedergebrannt. Sämtliche Maschinen sind zerstört und 500 Säcke Mehl, sowie alle Vorräte verbrannt. Der Schaden wird auf 200 000 Mark geschätzt
Wien, 4. Juli. Der Kaiser erließ heute einen Armee- und Flottenbefehl, in dem es u. a. heißt: Erzherzog Franz Ferdinand ist einem verabscheuungswürdigen Attentat auf sein Leben erlegen, und ich beklage iu tiefgefühlter Trauer im Verein mit meiner gesamten bewaffneten Macht den Verewigten, dessen letzte Tätigkeit noch der Erfüllung der ihm teuren militärischen Pflicht gegolten hat. Wir beugen uns in Demut dem unerforsch- lichen Willen des Allmächtigen. Dennoch entschlage ich mich nicht der Hoffnung auf eine gedeihiiche Zukunft, überzeugt, daß die Monarchie in der todesmutigen Hingebung der Wehrmacht Oesterreich-Ungarns ihren sicheren Hort finden wird. — In der ganzen Monarchie fanden heute für den Erzherzog Franz Ferdinand und feine Gemahlin feierliche Seelenmessen statt. — Der Kaiser hat heute die Kinder des verstorbenen Erzherzogs Franz Ferdinand in einer 20 Minuten dauernden Audienz empfangen.
Lyon, 4. Juli. Oberstleutnant von Winterfeld hat heute in Begleitung seiner Gattin Grisolles verlassen, um in Aucumville bei Toulouse Aufenthalt zu nehmen. Frau v. Winterseld stattete dem Bürgermeister und zahlreichen Bewohnern von Grisolles Abschiedsbesuche ab, wobei sie sich für die von der Bevölkerung bewiesene Anteilnahme bedankte.
Lyon. 4. Juli. Nach einer stürmischen Nacht wurde um 8 Uhr morgens das Rennen um den Großen Preis des Automobil-Club de France ausgenommen. Die Wagen fuhren in Abständen von 30 zu 30 Sekunden. Die Fahrstrecke betrug 37 Kilometer 631 Meter, die von den Teilnehmer 20mal zurückgelegt werden mußte, so daß die Gesamtstrecke 752 Kilometer 620 Meter beträgt. Nach einem aufregenden Kampf gingen alle deutschen Teilnehmer an den ersten Stellen als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Erster war Lautenschlager in 7 Stunden 8 Min. 18 Sek.; zweiter Ingenieur Wagner in 7 Stunden 9 Min. 54 Sek.; dritter Ingenieur Salzer in 7 Stunden 13 Min.
9 Sek.; sämtlich auf Mercedes (Daimler). Den vierten Platz belegte der Franzose Goux auf Peugeot in 7 Stunden 15 Min. 40 Sek. Bezeichnend ist es, daß die französischen Journalisten, nachdem am Ziel die Ergebnisse bekannt wurden, sofort eine Besprechung abhielten und den Beschluß faßten, der französischen Presse die Nachricht zu übermitteln, daß die Deutschen ihre Siege nur durch Sabotage errungen hätten. Auf die Vorstellungen eines deutschen Journalisten, der von diesem Plan Kenntnis bekam, erwiderten die französischen Kollegen, sie erfüllten nur eine vaterländische Pflicht. — Bis zur 19. Runde führte Bouillot auf Peugeau. Der Mercedeswagen aber kam immer weiter auf. und bei der 19. Runde war Lautrnschla ger auf Mercedes nur noch 1 Minute zurück hinter Bouillot, der bei der 20. Runde aufgab. Lautenschlager wurde mit 7 Stunden 2 Minuten 18^/s Sekunden der erste. (Fahrmeister Lautenschlager der Daimler Motorenwerke Unterlürkheim, stammt aus Mag stad t bei Böblingen und hat bereits 1908 den gleichen Preis bestritten).
Paris, 3. Juli. Die rote Hose soll bei der französischen Infanterie jetzt abgeschafft werden. Der Kriegsminister hat der Kommission der Deputiertenkammer mehrere Infanteristen vorgeführt, welche die neue Uniform Probeweise trugen. Die Uniform ist durchweg schiefergrau gehalten.
Paris. 2. Juli. Der Lenkballon „Kapitän Ferber" hat mit 6 Personen an Bord, meistens Generulstabsosfizieren, einen längeren Erkundigungsflug an der deutsch-französischen Grenze ent- lanng ausgeführt.
London, 4. Juli. (Drahtb.) Die „Times" melden aus Peking vom 3.: Eine große Anzahl von Soldaten wurden im Zusammenhang mit der Plünderung von Kalkan hingerichtet. Die Plünderer. die sich militärischer Transportwagen bemächtigt hatten, entflohen nach der Mongolei. Etwa 200 Soldaten, deren Teilnahme an der Plünderung nicht feftstand, wurde für 2 Monate Löhnung und freie Reise in die Heimat versprochen. Auf der ersten Station nach Kalkan ließ man sie aussteigen, und dann wurde von Soldaten, die aus Suanhuafu zu diesem Zweck herangezogen waren, auf sie geschossen. 120 Soldaten wurden gelötet, die übrigen entkamen nach Suanhuafu. Die Suanhuafu- Soldaten feuerten erst, als man ihnen mit dem Tode drohte.
London, 4. Juli. Ein Streik, der große Ausdehnung annehmen kann, ist gestern nachmittag im Arsenal von Woolwich ausg,krochen. Ein Arbeiter war wegen Ungehorsam entlassen worden; hierauf erklärten 600 andere, die Arbeit niederzulegen. Man befürchtet, daß der Streik auch auf die übrigen
10 000 Arbeiter übergreifen wird.
Württemberg.
Stuttgart, 4. Juli. Heute starb in Cannstatt im Alter von 75 Jahren der Gründer der Schnell- presfenfabrik I. G. Mailänder in Cannstatt. Der Verstorbene gründete im Jahre 1876 die jetzige Maschinenfabrik. Durch seine Energie gelang es ihm, das anfänglich kleine Unternehmen nach und nach zu einem großen Werk auszubauen, das jetzt einen Weltruf genießt.
Stuttgart, 2. Juli. Der Württemb. Landesverein für Bienenzucht veröffentlicht in der heute ausgegebenen Julinummer seines Vereinsorgans, der Bienenpflege, daß der Ausschuß des Landesvereins in seiner am 17. Juni abgehaltenen Sitzung beschlossen habe, die auf 8.—10. August ds. Js. projektierte bienenwirtschaftliche Ausstellung in Ulm wegen der heurigen außerordentlich schlechten Honig- ernte nicht abzuhalten.
Stuttgart. 4. Juli. Die Obfternteaus- ! sichten für Württemberg sind nach den Mit- ' trilungen der Zentralvermittlungsstelle für Obstver-